TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/2 W124 1400533-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §33 Abs1

Spruch

W124 1400533-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Vietnam, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Vorverfahren

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein Staatsangehöriger Vietnams, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmalig am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamts vom XXXX , Zl. XXXX , wurde sein Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.), als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Vietnam (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Vietnam ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom XXXX , XXXX , abgewiesen.

1.2. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der BF zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Am XXXX wurde er unter der Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt aus der Haftstrafe entlassen.

1.3. Am XXXX erfolgte vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) eine Einvernahme des BF betreffend die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. zur Erlassung der Schubhaft. Zu seinem Gesundheitszustand gab der BF an, abgesehen von seinem angeschwollenen Finger gesund zu sein und den Fragen folgen könne. Befragt, ob er im gegenständlichen Verfahren vertreten werde, gab er an, er werde nur im Strafverfahren vertreten. Daraufhin wurde er auf die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme aus eigenem mit einem Rechtsberater sowie der Vertretung durch eines solchen im Verfahren vor dem Bundesamt hingewiesen. Ihm wurde zur Kenntnis gebracht, dass seine Abschiebung nach Vietnam beabsichtigt werde. In der Folge wurde er zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich, zu seiner Situation im Fall der Rückkehr nach Vietnam sowie zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung befragt. Unter anderem gab der BF an, er sei straffällig geworden, um seine Schulden zu bezahlen und ersuche den österreichischen Staat um ein mildes Urteil, damit er legal in Österreich wohnen könne. Wenn dies nicht möglich sei, wolle er mit seiner Frau und seinen Kindern wieder nach Vietnam. Schließlich wurde ihm mitgeteilt, dass ihm kein Aufenthaltstitel erteilt werden könne und er mit Unterstützung des Vereins Menschenrechte freiwillig nach Vietnam zurückkehren könne. Ferner wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass er in ein Polizeianhaltezentrum (in der Folge: PAZ) überstellt werde, seine Medikamente erhalte und seine Lebensgefährtin kontaktieren könne.

1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde gemäß § 76 Abs. 1 FPG gegen den BF die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

1.5. Mit einem weiteren Bescheid des Bundesamtes vom XXXX , wurde dem BF kein Aufenthaltstitel gemäß §§ 57 und 55 AsylG erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Vietnam zulässig ist (Spruchpunkt I.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG wurde der Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

1.6. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF amtswegig die XXXX als Rechtsberater für ein Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

1.7. In der Folge beantragte das Bundesamt für den BF ein Heimreisezertifikat bei der vietnamesischen Vertretungsbehörde. Mit Schreiben vom XXXX teilte der XXXX mit, dass der BF in ihr Rückkehrprogramm aufgenommen worden sei und auch die Ehefrau und der Sohn des BF den Antrag auf Rückkehr unterschrieben hätten. Kontakt mit der vietnamesischen Vertretungsbehörde sei bereits aufgenommen worden.

1.8. Am XXXX stellte der BF einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz. Daraufhin erfolgte am XXXX seine Einvernahme vor dem Bundesamt, im Zuge welcher ihm mitgeteilt wurde, dass seine Schubhaft nunmehr gemäß § 76 Abs. 2 Z 3 FPG angeordnet sei. Am XXXX wurde der BF aus der Schubhaft entlassen.

1.9. Am XXXX wurde bekanntgegeben, dass der BF von der XXXX vertreten werde. Am selben Tag widerrief der BF unter Verwendung des vorgesehenen Formulars seine freiwillige Rückkehr. Am XXXX nahm der BF im Wege seiner Rechtsberatung Akteneinsicht.

2. Gegenständliches Verfahren

2.1. Am XXXX stellte der BF im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG. Ferner wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Unter einem erhob er Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX , Zl. XXXX , mit welchem gegen ihn eine Rückkehrentscheidung sowie ein zehnjähriges Einreiseverbot erlassen worden war. Nach Darstellung des Sachverhalts brachte er begründend vor, gemäß § 52 BFA-VG hätten Fremde Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung im Beschwerdeverfahren, bei Verhängung der Schubhaft sowie bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung und seien über diesen Anspruch mittels Verfahrensanordnung in Kenntnis zu setzen. Das Bundesamt habe nach dieser Bestimmung auch den Rechtsberater vor Erlassung einer solchen Verfahrensanordnung zu informieren. Es entspreche der behördlichen Praxis, dass die Rechtsberatung auch über die Anordnung der Schubhaft informiert werde. In diesem Fall erfolge das Beratungsgespräch in Form eines Besuches direkt im PAZ am selben Tag oder innerhalb von wenigen Tagen nach Übermittlung der Verfahrensanordnung. Gegenständlich sei der XXXX am XXXX eine Verfahrensanordnung betreffend den BF übermittelt worden. Diese habe jedoch keinerlei Information darüber enthalten, um welche Art des Verfahrens es sich handle bzw. wo der BF aufhältig sei. Aus diesem Grund habe die XXXX im Rahmen der Schubhaft keinen Kontakt mit dem BF aufgenommen. Dem BF sei es nicht möglich gewesen, von sich aus mit dem zuständigen Rechtsberater Kontakt aufzunehmen. Unmittelbar im Anschluss an seine Einvernahme sei er in das PAZ überstellt und erst am XXXX wieder entlassen worden. Aus dem Einvernahmeprotokoll vom XXXX sei nicht ersichtlich, dass der BF über die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Rechtsberaters ausdrücklich aufgeklärt worden sei. Aufgrund der Haftsituation sei es ungeachtet der Frage, ob er die Verfahrensanordnung erhalten habe, nicht möglich gewesen, mit dem zuständigen Rechtsberater Kontakt aufzunehmen. Mangels ausreichender Deutschkenntnisse und Rechtskenntnisse sei es dem BF nicht möglich gewesen, von sich aus eine Beschwerde einzubringen, welche die Erfordernisse des § 9 VwGVG erfüllen würde. Erst am XXXX sei es im Vorfeld der Einvernahme im Asyl-(Zulassungs)verfahren zu einem Rechtsberatungsgespräch zwischen dem BF und der Rechtsberaterin der XXXX gekommen, woraufhin die zuständige Rechtsberaterin die XXXX darüber informiert habe, dass offenbar kein Rechtsberatungsgespräch erfolgt sei.

Der Umstand, dass der XXXX die Verfahrensanordnung am XXXX ohne Hinweis auf die Schubhaft des BF übermittelt worden sei und aus diesem Grund kein Besuch des BF in der Schubhaft durch den zuständigen Rechtsberater erfolgt sei, stelle für den BF ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar. Ihn treffe kein Verschulden an der Fristversäumung, da ihm eine Kontaktaufnahme mit einem Rechtsberater nicht möglich gewesen sei. Die Frist sei eingehalten worden, da der BF erstmals am XXXX ein Rechtsberatungsgespräch erhalten habe und am XXXX über die Möglichkeit der Beschwerdeerhebung gegen die Rückkehrentscheidung informiert worden sei.

2.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag des BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen. Gemäß § 71 Abs. 6 AVG wurde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Rechtlich wurde dazu ausgeführt, dass der BF sowie die XXXX am XXXX über die Möglichkeit einer "Berufung" in Kenntnis gesetzt worden seien. Sowohl im Schubhaftbescheid, als auch im Bescheid, mit welchem eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot erlassen worden seien, sei die jeweilige Rechtsmittelbelehrung in Vietnamesisch übersetzt worden. Ferner sei der BF am XXXX in Kenntnis gesetzt worden, dass er Rechtsberatung in Anspruch nehmen könne. Auch der XXXX sei die Verfahrensanordnung per E-Mail weitergeleitet worden. Es bestünden keine Gesetzesnormen, wonach die verfahrenszugeteilte Rechtsberatung detailliert über den Aufenthaltsort informiert werden müsse, zumal es dem Genannten, wie jedem anderen Insassen des PAZ, gestattet sei, Telefongespräche zu führen. Es wäre ihm sohin zumutbar gewesen, im PAZ Bescheid zu geben, dass er mit seinem Rechtsberater reden wolle.

2.3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF im Wege seiner Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie aufgrund inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, die Begründung des angefochtenen Bescheids erweise sich in mehrfacher Hinsicht als mangelhaft. Entgegen der Judikatur des VwGH sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt werde, zumal sich die Feststellungen darauf beschränken würden, dass der BF einen Antrag auf Wiedereinsetzung am XXXX eingebracht habe. Weitere Feststellungen seien nicht getroffen worden und könnten dem Bescheid auch keine beweiswürdigenden Erwägungen entnommen werden. Folglich sei die rechtliche Beurteilung nicht nachvollziehbar. Es sei nicht ersichtlich, wie die Behörde zu dem Schluss komme, dass der BF in der Einvernahme am XXXX darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass dieser die ihm zugeteilte Rechtsberatung in Anspruch nehmen könne. Ein solcher Sachverhalt gehe aus dem Protokoll der Einvernahme nicht eindeutig hervor. Zwar sei er darauf hingewiesen worden, dass er eine Rückkehrberatung des XXXX in Anspruch nehmen könne. Ihm habe jedoch niemand gesagt, dass es sich bei der XXXX um eine andere Organisation handle, die er kontaktieren könne. Dem BF sei zwar bewusst gewesen, dass er eine Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX einlegen hätte können, jedoch habe er nicht gewusst, dass die Rechtsberatung kostenlos sei. Er verfüge nicht über ausreichend finanzielle Mittel, um sich selbst einen Rechtsanwalt finanzieren zu können und enthält die Verfahrensanordnung auch keinen Hinweis darauf, dass die Beratung kostenlos sei. Von der Behörde werde ferner nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, dass es sich um ein unabwendbares bzw. ein unvorhergesehenes Ereignis handle. Dieses Ereignis bestehe darin, dass die XXXX entgegen der Behördenpraxis keinen Hinweis erhalten habe, dass sich der BF in Schubhaft befinde. Zum Beweis dafür werde beantragt, eine entsprechende Anfrage bei der Direktion des Bundesamtes einzuholen bzw. einen Vertreter des Bundesamtes einzuvernehmen.

Selbst wenn die XXXX ein Verschulden treffen sollte, nicht bei der belangten Behörde nachgefragt zu haben, wäre ein solches Verschulden dem BF nicht zurechenbar, zumal er zu diesem Zeitpunkt noch nicht von der XXXX vertreten gewesen sei. Im Gegensatz zu den Ausführungen im Bescheid treffe den BF auch kein Verschulden daran, dass er sich nicht selbst mit der gesetzlichen Rechtsberatung in Verbindung gesetzt habe. Zu berücksichtigen sei, dass seine Deutschkenntnisse unzureichend seien und er über keine Kenntnisse des österreichischen Fremdenrechts verfüge. Der BF könne auch nur sehr schlecht lesen. Er habe in Vietnam nur wenige Jahre die Schule besucht und könne deshalb den Sinn der Rechtsmittelbelehrung nicht erfassen. Nichtsdestotrotz habe er versucht, sich an einen Rechtsberater zu wenden und mit seinem aus Serbien stammenden Zellenkollegen zu sprechen. Dies sei ihm jedoch nicht gelungen, da dieser nicht Deutsch gesprochen habe. Ferner habe er mit einem Betreuer des XXXX gesprochen. Dieser habe ihm gesagt, dass es für die Erhebung einer Beschwerde zu spät sei und er ihm nur hinsichtlich der freiwilligen Rückkehr nach Vietnam helfen könne. Er habe ihm geraten, sich um einen Reisepass zu kümmern, da er so schneller zurückkehren könne. Diese Gespräche hätten in deutscher Sprache, wenn auch auf sehr einfachem Niveau, stattgefunden. Zwar bilden nach der Judikatur des VwGH mangelnde Deutschkenntnisse bzw. mangelnde Rechtskenntnis alleine noch keinen Grund für die Bewilligung der Wiedereinsetzung. Bemüht sich ein Asylwerber jedoch, Kontakte von sich aus herzustellen, stelle dies eine taugliche Grundlage für einen Wiedereinsetzungsantrag dar (vgl. VwGH 19.10.1994, 93/01/1117). Nicht entscheidungserheblich sei jedoch der Umstand, dass es Schubhäftlingen grundsätzlich gestattet ist, Telefongespräche zu führen (vgl. VwGH vom 24.02.2000, Zl. 98/21/0421). Zum Beweis wurde die Einvernahme des BF im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragt. Das Beschwerdevorbringen widerspreche überdies nicht dem Neuerungsverbot, da das Verfahren vor der belangten Behörde mangelhaft geführt und der BF in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei.

2.4. Am XXXX langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der BF ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Seine Erstsprache ist Vietnamesisch. Ferner ist er in der Lage, einfache Unterhaltungen auf Deutsch zu führen.

Der BF stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet erstmals am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom XXXX rechtskräftig abgewiesen.

Am XXXX erfolgte vor dem Bundesamt eine niederschriftliche Einvernahme des BF zu dessen Aufenthalt im Bundesgebiet. Am selben Tag wurde gegen den BF die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Nach seiner Einvernahme wurde der BF in das PAZ XXXX überstellt.

Mit einem weiteren Bescheid vom XXXX wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Vietnam zulässig sei. Gemäß § 53 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Der Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde ausgeführt, dass dem BF die Möglichkeit offensteht, gegen diesen Bescheid binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Dieser Bescheid enthält eine vietnamesische Übersetzung des Spruchs sowie der Rechtsmittelbelehrung und wurde dem BF am XXXX persönlich übergeben.

Am selben Tag wurde dem BF eine Verfahrensanordnung sowohl in deutscher, als auch in vietnamesischer Sprache ausgehändigt. Mit dieser Verfahrensanordnung wurde ihm mitgeteilt, dass ihm gemäß § 52 Abs. 1 für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die XXXX als Rechtsberater zur Seite gestellt werde. Ferner wurde er aufgefordert, sich für eine allfällige Beschwerdeerhebung unverzüglich mit seinem Rechtsberater in Verbindung zu setzen. Die Verfahrensanordnung enthielt ferner die Adresse, die Telefonnummer, die E-Mailadresse sowie die Adresse der Homepage der genannten Rechtsberatung.

Die Verfahrensanordnung wurde auch der XXXX am XXXX zugestellt. Die Rechtsberatungsstelle nahm mit dem BF keinen Kontakt auf. Der BF versuchte ebenso wenig, von sich aus die XXXX zu kontaktieren, obwohl er wusste, dass er gegen den Bescheid, mit welchem eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot erlassen worden war, eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben kann. Er ließ die Rechtsmittelfrist ungenützt verstreichen.

Der BF befand sich von XXXX bis XXXX in Schubhaft. Die Schubhaftbetreuung bzw. Rückkehrberatung des BF erfolgte durch den XXXX . Die Beratung fand erstmalig am XXXX statt und wurde bis XXXX fortgesetzt. Insgesamt fanden neun Beratungstermine statt. Der BF wirkte an der Ausstellung eines Heimreisezertifikats mit und unterfertigte das Formular zur Verständigung über die geplante freiwillige Rückkehr.

Am XXXX stellte der BF den zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge dieses Verfahrens fand am XXXX erstmalig ein Rechtsberatungsgespräch zwischen dem BF und einer Vertreterin der XXXX statt. In weiterer Folge wurde dem Bundesamt eine Vertretungsvollmacht der XXXX vom XXXX vorgelegt. Am selben Tag widerrief der BF unter Verwendung des vorgesehenen Formulars seine freiwillige Rückkehr.

Am XXXX stellte der BF im Wege seiner Rechtsvertretung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX , mit welchem gegen ihn eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot erlassen worden sind.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz stützen sich insbesondere auf das Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom XXXX , XXXX . Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF sowie zu seiner Erstsprache gründen sich auf das Vorbringen des BF in seinen Verfahren. Aus seinem Vorbringen in der Beschwerde ergibt sich ferner, dass er auch in der Lage ist, einfache Unterhaltungen auf Deutsch zu führen.

Die Feststellungen zum gegenständlichen Verfahren ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, dessen Inhalt im Übrigen auch nicht bestritten wurde (vgl. insbesondere Bescheid vom XXXX betreffend Anordnung der Schubhaft, AS 203ff; Bescheid vom XXXX betreffend Rückkehrentscheidung, AS 163ff.; Verfahrensanordnung vom XXXX , AS 227; Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom XXXX , AS 431). Die Feststellungen zur persönlichen Übernahme des Bescheids vom XXXX betreffend die Rückkehrentscheidung sowie die Verfahrensanordnung ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Übernahmebestätigung (vgl. AS 449). Aus dem Schreiben vom XXXX geht überdies hervor, dass die Rechtsberatungsanfrage an die Koordinationsstelle für Rechtsberatungen weitergeleitet wurde (vgl. AS 221) und wurde vom BF im Wege seiner Vertretung im Wiedereinsetzungsantrag auch selbst vorgebracht, dass der XXXX die entsprechende Verfahrensanordnung am XXXX zugestellt wurde. Bereits aufgrund des Umstandes, dass der dem BF persönlich übergebene Bescheid eine vietnamesische Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung enthielt, kann davon ausgegangen werden, dass der BF auch tatsächlich wusste, dass ihm gegen den Bescheid eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht offensteht. Zudem brachte der BF im Wege seiner Vertretung in der Beschwerde auch explizit vor, dass er Kenntnis von der Möglichkeit einer allfälligen Beschwerdeerhebung hatte (vgl. S. 3 der Beschwerde: "Dem BF war zwar bewusst, dass er eine Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX einlegen hätte könne, jedoch war ihm nicht bewusst, dass er dafür Anspruch auf eine kostenlose Rechtsberatung und auch auf kostenlose rechtliche Vertretung haben würde").

Die Feststellungen, wonach der BF von sich aus nicht versuchte, mit der XXXX Kontakt aufzunehmen, gründen sich auf das Vorbringen des BF in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in welchem ein solcher Sachverhalt nicht behauptet wurde. Insoweit in der Beschwerde (verspätet) vorgebracht wird, er habe versucht, mit einem anderen Schubhäftling zu sprechen, wobei die Kommunikation jedoch an den fehlenden Deutschkenntnissen seines Gegenübers gescheitert wäre, ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass aus seinem Vorbringen nicht hervorgeht, inwiefern ihm diese Person helfen hätte können. Im Übrigen lässt er in diesem Zusammenhang auch vollkommen offen, warum er sich nicht an einen Bediensteten des PAZ gewandt und ihn um ein Telefongespräch mit seiner Rechtsberatung ersucht hat. Sein diesbezügliches Vorbringen erweist sich sohin als vollkommen unsubstantiiert.

Die Feststellung zum erstmaligen Beratungsgespräch mit einer Vertreterin der nunmehr ausgewiesenen Rechtsberatung am XXXX beruhen auf den Angaben des BF im Wiedereinsetzungsantrag. Ferner ergeben sich die Feststellungen zur Dauer der Schubhaft sowie zu den Beratungsterminen mit dem XXXX aus dem amtswegig eingeholten Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres sowie einer Anfragebeantwortung der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX . Im Übrigen wurde auch in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass der BF die Rückkehrberatung des XXXX in Anspruch genommen hat.

Die Feststellungen zur (vorläufigen) Mitwirkung des BF an der freiwilligen Rückkehr ergeben sich aus dem E-Mailverkehr zwischen dem XXXX und dem Bundesamt (vgl. AS 313ff.), dem Rückkehrhilfe-Erhebungsformular (vgl. AS 335ff) sowie aus der vom BF unterfertigten Verständigung von der geplanten Ausreise (vgl. AS 339). Ebenso liegt im Akt die Vollmacht vom XXXX sowie der Widerruf der freiwilligen Ausreise auf (vgl. AS 393, 411).

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Im vorliegenden Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z 4).

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Spruchteil A)

3.1. Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

3.1.1. Rechtliche Grundlagen

Eingangs ist festzuhalten, dass entgegen der Rechtsansicht des Bundesamtes bei Versäumen der Beschwerdefrist § 33 VwGVG für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die maßgebliche Bestimmung ist und nicht § 71 AVG, da es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (§ 17 VwGVG) (vgl. VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013).

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung zur Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. [...]

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. [...] Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

3.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. VwGH vom 25.11.2015, Ra 2015/06/0113 sowie VwGH vom 30.05.2017, Ra 2017/19/0113).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl. etwa VwSlg. 11.312/A sowie VwGH vom 21.05.1997, Zl. 96/21/0574). Den Antragsteller trifft somit die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat. Ein Nachschießen von Wiedereinsetzungsgründen bzw. ihre Auswechslung durch den Wiedereinsetzungswerber nach Ablauf der gesetzlichen Frist kommt daher nicht mehr in Betracht und vermögen daher Behauptungen, die erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebracht wurden, einen Wiedereinsetzungsantrag nicht zu begründen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 71, Rz 117 (Stand 1.4.2009, rdb.at); mwN). Es ist daher - entgegen der in der Beschwerde dargelegten Rechtsansicht - ausschließlich das Vorbringen des BF in seinem Antrag vom XXXX auf seine Tauglichkeit als Wiedereinsetzungsgrund zu prüfen.

Als Ereignis ist jedes Geschehen anzusehen. Nicht nur Abläufe in der Außenwelt, sondern auch ein innerer Vorgang, wie z.B. ein Irrtum oder Vergessen, kann ein Ereignis sein (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz 605; VwSlg 13.353 A/1991; VwGH 24.02.1992, 91/10/0251). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 06.05.2004, Zl. 2001/20/0195) kann auch ein Rechtsirrtum - etwa Unkenntnis von Rechtsvorschriften, unrichtige Beurteilung der Rechtslage etc. - einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen; dies jedoch nur unter der Bedingung, dass die weiteren Voraussetzungen, insbesondere mangelndes Verschulden bzw. minderer Grad des Versehens, vorliegen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (vgl. VwGH vom 24.01.1996, Zl. 94/12/0179). Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt hingegen nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (vgl. VwGH vom 03.04.2001, Zl. 2000/08/0214). Das Ereignis muss überdies für das Versäumen der Frist kausal sein, dh der Wiedereinsetzungswerber muss dadurch daran gehindert gewesen sein, die Frist einzuhalten (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 71, Rz 36 (Stand 1.4.2009, rdb.at); mwN).

Ein Verschulden der Partei bzw. des Vertreters hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH vom 29.01.2014, Zl. 2001/20/0425).

3.1.3. Im vorliegenden Fall versäumte der BF die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX , mit welchem gegen ihn eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen wurde.

In seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand brachte er vor, der Umstand, dass der XXXX die Verfahrensanordnung am XXXX ohne Hinweis auf die Schubhaft des BF übermittelt worden sei, habe dazu geführt, dass seitens der XXXX kein Besuch des BF in der Schubhaft erfolgt und die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX versäumt worden sei. Dies stelle für den BF ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar. Ihm sei es nicht möglich gewesen, eigenständig mit einem Rechtsberater Kontakt aufzunehmen, da er sich einerseits in Haft befunden habe und andererseits nicht ausdrücklich über die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Rechtsberaters aufgeklärt worden sei. Mangels ausreichender Kenntnisse der Sprache sowie des Rechts sei er nicht in der Lage gewesen, eigenständig eine Beschwerde zu verfassen.

3.1.4. Die Tatsache, dass sich eine Partei in Haft befindet, ist nach der Rechtsprechung des VwGH für sich allein genommen noch kein Hinderungsgrund, der bei Versäumung einer verfahrensrechtlichen Frist die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigt. Macht die Partei geltend, dass sie die (Rechtsmittel-)Frist deshalb nicht einhalten konnte, weil über sie eine Untersuchungs-, Straf- oder Schubhaft verhängt wurde, bringt sie keine taugliche Begründung für einen Wiedereinsetzungsantrag vor, weil durch einen Aufenthalt in einer Haftanstalt die Dispositionsfähigkeit nicht so weit verloren geht, dass die Partei allein deswegen außer Stande wäre, die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels zu wahren [...]. Dies gilt auch für Häftlinge, die (noch) unvertreten und/oder der deutschen Sprache nicht mächtig sind oder nicht über ausreichende Rechtskenntnisse verfügen, dh auch das Zusammentreffen von Haft und mangelnder Sprach- oder Rechtskenntnis (Rechtsirrtum) ist per se noch kein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Ein Wiedereinsetzungsgrund iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG läge nur dann vor, wenn zu den mit dem Aufenthalt in einer Haftanstalt allgemein verbundenen Einschränkungen ein konkreter, den Häftling speziell treffender "Verhinderungsgrund" (VwGH 31.08.2006, 2004/21/0139) hinzuträte. [...] Wesentlich ist, dass die in Haft befindliche Partei konkret und in nachvollziehbarer Weise - z.B. durch Angabe des Tages und der Aufsichtsperson, an die sie sich gewandt hat - behauptet und glaubhaft macht, den Wunsch geäußert zu haben, mit einem Rechtsvertreter oder sonstigen Beistand in Kontakt zu treten oder Schreibmaterial zu erhalten, um selbst ein Rechtsmittel oder eine sonstige Eingabe zu verfassen, ihr Verlangen aber ignoriert oder abgelehnt wurde. Die Partei muss aber von sich aus konkrete Schritte zur Erlangung der angestrebten Hilfestellungen setzen und diesbezüglich insbesondere auch mit den Bediensteten des Gefangenenhauses Kontakt aufnehmen. Unterlässt sie die ihr nach den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung der offenstehenden Rechtsverfolgungsmöglichkeiten, kann darin nicht bloß ein minderer Grad des Versehens gesehen werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 71, Rz 83f. (Stand 1.4.2009, rdb.at), mwN; VwGH 13.12.2001, 99/21/0110; 28.01.2003, 99/18/0320).

Im konkreten Fall hat der BF jedoch keinen speziell ihn treffenden Verhinderungsgrund dargetan. So ist seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu entnehmen, dass er versucht hätte, Hilfe bei der Kontaktaufnahme mit der Rechtsberatung zu erhalten, und sind auch keine Gründe ersichtlich, die ihm das Ersuchen um Hilfe verunmöglicht hätten. Wie bereits ausgeführt, erhielt der BF eine vietnamesische Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung des Bescheids, mit welchem gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen worden ist. In weiterer Folge ist er mit Verfahrensanordnung vom XXXX in einer ihm verständlichen Sprache darüber informiert worden, dass ihm die " XXXX " für ein Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt werde. Ferner ist er aufgefordert worden, sich für eine allfällige Beschwerdeerhebung unverzüglich mit der genannten Rechtsberatungsstelle in Verbindung zu setzen. Zu diesem Zweck ist in der Verfahrensanordnung nicht nur die Adresse, sondern auch die Telefonnummer der genannten Rechtsberatungsstelle angeführt worden. Da er sohin über die Möglichkeit der Beschwerdeerhebung sowie die Inanspruchnahme von Rechtsberatung belehrt worden ist, über die Kontaktdaten der Beratungsstelle verfügt hat und er überdies auch in der Lage ist, einfache Unterhaltungen auf Deutsch zu führen, wäre es ihm möglich und zumutbar gewesen, eine Aufsichtsperson des PAZ um ein Telefongespräch mit einem Vertreter der XXXX zu ersuchen.

Wenn in der Beschwerde unter Verweis auf die Entscheidung des VwGH vom 24.02.2000, 98/21/0421, ausgeführt wird, der Umstand, dass es Schubhäftlingen grundsätzlich gestattet sei, Telefongespräche zu führen, nicht entscheidungserheblich, so ist dem zu entgegnen, dass sich der konkrete Fall von der zitierten Entscheidung maßgeblich unterscheidet, da der BF - wie bereits ausgeführt - über die Möglichkeit der Beschwerdeerhebung binnen zwei Wochen ab Zustellung in einer ihm verständlichen Sprache informiert worden ist und über die Kontaktdaten der ihm amtswegig zur Seite gestellten Rechtsberatung verfügt hat. Dem BF ist sohin die Möglichkeit offen gestanden, rechtzeitig eine konkrete Rechtsberatungsstelle zu kontaktieren und so die Versäumung der Beschwerdefrist zu verhindern. Nur am Rande ist anzumerken, dass der BF während der Schubhaft auch Rückkehrberatung des XXXX in Anspruch genommen hat und der erste Termin bereits am XXXX , sohin während offener Beschwerdefrist, stattgefunden hat. Folglich hätte für ihn prinzipiell auch die Möglichkeit bestanden, über diese Organisation mit der XXXX Kontakt aufzunehmen oder allfällige Fragen betreffend die Inanspruchnahme von Rechtsberatung zu klären.

Die Frage, ob üblicherweise die Rechtsberatung von der Anordnung der Schubhaft gegen den Betroffenen informiert wird, kann vor dem Hintergrund der dargelegten Erwägungen dahingestellt bleiben, da es dem BF auch aus dem Stand der Schubhaft möglich gewesen wäre, die XXXX zu kontaktieren und so die Versäumung der Frist abzuwenden. Die beantragte Beweisaufnahme zur behaupteten Behördenpraxis konnte daher unterbleiben.

3.1.5. Ein "Ereignis" iSd § 33 Abs. 1 VwGVG wurde sohin im gegenständlichen Fall nicht glaubhaft gemacht und ging die belangte Behörde daher zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war im gegenständlichen Fall Abstand zu nehmen, weil die Schriftsätze der Partei und die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Spruchteil B)

3.3. Zu Spruchteil B - Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

mangelnder Anknüpfungspunkt, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe,
Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W124.1400533.2.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten