TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/17 W113 1437582-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.10.2019
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Entscheidungsdatum

17.10.2019

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46a Abs1 Z1
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2

Spruch

W113 1437582-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Katharina DAVID als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, vertreten durch RAe Dr. DELLASEGA Martin & Dr. KAPFERER Max gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2019, Zl. 13-821851601-190729878, zu Recht erkannt:

A)

Spruchpunkt VI. des Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass er wie folgt lautet:

VI. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 1 Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in der Folge Beschwerdeführer) stellte in Österreich am 20.12.2012 einen Asylantrag. Mit Bescheid des (damaligen) Bundesasylamtes vom 08.08.2013, Zl. 12 18.516-BAI, wurde Antrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen sowie eine Abschiebung für zulässig erklärt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2014, W208 1437582-1/7E, bezüglich des Status des Asylberechtigten abgewiesen, jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten befristet bis 16.12.2015 zuerkannt. Nach einem Antrag auf Verlängerung wurde die Frist vom Bundesasylamt auf 16.12.2017 erstreckt.

Nach einem weiteren Antrag auf Verlängerung vom 29.09.2017 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge belangte Behörde) aberkannt und eine Abschiebung für zulässig erklärt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.06.2019, W204 1437582-2/12E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde vollumfänglich abgewiesen. Einer gewährten freiwilligen Frist zur Ausreise bis zum 15.07.2019 kam der Beschwerdeführer nicht nach. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Rechtsmittel an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, wo die Verfahren bis dato nicht entschieden wurden.

Am 22.08.2019 führte die belangte Behörde eine Befragung des Beschwerdeführers durch, in der dieser insbesondere zu seinem persönlichen Leben in Österreich befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten. In Deutschland leben zwei Cousins von ihm, zu denen er telefonisch Kontakt hält. Er ist nicht verheiratet und lebt auch nicht in einer ständigen Lebensgemeinschaft und er hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer hat Freunde bzw. einen Freundeskreis in Österreich. Bei einem Freund, der auch Afghane ist, lebt er manchmal, er hält sich auch bei verschiedenen Freunden auf, die als Miete von ihm € 250,- verlangen. Seine Meldeadresse ist das Obdachlosenheim, da er selber keinen festen Wohnsitz hat.

Er wuchs in Afghanistan auf und lebte als Volljähriger mit seiner Familie auch einige Jahre im Iran, wo er 5 Jahre lang einen Alphabetisierungskurs machte. Er lebt seit 7 Jahren in Österreich und hat 2 Jahre lang in Österreich gearbeitet. Er war geringfügig im Gastronomiebereich und als Kolporteur bei einer Tageszeitung tätig. Derzeit ist er arbeitslos, bezieht aber keine Sozialleistungen.

Seine Sprachkenntnisse bewegen sich auf dem A2-Niveau, die Prüfung nach dem A2-Kurs hat er aber nicht mehr gemacht.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten und er hält sich nach wie vor in Österreich auf.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Verfahrensakt, insbesondere dem Befragungsprotokoll der belangten Behörde vom 22.08.2019.

Dass der Beschwerdeführer unbescholten ist, ergibt sich aus dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Strafregisterauszug (vgl. OZ 1).

Zum Vorwurf in der Beschwerdeschrift, dass der Beschwerdeführer nicht zu seinem Freundeskreis befragt worden sei, ist auf die wiederlegende Niederschrift vom 22.08.2019 zu verweisen, wo der Beschwerdeführer auf S. 3-4 zu seinem Leben in Österreich und auch seinen Freunden befragt wurde.

Die Feststellungen zu seinen Sprachkenntnissen ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers selbst (vgl. Niederschrift vom 22.08.2019, S. 4).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat die belangte Behörde die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Über das Ergebnis dieser Prüfung ist mit Bescheid abzusprechen.

Gegenständlich hielt sich der Fremde deswegen unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, da er eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen, die ihm mit Erkenntnis vom 28.06.2019, W204 1437582-2/12E (zugestellt und damit rechtskräftig am 01.07.2019) gewährt wurde, nicht nutzte und er nicht über einen Aufenthaltstitel oder ein sonstiges Bleiberecht verfügte.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel, oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Keiner dieser Tatbestände ist im vorliegenden Fall verwirklicht: Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist nicht geduldet (Z 1). Es liegt auch kein Interesse der Rechtspflege am weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vor (Z 2). Der Beschwerdeführer war auch kein Opfer von Gewalt und ist die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung zum Schutz vor weiterer Gewalt nicht erforderlich (Z 3). Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG lagen sohin nicht vor.

3.2. Zu Spruchpunkt II. Rückkehrentscheidung

§ 10 AsylG lautet:

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. [...]

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

[...]

§ 52 des FPG laute:

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält

[...]

§ 9 BFA-VG lautet:

Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

[...]

Die belangte Behörde hatte gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ihre Entscheidung in Spruchpunkt I., nämlich, dass von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird, sowie gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, sofern mit dieser in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird, in der vorliegenden Konstellation nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zunächst war daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung geeignet ist, in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers einzugreifen. Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab.

Es besteht ein großes öffentliches Interesse an einem geordneten Fremdenwesen. Das verlangt von Fremden grundsätzlich, dass sie nach negativer Erledigung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Bundesgebiet wieder verlassen (VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0034).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten im Bundesgebiet, er lebt hier auch in keiner Lebensgemeinschaft und hat auch keine Kinder. Er verfügt in Österreich sohin über kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK.

Es blieb zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung ein unzulässiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers einhergeht:

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva u.a. gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Im seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte (vgl. VwGH 20.12.2007, 2007/21/0437, zu § 66 Abs. 1 FPG, wonach der 6-jährigen Aufenthaltsdauer eines Fremden im Bundesgebiet, der Unbescholtenheit, eine feste soziale Integration, gute Deutschkenntnisse sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, jedoch keine Familienangehörigen geltend machen konnte, in einer Interessensabwägung keine derartige "verdichtete Integration" zugestanden wurde, da der Aufenthalt "letztlich nur auf einem unbegründeten Asylantrag fußte"; ähnlich auch die Erkenntnisse VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026; 30.04.2009, 2009/21/0086; 08.07.2009, 2008/21/0533; 08.03.2005, 2004/18/0354). Außerdem ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216). Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch schon wiederholt darauf hingewiesen, dass die Aufenthaltsdauer nach § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien darstellt, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist (VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Gleichzeitig betonte er etwa in der zitierten Entscheidung, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt.

Die Umstände eines gesicherten Unterhalts und, dass es zu keiner Straffälligkeit kam, bewirken keine relevante Verstärkung der persönlichen Interessen, vielmehr stellen das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme dar (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112). Integrative Bemühungen eines Beschwerdeführers sind insofern zu relativieren, als die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale darstellen (VwGH 26.01.2009, 2008/18/0720).

Im Rahmen der Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt der Bindungen zum Heimatstaat (§ 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG) kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch der Frage, ob sich der Fremde bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine Existenzgrundlage schaffen kann, eine Bedeutung zukommen (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, Rz. 4.1 mwN). Dies hat freilich im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung nicht in jeder Konstellation Relevanz: Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Heimatland vermögen deren Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht in entscheidender Weise zu verstärken, sondern sind vielmehr - letztlich auch als Folge eines seinerzeitigen, ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich vorgenommenen Verlassens ihres Heimatlandes - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0188).

Im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG ist es maßgeblich relativierend, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (VwGH 10.04.2017, Ra 2016/01/0175 mwN).

Für den unbescholtenen Beschwerdeführer spricht, dass er nunmehr knapp 7 Jahre in Österreich aufhältig ist und von 22.12.2014 bis 01.07.2019 über den befristeten Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfügte. Er hat den A2-Deutschkurs besucht. Er hat Freunde in Österreich, bei denen er auch übernachtet.

Dem steht gegenüber, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Familienangehörigen oder Verwandten und hat. Er hat auch keine Lebenspartnerin oder Kinder. Er hat zwar einen afghanischen Freund, bei dem er zum Teil unterkommt und nach eigenen Angaben einen Freundeskreis. Bei seinen Freunden übernachtet er gelegentlich, diese verlangen aber eine Miete von ihm (als arbeitslosen Obdachlosen), was nicht unbedingt dafürspricht, dass es sich bei diesen Freunden um sehr enge Freude handelt. In der Beschwerde wird moniert, dass der Beschwerdeführer nicht zu seinem Freundeskreis befragt worden sei. Dies entspricht nicht den Tatsachen, wie sich aus dem Befragungsprotokoll der belangten Behörde vom 22.08.201 ergibt (vgl. S. 3-4).

Trotzdem er viereinhalb Jahre lang über eine befristete Aufenthaltsberechtigung eines subsidiär Schutzberechtigten verfügte, hat er nur zwei Jahre lang gearbeitet. Der Beschwerdeführer musste sich während seines Aufenthalts immer seines bloß vorläufigen und unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013). Seine Deutschkenntnisse auf A2-Niveau (wie er selbst angab) erscheinen im Vergleich zur langen Aufenthaltsdauer sehr unterdurchschnittlich. Daraus ergibt sich aber auch, dass die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers nicht besonders stark ausgeprägt sein können. Auch die soeben erwähnte Tatsache, dass er nur zwei Jahre lang gearbeitet hat, spricht nicht für eine gelungene Integration.

Der Beschwerdeführer hat einen Großteil seines Lebens in Afghanistan und später ein paar Jahre im Iran verbracht, er wurde dort sozialisiert und spricht eine Landessprache als Muttersprache. Der Beschwerdeführer ist mit dem Gesellschafts- und Kulturleben Afghanistans vertraut, sodass nicht davon auszugehen ist, dass er in seiner Heimat derart entfremdet ist, dass ihm eine Rückkehr auch vor dem Hintergrund der dort herrschenden schwierigen Verhältnisse nicht mehr zugemutet werden könnte.

Wägt man die zuvor dargestellten, für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Gesichtspunkte in einer Gesamtbetrachtung gegeneinander ab, so überwiegt für das Bundesverwaltungsgericht das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung dem privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich klar. Trotz der fast 7-jährigen Aufenthaltsdauer hat der Beschwerdeführer keine besonderen Integrationsbemühungen vorzuweisen.

Wenn er zur Frage nach Integrationsschritten vorbringt, sich in Österreich bis dato an die Gesetze gehalten zu haben, ist dazu auszuführen, dass dies keine besondere Integrationsbemühung darstellt, sondern im Gegenteil davon auszugehen ist, dass sich in Österreich aufhältige Personen gesetzestreu verhalten. Auch der Einwand, es wäre nicht fair, ihn nach 7 Jahren in die Heimat zurückzuschicken, obwohl er 2 Jahre lang in Österreich Steuern bezahlt hätte, überzeugt im Ergebnis nicht, ist "fair" doch keine Kategorie einer aufenthaltsbeendenden Entscheidung. Eine solche Entscheidung hat einerseits auf Grundlage der geltenden Normen zu ergehen und muss andererseits die Abwägung, ob das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung höher wiegt als das private Interesse des Beschwerdeführers, auf Grundlage einer fundierten nachvollziehbaren Gegenüberstellung der verschiedenen Interessen beruhen.

Die Behörde hat ihre Abwägung nach einer ausführlichen Befragung des Beschwerdeführers am 22.08.2019 getroffen und ist nicht ersichtlich, dass sie dabei willkürlich vorgegangen wäre oder wesentliche Interessen außer Acht gelassen hätte. Wie oben dargestellt gelangt auch das Bundesverwaltungsgericht zu keinem anderen Ergebnis.

Die Rückkehrentscheidung erweist sich somit als rechtskonform.

3.3. Zu Spruchpunkt III. Zulässigkeit der Abschiebung

Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

Rückkehrentscheidung

§ 52. [...]

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

[...]

Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung ist festzustellen, ob eine Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan ist zulässig, weil nach den die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten tragenden Feststellungen der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.06.2019, W204 1437582-2/12E, keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Es gibt auch keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR, die einer Abschiebung entgegenstehen würde. Wie bereits in der zitierten Entscheidung ausgeführt sieht auch der EGMR in seiner jüngsten Rechtsprechung die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde.

Im Übrigen ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach qua einer Bindungswirkung auf die rechtskräftige Feststellung der zitierten Entscheidung Bedacht zu nehmen ist, sofern sich nach deren Erlassung der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften nicht wesentlich geändert haben (VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0002). Dafür, dass sich eine Änderung diesbezüglich seit 28.06.2019 ergeben hätte, gibt es aber keine stichhaltigen Anhaltspunkte, wurden in der Bezug habenden Entscheidung doch die immer noch aktuellen Länderinformationen als Entscheidungsgrundlage verwendet.

Der Hinweis des Beschwerdeführers, dass sich die Lage, insbesondere in seiner Heimatprovinz Sar-e-Pol, verschlechtert habe, blieb unbelegt und trifft keine Aussage über den Verweis in der zitierten Entscheidung auf Herat oder Mazar-e Sharif als innerstaatliche Fluchtalternative. Selbst die Beschwerdeschrift vermag nicht nachvollziehbar zu begründen, warum aus Sicht des Beschwerdeführers eine wesentliche Änderung des Sachverhalts, konkret der Sicherheitslage in den verwiesenen Orten, eingetreten sei. Ein pauschaler Verweis auf die UNHCR-RL über die Feststellung zum internationalen Schutzbedarf afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 ist dazu nicht geeignet, liegt zum Risikoprofil des Beschwerdeführers als arbeitsfähiger junger afghanischer Mann ohne Sorgepflichten, aber auch ohne familiäre Anknüpfungspunkte doch ausreichend Judikatur vor (z.B. VwGH 21.05.2019, Ra 2018/19/0717).

Der auf § 52 Abs. 9 FPG 2005 gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht. Mit Eintreten der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ist sohin die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig.

3.4. Zu Spruchpunkt IV. Ausschluss der aufschiebenden Wirkung

In Anbetracht der vorliegenden Entscheidung in der Sache konnte eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben.

3.5. Zu Spruchpunkt V. Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55 FPG lautet:

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. [...]

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

[...]

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat die belangte Behörde in Spruchpunkt V. der angefochtenen Entscheidung zu Recht keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.

3.6. Zu Spruchpunkt VI. Einreiseverbot

Die hier maßgeblichen § 53 Abs. 1, 2 und 3 FPG lauten:

Einreiseverbot

§ 53 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

[...]

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

[...]

Unter Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides verhängte die belangte Behörde ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 FPG.

Dieses stützte die belangte Behörde auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG, da der Beschwerdeführer den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 21.06.2012, 2011/23/0305, mwN).

Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, geht der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach, verfügt über Ersparnisse in der Höhe von € 800,- und ist demnach nicht selbsterhaltungsfähig. Dass er zwei Jahre lang gearbeitet hat und zu dieser Zeit auch Geld verdient hat, vermag nicht auszureichen, um die Selbsterhaltungsfähigkeit nachzuweisen. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen Aufenthaltstitel in Österreich und kann auch keine Beschäftigungsbewilligung vorweisen. In Österreich leben auch keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers, von denen er unterstützt werden könnte. Selbst die Freunde, bei denen er gelegentlich wohnt, verlangen vom Beschwerdeführer eine Miete in Höhe von € 250,-.

Die belangte Behörde stellte demnach völlig zutreffend fest, dass der Beschwerdeführer in Österreich mittellos ist. Es ist somit der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt und bereits daher ein Einreiseverbot gerechtfertigt, zumal durch die daraus resultierende Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet wird. Die Erlassung eines Einreiseverbots wegen Mittellosigkeit gegen Fremde, deren Asylverfahren bereits rechtskräftig negativ beendet wurde und die über keinen Aufenthaltstitel verfügen und gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahmen zulässig sind, ist zulässig (VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0197; 24.05.2018, Ra 2018/19/0125; 20.09.2018, Ra 2018/20/0349).

Angesichts seines fast fünfjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet ohne Erwerbstätigkeit (zwei Jahre lang hat er gearbeitet) sowie der Missachtung einer Rückkehrentscheidung von Ende Juni 2019 muss die Zukunftsprognose negativ ausfallen und kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in naher Zukunft seinen Lebensunterhalt ohne staatliche Unterstützungsleistungen bestreiten wird können.

Aus Sicht der erkennenden Richterin kann die Verhängung eines Einreiseverbotes auch unmittelbar auf Art. 11 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) gestützt werden, wonach eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergeht, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wird.

Die Aufzählung des § 53 FPG ist bloß demonstrativ. Es können daher auch nicht explizit aufgezählte Umstände ein Einreiseverbot rechtfertigen, solange diese mit den im Gesetz aufgezählten von ihrer Interessenslage her vergleichbar sind. Nach Art. 11 Abs. 1 Rückführungsrichtlinie, der durch § 53 FPG umgesetzt wird, geht eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einher, falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde (lit. a) oder falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde (lit. b). Im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung ist daher auch darauf Rücksicht zu nehmen.

Nach der weiter oben zitierten Judikatur ist bei der Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden zu berücksichtigen. Zwar ist der Beschwerdeführer, wie die Beschwerde zu Recht vorbringt, bislang strafrechtlich unbescholten. Das Nichtbefolgen einer gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung stellt jedoch eine Missachtung der österreichischen Rechtsordnung und der Entscheidungen der österreichischen Verwaltungsbehörden und Gerichte dar. Der Entscheidung der belangten Behörde kann vor diesem Hintergrund dem Grunde nach nicht entgegengetreten werden.

Wie auch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung steht auch die Erlassung eines Einreiseverbotes unter dem Vorbehalt des § 9 BFA-VG. Wie bereits weiter oben ausgeführt, verfügt der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte und auch kein vertieftes Privatleben.

In Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit dem Interesse an der Verhängung von Einreiseverboten erscheint daher die Erlassung von Einreiseverboten, insbesondere in Anbetracht der fehlenden Existenzmittel in Zusammenschau mit der Missachtung fremdenbehördlicher Anordnungen und insbesondere auch unter Berücksichtigung der nicht besonders ausgeprägten Integration im Bundesgebiet zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung geboten.

Lediglich die Dauer des Einreiseverbotes erscheint unverhältnismäßig in Anbetracht der zu verhängenden Höchstdauer von fünf Jahren und der übrigen Gründe in § 53 Abs. 2 Z 1 bis 5 und 7 bis 9. Bei der Entscheidung über die Dauer ist das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen. Der an den Beschwerdeführer zu Recht gerichtete Vorwurf der Missachtung einer Rückkehrentscheidung und seiner Mittellosigkeit rechtfertigen nach Ansicht der erkennenden Richterin ein Einreiseverbot für die Dauer von einem Jahr.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. war daher dem Grunde nach abzuweisen, war die Dauer aber entsprechend anzupassen.

3.7. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG in Verbindung mit § 24 VwGVG entfallen.

Wenn in der Beschwerde moniert wird, sogar die belangte Behörde hätte eine mündliche Verhandlung durchführen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass diese am 22.08.2019 eine ausführliche Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt hat. Dass der Rechtsvertreter zeitlich verhindert war, wie sich aus der Niederschrift ergibt, kann der Behörde wohl nicht zum Vorwurf gemacht werden.

In Anbetracht der ausführlichen Befragung des Beschwerdeführers, die noch keine zwei Monate zurückliegt und sich weder aus dieser Befragung noch aus der Beschwerdeschrift Anhaltspunkte ergeben, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfordern, konnte eine solche vor dem Verwaltungsgericht unterbleiben.

Die mündliche Erörterung lässt schließlich eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und stehen einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Einreiseverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung, Milderungsgründe,
Mittellosigkeit, öffentliche Interessen, Resozialisierung,
Rückkehrentscheidung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W113.1437582.3.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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