TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/4 W211 2224973-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.11.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.11.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W211 2224973-1/3E

TEILERKENNTNIS:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA LL.M. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Spruchpunkt IV. des

angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 10.09.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde am 11.09.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt, wo er zusammengefasst angab, aufgrund einer Konversion zum Christentum geflohen zu sein.

Am 13.09.2019 und am 26.09.2019 fanden Einvernahmen bei der belangten Behörde statt, in denen der Beschwerdeführer zusammengefasst vorbrachte, Christ geworden zu sein und eine Hauskirche besucht zu haben. Er wurde weiter nach seinem Herkunftsort und seiner Religionsausübung befragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.10.2019 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig ist (Spruchpunkt III.) Unter Spruchpunkt IV. wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und in Spruchpunkt V. gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise erteilt.

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht.

Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und langten am 31.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 10.09.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und brachte eine Gefährdung wegen einer Konversion ins Christentum vor. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen beruhen auf dem Verwaltungsakt sowie einem Auszug aus dem Strafregister vom 31.10.2019. und sind nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Rechtliche Grundlage

§ 18 BFA-VG lautet - auszugsweise:

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.

2. Zum von der Behörde herangezogenen Aberkennungsgrund ist auszuführen, dass der VwGH die gleiche Wortfolge in § 6 Z 3 AsylG 1997 so auslegte, dass nur dann, wenn es "unmittelbar einsichtig" sei und sich das Urteil quasi "aufdränge", dass die vom Asylwerber vorgebrachten Schilderungen tatsächlich wahrheitswidrig seien, das Vorbringen ein solches Maß an Unglaubwürdigkeit erreiche, dass der Tatbestand als erfüllt angesehen werden könne (vgl. Urban im Jahrbuch 18 Asyl- und Fremdenrecht, S. 136).

3. Dieser Maßstab an Unglaubwürdigkeit ist gegenständlich weder in Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, wie es sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, noch aus der relevanten Länderinformation, die eine Verfolgung von Konvertiten im Iran und Repressalien gegenüber Hauskirchen dokumentieren, gegeben. Als Indiz dafür ist auch die ausführliche Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid heranzuziehen, die die Annahme, es handle sich gegenständlich um eine "unmittelbar einsichtige" Unrichtigkeit des Vorbringens nicht erlaubt. In Lichte der Konsequenzen, die Konvertiten zum Christentum im Iran erleben können, muss daher im Beschwerdeverfahren genau geprüft werden, ob betreffend den Beschwerdeführer eine Gefährdung seiner Rechte unter den Art. 2, 3 EMRK sowie 6 und 13. ZP im Falle einer Rückkehr vorliegen würden.

Damit besteht keine Grundlage für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG (und damit einer Einschränkung des grundrechtlich gewährten Rechtsschutzes), weshalb dieser Spruchpunkt nicht hätte ergehen dürfen und damit spruchgemäß ersatzlos zu beheben war.

Der gegenständlichen Beschwerde kommt somit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens betreffend die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides die aufschiebende Wirkung zu.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen,
Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W211.2224973.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten