Entscheidungsdatum
06.11.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W118 2221703-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ECKHARDT über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. AFGHANISTAN, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 17.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 09.06.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).
In der Begründung stellte die belangte insbesondere Behörde fest, dass der Beschwerdeführer volljährig, ledig, jung und arbeitsfähig sei und an keiner schweren Krankheit leide. Der Vater des Beschwerdeführers werde seit der Flucht in den Iran vermisst, der Beschwerdeführer habe noch seine Mutter, drei Schwestern und einen Bruder. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan wäre der Beschwerdeführer in einer aussichtslosen Lage.
Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde näher aus, der Beschwerdeführer verfüge in seinem Herkunftsstaat Afghanistan über kein familiäres oder sonstiges Netzwerk und habe seit seiner Kindheit nicht mehr in Afghanistan gelebt. Im Falle seiner Rückkehr würde er dadurch in eine aussichtslose Lage geraten.
In der rechtlichen Beurteilung wurde insbesondere festgehalten, dass dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände und der allgemein schlechten Versorgungslage in Afghanistan derzeit auch keine innerstaatliche Fluchtalternative - etwa in Kabul - offenstehe.
3. Mit Datum vom 09.06.2017 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers bis zum 09.06.2019 verlängert.
4. Mit Schreiben vom 16.04.2019 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung um zwei Jahre.
5. Am 11.06.2019 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi und einer Vertrauensperson einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, dass er seit 03.06.2019 als Hilfsarbeiter arbeite, zuvor habe er die Schule besucht und Deutschkurse sowie zwei Praktika absolviert. Seine Angehörigen würden sich in Teheran aufhalten, in Afghanistan habe er niemanden. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass ihm subsidiärer Schutz erteilt worden sei, weil er in Afghanistan über kein familiäres oder sonstiges Netzwerkverfüge und seit seiner Kindheit nicht mehr in Afghanistan gelebt habe. Der Beschwerdeführer gab dazu an, dass die gleichen Bedingungen auch derzeit herrschen würden. Dem Beschwerdeführer wurde weiters vorgehalten, dass eine Rückkehr nach Herat, Kabul oder Balkh zum jetzigen Zeitpunkt für ihn zumutbar sei und er Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen oder selbst eine Arbeit aufnehmen könnte. Der Beschwerdeführer nahm dahingehend Stellung, dass er alleine in Afghanistan nicht beginnen könne, da er dort niemanden kenne und kein Anfangskapital zur Verfügung habe. Der Beschwerdeführer kenne die Bedingungen in Afghanistan nicht und wisse nicht, was auf ihn zukommen werde.
6. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX zuerkannte Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die mit Bescheid vom 09.06.2017 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden. Zum heutigen Zeitpunkt bestehe für den Beschwerdeführer als alleinstehender, junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann die Möglichkeit einer Rückkehr in sein Heimatland Afghanistan. Es bestehe keine relevante Gefährdungslage in Bezug auf seine Heimatprovinz und eine Rückkehr in die Provinz Herat bzw. eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Kabul oder Mazar-e Sharif sei in seinem Fall aus heutiger Sicht möglich. Der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit, sich in den sicheren Provinzen allenfalls durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern. Zudem könnte er durch Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat das Auslangen finden. Auch habe die - zwischenzeitlich verschlechterte - Sicherheitslage in Kabul noch nicht ein Ausmaß erreicht, dass von einer allgemein unzumutbaren Sicherheitssituation für jegliche Person allein aufgrund ihrer Anwesenheit ausgegangen werden könne. Die Befürchtungen des Beschwerdeführers hinsichtlich fehlender Anknüpfungspunkte in Afghanistan und eines in der Vergangenheit bestehenden Problems seines Vaters mit Taliban, habe seitens des Beschwerdeführers nicht auf seine Person individualisiert und konkretisiert werden können. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, es würden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohe. Eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Kabul oder Mazar-e Sharif sei ihm daher zumutbar. Dem Beschwerdeführer sei daher gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, weil für ihn eine Rückkehr als alleinstehender, junger, gesunder, männlicher Antragsteller zu diesem Zeitpunkt möglich sei.
7. Hiegegen wurde Rechtsmittel erhoben und der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im gesamten Umfang angefochten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht aberkennen und die Aufenthaltsberechtigung nicht entziehen dürfen sowie dem Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung stattgeben müssen. Die Behörde habe sich bei der Aberkennung auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gestützt. Im zweiten Fall dieser Bestimmung ("nicht mehr vorliegen") werde unionsrechtlich gemäß Art. 19 Abs. 1 iVm Art. 16 Abs. 1 der Statusrichtlinie auf eine Änderung der Umstände abgestellt, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend sei, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz gehabt habe, tatsächlich nicht länger Gefahr laufe, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Bei unionsrechtskonformer Interpretation sei § 9 Abs. 1 Z1 AsylG 2005 so zu verstehen, dass stets auf eine Änderung der Umstände abzustellen sei und diese nicht grundsätzlich von neuem zu bewerten seien.
Zu einer Rückkehr nach Herat sei hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer nicht aus Herat Stadt, sondern aus dem Distrikt XXXX , Bezirk XXXX stamme. Mit der konkreten Sicherheitslage im Herkunftsbezirk des Beschwerdeführers, der nur teilweise von der Regierung kontrolliert werde, habe sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jedoch nicht auseinandergesetzt. Auch sei im Dunkeln geblieben, wie das Bundesamt zu Ansicht gelangt sei, dass der Beschwerdeführer mit den kulturellen Gepflogenheiten Afghanistans vertraut sei, zumal er bereits als Kind in den Iran geflohen sei.
Soweit sich die belangte Behörde auf eine geänderte Judikatur bzw. eine neue Interpretation der Judikatur gestützt habe, stelle sich dies als unzulässig dar, da Judikaturänderungen aus Gründen der Rechtssicherheit keine Rückwirkung entfalten dürften. Dass eine Aberkennung nur bei einer Änderung der Umstände (die wesentlich und nicht nur vorübergehend zu sein hätten), nicht aber bei einer Änderung der Rechtsprechung/Rechtsansicht/Subsumtion zulässig sei, ergebe sich auch aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0153 (Rz 79 und 96). Auch der Verfassungsgerichtshof habe in Hinblick auf Begründungsanforderungen in Aberkennungsbescheiden als Grundsatz festgehalten, dass ein "rechtskräftig entschiedener Sachverhalt nicht grundlos neuerlich untersucht und anders entschieden werden darf". Lediglich eine andere rechtliche Beurteilung oder Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts vermöge eine Aberkennung eines rechtskräftig zuerkannten subsidiären Schutzes nicht zu rechtfertigen.
Dieser Begründungspflicht sei das Bundesamt gegenständlich in keiner Weise nachgekommen. Konkrete Feststellungen zu den maßgeblichen Änderungen auf Sachverhaltsebene sowie eine vergleichende Darstellung des Sachverhalts, der ursprünglich zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und zur Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung geführt hätte, würden gänzlich fehlen. Die persönliche Situation des Beschwerdeführers habe sich abgesehen von seiner Integrationsverfestigung in Österreich nicht verändert. Es sei dem Bundesamt auch nicht gelungen darzulegen, inwiefern sich die Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblich und nachhaltig verbessert hätte. Wie den zitierten Länderberichten (Länderberichte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid, EASO-Berichte vom April und Juni 2019, ACCORD-Bericht vom 07.12. und 12.12.2018, Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Gutachten von Friederike Stahlmann) zu entnehmen sei, sei vielmehr eine maßgebliche Verschlechterung sowohl der Sicherheits- als auch der Versorgungslage, insbesondere in den Großstädten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat eingetreten.
Betreffend die Integration des Beschwerdeführers in Österreich wurde der Beschwerde ein Konvolut von Unterlagen beigeschlossen.
8. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 25.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die Verwaltungsakten des Bundesamtes und in den Gerichtsakt sowie insbesondere in folgende Länderberichte: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert mit 04.06.2019, UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 30.08.2018, und EASO, Country Guidance:
Afghanistan, Juni 2019.
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Tadschiken zugehörig und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 17.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Der Beschwerdeführer ist in der Provinz Herat geboren, hat seit seiner Kindheit aber im Iran gelebt und ist nicht mehr nach Afghanistan zurückgekehrt. Er hat im Iran die Schule besucht und fünf Jahre als Schneider gearbeitet. Die Angehörigen des Beschwerdeführers leben im Iran.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, da er in seinem Herkunftsstaat Afghanistan über kein familiäres oder sonstiges Netzwerk verfügt und seit seiner Kindheit nicht mehr in Afghanistan gelebt hat. Im Falle seiner Rückkehr würde er dadurch in eine aussichtslose Lage geraten. Überdies wurde die Lage in Afghanistan als unübersichtlich bzw. unsicher beurteilt.
Der Beschwerdeführer war bereits bei Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten volljährig, er ist weiterhin arbeitsfähig und leidet an keinen schweren Erkrankungen. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Er hat in Österreich keine nahen Familienangehörigen oder sonstige enge Bindungen. Der Beschwerdeführer ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes.
1.2. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:
In Afghanistan leben laut Schätzungen aus dem Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Pashtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara und 9 % Usbeken. Daneben gibt es noch weitere ethnische Minderheiten wie etwa die Aimaken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen können allerdings weiterhin in Konflikten und Tötungen resultierten.
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Die Taliban umkämpften Distriktzentren, konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.
Die afghanische Hauptstadt Kabul hat etwa 4,6 Millionen Einwohner und ist über den Flughafen gut zu erreichen. Die Lage in Kabul ist noch als hinreichend sicher und stabil zu bezeichnen, wenngleich es immer wieder zu Anschlägen mit zahlreichen Opfern kommt. Diese Anschläge ereignen sich allerdings oft im Nahbereich von staatlichen bzw. ausländischen Einrichtungen oder NGOs. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 wurden von UNAMA 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul dokumentiert.
Die nordafghanische Provinz Balkh ist von hoher strategischer Bedeutung und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e Khumri und ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut, es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Mazar-e Sharif verfügt über einen internationalen Flughafen. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen.
Herat ist eine wirtschaftlich relativ gut entwickelte Provinz im Westen des Landes und ist über einen internationalen Flughafen in der Provinzhauptstadt gut erreichbar. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren in abgelegenen Distrikten aufgrund von Aktivitäten der Taliban verschlechtert, insbesondere in der Stadt Herat ist die Lage aber vergleichsweise friedlich.
Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Rückkehrer nach Afghanistan sind zunächst oft - wie auch große Teile der dort ansässigen Bevölkerung - auf gering qualifizierte Beschäftigungen oder Gelegenheitstätigkeiten angewiesen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.
Arbeitslosigkeit wird als eines der größten Probleme junger Menschen in Afghanistan zwischen 15 und 24 Jahren gesehen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden.
Nahrungsmittel, grundlegende Gesundheitsversorgung und Zugang zu Trinkwasser sind in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif grundsätzlich verfügbar. Die humanitäre Situation in Afghanistan hat sich durch eine schwere Dürre - insbesondere die Regionen im Norden und Westen des Landes - weiter verschärft, die Preise für Weizen und Brot blieben dennoch vergleichsweise stabil. Zudem werden von der Dürre betroffene Menschen von nationaler und internationaler Seite insbesondere mit Nahrungsmitteln und Bargeld sowie auch hinsichtlich der Versorgung mit sauberem Trinkwasser unterstützt. Durch eine verstärkte Landflucht wurde zusätzlich auch die Wohnraumbeschaffung und Arbeitssuche erschwert. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land - auch hinsichtlich einer ersten Unterkunftnahme. In den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, aufgrund der hohen Mietkosten für (reguläre) Wohnungen und Häuser - insbesondere in der Stadt Kabul - lebt ein großer Teil der Bevölkerung aber in informellen Siedlungen bzw. gibt es auch die Möglichkeit, nur ein Zimmer zu mieten oder in Teehäusern (chai khana) zu übernachten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Schulbildung und Arbeitserfahrung des Beschwerdeführers sowie zu seinen familiären Verhältnissen und Aufenthaltsorten beruhen auf den diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers im Laufe des Asylverfahrens, die auch seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl dem Bescheid vom XXXX bzw. XXXX zugrunde gelegt wurden.
Eine Änderung hinsichtlich der familiären und sozialen Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Afghanistan bzw. im Iran ist auch dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Auch die Feststellungen zum Aufenthalt und Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem Vorbringen des Beschwerdeführers und stehen in Einklang mit den Feststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich sowie dem angefochtenen Bescheid.
2.2. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
Die Länderfeststellungen beruhen auf dem vom Bundesamt ins Verfahren eingebrachten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 04.06.2019, das basierend auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die Lage in Afghanistan gewährleistet und auch dem angefochtenen Bescheid vom XXXX zugrunde gelegt wurde, sowie den Länderberichten EASO, Country Guidance:
Afghanistan, Juni 2019, und UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 30.08.2018, auf die sich der Beschwerdeführer im Rahmen der gegenständlichen Beschwerde bzw. im Schreiben vom 16.04.2019 gestützt hat.
Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde auf eine maßgebliche Verschlechterung sowohl der Sicherheits- als auch der Versorgungslage in Afghanistan - insbesondere in den Großstädten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat - hingewiesen und ergänzend auf weitere Länderberichte (u.a. ein Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018) verwiesen. Auch die in den vom Beschwerdeführer angeführten Berichten enthaltenen Informationen sind allerdings nicht geeignet, die in den Feststellungen zur Situation in Afghanistan enthaltenen Kernaussagen zu widerlegen, sondern sind überwiegend mit diesen in Einklang zu bringen, wenngleich sowohl die Sicherheitslage als auch die sozioökonomische Lage in Afghanistan teilweise schlechter dargestellt wurden. Auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des UNHCR in den Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 betreffend eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul ("UNHCR ist der Auffassung, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist.") ist im Ergebnis nicht zu erkennen, dass Rückkehrern bei einer Neuansiedlung in der Stadt Kabul jedenfalls ernsthafter Schaden droht. Auch in den UNHCR-Richtlinien wird nicht davon ausgegangen, dass eine interne Schutzalternative in Kabul keinesfalls besteht, sondern dass diese "grundsätzlich" nicht verfügbar ist (vgl. auch EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2019).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).
Zu A)
3.2. Zur Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid:
3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
Bei der nunmehr angefochtenen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stützte sich die belangte Behörde erkennbar auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 und hielt in der Begründung fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status nicht mehr vorliegen würden.
In Anlehnung an Artikel 16 der Statusrichtline bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des
6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).
Die Anwendung dieses Tatbestandes setzt voraus, dass die Bedrohung, die der Grund für die Erteilung war, nachträglich weggefallen ist. Unter Bedachtnahme auf Artikel 16 Abs. 2 der Statusrichtlinie ist davon auszugehen, dass es sich um grundlegende Veränderungen im Herkunftsstaat handeln muss und dass vom Wegfall der Bedrohung erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum ausgegangen werden darf. Es gilt insofern dasselbe wie hinsichtlich der Asylaberkennung nach § 7 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 der Genfer Flüchtlingskonvention (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S. 327).
Eine Sachverhaltsänderung kann nicht schon per se in der neueren Judikatur zu vergleichbaren Fällen erblickt werden (VwGH 24.01.2019, Ro 2018/21/0011, Rs 5).
3.2.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 (vgl. Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 - StatusRL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:
Die Gewährung des subsidiären Schutzes mit Bescheid vom XXXX begründete die belangte Behörde dahingehend, dass die Sicherheits- und Versorgungslage insbesondere auch in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers schlecht sei und er mangels eines familiären oder sonstigen Netzwerkes im Heimatland sowie aufgrund seiner Ausreise aus Afghanistan im Kindesalter bei einer Rückkehr in eine aussichtslose Lage geraten würde.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde hinsichtlich einer seither eingetretenen Änderung der Lage im Herkunftsstaat im Wesentlichen lediglich auf eine nunmehr verfügbare innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul und Mazar-e Sharif hingewiesen. Aufgrund welcher konkreten Änderungen die Behörde zu diesem Schluss gelangte, ist dem Bescheid allerdings nicht zu entnehmen. Darüber hinaus wird im angefochtenen Bescheid - wiederum ohne konkrete Darlegung von Veränderungen im Herkunftsstaat - das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten verneint und auf eine grundsätzlich gesicherte Versorgungslage unter Berücksichtigung von komplementären Auffangmöglichkeiten und internationalen Rückkehrorganisationen hingewiesen.
Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid offenbar unverändert davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer über kein familiäres oder sonstiges Netzwerk in Afghanistan verfügt. Auch eine Änderung hinsichtlich der Möglichkeiten der im Iran aufhältigen Familie, den Beschwerdeführer in Afghanistan zu unterstützen, wurde nicht dargetan. Eine Änderung der persönlichen Umstände des Beschwerdeführers, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, ist sohin nicht erkennbar, zumal der Beschwerdeführer bereits bei Erlassung des Bescheides vom XXXX volljährig war.
Auch eine dauerhafte Verbesserung der Lage in Afghanistan bzw. insbesondere in Herat, Kabul und Mazar-e Sharif, die wohl erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum feststellbar wäre, ist aus den im Bescheid angeführten Länderberichten keineswegs erkennbar. Den Länderfeststellungen ist etwa betreffend die aktuelle Situation in Afghanistan zu entnehmen, dass die UN wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil erklärt hätten. Die Anzahl ziviler und nichtziviler Opfer, die aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente zu Schaden gekommen seien, sei ähnlich jener aus dem Jahr 2016. Weiters sei eine steigende Anzahl der Angriffe gegen Glaubensstätten, religiöse Führer sowie Gläubige registriert worden. Zur Sicherheitslage in Kabul hat die belangte Behörde (im Rahmen der rechtlichen Beurteilung) selbst darauf hingewiesen, dass sich diese zwischenzeitlich verschlechtert habe. Auch hinsichtlich der Städte Herat sowie Mazar-e Sharif ist dem Bescheid keine maßgebliche Verbesserung der Lage zu entnehmen. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zwar aus der Provinz Herat, aber nicht aus der Provinzhauptstadt stammt und hinsichtlich einer Rückkehr in seine Heimatregion - sofern davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer noch über einen hinreichenden Nahebezug zu seinem Geburtsort verfügt (vgl. Nedwed in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht - Jahrbuch 2018, 2018, S. 287 ff [296 f]) - auf die aktuelle Lage im Heimatdistrikt des Beschwerdeführers abzustellen gewesen wäre.
In wirtschaftlicher Hinsicht ist den ins Treffen geführten Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer eine zunehmend schwierige Situation am Arbeitsmarkt sowie bei der Wohnraumbeschaffung gegenüberzustellen. Laut den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 habe sich die Zahl der 3,3 Millionen Afghanen, bezüglich derer Ende 2017 ein akuter Bedarf an humanitärer Hilfe für 2018 festgestellt worden sei, um weitere 8,7 Millionen Afghanen erhöht, deren chronische Bedürfnisse voraussichtlich langfristige, systemische Maßnahmen erfordern würden. Aus dem EASO-Leitfaden Afghanistan aus dem Juni 2019 geht überdies hervor, dass auch aufgrund einer Dürre im Jahr 2018 die Lage betreffend die Ernährungssicherung in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif angespannt (Phase 2 bzw. Phase 3 des Klassifizierungssystems, auch als "stressed" bzw. "crisis" bezeichnet) und auch die Versorgung mit Trinkwasser weiterhin problematisch ist.
Eine grundlegende Änderung der Umstände im Herkunftsstaat konnte daher bereits anhand der dem Bescheid zugrunde gelegten Länderberichte nicht festgestellt werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass UNHCR in den Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage zur Auffassung gelangt, dass eine interne Schutzalternative in der Stadt Kabul grundsätzlich nicht verfügbar ist. Dem UNAMA Jahresbericht 2018 ("Protection of Civilians in Armed Conflict", Februar 2019) ist zu entnehmen, dass die Anzahl der zivilen Opfer in Afghanistan im Jahr 2018 auf einem vergleichbar hohen Niveau war wie im Jahr 2015 (2015: 11.035, 2018: 10.993), wobei die Anzahl der Toten sogar um 6,7 % gestiegen ist. Auch für Kabul ist dem genannten Bericht im Vergleich zum Jahr 2017 ein Anstieg der zivilen Opfer um 2 % zu entnehmen (S. 68).
Der Europäische Gerichtshof hat jüngst in seinem Urteil vom 23.05.2019, Bilali, C-720/17, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.12.2017, Ra 2016/20/0038, Folgendes ausgeführt:
"48 Bereits aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 ergibt sich somit, dass ein Kausalzusammenhang besteht zwischen der Änderung der Umstände nach Art. 16 dieser Richtlinie und der Unmöglichkeit für den Betroffenen, seinen Status des subsidiär Schutzberechtigten zu behalten, da seine ursprüngliche Furcht, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 der Richtlinie zu erleiden, nicht mehr begründet erscheint (vgl. entsprechend Urteil vom 2. März 2010, Salahadin Abdulla u. a., C-175/08, C-176/08, C-178/08 und C-179/08, EU:C:2010:105, Rn. 66).
49 Zwar ergibt sich eine solche Änderung im Allgemeinen daraus, dass sich die tatsächlichen Umstände im Drittland geändert haben und durch diese Änderung die Ursachen, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, beseitigt worden sind, jedoch sieht zum einen Art. 16 der Richtlinie 2011/95 nicht ausdrücklich vor, dass sein Anwendungsbereich auf einen solchen Fall beschränkt ist, und zum anderen kann eine Änderung des Kenntnisstands des Aufnahmemitgliedstaats hinsichtlich der persönlichen Situation der betroffenen Person in gleicher Weise dazu führen, dass die ursprüngliche Befürchtung, dass Letztere einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 dieser Richtlinie erleidet, im Licht der neuen Informationen, die diesem Mitgliedstaat zur Verfügung stehen, nicht mehr begründet erscheint.
50 Dies gilt jedoch nur, soweit die neuen Informationen, über die der Aufnahmemitgliedstaat verfügt, zu einer Änderung seines Kenntnisstands führen, die hinsichtlich der Frage, ob die betreffende Person die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus erfüllt, hinreichend bedeutsam und endgültig ist.
51 Somit ergibt sich aus Art. 16 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 im Licht der allgemeinen Systematik und der Zielsetzung dieser Richtlinie, dass der Aufnahmemitgliedstaat, wenn er über neue Informationen verfügt, die belegen, dass ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser, dem er subsidiären Schutz gewährt hat, entgegen seiner ursprünglichen, auf unzutreffende Tatsachen gestützten Beurteilung der Situation dieses Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen niemals einer tatsächlichen Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 dieser Richtlinie zu erleiden, ausgesetzt war, daraus schließen muss, dass sich die der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus zugrunde liegenden Umstände in einer Weise verändert haben, dass die Aufrechterhaltung dieses Status nicht mehr gerechtfertigt ist.
52 Insoweit ändert der Umstand, dass der dem Aufnahmemitgliedstaat bei der Zuerkennung dieses Status unterlaufene Irrtum der betroffenen Person nicht zuzurechnen ist, nichts an der Feststellung, dass Letztere in Wirklichkeit niemals die Eigenschaft als "Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz" im Sinne von Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2011/95 besaß und daher die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus im Sinne von Art. 2 Buchst. g der Richtlinie niemals erfüllte."
Eine Änderung der Umstände im Sinne von Art. 16 StatusRL ist demzufolge nicht auf eine Änderung der tatsächlichen Umstände im Drittland beschränkt, sondern umfasst auch eine Änderung des Kenntnisstandes des Aufnahmemitgliedstaates, sofern diese hinsichtlich der Frage, ob die betreffende Person die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus erfüllt, hinreichend bedeutsam und endgültig ist (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus allerdings keine andere Beurteilung des Sachverhaltes, zumal sich auch der Kenntnisstand über die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht maßgeblich geändert hat.
Die Voraussetzungen für die amtswegige Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 liegen sohin gegenständlich nicht vor.
3.2.3. Der Beschwerde war daher stattzugeben und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben.
Dem Beschwerdeführer kommt demzufolge weiterhin der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu. Die belangte Behörde wird daher in weiterer Folge über den am 16.04.2019 eingebrachten - und bislang offenbar unerledigt gebliebenen - Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abzusprechen haben.
3.2.4. Damit mangelt es den Spruchpunkten II., III., IV. V. und VI. des angefochtenen Bescheides an einer rechtlichen Grundlage, weshalb diese (ebenfalls) ersatzlos aufzuheben waren.
3.3. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß 21 Abs. 7 BFA-VG in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 VwGVG entfallen.
3.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W118.2221703.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.05.2020