TE Bvwg Beschluss 2020/1/20 G313 2201876-1

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Veröffentlicht am 20.01.2020
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Entscheidungsdatum

20.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz 2

Spruch

G313 2201876-1/4E

G313 2201879-1/3E

G313 2201895-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde der BF1 XXXX, geb. am XXXX, StA. Kosovo, des BF2 XXXX, geb. am XXXX, StA. Kosovo, und der BF3 XXXX, geb. am XXXX, StA. Kosovo, alle sind vertreten durch RA Mag. Wolfgang AUNER, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2018, Zlen. XXXX, XXXX, XXXX, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellten am 11.01.2016 und 03.05.2017 im Bundesgebiet einen Asylantrag.

2. Mit dem im Spruch genannten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde), wurde ihr Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen (Spruchpunkt I) der Status der subsiidär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III) und eine Rückkehrentscheidung in den Kosovo erlassen, sowie festgestellt, dass die Abschiebung in den Kosovo zulässig ist. Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden 14 Tage gewährt (Spruchpunkt IV)

3. Mit am 25.07.2018 bei der belangten Behörde eingelangtem Schriftsatz erhoben die BF Beschwerde gegen die Bescheide.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde nicht auf die dargelegten gesundheitlichen Beschwerden der BF 1 und BF 2 ausreichend eingegangen ist und die Situation der BF 1 bei Rückkehr auch in Hinsicht auf die Bestreitung der Kosten für die umfangreiche Medikation sowie die gynäkologischen Probleme der BF 1 und den Gesundheitszustand des BF 2 betreffend F.90 und der Diagnose F 45.1, F 93.0 und F 98 nicht gewürdigt wurde.

4. Der gegenständliche Beschwerdeakt wurde von der belangten Behörde am 27.07.2018 dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF 1 und BF 2 sind im Kosovo geboren. BF 3 kam in Österreich zur Welt. Die BF sind Staatsangehörige des Kosovo.

1.2. Die BF 1 leidet an einer rezidivierenden depressiven Störung an einer Angststörung sowie einer somatoformen Schmerzstörung. Weiters an nicht organischer Schlafstörung F.51.0.

Weitere Befund ergaben eine Dysplasie Cervicis (Befund vom 17.04.2018) mit Kontrollen alle drei Monate.

Die BF wurde folgende Medikation verordnet

Seroquel

Seroquel XR

Pregabalin

Trittico

Cipralex

Der BF 2 leidet unter F 45.1, F. 93.0 und F 98

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Zur Person der Beschwerde führenden Parteien

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort), Staatsangehörigkeit der BF getroffen wurden, beruhen diese auf dem Umstand, dass seitens der BF 1 und BF 2 über das gesamte Verfahren hinweg ausnahmslos und glaubhaft angegeben wurde, im Gebiet des heutigen Kosovo geboren zu sein, bis zu ihrer Ausreise gelebt zu haben und Staatsangehörige des Kosovo zu sein. Die BF 3 wurde in Österreich geboren und ist kosovarische Staatsbürgerin. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person der BF im gegenständlichen Verfahren.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden zahlreichen ärztlichen Befunden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFAVG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFAVG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchteil A):

3.2. Zurückverweisung:

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 2 kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1

B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung des Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (hier: Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.

3.2.2. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).

3.2.3. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

3.2.4. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich in wesentlichen Punkten des angefochtenen Bescheides als mangelhaft:

Seitens der belangten Behörde wurden keine ausreichenden Ermittlungen in Hinblick auf die Behandlungsmöglichkeit alleinerziehender Frauen mit psychischen Problemen getätigt, vielmehr lediglich Accord Anfragen über Alleinerziehende oder über Behandlungsmöglichkeit von Posttraumatischen Belastungsstörungen gestellt.

Es fehlen Ermittlungen auch über die Somatiseirungsstörung F 45.0 sowie nicht organische -Schlafstörung F 51.0.

Gänzlich unterblieben sind Feststellungen zur gynäkologischen Vorerkrankung der BF 1, Dysplasie Cervicis und der entsprechenden engmaschigen Behandlung und Kontrolle im Kosovo.

Zu BF 2 wurden zwar die Erkrankungen angeführt aber keinerlei Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo festgestellt oder überhaupt näher darauf eingegangen, auch nicht zur erwartenden Psychotherapie des BF

2. Wie die Feststellungen in die Beweiswürdigung dazu eingeflossen wären ist ebenso nicht erkennbar.

Wie sich die gesundheitliche Problematik der BF 1 und etwaiger stationärer Behandlung in einer Klinik im Kosovo und währenddessen Unterbringung der beiden mj Kinder, da die BF ja angegeben hat alleinerziehend zu sein, auf das Wohl des Kindes auswirkt wurde nicht festgestellt.

Es liegt auf der Hand, dass die belangte Behörde die Frage, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der BF in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, nur unter Berücksichtigung der aktuellen Lage im Kosovo in Zusammenschau mit dem gegenwärtigen Gesundheitszustand der BF, der Abklärung der Verfügbarkeit gegebenenfalls fortzuführender, in Österreich begonnener therapeutischer ärztlicher Maßnahmen (medikamentöser, psychotherapeutischer und psychosozialer Art) im Kosovo sowie des Bestehens eines etwaigen sozialen Netzes, auf welches die BF gegebenenfalls zurückgreifen könnten, einer abschließenden Beurteilung zuführen könnte.

3.2.5. Aus Sicht des Gerichts verstößt das Vorgehen der belangten Behörde im konkreten Fall somit gegen die in § 37 iVm § 39 Abs. 2 AVG 2005 determinierten Ermittlungspflichten, wonach diese den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen hat.

Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid der belangten Behörde und das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgrund der Unterlassung der notwendigen Ermittlungen zu wesentlichen Punkten somit als mangelhaft zu bewerten, da sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde nicht als geklärt erweist. Im Gegenteil ist das Verfahren vor dem Bundesamt mit den oben dargestellten Mängeln behaftet. Weit reichende Erhebungen, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind, wären demnach durch das BVwG zu tätigen. In Anbetracht des Umfanges der noch ausstehenden Ermittlungen würde deren Nachholung durch das erkennende Gericht ein Unterlaufen der vorgesehenen Konzeption des BVwG als gerichtliche Rechtsmittelinstanz bedeuten. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des BVwG gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

Zusammenfassend ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie die für die Begründung des Bescheides erforderliche Sorgfalt vermissen lässt und dieser damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer abweisenden behördlichen Entscheidung entspricht (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).

3.2.6. Aus den dargelegten Gründen war daher der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die gegenständliche Rechtssache an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

3.3.2. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Verfahren konnte in Bezug auf die Spruchpunkte I bis IV des angefochtenen Bescheides eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die mit der Beschwerde angefochtene diesbezüglichen Spruchpunkte aufzuheben sind.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2201876.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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