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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §1 Abs3 Z6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1969 geborenen E S in Wien, vertreten durch Dr. T P, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Februar 1997, Zl. 121.396/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 9. Mai 1996 durch einen Rechtsvertreter beim Magistrat der Stadt Wien einen als "Erstantrag" bezeichneten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 22. Oktober 1996 mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen, weil der Beschwerdeführer als abgewiesener Asylwerber einen Antrag vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen gehabt hätte.
Die dagegen erhobene Berufung, in der der Beschwerdeführer vorbrachte, seit seiner ursprünglichen Einreise nach Österreich zum Zweck der Antragstellung nach dem Asylgesetz nicht mehr aus dem Bundesgebiet ausgereist zu sein, wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 28. Februar 1997 gemäß § 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 AufG abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Beschwerdeführer habe aufgrund seines Asylverfahrens bis zum 19. April 1996 eine vorläufige Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich gehabt. Die Regelung über Verlängerungsanträge bei Überleitungsfällen nach § 13 Abs. 1 AufG sei jedoch aufgrund § 13 Abs. 2 AufG nicht für die in § 1 Abs. 3 AufG genannten Ansuchen von Fremden heranzuziehen. Aufgrund dessen sei der Antrag des Beschwerdeführers als Erstantrag zu qualifizieren gewesen. Da der Beschwerdeführer seinen Antrag im Inland gestellt habe und nicht unter die im § 4 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 854/1995 genannte Personengruppe falle, sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 AufG ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluß vom 6. Oktober 1997, B 1232/97-5, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt. Er erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt und wirft der belangten Behörde vor, seinen Antrag zu Unrecht nicht unter § 4 Z. 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 subsumiert zu haben. Der Beschwerdeführer verfüge über eine Arbeitserlaubnis, er habe sich sowohl zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes als auch zum Zeitpunkt der Antragstellung rechtmäßig, nämlich mit einer bescheinigten vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (1991) in Österreich aufgehalten. Die belangte Behörde habe überdies keine dem Art. 8 MRK genügende Interessenabwägung vorgenommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 10. April 1997) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 201/1996 maßgeblich. Die §§ 1 Abs. 3 Z. 6, 6 Abs. 2 sowie 13 Abs. 1 und 2 AufG lauteten:
"§ 1.
...
(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie
...
6. aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.
§ 6.
...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: Im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."
§ 4 Z. 4 der am 13. Dezember 1996 im Bundesgesetzblatt kundgemachten Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, lautete:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
Da der Beschwerdeführer weder nach seinem Vorbringen noch nach der Aktenlage jemals über eine Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 1 Abs. 1 AufG verfügte, wertete die belangte Behörde seinen Antrag zu Recht nicht als Verlängerungsantrag.
Für den Beschwerdeführer schied allerdings auch die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften im Sinne des § 13 AufG aus. Unbestritten ist im vorliegenden Fall nämlich, daß der Beschwerdeführer bis zum Abschluß seines Asylverfahrens gemäß § 7 des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt war. Hat der Beschwerdeführer aber aufgrund eines rechtzeitig gestellten Antrages auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach dem Asylgesetz 1968 (im Jahr 1991) eine Berechtigung zum vorläufigen Aufenthalt nach § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes erworben, so war diese Berechtigung ab dem Inkrafttreten des Asylgesetzes 1991 hinsichtlich iher Rechtswirkungen als solche nach § 7 des Asylgesetzes 1991 anzusehen. Der Beschwerdeführer war daher als Person anzusehen, die aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war. Da jedoch § 13 Abs. 1 AufG gemäß § 13 Abs. 2 AufG auf die im § 1 Abs. 3 und 4 genannten Fremden - somit auch auf die gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt berechtigten Personen - keine Anwendung findet, kommt bei diesem Personenkreis eine Verlängerung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 13 Abs. 1 AufG nicht in Frage. Bei diesem Personenkreis kommt eine "Verlängerung" der Aufenthaltsberechtigung vielmehr nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 AufG in Betracht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unabhängig davon, wann er gestellt wurde, von der Behörde jedenfalls nach der zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen war (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475).
Die belangte Behörde hat daher zu Recht § 6 Abs. 2 AufG
angewendet.
Da der Beschwerdeführer aber seinen Antrag vom 30. November 1995 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unbestrittenermaßen aus dem Inland gestellt hat und das in § 6 Abs. 2 AufG normierte Erfordernis, einen Antrag vom Ausland aus zu stellen, nicht als bloße Formvorschrift zu werten ist, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 sowie Zl. 95/19/0895), wäre die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde nur dann zu Unrecht erfolgt, wenn der Beschwerdeführer zu jenem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt gewesen wäre. Weder das Beschwerdevorbringen noch die Aktenlage bieten allerdings Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer zu diesem begünstigten Personenkreis zählt. Die Antragstellungsmöglichkeit im Inland ergab sich für den Beschwerdeführer auch nicht daraus, daß er nach seinem Vorbringen aufgrund des Ausländer-Beschäftigungsgesetzes zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit berechtigt ist. Gemäß § 4 Z. 4 der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gültigen Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 707/1996 sind nämlich nur solche Personen zur Antragstellung im Inland berechtigt, die bereits eine "Aufenthaltsbewilligung" hatten. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfaßt der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" nur die im § 1 Abs. 1 AufG als "Bewilligung" bezeichnete besondere Berechtigung (vgl. zur diesbezüglich gleichlautenden Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0743).
Zählte der Beschwerdeführer aber nach dem bisher Gesagten nicht zu dem Personenkreis, für den ausnahmsweise eine Antragstellung aus dem Inland zulässig war, kann die Abweisung seines entgegen § 6 Abs. 2 erster Satz AufG gestellten Antrages durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Dieses Ergebnis erweist sich auch im Hinblick auf Art. 8 MRK nicht als rechtswidrig. Der Gesetzgeber der Novelle zum AufG BGBl. Nr. 351/1995 hat im § 6 Abs. 2 AufG bereits auf die während eines berechtigten Aufenthaltes nach dem Asylgesetz 1991 begründeten privaten und familiären Interessen eines Fremden im Inland Bedacht genommen und sich dafür entschieden, die Antragstellung vom Inland aus nur im Falle des Verlustes des Asyls zu erlauben. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die Behörde käme daher - unter dem Gesichtspunkt eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes des Beschwerdeführers nach dem Asylgesetz 1991 - nicht in Betracht. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber die Antragstellung vom Inland aus auf Fälle des Verlustes von Asyl beschränkt hat, sind beim Verwaltungsgerichtshof auch aus Anlaß des vorliegenden Falles nicht entstanden. Die in den Erläuterungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. die RV, 525 BlgNR 18. GP) zum Ausdruck kommende Zielvorstellung des Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch die Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, abgewiesene Asylwerber in Ansehung ihrer privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als Fremde, die erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371). Eine Einschränkung des durch Art. 8 Abs. 1 MRK allenfalls geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch einen Voraufenthalt begründeten persönlichen oder familiären Interessen durch § 6 Abs. 2 AufG ist - aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - durch Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Der Fall des Beschwerdeführers ist auch nicht mit jenen Konstellationen vergleichbar, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, und jenem des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, zugrundelagen.
Da die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof wolle der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997191740.X00Im RIS seit
02.05.2001