TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/2 G306 2227862-1

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Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G306 2227862-1/13E

Schriftliche Ausfertigung des am 29.01.2020 mündlich verkündeten Erkenntnis

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX, geboren am 10.05.1995, Staatsangehörigkeit: Algerien, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) reiste zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt - jedoch spätestens am 08.01.2018 - illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. An diesem Tag wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen und stellte dieser daraufhin einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27.02.2018, Zl. XXXX, negativ beschieden. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wurde sowie dass die Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Eine freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt. Dieser Bescheid ist in II. Instanz am 28.03.2018 in Rechtskraft erwachsen.

Der BF wurde seit seinem bisherigen Aufenthalt im Bundesgebiet - beinahe 3 Jahre - insgesamt 3 Mal strafrechtlich verurteilt.

01) LG F.STRAFS.XXXX XXXX vom XXXX.2018 RK XXXX.2018

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a) 2. Fall, 27 (3) SMG § 15 StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX.2018

Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG F.STRAFS.XXXX XXXX RK XXXX.2018

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS.XXXX XXXX vom XXXX.2019

02) LG F.STRAFS.XXXX XXXX vom XXXX.2019 RK XXXX.2019

§ 50 (1) Z 2 WaffG

§§ 28a (1) 4. Fall, 28a (1) 5. Fall SMG § 15 StGB § 107 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 10.01.2019

Freiheitsstrafe 21 Monate, davon Freiheitsstrafe 14 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG F.STRAFS.XXXX XXXX RK XXXX.2019

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am XXXX.2019

LG F.STRAFS.XXXX XXXX vom XXXX.2019

03) LG F.STRAFS.XXXX XXXX vom XXXX.2019 RK XXXX.2019

§ 15 StGB § 269 (1) 3. Fall StGB Datum der (letzten) Tat XXXX.2019 Freiheitsstrafe 6 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG F.STRAFS.XXXX XXXX RK XXXX.2019

zu LG F.STRAFS.XXXX XXXX RK XXXX.2019

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am XXXX.2019, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX XXXX vom XXXX.2019

Mit Bescheid des BFA vom 25.07.2019, Zl. XXXX, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung samt einem befristeten Einreiseverbot von 8 Jahren erlassen und gleichzeitig festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist.

Der BF war vom XXXX.2018 - XXXX.2018, XXXX.2019 - XXXX.2019, XXXX.2019 - XXXX.2019 in diversen Justizanstalten mit Neben- und Hauptwohnsitz gemeldet. Seit dem XXXX.2019 befindet sich der BF im XXXX und ist dort mit Hauptwohnsitz gemeldet. In der Zeit von 22.01.2018 - 07.02.2019 war der BF privat mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet.

Mit Schubhaftbescheid vom XXXX.2019, Zl. XXXX, wurde gegen den BF - zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung - die Schubhaft verhängt. Die Rechtsfolgen des Bescheides traten erst nach Entlassung des BF aus der Strafhaft ein. Dagegen brachte der BF keine Beschwerde ein sodass der Bescheid am XXXX.2019 in I. Instanz in Rechtskraft erwachsen ist.

Der BF wurde zuvor am 07.08.2019 vom BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF zusammengefasst im Wesentlichen an, dass er in Österreich bleiben will, hier eine Freundin habe. Er auch in Spanien Verwandte habe und man ihm nur 2 Tage Zeit geben sollte, dann würde er nach Spanien verschwinden. Seine Familie würde ihm helfen dort Fuß zu fassen. Nach Algerien wolle er nicht gehen, er habe dafür seine Gründe. Er habe im Moment zwar kein Geld, aber in Spanien könnte ihm seine Familie helfen. Auf die Frage, was er tun würde, wenn er aus der Strafhaft entlassen wird, antwortete der BF, dass er zuerst zu seiner Freundin und im Anschluss nach Spanien abhauen würde (siehe Niederschrift vom 07.08.2019).

Das BFA hat bereits am 25.07.2018 das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) mit Algerien eingeleitet. Am 06.11.2018 wurde nach einer Urgenz an die algerische Botschaft, der BF dieser vorgeführt. Mit Schreiben vom 07.01.2019 lehnte diese die Ausstellung eines HRZs ab.

Das BFA führte darauf hin Verfahren zur Erlangung eines HRZs mit den Botschaften Marokko und Tunesien. Am 26.07.2019 eröffnete das BFA nochmals ein Verfahren mit der algerischen Botschaft. Es wurden seither 7 Urgenzen durchgeführt. Am 23.01.2020 startete das BFA über das Bundeskriminalamt XXXX und Interpol ein Abgleichen der Personendaten des BF in Algerien, Marokko und Tunesien.

Am 29.01.2020 fand am BVwG die erste amtswegige Überprüfung über die weitere Anhaltung in Schubhaft statt und wurde die oben im Spruch angeführte Entscheidung getroffen.

Der BF gab in der mündlichen Verhandlung zur Frage warum er in Österreich bereits 3 Mal strafrechtlich verurteilt wurde, ob er freiwillig nach Algerien zurückkehren würde und was er tun würde, nachdem er in Österreich nicht bleiben können, zusammengefasst folgendes an:

"Ich war in Geldnot und mir hat jemand angeboten, dass ich Suchtmittel verkaufen soll. So ist es dazu gekommen. Ich konsumiere auch selbst Suchtmittel. Nein, er kann nicht nach Algerien zurück. Ich habe meine Gründe. Ja, ich weiß, dass ich hier ein Aufenthaltsverbot habe. Ich habe Verwandte in Spanien und würde dort hingehen. Ich werde natürlich illegal nach Spanien reisen".

Mit Eingabe vom 06.02.2020 legte die ARGE Rechtsberatung ihre Vollmachtsbekanntgabe vor und wurde der Antrag auf schriftliche Ausfertigung des mündlich ergangenen Erkenntnisses gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Vorweg ist folgendes auszuführen:

Das BFA leitete schon frühzeitig (25.07.2018) ein Verfahren zur Erlangung eines HRZs ein. Da die algerische Botschaft die Ausstellung eines HRZs mit Schreiben vom 07.01.2019 ablehnte, wurden kurz darauf bereits die Verfahren mit Marokko und Tunesien gestartet. Mit Schreiben vom 23.04.2019 lehnte Tunesien ab. Mit Marokko wurden unzählige Urgenzen durchgeführt und ist zum Entscheidungszeitpunkt noch eine Antwort ausständig. Das BFA leitete - da der BF strikt behauptet Algerier zu sein - abermals am 26.07.2019 ein Verfahren mit Algerien ein. Eine Antwort ist zum Entscheidungszeitpunkt noch ausständig. Am 23.01.2020 leitete das BFA - über das BKA Interpol - Identitätsfeststellungen vor Ort in Marokko, Algerien und Tunesien ein. Zum Entscheidungszeitpunkt sind die Antworten noch ausständig. In der mündlichen Verhandlung teilte das BFA dem Gericht mit, dass der BF, im Stande der Schubhaft, nach Marokko einen Geldbetrag überwiesen habe.

1. Feststellungen:

Festgestellt wird, dass der BF seit XXXX.2019, 08:00 Uhr, durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken. Solches wurde vom Fremden auch nicht, etwa in einer Schubhaftbeschwerde, geltend gemacht. Der BF zeigte sich bisher nicht als vertrauenswürdig. Der BF reist illegal - spätestens am XXXX.2018 - in das Bundesgebiet ein. Der BF wurde in Folge festgenommen und stellt einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde im Beschwerdeverfahren am 28.03.2018 vom BVwG ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt 8-jährigem Einreiseverbot. Der BF ist im Bundesgebiet bereits 3 Mal straffällig geworden und scheinen 2 strafrechtliche Verurteilungen nach dem SMG und 1 strafrechtliche Verurteilung wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, auf. Der BF wurde am XXXX.2019 in Haft genommen und befand sich im Anschluss bis zum XXXX.2019 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft. Die Delikte nach dem SMG beging der BF um einerseits zu Geld zu kommen und andererseits um seine eigene Sucht zu finanzieren (siehe Verhandlungsprotokoll).

Der BF hat sich im bisherigen Verfahren überhaupt nicht vertrauenswürdig erwiesen. Der BF missachtete Rechtsvorschriften in Österreich. Der BF wurde bereits kurze Zeit nach seiner illegalen Einreise (6 Monate) bereits das erste Mal straffällig. Der BF hat im Bundesgebiet keinerlei familiäre bzw. soziale Bindungen. Der BF ist mittellos und hat keine Unterkunft. Der BF weigert sich freiwillig nach Algerien auszureisen. Der BF akzeptiert keinerlei staatliche Entscheidungen. Der BF gab in der mündlichen Verhandlung zur Schubhaftüberprüfung selbst an, dass, wenn man ihn freilasse, er sich nach Spanien zu seinen Verwandten absetzen werde und zwar illegal.

Festgestellt wird auch, dass die Behörde das Verfahren zur Erlangung eines HRZ rechtzeitig und mit Nachdrücklichkeit geführt hat bzw. immer noch führt Ein HRZ liegt aktuell zwar nicht vor, jedoch hat das BFA bisher alles unternommen um eines zu erlangen.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft, sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung, nach wie vorgegeben.

Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich, er hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig. Der BF ist keinesfalls bereit freiwillig nach Algerien zurückzukehren. Der BF gab an selbst Suchtgift zu konsumieren. Der BF wurde bereits in kurzer Zeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet 3 Mal strafrechtlich verurteilt. Der BF ist nicht gewillt, sich an gesetzliche Entscheidungen zu halten bzw. schreckt dieser nicht zurück, auch ohne die erforderlichen Dokumente sich quer durch Europa zu bewegen. Der BF möchte nach einer Haftentlassung nach Spanien weiterreise, wo sich Teile seiner Familie aufhalten.

Die Behörde zeigt sich entschlossen ein HRZ für den BF zu erlangen, jedoch waren zum Zeitpunkt dieser Entscheidung noch keine Antworten von den Staaten Marokkos, Tunesiens sowie Algeriens vorliegend. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens, ist eine Weiterführung der Schubhaft nicht nur verhältnismäßig, sondern auch dringend erforderlich.

2. Beweiswürdigung:

Den Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Aufgrund des bisherigen Verhalten des BF steht fest, dass der BF nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren möchte, bzw. nicht gewillt ist, sich Rechtsordnungen entsprechend zu verhalten. Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass der BF in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, sich seiner Abschiebung zu entziehen um unterzutauchen und gegebenenfalls - aus Geldnot - wieder straffällig zu werden.

Die Behörde ist zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem Sicherungsbedarf hinsichtlich des BF ausgegangen, was die Verhängung der Schubhaft und das Absehen eines gelinderen Mittels rechtfertigte. Die Schubhaft ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig.

Im Hinblick auf das zielstrebig betriebene Verfahren zur Erlangung eine HRZs, ist begründet zu erwarten, dass dieses zu Erlangen sein wird und die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des BF mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, sondern besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird. Die Ausstellung eines HRZ wird nachweisbar vorangetrieben.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2227862.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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