Entscheidungsdatum
12.03.2020Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2229440-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2020, Zl. 1255427904-19127878777, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch BF) reiste am 11.12.2019 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 12.12.2019 wurde ihm die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland verweigert und er wurde nach Österreich rücküberstellt. Er stellte in Österreich am 12.12.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) den gegenständlichen Antrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 (in der Folge AsylG).
Eine EURODAC-Abfrage zum BF ergab einen Treffer der Kategorie "2" zu Kroatien vom 06.12.2019.
2. Im Rahmen der Erstbefragung am 13.12.2019 gab der BF im Wesentlichen an, dass er von Syrien über die Türkei und Griechenland schlepperunterstützt weiter nach Österreich gelangt sei. Er würde an keinen Krankheiten oder Beschwerden leiden, würde keine Medikamente benötigen und könnte der Einvernahme ohne Probleme folgen.
Auf Vorhalt des Eurodac-Treffers der Kategorie "2" zu Kroatien gab der Beschwerdeführer an, er sei mit einem PKW von Kroatien schlepperunterstützt bis nach Österreich gefahren. In Kroatien habe er keinen Asylantrag gestellt, er sei zwei Monate lang im Gefängnis gewesen. Er habe erfolglos versucht nach Deutschland zu seinem Bruder weiterzureisen.
Das BFA richtete am 17.12.2019 an Kroatien ein auf Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen betreffend den BF und führte die geschilderte Reiseroute des Beschwerdeführers samt Angaben zu seinem Aufenthalt in Kroatien als Information im Ersuchen ebenso wie den Eurodac-Treffer der Kategorie "2" zu Kroatien an.
Mit Schreiben vom 14.02.2020 stimmte die kroatische Dublin-Behörde der Aufnahme des BF gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO ausdrücklich zu.
Am 20.02.2020 erfolgte nach einer Rechtsberatung die Einvernahme des BF vor dem BFA. Dieser gab dabei wie folgt an:
"(...)
F: Leiden Sie an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten?
A: Mir geht es gut, ich habe aber seit längerem ein Hautproblem.
F: Waren Sie in Österreich schon bei einem Arzt?
A: Ja, ich habe es der Arztstation gesagt, sie sagten, ich muss zu einem Facharzt. Aber in XXXX bekam ich keine Zuweisung.
F: Seit wann leiden Sie an diesen Beschwerden?
A: Ich glaube seit meiner Pubertät. Es hat nicht mehr aufgehört.
F: Waren Sie deswegen schon irgendwo in Behandlung?
A: In Syrien hat mir ein Arzt eine Salbe gegeben, die hat aber nichts geholfen.
F: Verfügen Sie über medizinischen Unterlagen?
A: Nein.
Zustimmungserklärung zur Einholung von medizinischen Befunden und ärztlichen Unterlagen (inklusive Kinder) separat im Akt.
Aufforderung: Sie werden aufgefordert, sämtliche sich in Ihrem Besitz befindlichen bzw. die sich in Zukunft in Ihrem Besitz befindlichen med. Unterlagen selbstständig und ohne weiterer Aufforderung der ho. Behörde in Vorlage zu bringen.
A: Ja, das werde ich machen.
F: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 13.12.2019 im PAZ Salzburg erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?
A: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt. Korrekturen oder Ergänzungen habe ich keine zu machen. Ich hatte anfangs Angst über Kroatien zu sprechen, weil ich dort im Gefängnis war. Dann habe ich aber die Wahrheit gesagt.
F: Haben Sie oder Ihre Familienangehörigen jemals einen Antrag auf int. Schutz gestellt?
A: Nein.
F: Haben Sie in Österreich, im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte oder sonstige Personen, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?
A: Ich habe zwei Cousins in Linz und einen Bruder in Deutschland, er lebt seit fünf Jahren dort.
F: Wie heißen Ihre Cousins in Linz?
XXXX
XXXX
Sie sind seit fünf Jahren hier, leben alleine und sind anerkannte Flüchtlinge.
F: Werden Sie von Ihren Cousins unterstützt?
A: Ich habe sie nicht um Geld gebeten, wir haben aber Kontakt.
F: Hatten Sie vor Ihrer Ausreise aus Ihrem Herkunftsstaat ein bestimmtes Reiseziel?
A: Ich war 4 Jahre in der Türkei auf der Flucht. Ich wollte nach Deutschland oder Österreich. Ich habe deswegen in der Türkei schon Deutsch gelernt. Es war mir wichtig in der Nähe von meinem Bruder oder meinen Cousins zu sein.
V: Kroatien hat dem Aufnahmeersuchen der Republik Österreich entsprochen. Daher wird beabsichtigt, Ihren in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen und die Außerlandesbringung nach Kroatien zu veranlassen.
F: Wollen Sie nun konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?
A: Ich wurde in Kroatien schlecht behandelt. Sie brachten mich in ein Gefängnis. Ich wurde schlimm behandelt. Ich wurde bei der Festnahme zusammengeschlagen und in eine Polizeistation gebracht. Ich konnte mich nicht bewegen, auch beim Essen war rechts und links ein Polizist bei mir. Ich sagte ihnen, dass ich Schutz brauche und dass ich auf dem Weg zu meiner Familie bin. Sie sagten, dass ich die Fingerabdrücke abgeben muss, damit sie sehen, dass ich kein Krimineller bin. Dann dürfte ich weiter zu meiner Familie, ansonsten verhaften sie mich für ein Jahr wegen Verdacht auf Kriminalität. Ich durfte auch nicht meine Familie kontaktieren, sie haben mir auch das Handy weggenommen. Auch als ich gesagt habe, dass ich Hunger habe, hat er die Hand gehoben und wollte mich schlagen. Ich wurde wie ein Krimineller behandelt und ständig bedroht. Sie gaben mir diese Zettel (Anm.: Kopien zum Akt). Es war eine Ausweisung. Drinnen steht, wenn ich binnen 30 Tage nicht ausreise werde ich für ein Jahr im Gefängnis landen.
Ich war dann in Zagreb auf der Straße, die Menschen waren sehr rassistisch. Kein Hotel wollte mir ein Zimmer vermieten. Auf der Straße konnte ich auch nicht schlafen, weil die Polizeikontrollen mich dann aufs Revier mitgenommen haben. Ich leide bis jetzt unter Angstzuständen wegen der Behandlung der Polizei dort. Ich möchte in Österreich in der Nähe meiner Familie sein. Ich besuche den A2 Kurs im Camp und habe mich integriert.
F: Wie lange waren Sie in Kroatien aufhältig?
A: Zwei Monate, zwei Tage auf der Straße, den Rest im Gefängnis.
F: Gab es während Ihres Aufenthalts in Kroatien konkret Sie betreffende Vorfälle?
A: Die Menschen wollten mit mir nicht sprechen, sie haben mich mit der Hand abgewiesen, obwohl ich versuchte auf Englisch mit ihnen zu reden.
F: Wann genau wurden Sie in Kroatien inhaftiert?
A: Am XXXX 2019 wurde ich entlassen. Zwei Monate minus 5 Tage zuvor in etwa. Anfang Oktober.
F: Warum wurden Sie in Kroatien inhaftiert?
A: Am Anfang wusste ich nicht warum. Dann sagten sie, ich muss auf eine Einvernahme warten. Ich habe immer gebeten um Aufklärung und musste teilweise 10 Tage auf einen Termin warten. Später habe ich erfahren, dass es mit dem Schlepper zu tun hat, den man festnehmen wollte.
F: Warum wurden Sie in Kroatien wieder aus der Haft entlassen?
A: Das Urteil war 2 Monate, hätte aber um jeweils vier Monate verlängert werden können. Ich habe diesen XXXX , Referenten, gefragt, warum ich da bin. Er sagte, weil ich illegal eingereist bin. Er sagte, es ist ein Verbrechen. Ich kann 6 Monate dableiben.
F: Welches Urteil?
A: Ich weiß es nicht, ich war bei keinem Gericht. Er sagte aber ich habe ein Urteil für zwei Monate.
F: Wann genau haben Sie Kroatien verlassen?
A: Am XXXX 2012 habe ich Kroatien entlassen.
F: Wie sind Sie anschließend nach Österreich gekommen?
A: Mit einem Schlepper in einem PKW in einem Gepäckraum versteckt. Wir waren zu viert. Er hat uns bis Graz gebracht.
F: Sind Sie gemeinsam mit Herrn XXXX , IFA: 1255426003 von Kroatien nach Österreich gereist?
A: Ja.
F: Sind Sie mit XXXX verwandt?
A: Nein, er ist nur ein Bekannter.
F: Warum haben Sie in Kroatien keinen Asylantrag gestellt?
A: Weil ich unmenschliches dort erlebt habe. Ich habe gehört, dass sie Menschen schlagen, ich dachte nicht, dass es mir auch passiert. Die einfachsten Rechte, meine Familie zu kontaktieren, durfte ich nicht. In Österreich habe ich was Positives erlebt.
F: Möchten Sie zu den Ihnen ausgefolgten aktuellen Feststellungen zur Lage der Asylwerber in Kroatien eine Stellungnahme abgeben?
A: Ich will nicht nach Kroatien. Sollte ich abgeschoben werden, werde ich wieder flüchten. Ich möchte in der Nähe meiner Familie sein und die Schlimmen Erlebnisse vergessen. Bei der Fingerabdruckabnahme wurde ich mit Schlägen dazu gezwungen.
Die Rechtsberaterin hat keine Fragen.
F: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
A: Ich bin psychisch belastet, ich habe einen Schlimmen Krieg in Syrien erlebt. In der Türkei habe ich in Sklavenähnlichen Bedingungen gearbeitet und wurde nicht bezahlt. In Kroatien schließlich auch bedroht und geschlagen. Ich brauche die Nähe meiner Familie und Sicherheit und Schutz im Leben. Ich fühle mich hier gut aufgehoben. Ich hoffe, dass ich nicht abgeschoben werde.
(...)"
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Kroatien zu lässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Kroatien wurden im angefochtenen Bescheid wie folgt wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
1. ALLGEMEINES ZUM ASYLVERFAHREN
-
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2018; USDOS 20.4.2018 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
-
- Laut Statistik wurden 2018, bis zum 20. September, 816 Asylanträge gestellt und in 157 Fällen wurde Schutzstatus zuerkannt. Im Gesamtjahr 2017 gab es 1.887 Asylanträge, wobei 211 Personen Schutz gewährt wurde (GOC 3.10.2018).
Quellen:
1. AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
2. GOC - Government of Croatia, Ministry of Interior (Autor), veröffentlicht von CoE-CommDH - Council of Europe - Commissioner for Human Rights (3.10.2018): Letter by the Council of Europe Commissioner for Human Rights - reply to be delivered,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1445769/1226_1539159234_commdh-govrep-2018-12-letter-croatia-interior-minister-2018-10-en-and-hr-versions-pdf.pdf, Zugriff 31.10.2018
3. USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Croatia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430271.html, Zugriff 31.10.2018
4. VB des BM.I für Kroatien (19.7.2018): Bericht des VB, per E-Mail
2. DUBLIN-RÜCKKEHRER
-
Personen, die im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren, haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Wenn Rückkehrer Kroatien vor dem Ende ihres ursprünglichen Verfahrens verlassen haben und das Verfahren daher suspendiert wurde, müssen sie bei Rückkehr gemäß Art. 18(2) der Dublin-III-VO neuerlich einen Asylantrag stellen. Wer hingegen vor Verlassen des Landes seinen Antrag explizit zurückgezogen hat bzw. eine Zurückweisung erhalten hat, gilt in so einem Fall als Folgeantragsteller (AIDA 3.2018).
-
Gemäß Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs dürfen Migranten im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückgeschickt werden, die im Zuge der sogenannten "Flüchtlingskrise" von 2015/2016 von Kroatien "durchgewunken" worden waren. Die Weiterreise der betreffenden Migranten erfolgte dem EuGH zufolge illegal und die Dublin-Regeln sind anzuwenden (DS 26.7.2017; vgl. AIDA 3.2018).
Quellen:
5. AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
6. DS - Der Standard (26.7.2017): Entscheidung zu Asylregeln:
Kroatien befürchtet hunderte Rückschiebungen, http://derstandard.at/2000061843511/EU-Hoechstgericht-zu-Asylregeln-Kroatien-befuerchtet-hunderte-Rueckschiebungen, Zugriff 31.10.2018
7. ECRE - European Council for Refugees and Exiles (15.12.2016):
Balkan route reversed. The return of asylum seekers to Croatia under the Dublin system,
https://www.ecre.org/wp-content/uploads/2016/12/balkan_route_reversed.pdf, Zugriff 31.10.2018
8. VB des BM.I für Kroatien (9.11.2016): Bericht des VB, per E-Mail
3. NON-REFOULEMENT
-
Es gibt weiterhin Berichte über sogenannte "Push-backs" von Migranten an der Grenze zu Serbien, Slowenien und Bosnien und Herezgowia, aber teilweise auch aus dem tiefsten Landesinnern (AIDA 3.2018; vgl. FRA 9.2018; AI 22.2.2018).
-
- Die Menschenrechtskommissarin des Europarats zeigte sich besorgt wegen Berichten von Flüchtlings- und Migrantenorganisationen über "eine Großzahl" von kollektiven Rückschiebungen von irregulären Migranten von Kroatien nach Serbien und Bosnien-Herzegowina. "Besonders besorgniserregend" seien Vorwürfe über "systematische Gewalt", auch gegen Schwangere und Kinder. Nach Angaben des UNHCR soll Kroatien seit Beginn 2018 bereits 2.500 Migranten kollektiv abgeschoben haben. Von diesen berichten 1.500, dass ihnen verwehrt wurde, einen Asylantrag zu stellen, 700 beklagten Gewalt und Diebstahl durch kroatische Polizeibeamte. In einer Reaktion wies das kroatische Innenministerium die Beschuldigungen über kollektive Abschiebungen und Polizeigewalt gegenüber Migranten zurück. Alle eingegangenen Anzeigen von Menschenrechtsorganisationen wurden demnach im Rahmen der Möglichkeiten überprüft. Weiters wurde betont, dass die Migranten keine Absicht hätten, in Kroatien zu bleiben, sondern es nur als Transitland nutzen würden. Die Statistik zeige, dass Kroatien den Bürgern von Drittländern den Zugang zu internationalem Schutz gewährt (CoE-CommDH 20.9.2018; vgl. GOC 3.10.2018; DS 5.10.2018; DK 5.10.2018; AJ 5.10.2018).
-
Es gibt eine Liste von zehn sicheren Herkunftsstaaten: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Serbien, Marokko, Algerien, Tunesien und Türkei. Bisher wurde das Konzept des sicheren Herkunftslandes meist bei Algeriern und Marokkanern angewandt. Laut Gesetz ist ein sicherer Drittstaat einer, in welchem ein Antragsteller sicher ist vor Verfolgung oder dem Risiko einen ernsten Schaden zu erleiden; welcher das Non-Refoulement-Prinzip beachtet und welcher effektive Zugang zum Asylverfahren gewährt. Ob dies zutrifft, ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn ein Antragsteller bereits in einem anderen Staat Schutz erhalten hat oder Refoulement-Schutz genießt, kann sein Antrag in Kroatien als unzulässig zurückgewiesen werden (AIDA 3.2018).
Quellen:
9. AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Croatia,
https://www.ecoi.net/de/dokument/1444202.html, Zugriff 31.10.2018
10. AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
11. AJ - Al Jazeera (5.10.2018): Council of Europe urges Croatia to probe police abuse allegations, https://www.aljazeera.com/news/europe/2018/10/council-europe-urges-croatia-probe-police-abuse-allegations-181005104405894.html?utm_source=ECRE+Newsletters&utm_campaign=e334b196b4-EMAIL_CAMPAIGN_2018_10_08_12_37&utm_medium=email&utm_term=0_3ec9497afd-e334b196b4-422318529, Zugriff 31.10.2018
12. CoE-CommDH - Council of Europe - Commissioner for Human Rights (20.9.2018): Letter by the Council of Europe Commissioner for Human Rights,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1445749/1226_1539158417_commdh-2018-22-letter-pm-croatia-en-pdf.pdf, Zugriff 31.10.2018
13. DK - Der Kurier (5.10.2018): Europarat sieht Polizeigewalt gegen Flüchtlinge in Kroatien,
https://kurier.at/politik/ausland/europarat-sieht-polizeigewalt-gegen-fluechtlinge-in-kroatien/400137953, Zugriff 31.10.2018
14. DS - Der Standard (5.10.2018): Europarat besorgt über Behandlung von Migranten in Kroatien,
https://derstandard.at/2000088780239/Europarat-besorgt-ueber-Behandlung-von-Migranten-in-Kroatien, Zugriff 31.10.2018
15. ECRE - European Council for Refugees and Exiles (15.12.2016):
Balkan route reversed. The return of asylum seekers to Croatia under the Dublin system,
https://www.ecre.org/wp-content/uploads/2016/12/balkan_route_reversed.pdf, Zugriff 31.10.2018
16. FRA - Agency for Fundemantal Rights (9.2018): Periodic data collection on the migration situation in the EU - September Highlights - 1 July-31 August 2018, http://fra.europa.eu/en/publication/2018/migration-overviews-september-2018, Zugriff 31.10.2018
17. GOC - Government of Croatia, Ministry of Interior (Autor), veröffentlicht von CoE-CommDH - Council of Europe - Commissioner for Human Rights (3.10.2018): Letter by the Council of Europe Commissioner for Human Rights - reply to be delivered,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1445769/1226_1539159234_commdh-govrep-2018-12-letter-croatia-interior-minister-2018-10-en-and-hr-versions-pdf.pdf, Zugriff 31.10.2018
4. VERSORGUNG
Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Dieses Recht umfasst Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung und gilt ab dem Zeitpunkt, an dem sie den Willen zur Asylantragsstellung erkennen lassen. Nur für Folgeantragsteller gelten Einschränkungen. Die monatliche finanzielle Unterstützung gibt es ab Unterbringung in einem Zentrum. Diese betrug Ende 2017 100 Kuna (EUR 13,30) für eine Person. Gibt es abhängige Familienmitglieder, erhöht sich der Betrag. Trotzdem gilt die Unterstützung als sehr gering bemessen. Seit Mitte 2016 dürfen Asylwerber in Zagreb die öffentlichen Verkehrsmittel gratis benützen. Asylwerber deren Verfahren nach 9 Monaten noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten. Der faktische Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber wird durch die Sprachbarriere und hohe Arbeitslosigkeit behindert. Asylwerber haben keinen Zugang zu Jobtrainings, sie können aber innerhalb der Unterbringungszentren mitarbeiten und werden in Form zusätzlicher Bedarfsartikel entlohnt (AIDA 3.2018).
Quellen:
18. AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
4.1. Unterbringung
-
Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterbringung in Unterbringungszentren für Asylwerber. Auf Antrag können sie auf eigene Kosten außerhalb eines Zentrums wohnen. Kroatien verfügt über 2 offene Unterbringungszentren für Asylwerber, in Zagreb "Hotel Porin" (Kapazität: 600 Plätze) und in Kutina (Kapazität: 100 Plätze). Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt, wobei Kutina primär der Unterbringung vulnerabler Asylwerber dient. Bezüglich der Unterbringungsbedingungen werden keine besonderen Probleme berichtet, bis auf den schlechten Zustand der Zimmer in Zagreb, der sich aber durch die im Jahr 2018 durchgeführten Renovierungsarbeiten ändern soll. Es gibt in den Zentren u.a. präventive Maßnahmen gegen sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt, Sprachkurse, Arbeitsvermittlung usw. Mehrere NGOs sind in den Zentren präsent und bieten Unterstützungsmaßnahmen an (AIDA 3.2018).
-
In beiden Zentren erhalten die Bewohner drei Mahlzeiten pro Tag und schwangere Frauen, Wöchnerinnen und Kinder bis 16 Jahre erhalten auch eine Nachmittagsjause. In Kutina gibt es Küchen, in denen die Asylwerber selbst kochen können. Die Eröffnung von zwei Kitchenetten in Zagreb wurde bis Ende Februar 2017 geplant. Im März 2018 waren die Küchen nicht geöffnet; sie wurden nur für besondere Anlässe benutzt. Spezielle Anforderungen an die Ernährung (z.B. ärztliche Verschreibung oder religiöse Gründe) werden berücksichtigt, wobei es angeblich einige Probleme gab (AIDA 3.2018).
Nach Angaben des Kroatischen Roten Kreuzes bieten Sozialarbeiter täglich psychosoziale Unterstützung und organisieren soziale und pädagogische Aktivitäten mit Asylsuchenden in Zagreb (Montag-Samstag) und Kutina (Montag-Sonntag). Hauptaktivitäten sind:
Unterstützung (Unterbringung, Erstinformation, usw.); Individuelle und familiäre psychosoziale Unterstützung nach Bedarf; Unterstützung von unbegleiteten Minderjährigen; Besondere Betreuung für Personen mit psychischen Problemen und potenziellen Opfern von Folter und Trauma; Spiel- und Bildungsaktivitäten mit Kindern; Unterstützung bei Schulaufgaben; Einführung in die kroatische Kultur, Sitten und Gebräuche; Gruppen- und Einzelarbeit mit einzelnen Frauen, einschließlich Einzelgesprächen zur Verhütung von Menschenhandel und sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt; Konflikt- und Gewaltprävention, Workshops zur Verhütung des Menschenhandels;
Sportliche Aktivitäten innerhalb und außerhalb der Empfangszentren;
Sprachkurse für Kroatisch und Englisch; Hygieneförderung und Gesundheitserziehung; Jobcenter; Bibliothek; Friseursalon;
Bereitstellung von Informationen, praktische Unterstützung im täglichen Leben; Verweis an das Innenministerium zur Gesundheitsversorgung, an spezialisierte Einrichtungen der psychologischen und psychischen Gesundheit; und Organisation von Gemeindeversammlungen in Kutina und Zagreb (Vox Populi). Der Jesuitische Flüchtlingsdienst (JRS) hat einen Computerraum mit neun Computern in Zagreb eingerichtet. Das Klassenzimmer ist täglich von Montag bis Freitag mit der Anwesenheit eines Dolmetschers und freiwilligen Unterstützern geöffnet. Gelegentlich ist die Klasse auch samstags und sonntags geöffnet. Seit November 2016 halten Freiwillige einmal wöchentlich einen Computerkurs nur für Frauen und einmal wöchentlich einen gemischten Kurs ab. 2016 waren viele internationale und nichtstaatliche Organisationen wie IOM, UNICEF, Save the Children und nationale NGOs (Kroatisches Rotes Kreuz, Croatian Law Center, JRS, Center for Peace Studies, u.a.) in beiden Empfangszentren aktiv. Es wurden auch verschiedene soziale und pädagogische Aktivitäten für Frauen und Kinder organisiert. Kroatisch-Sprachkurse werden vom Kroatischen Roten Kreuz, dem Center for Peace Studies und dem Jesuitischen Flüchtlingsdienst organisiert. Die Freiwilligen des Centre for Peace Studies sind in beiden Aufnahmezentren für Asylwerber präsent. Freiwillige führen psychosoziale Hilfstätigkeiten für Asylsuchende in den Zentren durch (Information über Asylsystem, kroatische Kultur und Geschichte, psychosoziale Unterstützung, kroatische Sprache, Sport- und gesellschaftliche Aktivitäten, Workshops). Weiters bietet seit November 2017 das Centre for Peace Studies eine Rechtsberatung für Asylwerber an. Das kroatische Babtist Aid ist im Unterbringungszentrum in Zagreb präsent und bietet Sprachkurse in kroatischer und deutscher Sprache, kreative Workshops, IT-Kurse und organisiert Tagesausflüge (AIDA 3.2018; vgl. VB 8.11.2017).
Im Sommer 2018 begann die Renovierung des Unterbringungszentrums "Hotel Porin" in Zagreb; geplante Fertigstellung ist im Juni 2019. Als Erstes wird der linke Flügel, in dem sich 56 Zimmer befinden, renoviert. Aufgrund der geringeren Anzahl von Asylwerbern wurden diese während der Renovierungsarbeiten nicht umgesiedelt, sondern lediglich in einemn anderen Flügel verlegt. Dies führte dazu, dass einige im Zentrum tätige Organisationen ihre Räumlichkeiten verloren. Während der Teilrenovierung stehen von 600 Plätzen ca. 400 zur Verfügung. Die Errichtung eines neuen Aufnahmezentrums in Mala Gorica ist in Planung (W-CCRI 23.7.2018; vgl. VB 20.4.2018).
Antragsteller können bis zum Ende ihres Verfahrens in den Unterbringungszentren bleiben. Wenn eine rechtskräftig negative Entscheidung vorliegt und die postulierte Frist zur freiwilligen Ausreise verstrichen ist, muss das Zentrum verlassen werden. In Einzelfällen gab es, obwohl rechtlich nicht vorgesehen, immer wieder humanitäre Ausnahmen (AIDA 3.2018).
-
Mit Stand am 4.11.2018 waren in den kroatischen Unterbringungseinrichtungen insgesamt 372 Personen aufhältig: in Zagreb "Hotel Porin" 293 Asylwerber (205 Männer, 48 Frauen, 40 Minderjährige); in Jezevo 21 Asylwerber (18 Männer, 3 Frauen) und in Kutina 58 Asylwerber (14 Männer, 13 Frauen, 31 Minderjährige) (VB 6.11.2018).
-
Zudem verfügt Kroatien über ein geschlossenes (Schubhaft-) Zentrum (Center for Foreigners) in Jezevo mit 95 Plätzen (27 Plätze für Vulnerable). Darüber hinaus gibt es ein Transitzentrum in Trilj mit 62 Plätzen (12 Plätze für Vulnerable) und in Torvarnik ebenfalls mit 62 Plätzen (12 Plätze für Vulnerable) - nach Angaben des Verbindungsbeamten des BM.I beträgt die Kapazität ca. 90 Plätze pro Zentrum; beide Zentren werden statt dem Asylbereich für die Verwahrung festgenommener illegaler Migranten genutzt. 2017 wurden gemäß kroatischen Innenministerium 134 Asylwerber in Jezevo festgehalten. Betreffend der Zahl der dort festgehaltenen Minderjährigen gehen die Quellen auseinander. Nach Angaben des kroatischen Innenministeriums wurden 2017 ein Kind und sechs UMA in Jezevo inhaftiert. Laut der Direktion der Grenzsicherung wurden hingegen 68 Kinder, davon fünf UMA dort festgehalten. 2017 wurden in Tovarnik 27 Kinder und in Trilj fünf Kinder verhaftet. Weiters wurde 2017 ein Opfer von Menschenhandel in Jezevo inhaftiert. Nach Angaben des Innenministeriums wurde die Person sofort freigelassen, nachdem ihre Vulnerabilität erkannt wurde. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst kritisierte jedoch die mangelhafte Vorgehensweise der Behörde, da sich der Opfer im jeweiligen Fall ein Monat lang in Haft befand (AIDA 3.2018; vgl. VB 8.11.2017).
Quellen:
19. AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
20. UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (26.5.2017): Refugees sent back from Austria find new hope in Croatia, http://www.unhcr.org/news/stories/2017/5/5922f6064/refugees-sent-austria-find-new-hope-croatia.html, Zugriff 31.10.2018
21. VB des BM.I für Kroatien (6.11.2018): Bericht des VB, per E-Mail
22. VB des BM.I für Kroatien (20.4.2018): Bericht des VB, per E-Mail
23. VB des BM.I für Kroatien (8.11.2017): Bericht des kroatischen Innenministeriums, per E-Mail
24. W-CCRI - Welcome - Croatian Central Refugee Information (23.7.2018): Europe is implementing "pass the buck" approach, http://welcome.cms.hr/index.php/en/2018/07/23/europe-is-implementing-pass-the-buck-approach/, Zugriff 31.10.2018
4.2. Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notversorgung und notwendige medizinische und psychologische Behandlung. Diese Behandlung ist verfügbar im Unterbringungszentrum Zagreb und wenn nötig auch im Unterbringungszentrum Kutina. In Kutina kommt der Arzt auf Anfrage oder wenn eine bestimmte Anzahl von Asylwerbern medizinische Versorgung benötigen. Ansonsten ist medizinische Versorgung in der Notaufnahme verfügbar. Ein Zahnarzt bietet seine Dienste auf freiwilliger Basis an (AIDA 3.2018). Zusätzlich zu diesen Maßnahmen arbeitet Médecins du Monde (MdM) mit zwei Allgemeinmedizinern, einer Krankenschwester und zwei Dolmetschern in beiden Zentren. Das Team bietet primäre medizinische Beratung 4 Tage/Woche in Zagreb und 2 Tage/Woche in Kutina. Daneben führt es 2 Tage/Woche eine offizielle Erstuntersuchung von neu eingetroffenen Asylwerbern durch und organisiert auch zweimal im Monat Besuche von externen Fachärzten für Gynäkologie, Pädiatrie, Psychiatrie und von einem Physiotherapeuten (AIDA 3.2018; vgl. MdM 6.2018). Weiters führt ein Psychologe vom MdM Untersuchungen zur Beurteilung der psychischen Gesundheit und psychotherapeutische Einzelberatung durch. Darüber hinaus bietet als Teil des MdM-Teams ein Sozialarbeiter Informationen, Anleitungen und praktischen Support (z.B. Begleitung von Patienten in Gesundheitseinrichtunen, Begleitung von Kindern von Asylwerbern zur Impfung) für Asylwerber, aber auch für Schutzberechtigte, damit sie ihre Rechte geltend machen können. Durch Workshops oder individuelle Beratung informiert das medizinische Team von MdM über Prävention von Infektionskrankheiten, Hygiene, Zugang zur Gesundheitsversorgung und Familienplanung (MdM 6.2018). Daneben wurde im August 2017 im Gesundheitszentrum in Dugave ein Ambulatorium für Asylwerber in Betrieb genommen. Der Verband baptistischer Kirchen organisiert unter anderem auch den Transport zu einem Zahnarzt. Mehrere andere NGOs (Jesuitischer Flüchtlingsdienst, Society for Psychological Assistance, Croatian Law Centre oder Rehabilitation Centre for Stress and Trauma) boten 2016 psychologische Betreuung an. Vulnerable Antragsteller, insbesondere Opfer von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schwerwiegenden Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt, sind entsprechend medizinisch zu behandeln. In der Praxis ist diese zusätzliche Gesundheitsversorgung jedoch nicht regelmäßig zugänglich. Ein Mechanismus zur Identifizierung Vulnerabler existiert nicht, sie werden oft an den Arzt im Unterbringungszentrum verwiesen. Für traumatisierte Asylsuchende, die in Kutina untergebracht sind, ist psychosoziale Unterstützung im neuropsychiatrischen Krankenhaus in Popovaca verfügbar. Seit 2010 betreibt das Croatian Law Centre das Projekt "Protection of Victims of Torture among Vulnerable Groups of Migrants". Das Projekt wird auch 2018 fortgesetzt. Es ist psychosoziale Unterstützung durch das Kroatische Rote Kreuz und psychologische Beratung durch externe Psychologen für Asylbewerber und Flüchtlinge verfügbar. Auch das Rehabilitation Centre for Stress and Trauma bietet psychologische Unterstützung, unter anderem für Folteropfer. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst unterstützt besonders Frauen beim Zugang zu medizinischer und psychologischer Hilfe. Seit März 2015 bietet das Zentrum für Kinder, Jugend und Familie (Modus), kostenlose Beratung und Psychotherapie für Asylsuchende und Flüchtlinge im Zentrum Zagreb an. Im Jahr 2016 und 2017 wurde die Beratung vor allem in ihren Räumlichkeiten organisiert, und zwar von ausgebildeten Beratern und Psychotherapeuten und Dolmetschern (AIDA 3.2018; vgl. EASO o.D.; VB 8.11.2017).
MdM, das Rehabilitation Centre for Stress and Trauma, JRS sowie andere NGOs berichten über Defizite im Gesundheitssystem sowie über eine enge Auslegung des gesetzlichen Rahmens. Der Mangel an Übersetzern ist weiterhin ein Problem für die medizinische Betreuung (AIDA 3.2018). Weites ist einem Bericht vom MdM vom 2018 zu entnehmen, dass die psychische Gesundheit von Flüchtlingskindern und Asylwerbern weiterhin eine der größten Herausforderungen bei der Organisation eines umfassenden und dauerhaften Supportsystems für Asylwerber darstellt - nicht nur in Kroatien, sondern sowohl im übrigen Europa als auch weltweit (MdM 6.2018).
Asylsuchende in Kroatien haben gemäß den Gesetzen Anspruch auf medizinische und psychologische Versorgung. Das Asylgesetz beschränkt die Krankenversorgung auf Notfallversorgung und essenzielle Behandlung von Krankheiten und ernsthaften psychischen Zuständen. Dies hat besonders Auswirkungen auf asylwerbende bzw. migrierende Kinder und Schwangere. Eine zusätzliche Barriere beim Zugang zu medizinischer Versorgung ist die Sprache, da der Staat für diese Zwecke keine kostenlose Dolmetschdienstleistungen zur Verfügung stellt und die meisten Asylsuchenden diese nicht selbst bezahlen können. Es wird auch bemängelt, dass viele Kinder von Asylwerbern bzw. Migranten nicht gegen vermeidbare Krankheiten geimpft werden. Es wird berichtet, dass sich die medizinische Versorgung im "Hotel Porin" seit September 2016 durch regelmäßige Anwesenheit eines Hausarztes und durch die Unterstützung der NGO Médecins du Monde (MdM) verbessert hat. Allerdings wird moniert, dass die nationalen Behörden die von MdM angebotenen Leistungen selbst erbringen sollten. Auch kritisiert wird, dass es in Kutina keine regelmäßigen Ordinationszeiten eines Hausarztes gibt (UNHRC 28.4.2017).
-
- Derzeit gibt es keine registrierten drogensüchtigen Asylwerber in Kroatien. Wenn sich aber ein Asylwerber bei seinem ersten Gesundheitscheck als drogenabhängig deklariert (das gilt auch für Dublin-Rückkehrer, falls im Rahmen des Dublin-Verfahrens keine medizinischen Unterlagen übermittelt wurden), wird eine medizinische Überprüfung vorgenommen und eine für den Betreffenden notwendige Therapie festgelegt. Es gab in der Vergangenheit Fälle, in denen Asylwerber auf einer höheren Dosis oder anderen Substitutionsmedikamenten bestanden haben und angaben, diese auch in anderen Mitgliedsstaaten erhalten zu haben. Kroatien betont jedoch, dass jedem Asylwerber, welcher sich als Drogensüchtiger deklariert, nach medizinischen Tests seitens der zuständigen Behörde, die notwendige Therapie vorgeschrieben wird (VB 8.11.2017).
-
- MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen
-
von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
25. AIDA - Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
26. EASO - European Asylum Support Office (o.D.): Annual report on the situation of asylum in the European Union - 2017, https://www.easo.europa.eu/easo-annual-report, Zugriff 31.10.2018
27. MdM - Médecins du Monde (6.2018): Croatia - Hidden (human) faces of European Union's Dublin regulation from a health perspective, https://dujieoqn176qs.cloudfront.net/sites/www.doktersvandewereld.be/files/publicatie/attachments/mdm-be_-_croatia_hidden_human_faces_dublin_-_june_2018.pdf, Zugriff 13.11.2018
28. MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):
Auskunft MedCOI, per E-Mail
29. UNHRC - UN Human Rights Council (28.4.2017): Report of the Special Rapporteur on the right of everyone to the enjoyment of the highest attainable standard of physical and mental health on his visit to Croatia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1496843413_g1710770.pdf, Zugriff 31.10.2018
30. VB des BM.I für Kroatien (8.11.2017): Bericht des kroatischen Innenministeriums, per E-Mail
Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Kroatien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen würde, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Eine schwere oder lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigung des BF würde nicht vorliegen. Darüber hinaus sei in Kroatien medizinische Versorgung gegeben. Ein aufrechtes Familienleben zwischen dem BF und seinen in Österreich lebenden Verwandten hätte nicht festgestellt werden können, weshalb die Außerlandesbringung des BF keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle. Insbesondere wurde auch ausführlich dargelegt, dass in Kroatien die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung sowie die Grund- und Gesundheitsversorgung im Wesentlichen unbedenklich seien und den Grundsätzen des Unionsrechts genügten. In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidungen gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.
3. Dagegen wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben, mit dem der Bescheid in vollem Umfang angefochten wurde. Begründend wurden die Angaben des Beschwerdeführers neuerlich wiedergegeben und insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund der psychischen und physischen Misshandlungen in Kroatien schwer belastet sei. Besonders deshalb sei es für den Beschwerdeführer wichtig, in der Nähe seiner Familienangehörigen zu sein, in Österreich würden zwei Cousins leben, zu denen guter Kontakt bestehe. Verwiesen wurden auf die psychischen Beschwerden des Beschwerdeführers, welche einer Überstellung nach Kroatien entgegenstehen würden. Weiters wurde auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er in Kroatien Misshandlungen erlitten habe, verwiesen. Der Beschwerdeführer sei besonders schutzbedürftig und seien die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht hinreichend gewürdigt worden vom BFA.
Zusammen mit der Beschwerde wurde eine Anwesenheitsbestätigung vom 21.02.2020 übermittelt, wonach der Beschwerdeführer an eben diesem Tag in einer österreichischen Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik aufhältig war samt Ambulanzbericht vom selben Tag, wonach beim Beschwerdeführer "F 43.2 Anpassungsstörung und Va posttraumatische Belastungsstörung" diagnostiziert wurden. Als Therapieempfehlung wurden "Mirtazapin 15 mg (Anmerkung BVwG: stimmungsaufhellender und dämpfender Wirkstoff aus der Gruppe der tetrazyklischen Antidepressiva) und bei Schlaflosigkeit Quetiapin 25 mg (Anmerkung BVwG: Arzneistoff zur Behandlung psychischer Störungen) angeführt.
4. Am 10.03.2020 wurde dem BVwG eine Information über die erfolgte Abmeldung des Beschwerdeführers aufgrund seines unbekannten Aufenthalts übermittelt. Im aktuellen ZMR-Auszug vom 10.03.2020 scheint betreffend den Beschwerdeführer nur bis zum 02.03.2020 eine aufrechte Meldeadresse in Österreich auf, auch im aktuellen GVS-Auszug scheint nur bis 02.03.2020 die Unterbringung und Versicherungszeit des Beschwerdeführers auf, er bezieht auch keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer reiste am 11.12.2019 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 12.12.2019 wurde ihm die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland verweigert und er wurde nach Österreich rücküberstellt. Er stellte in Österreich am 12.12.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine EURODAC-Abfrage zum BF ergab einen Treffer der Kategorie "2" zu Kroatien vom 06.12.2019.
Aus den Angaben des Beschwerdeführers in Kombination mit dem vorzitierten EURODAC-Treffer der Kategorie "2" ergibt sich, dass der Beschwerdeführer illegal nach Kroatien eingereist ist und dort erkennungsdienstlich behandelt wurde, bevor er weiter nach Österreich gelangt war.
Das BFA richtete am 17.12.2019 an Kroatien ein auf Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen betreffend den BF und führte die geschilderte Reiseroute des Beschwerdeführers samt Angaben zu seinem Aufenthalt in Kroatien als Information im Ersuchen ebenso wie den Eurodac-Treffer der Kategorie "2" zu Kroatien an.
Mit Schreiben vom 14.02.2020 stimmte die kroatische Dublin-Behörde der Aufnahme des BF gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO ausdrücklich zu. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Kroatiens beendet hätte, liegt nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Kroatien an.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung nach Kroatien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer an keinen gravierenden Erkrankungen leidet, die einer Überstellung nach Kroatien entgegenstünden.
Es bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet. Der BF lebt in keiner Familiengemeinschaft und in keiner familienähnlichen Lebensgemeinschaft und es bestehen im Bundesgebiet keinerlei verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte zu seinen zwei Cousins von einer derartigen Intensität oder eine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit, welche einer Überstellung nach Kroatien entgegenstehen würden.
Eine besondere Integrationsverfestigung des BF in Österreich besteht nicht.
Im aktuellen ZMR-Auszug vom 10.03.2020 scheint betreffend den Beschwerdeführer nur bis zum 02.03.2020 eine aufrechte Meldeadresse in Österreich auf, auch im aktuellen GVS-Auszug scheint nur bis 02.03.2020 die Unterbringung und Versicherungszeit des Beschwerdeführers auf, er bezieht auch keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Reiseweg des BF ergeben sich aus der vorliegenden Eurodac-Treffermeldung, der Aktenlage und den Angaben des BF. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführe Kroatien zunächst nicht als Land genannt hatte, durch das er gereist sei, erst auf Vorhalt des Eurodac-Treffer der Kategorie "2" zu Kroatien räumte er ein, dass er in Kroatien gewesen sei, wo er auch im Gefängnis aufhältig gewesen sei. Auf Nachfrage, weshalb er in Kroatien inhaftiert gewesen sei, führte er einerseits aus, es nicht genau gewusst zu haben, andererseits mutmaßte er, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit Schleppertätigkeiten im Zuge seiner Ausreise des Beschwerdeführers erfolgt wäre. Aus seinen widersprüchlichen Angaben ergibt sich vor dem Hintergrund des Eurodac-Treffer der Kategorie "2" zu Kroatien für die erkennende Richterin eindeutig, dass der Beschwerdeführer durch das anfängliche Verschweigen seines Aufenthalts und seine Ausführungen zu seiner Inhaftierung in Kroatien offensichtlich vermeiden wollte, dass die österreichischen Behörden die Zuständigkeit der kroatischen Behörden zur Durchführung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers feststellen konnten. Aus diesem Verhalten und den falschen Angaben des Beschwerdeführers ergibt sich auch eindeutig die Bereitschaft des Beschwerdeführers, falsche Angaben vor Asylbehörden zu tätigen.
Die Feststellung hinsichtlich des Aufnahmeersuchens der österreichischen Dublin-Behörde an Kroatien und der ausdrücklichen Zustimmung des Aufnahmegesuchs durch Kroatien beruht auf dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus der Aktenlage. Zusammen mit der Beschwerde wurde eine Anwesenheitsbestätigung vom 21.02.2020 übermittelt, wonach der Beschwerdeführer an eben diesem Tag in einer österreichischen Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik aufhältig war samt Ambulanzbericht vom selben Tag, wonach beim Beschwerdeführer "F 43.2 Anpassungsstörung und Va posttraumatische Belastungsstörung" diagnostiziert wurden. Als Therapieempfehlung wurden "Mirtazapin 15 mg (Anmerkung BVwG: stimmungsaufhellender und dämpfender Wirkstoff aus der Gruppe der tetrazyklischen Antidepressiva) und bei Schlaflosigkeit Quetiapin 25 mg (Anmerkung BVwG: Arzneistoff zur Behandlung psychischer Störungen) angeführt. Der Beschwerdeführer leidet somit an keinen gravierenden Erkrankungen, die einer Überstellung nach Kroatien entgegenstünden.
Die festgestellten persönlichen Verhältnisse des BF ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Kroatien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.
Die Gesamtsituation des Asylwesens in Kroatien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht in substantiierter Weise dargelegt. Auch in den schriftlichen Beschwerdeausführungen wurde den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.