TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/20 W111 1316210-11

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2020
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Entscheidungsdatum

20.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9

Spruch

W111 1316210-11/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Dajani, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die Rechtsanwälte XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2020, Zl. 820694004-190016430, zu Recht:

A) I. Die Beschwerde wird gemäß den §§ 10 Abs. 2, 57 AsylG 2005

idgF, §§ 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 FPG idgF, §§ 9, 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, wurde mit rechtskräftig gewordenem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 01.02.2011 der (infolge seines - ersten - Antrags auf internationalen Schutz im Jahr 2009 im Wege des Familienverfahrens zuerkannte) Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt und die Aufenthaltsbewilligung entzogen. Der Beschwerdeführer reiste in der Folge nach Russland aus.

2. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.01.2012 wurde der infolge neuerlicher illegaler Einreise am 05.09.2011 gestellte zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 wegen der Zuständigkeit Polens zur Durchführung des Asylverfahrens zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

Eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen scheiterte infolge unbekannten Aufenthalts seiner Person.

3. Sein am 06.06.2012 gestellter dritter Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.03.2013 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

4. Am 16.01.2015 heiratete der Beschwerdeführer in Polen eine österreichische Staatsbürgerin.

5. Mit rechtskräftig gewordenem Bescheid vom 02.11.2015 wies die Bezirkshauptmannschaft XXXX den Antrag des Beschwerdeführers vom 24.03.2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als "Familienangehöriger" gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1 NAG ab. Begründend stellte die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer, der im Besitz einer gültigen polnischen Aufenthaltserlaubnis sei, von 2009 bis 2015 fünfmal durch das LG XXXX (wegen Diebstahls, versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls und versuchten Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen, sowie wegen Raubes) und einmal durch das BG XXXX zu näher genannten Geld- bzw. Freiheitsstrafen rechtskräftig verurteilt worden sei. Am 31.05.2016 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, das Bundesgebiet zu verlassen.

6. Infolge des weiteren (unrechtmäßigen) Verbleibes des Beschwerdeführers in Österreich leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Aufforderung vom 29.08.2016 an den Beschwerdeführer zur Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung ein.

7. Mit Stellungnahme vom 05.09.2016 zur genannten Aufforderung stellte der Beschwerdeführer - im Wege seines nunmehrigen anwaltlichen Vertreters - den vierten Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich seiner am 06.09.2016 erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung im Wesentlichen an, im Jahr 2013 nach seiner Rückkehr von Österreich nach Polen von seinem Vater in Kenntnis gesetzt worden zu sein, dass jene Personen, welche den Vater im Jahr 2007 entführt hätten, ihnen neuerlich nachstellen würden. Der Beschwerdeführer erklärte, dass er durch diese Personen auch in Polen gefährdet wäre und sein Vater mittlerweile den Flüchtlingsstatus in Frankreich zuerkannt bekommen hätte. Einer seiner Onkel sei im Jahr 2015 im Herkunftsstaat tot aufgefunden worden, ein weiterer Onkel wäre mittlerweile nach Deutschland geflohen. Der Beschwerdeführer hätte im Herkunftsstaat eine polizeiliche Ladung erhalten, welche er, ebenso wie den Bescheid über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Vater des Beschwerdeführers in Frankreich, in Kopie in Vorlage brachte.

8. Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 13.02.2017 gemäß § 5 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Polen zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Weiters wurde gemäß § 61 FPG 2005 die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Polen zulässig sei.

9. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 30.03.2017 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

10. Am 12.05.2017 brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers einen Schriftsatz ein, welcher sich gegen eine in Aussicht genommene Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen richtete. Darauf Bezug nehmend teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem gewillkürten Vertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 17.05.2017 mit, dass die Entscheidung gemäß §§ 5 AsylG 2005 iVm 61 FPG 2005 am 03.04.2017 in Rechtskraft erwachsen wäre, die Überstellungsfrist nach Polen jedoch mit 25.04.2017 abgelaufen sei. Es wäre daher zu empfehlen, dass der Beschwerdeführer einen neuen Asylantrag stelle. Dieser würde sofort zugelassen und das Verfahren auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers inhaltlich entschieden werden.

11. Mit Beschluss vom 27.06.2017, E 1642/2017-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2017 eingebrachten Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

12. Mit Beschluss vom 19.09.2017, Zl. Ra 2017/01/0281-4, wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision gegen das oben angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zurück.

13. Mit Schriftsatz vom 15.11.2018 teilte der gewillkürte Vertreter des Beschwerdeführers dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass der Beschwerdeführer durch die Behörde mit Ladung vom 08.11.2018 zur "ED-Behandlung" und mit Ladungsbescheid vom gleichen Tag zur Einvernahme "Antrag auf internationalen Schutz" geladen worden wäre. Der Beschwerdeführer ginge davon aus, dass es sich hierbei um ein Versehen handeln würde, da dieser keinen Antrag auf internationalen Schutz, sondern einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als "Familienangehöriger" gestellt hätte. Eine Abfrage im fremdenrechtlichen Informationssystem habe ergeben, dass beim Bundesamt kein Verfahren offen wäre, wozu auch auf die Mitteilung des Bundesamtes vom 15.05.2017 verwiesen wurde. Auch eine telefonische Nachfrage beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe ergeben, dass kein Verfahren anhängig wäre.

14. Am 07.01.2019 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer ein und gewährte diesem mit Schreiben vom 08.01.2019 Parteiengehör zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbotes.

15. Mit Bescheid vom 10.01.2019 setzte die Bezirkshauptmannschaft

XXXX das Verfahren über den vom Beschwerdeführer am 11.07.2018 bei jener Behörde gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" mit Verweis auf das beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seit dem 07.01.2019 anhängige Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus. Eine gegen diese Entscheidung eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des örtlich zuständigen Landesverwaltungsgerichtes vom 01.07.2019 als unbegründet abgewiesen.

16. Mit Bescheid vom 25.09.2019 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 4 FPG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Feststellung getroffen, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt II.) und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

In der Entscheidungsbegründung wurde im Wesentlichen festgestellt, dass die massive Straffälligkeit des Beschwerdeführers zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hätte; dieser sei in Österreich sieben Mal rechtskräftig verurteilt worden. Er verfüge über keine Sozial- und Krankenversicherung, ginge keiner Beschäftigung nach und sei als mittellos anzusehen. Dieser habe Anfang 2015 eine österreichische Staatsangehörige in Polen geheiratet, mit welcher er in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt lebe. Der Beschwerdeführer halte sich seit 2015 neuerlich illegal im Bundesgebiet auf. Seine Mutter und drei Geschwister befänden sich als subsidiär Schutzberechtigte in Österreich; der Beschwerdeführer lebe mit diesen in keinem gemeinsamen Haushalt und stünde in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Angehörigen. Der Beschwerdeführer habe die Beziehung zu seiner nunmehrigen Ehefrau im Bewusstsein seines illegalen Aufenthalts begründet und habe von dieser immer wieder getrennt gelebt. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Länderberichte hätten sich keine Anhaltspunkte auf eine Gefährdung des Beschwerdeführers in seinen Rechten nach Art. 3 EMRK im Herkunftsstaat ergeben. Der Beschwerdeführer sei bereits mehrfach in die Russische Föderation zurückgereist und sei Inhaber eines im Jahr 2016 ausgestellten russischen Reisepasses.

In rechtlicher Hinsicht wurde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 4 Z 1 FPG 2005 gestützt, demnach das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, welcher sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen habe, wenn nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintrete oder bekannt werde, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre. Im Falle des Beschwerdeführers widerstreite dessen Aufenthalt den öffentlichen Interessen im Sinne des § 11 Abs. 1 und Abs. 4 NAG. Dieser sei in Österreich straffällig und bereits sieben Mal rechtskräftig verurteilt worden; zudem sei dieser mehrfach illegal ins Bundesgebiet eingereist, sei bestehenden Ausreiseverpflichtungen nicht nachgekommen, habe immer wieder Anträge auf internationalen Schutz gestellt und sich der Abschiebung entzogen. Der Beschwerdeführer habe zu keinem Zeitpunkt angeführt, dass seine Ehefrau von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hätte. Dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" sei mit seit 07.12.2015 rechtskräftigem Bescheid gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1 NAG abgewiesen worden. Eine besondere Integration des Beschwerdeführers habe nicht festgestellt werden können. Zudem wirke sich das wiederholte straffällige Verhalten des Beschwerdeführers, welches er auch nach seiner Heirat und Begründung eines Wohnsitzes mit seiner Ehegattin in Österreich fortgesetzt hätte, entschieden zu dessen Lasten aus. Gesamtbetrachtend müsse davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit gegenüber den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiege. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels käme nach der Systematik des NAG und der §§ 54 bis 58 AsylG nur bei unrechtmäßigem Aufenthalt in Betracht. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG sei ebensowenig zu prüfen, zumal kein Fall des § 58 Abs. 1 AsylG 2005 vorliege. Die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation erweise sich als zulässig. Da die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers angesichts der vorliegenden strafgerichtlichen Verurteilungen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich wäre und dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keine menschenrechtsrelevante Gefahr drohe, sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.

17. Gegen diesen Bescheid richtete sich die durch den gewillkürten Vertreter des Beschwerdeführers am 25.10.2019 eingebrachte Beschwerde, in welcher begründend zusammengefasst ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer lebe im Bundesgebiet gemeinsam mit seiner Ehegattin in einer Eigentumswohnung seines Schwiegervaters und könnte nach Erteilung eines Aufenthaltstitels unmittelbar im Familienunternehmen arbeiten. Da der Beschwerdeführer mit 15 Jahren nach Österreich gekommen wäre, habe er hier keine Schulausbildung absolvieren können und habe sich gemeinsam mit der überforderten Mutter um die drei jüngeren Geschwister kümmern müssen. Da sonst keine Integrations- oder Arbeitsmöglichkeiten bestanden hätten, habe der Beschwerdeführer auch auf Grund falscher Freunde verschiedene Jugendstraftaten unter Drogeneinfluss begangen, welche zur Aberkennung seines Schutzstatus geführt hätten. Der Beschwerdeführer habe nach seiner Eheschließung im Jahr 2016 internationalen Schutz in Österreich beantragt; dieser Antrag sei wegen Zuständigkeit Polens nach der Dublin III-VO zurückgewiesen worden. Der Bescheid des Bundesamtes sei rechtskräftig, eine Überstellung nach Polen sei jedoch nicht erfolgt, da die polnischen Behörden dessen Übernahme unter Hinweis auf seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin verweigert hätten. Über den Antrag auf internationalen Schutz habe die Behörde bis dato pflichtwidrig nicht entschieden, weshalb die Rückkehrentscheidung grob verfehlt sei. Da die Überstellungsfrist längst abgelaufen wäre, sei die Behörde verpflichtet, über den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers in der Sache zu entscheiden.

Der Beschwerdeführer lebe in geordneten sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen und könne unmittelbar nach Erteilung eines Aufenthaltstitels zu arbeiten beginnen. Der Beschwerdeführer habe eine positive Entwicklung durchgemacht und sei in einem Substitutionsprogramm in Behandlung. Demgegenüber hätte er in Russland weder Unterhalt noch Unterkunft und würde in eine ausweglose Situation geraten. Zudem werde er dort aufgrund der Tätigkeit seines Vaters als Polizist verfolgt. Der Beschwerdeführer, welcher Russland mit 15 Jahren verlassen hätte, werde dort als Verdächtiger gesucht und sei zuletzt mit Ladung aus Mai 2012 zur Polizei vorgeladen worden. Der Onkel des Beschwerdeführers sei im Jahr 2015 in Moskau ermordet worden, weshalb der Beschwerdeführer fürchte, im Falle einer Rückkehr ebenfalls getötet oder unmenschlich behandelt zu werden. Die gesamte Familie, Verwandte und Freunde des Beschwerdeführers würden in Österreich leben und sich für dessen Verbleib in Österreich einsetzen. Die massiven persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers würden die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung begründen.

Zudem habe die Ehegattin des Beschwerdeführers von ihrem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht, zumal diese drei Monate in Polen gelebt und eine Arbeit gesucht hätte. Der Beschwerdeführer sei sohin als Ehegatte einer gewanderten Unionsbürgerin gemäß § 57 NAG ex lege in Österreich aufenthaltsberechtigt und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auch aus diesem Grund rechtswidrig.

Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid verfüge der Beschwerdeführer über aufrechten Versicherungsschutz in Österreich und sei - da er im Besitz eines aufrechten polnischen Aufenthaltstitels wäre - legal nach Österreich eingereist.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erweise sich als willkürlich und es werde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

18. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 31.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

19. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.11.2019 zu Zahl W111 1316210-10 wurde der dargestellte Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF behoben und die Angelegenheit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Begründend wurden im Wesentlichen die folgenden Ausführungen getroffen:

"Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor. Die Behörde hat die mit dem angefochtenen Bescheid erlassene Rückkehrentscheidung auf den Tatbestand des § 52 Abs. 4 FPG gestützt und im Rahmen der Entscheidungsbegründung argumentiert, dass im Falle des Beschwerdeführers der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 NAG vorliege, zumal dessen Aufenthalt angesichts der vorliegenden strafgerichtlichen Verurteilungen und der dadurch gegebenen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit öffentlichen Interessen widerstreite.

2.2.1. Dem angefochtenen Bescheid fehlt es bereits an Nachvollziehbarkeit dahingehend, weshalb die Behörde einen Anwendungsfall des § 52 Abs. 4 FPG als vorliegend erachtet, welcher die Voraussetzungen für die Erlassung von Rückkehrentscheidungen gegen im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältige Fremde normiert. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im angefochtenen Bescheid keinen rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet festgestellt, sondern ist - an anderen Stellen der Bescheidbegründung - vielmehr von der Illegalität seines Aufenthalts im Bundesgebiet ausgegangen (vgl. Bescheid Seiten 5, 87). Auch dem Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes sowie einer aktuellen Abfrage im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister lassen sich keine aktuelle Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet entnehmen. Die Behörde hätte demnach zunächst offenlegen müssen, vor welchem Hintergrund sie eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers und sohin einen Anwendungsfall des § 52 Abs. 4 FPG 2005 als gegeben erachtet.

Hierbei wird nicht übersehen, dass die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts vom 01.07.2019 im Rahmen der Entscheidungsbegründung ausführt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Vorfrage im gemäß § 38 AVG ausgesetzten NAG-Verfahren die Prüfung, ob der Erteilung eines Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 und 2 NAG entgegenstünde, vorzunehmen haben werde. Dessen ungeachtet hätte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jedoch im Vorfeld der Erlassung einer auf § 52 Abs. 4 FPG 2005 gestützten Rückkehrentscheidung feststellen müssen, dass ein rechtmäßiger Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vorliegt (ein solcher ergibt sich gemäß § 21 Abs. 6 NAG jedenfalls nicht bereits aus der offensichtlichen Inlandsantragstellung). Eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers lässt sich aus der angefochtenen Entscheidung sowie dem sonstigen Akteninhalt, wie dargelegt, jedoch gerade nicht nachvollziehbar entnehmen.

2.2.2. Was die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers betrifft, mangelt es dem angefochtenen Bescheid überdies an nachvollziehbaren Feststellungen dahingehend, ob im Falle des Beschwerdeführers zuletzt ein offenes Verfahren auf internationalen Schutz vorgelegen hat. Unstrittig ist, dass der vom Beschwerdeführer am 06.09.2016 gestellte vierte Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet mit rechtskräftiger Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2017 wegen der Zuständigkeit Polens gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) nach § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen worden war. Eine Überstellung des Beschwerdeführers in den zuständigen Mitgliedstaat hat in der Folge jedoch nicht stattgefunden, sodass mit Ablauf der in Art. 29 Dublin III-VO normierten Überstellungsfrist die Zuständigkeit für die Führung des Verfahrens auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers ex lege auf Österreich übergegangen ist (vgl. hierzu Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Art. 29, K9.).

Dem Inhalt des Verwaltungsaktes lässt sich jedoch nicht in eindeutiger Weise entnehmen, ob seitens des Beschwerdeführers in der Folge ein weiterer Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist (für dessen materielle Beurteilung Österreich zuständig wäre); zwar weisen die personenbezogenen Eintragungen im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister keinen Vermerk eines infolge rechtkräftiger Zurückweisung seines vierten Antrages und Ablaufs der Überstellungsfrist neuerlich gestellten Antrags auf internationalen Schutz auf, sodass grundsätzlich davon auszugehen wäre, dass der Beschwerdeführer infolge Rechtskraft der hg. Entscheidung vom 30.03.2017 illegal im Bundesgebiet aufhältig gewesen ist. Allerdings ergibt sich aus einem aktenkundigen Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 15.11.2018, dass der Beschwerdeführer am 08.11.2018 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur "ED-Behandlung" am 16.11.2018 sowie zur Einvernahme "Antrag auf internationalen Schutz" am gleichen Tag geladen worden wäre, was wiederum auf ein bei der Behörde zu diesem Zeitpunkt anhängig gewesenes Verfahren auf internationalen Schutz hindeuten würde. Der anwaltliche Vertreter hielt im angeführten Schriftsatz vom 15.11.2018 allerdings fest, dass der Beschwerdeführer - nachdem das Bundesamt mit (ebenfalls aktenkundigem) Schreiben vom 15.05.2017 infolge Ablaufs der Überstellungsfrist empfohlen hätte, einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, welcher sogleich zugelassen würde - keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätte und ein entsprechendes Verfahren beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht anhängig wäre. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers stellen sich die nunmehrigen Einlassungen in der Beschwerde hinsichtlich eines offenen Verfahrens auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers, welches dem Ausspruch einer Rückkehrentscheidung entgegenstünde, wiederum wenig verständlich dar, zumal sich dem Verwaltungsakt nicht entnehmen lässt, dass seitens des Beschwerdeführers seit der Mitteilung seines rechtsfreundlichen Vertreters am 15.11.2018 Schritte zur Durchführung eines inhaltlichen Verfahrens auf internationalen Schutz in Österreich gesetzt worden wären. Wie angesprochen, wurde das Verfahren über den am 06.09.2016 gestellten vierten Antrag auf internationalen Schutz durch die - unverändert dem Rechtsbestand angehörende - zurückweisende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts rechtskräftig beendet, sodass eine (amtswegige) Fortführung des Verfahrens über diesen vierten Antrag - ob der Rechtskraftwirkung jener Entscheidung sowie der Antragsgebundenheit von Verfahren auf internationalen Schutz - (ungeachtet der grundsätzlichen Zuständigkeit Österreichs nach der Dublin III-VO) nicht zu erfolgen hatte.

2.2.3. Sollte der Beschwerdeführer aktuelle Verfolgungsbefürchtungen in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation oder sonst allenfalls zur Gewährung internationalen Schutzes führende Rückkehrbefürchtungen aufweisen (und ein Verfahren auf internationalen Schutz vor dem Bundesamt nicht bereits anhängig sein), steht es ihm jederzeit offen, einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich zu stellen, für dessen inhaltliche Behandlung Österreich infolge des Zuständigkeitsüberganges gemäß Art. 29 Dublin III-VO zuständig wäre. Bei Verfahren auf internationalen Schutz handelt es sich um antragsgebundene Verfahren, ein amtswegiges Tätigwerden der Behörde in diesem Bereich sieht die österreichische Rechtsordnung nicht vor. Die Behörde wird jedoch im fortgesetzten Verfahren zu berücksichtigen haben, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der nunmehrigen Beschwerde vorgebracht hat, dass die zur Begründung des im September 2016 gestellten vierten Antrages auf internationalen Schutz dargelegten Verfolgungsbefürchtungen nach wie vor bestehen, sodass mit diesem - im Vorfeld der allfälligen neuerlichen Erlassung einer Rückkehrentscheidung - im Sinne von VwGH 31.08.2017, Ra 2016/21/0367-7, abzuklären sein wird, ob er einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet zu stellen beabsichtigt.

2.2.4. Desweiteren lassen sich dem angefochtenen Bescheid keine belastbaren Feststellungen dahingehend entnehmen, ob der Beschwerdeführer angesichts seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin allenfalls als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu qualifizieren wäre. In Anbetracht des Umstandes, dass die Eheschließung des Beschwerdeführers und seiner Gattin in Polen erfolgt ist, bestanden jedenfalls Anhaltspunkte dafür, dass diese möglicherweise von ihrem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hat. Dies wird nunmehr in der Beschwerde näher ausgeführt, sodass im fortgesetzten Verfahren auch zu diesem Aspekt konkrete Feststellungen zu treffen sein werden, um beurteilen zu können, auf welchen Tatbestand die Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme im vorliegenden Verfahren letztlich zu stützen sein wird.

2.2.5. Die Behörde hat im Vorfeld der Erlassung der angefochtenen Rückkehrentscheidung zudem keine Einvernahme des Beschwerdeführers durchgeführt, welche jedoch zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks über seine familiären und privaten Verhältnisse sowie die Beurteilung einer Zukunftsprognose vonnöten gewesen wäre. Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahr 2015 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, zudem verfügt er über zahlreiche weitere Angehörige im Bundesgebiet, sodass die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme jedenfalls - auch unter Berücksichtigung der zahlreich vorliegenden rechtskräftigen Verurteilungen - näherer Feststellungen zur Intensität dieser familiären/privaten Beziehungen und der Möglichkeit ihrer Aufrechterhaltung im Falle einer Aufenthaltsbeendigung bedurft hätte. Zudem lässt sich nicht nachvollziehen, aufgrund welcher Ermittlungsergebnisse die Behörde zur Feststellung gelangte, dass der Beschwerdeführer gesund sei. Da im Verwaltungsakt dokumentiert ist, dass sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet zuletzt in einem Subsititutionsprogramm befunden hat, wären auch hier weitergehende Ermittlungen erforderlich gewesen.

2.3. Die Behörde wird sohin im fortgesetzten Verfahren zunächst den aktuellen Aufenthaltsstaus des Beschwerdeführers festzustellen zu haben. In diesem Zusammenhang wird insbesondere abzuklären sein, ob ein Verfahren auf internationalen Schutz gegenwärtig anhängig ist oder der Beschwerdeführer die Stellung eines neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz wünscht; sollte dies der Fall sein (und der Beschwerdeführer über kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen verfügen und nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu qualifizieren sein), so wird das gegenwärtige Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung einzustellen und - sollte folglich über seinen Antrag auf internationalen Schutz abweisend entschieden werden - eine Rückkehrentscheidung auf Grundlage des § 52 Abs. 2 FPG 2005 zu prüfen sein. Sollten die weiteren Ermittlungen ergeben, dass der Beschwerdeführer ausgehend von der Angehörigeneigenschaft zu seiner österreichischen Ehegattin als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu qualifizieren ist, so wird eine Aufenthaltsbeendigung auf Grundlage der §§ 66, 67 FPG zu beurteilen sein.

Sollte der Beschwerdeführer aktuell aus einem sonstigen Titel zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sein, so wird dies von der Behörde nachvollziehbar offenzulegen und eine Rückkehrentscheidung auf Grundlage des § 52 Abs. 4 FPG zu prüfen sein. Sofern die Ermittlungen der Behörde zum Ergebnis führen, dass keine der oben angeführten Konstellationen vorliegt und der Beschwerdeführer illegal im Bundesgebiet aufhältig ist, wird die Prüfung einer Rückkehrentscheidung auf Grundlage des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG zu erfolgen haben.

Desweiteren wird die Behörde im Rahmen der Abhaltung einer mündlichen Einvernahme die aktuell vorliegenden familiären und privaten Bindungen des Beschwerdeführers im Bundegebiet zu ermitteln haben.

Da sich dem Akteninhalt bereits der grundlegende Aspekt des Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers nicht entnehmen lässt und dem angefochtenen Bescheid nachvollziehbare Feststellungen über diese - für die weitere Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme - zentrale Frage nicht zu entnehmen sind, liegt gegenständlich jedenfalls keine Konstellation vor, in welcher vom Bundesverwaltungsgericht lediglich ergänzende Ermittlungsschritte vorzunehmen wären, welche sich allenfalls im Rahmen einer mündlichen Verhandlung effizienter und rascher vornehmen ließen. Diesbezüglich erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde jedenfalls noch als völlig ungeklärt."

20. Am 27.11.2019 fand im fortgesetzten Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Beisein seiner bevollmächtigten Vertretung und seiner Ehegattin in deutscher Sprache statt. Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst zu Protokoll, er beherrsche Tschetschenisch, Russisch und Deutsch und befinde sich seit dem Jahr 2015 in psychosozialer Behandlung. Hierzu legte er eine Bestätigung vor, wonach er sich seit 2015 in psychosozialer Beratung und einem Substitutionsprogramm befinde.

Der Beschwerdeführer wurde über den aktuellen Verfahrensstand informiert und danach gefragt, ob er einen Antrag auf internationalen Schutz stellen und seine Verfolgungsgründe vorbringen oder das Verfahren auf Prüfung eines Aufenthaltstitels bzw. der Erlassung einer Rückkehrentscheidung fortsetzen wolle. Hierzu gab der Beschwerdeführer an, er wolle "den Antrag auf Aufenthaltstitel fortsetzen." Darauf angesprochen, dass er in der Beschwerde vorgebracht hätte, dass die im letzten Antrag auf internationalen Schutz dargelegten Verfolgungsbefürchtungen immer noch bestehen würden, und gefragt, ob dies nach wie vor der Fall sein würde, erklärte der Beschwerdeführer, er werde immer noch verfolgt. Durch die bevollmächtigte Vertreterin des Beschwerdeführers wurde sodann dessen Familien- und Privatleben dargestellt; dieser sei integriert, könne arbeiten und lebe mit seiner Ehegattin in einer Eigentumswohnung. Zudem sei seine gesamte Familie in Österreich aufhältig und er sei nun bereits seit vier Jahren nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten. Dem wurde seitens des Einvernahmeleiters entgegengehalten, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2015 illegal nach Österreich eingereist sei, die Überstellungsfrist durch Untertauchen habe verstreichen lassen und sein Familien- und Privatleben während eines unrechtmäßigen Aufenthaltes aufgebaut hätte. Der Beschwerdeführer bejahte dies; er habe einen polnischen Aufenthaltstitel gehabt, welcher ihn berechtigt hätte, sich 90 Tage in Österreich aufzuhalten. Er sei dann nicht ausgereist, da das mit dem Asylantrag gekommen sei; heute sei er hier, um die Sache zu klären. Darauf angesprochen, dass er seine Frau in Polen geheiratet hätte, wo diese mehrere Monate gelebt haben solle, und gefragt, ob er dies durch Dokumente belegen könne, gab der Beschwerdeführer an, er habe standesamtlich in Polen geheiratet, da ihm dies aufgrund fehlender Dokumente in Österreich nicht möglich gewesen wäre. Wie lange er mit seiner Frau in Polen gelebt hätte, könne er nicht genau sagen, es seien aber sicher sechs bis sieben Monate gewesen, wenn nicht mehr. Die Ehefrau des Beschwerdeführers gab dazu an, dass sie sich abwechselnd je einen Monat in Österreich und in Polen aufgehalten hätte. Diesbezüglich wurden Kontoauszüge vorgelegt, welche belegen würden, dass sich die Ehegattin zwischen August 2013 und März 2015 regelmäßig in Polen aufgehalten hätte. Der Beschwerdeführer sei nicht mehr im Besitz eines gültigen polnischen Aufenthaltstitels, dieser sei vermutlich im Februar 2017 erloschen. Nach Polen sei er damals nicht ausgereist, da er auf die Asylentscheidung gewartet hätte und hier seine Ehefrau und seine Familie habe. Auch habe er in Polen Probleme wegen seines Vaters gehabt, welcher durch kriminelle tschetschenische Polizisten gesucht werde, die über den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers in Kenntnis gewesen wären. Der Beschwerdeführer sei aktuell nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels. In Österreich würden seine Mutter, drei Geschwister, eine Tante, zwei Onkel und weitere Angehörige leben. Er lebe in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau und finanziere seinen Lebensunterhalt durch Unterstützung seiner Ehefrau und seiner Schwiegereltern.

Der Beschwerdeführer legte daraufhin eine Einstellungszusage durch das Unternehmen seines Schwiegervaters vor und gab an, auch bei einer anderen Firma eine Arbeit in Aussicht zu haben. Der Beschwerdeführer sei letztmals im Jahr 2015 nach Erhalt eines polnischen Aufenthaltstitels nach Österreich gelangt. Durch die anwesende Ehegattin des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, sie habe in Polen nicht gearbeitet, da sie der Sprache nicht mächtig sei. Der Beschwerdeführer gab weiters an, er verfüge über ein abgelaufenes russisches Reisedokument. Nach entsprechendem Vorhalt räumte der Beschwerdeführer ein, er habe sich im Jahr 2016 einen russischen Reisepass durch das russische Konsulat in XXXX ausstellen lassen; daheim habe er jedoch nur den erwähnten abgelaufenen Pass gefunden. Seine Vorstrafen täten ihm leid; er hätte damals nicht über die Konsequenzen nachgedacht und es einfach nicht verstanden. Dies sei alles wegen der Drogen passiert, in drei bis vier Monaten werde er mit dem Clean-Programm fertig sein. Durch seine Taten habe er acht bis neun Jahre seines Lebens verschwendet. Durch die bevollmächtigte Vertreterin wurde ergänzend vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nun in geordneten sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen leben würde und nach Erteilung eines Aufenthaltstitels unmittelbar zu arbeiten beginnen könnte. Er sei sohin selbsterhaltungsfähig und habe während der letzten vier Jahre, auch aufgrund seiner Ehegattin, eine positive persönliche Entwicklung durchgemacht. Die Straftaten, die zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, seien alle in Zusammenhang mit dessen damaliger Suchterkrankung gestanden. Der Beschwerdeführer befinde sich in einem Programm einer Drogenberatungsstelle und es sei nicht zu befürchten, dass dieser neuerlich rückfällig werde.

21. Am 13.12.2019 brachte der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers eine schriftliche Stellungnahme ein, in welcher zunächst nochmals die familiären und privaten Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich beschrieben wurden. Der Vorwurf, der Beschwerdeführer hätte sich einer Überstellung nach Polen entzogen, sei unrichtig. Dieser habe in Österreich eine positive Entwicklung durchlaufen, demgegenüber habe er in der Russischen Föderation keine relevanten Bindungen und würde dort Gefahr laufen, in eine ausweglose Lage zu geraten sowie aufgrund der Tätigkeit seines Vaters als Polizist verfolgt zu werden. Der Beschwerdeführer werde als angeblicher Verdächtigter gesucht und sei zuletzt mit Ladung aus Mai 2012 zur Polizei vorgeladen worden. Der Onkel des Beschwerdeführers sei aufgrund politischer Verfolgung im Jahr 2015 in Moskau getötet worden. Der Beschwerdeführer befürchte bei einer Rückkehr ein vergleichbares Schicksal. Da die Straftaten des Beschwerdeführers in Zusammenhang mit dessen Suchterkrankung gestanden hätten und dieser sich nun erfolgreich in einem Methadonprogramm einer Drogenberatungsstelle befinde, sei eine neuerliche Rückfälligkeit nicht zu befürchten. Es werde daher die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigen-Gutachtens zur Frage der Wiederholungsgefahr beantragt. Der Beschwerdeführer spreche sehr gut Deutsch und habe im Februar 2018 ein Sprachdiplom auf dem Niveau B2 erlangt. Der Beschwerdeführer übermittle eine Aufstellung seiner 36 in Österreich lebenden Verwandten sowie Unterstützungsschreiben und eine Unterschriftenliste für dessen Verbleib in Österreich.

Die Stellungnahme enthält sodann einen mit "Vorbringen im Asylverfahren" betitelten Abschnitt, in welchem ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer am 05.09.2016 mit einer näher dargestellten Begründung einen Asylantrag gestellt hätte. Weiters wurde festgehalten, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung vom 30.03.2017 die Beschwerde gegen die zuvor ergangene zurückweisende Entscheidung des BFA als unbegründet abgewiesen hätte; diese Entscheidung sei rechtskräftig. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Feststellung, dass die Abschiebung nach Russland zulässig sei, wäre daher unzulässig. Weiters wurde ausgeführt, die Ehegattin des Beschwerdeführers habe von ihrem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht Gebrauch gemacht; sie habe mehr als drei Monate in Polen gelebt und eine Arbeit gesucht, aufgrund der Sprachbarriere sei die Genannte jedoch nach einem fünfmonatigen Aufenthalt in Polen nach Österreich zurückgekehrt. Anhand der übermittelten Bank- und Überweisungsbelege ergebe sich ein Mindestaufenthalt der Ehegattin in Polen von insgesamt 159 Tagen. Der Beschwerdeführer sei sohin als Angehöriger einer gewanderten Unionsbürgerin gemäß § 57 NAG ex lege in Österreich zum Aufenthalt berechtigt und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung aus diesem Grund rechtswidrig. Die Ehegattin wäre auch gezwungen, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, um das Eheleben fortzusetzen, was ihr nicht zuzumuten sei. Den Eltern und Geschwistern des Beschwerdeführers sei in Österreich und in Frankreich internationaler Schutz gewährt worden, weshalb diesen Besuche des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat nicht möglich wären. Die Ehegattin sei österreichische Staatsbürgerin, beherrsche weder Russisch, noch Tschetschenisch und habe ihre gesamte Familie in Österreich. Zum Beleg der intensiven Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet werde die Einvernahme seiner Ehegattin und seines Schwiegervaters als Zeugen beantragt. Über den im Jahr 2016 gestellten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers sei nach einer Dublin-Entscheidung im Jahr 2017 bis heute nicht entschieden worden. Die durchzuführende Verhältnismäßigkeitsprüfung könne nur zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgehen, in dessen Verhalten keine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichende Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu erkennen sei. Nach innerstaatlichem Fremdenrecht sowie nach Standards des Europäischen Gerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sei die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht gerechtfertigt, weshalb die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK beantragt werde.

Beiliegend wurde ein (im Wesentlichen bereits aktenkundiges) Konvolut an Unterlagen zum Beleg der familiären und privaten Umstände des Beschwerdeführers übermittelt.

Mit Schreiben vom 23.12.2019 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers mit, dass sich der Stellungnahme vom 13.12.2019 entnehmen ließe, dass der Beschwerdeführer internationalen Schutz beantragen wolle und informierte darüber, dass ein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz vom Beschwerdeführer persönlich bei einer Polizeiinspektion eingebracht werden müsse. Das Vorbringen in der Stellungnahme könne nicht als entsprechender Antrag gewertet werden.

22. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 04.02.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen diesen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass dessen Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und es wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging von einer feststehenden Identität des Beschwerdeführers aus. Es stehe fest, dass dieser nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu qualifizieren sei, zumal seine Ehefrau von ihrem Recht auf Freizügigkeit in Polen keinen Gebrauch gemacht hätte. Ferner stehe fest, dass der Beschwerdeführer keinen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellen wolle. Dieser sei im Zuge seiner Einvernahme ausdrücklich gefragt worden, ob er einen solchen Antrag stellen wolle und habe dies abgelehnt. Mit dessen rechtsfreundlicher Vertretung am 27.12.2019 zugestellter Mitteilung sei diese informiert worden, dass ein Antrag auf internationalen Schutz vom Beschwerdeführer persönlich bei einer Polizeiinspektion einzubringen wäre. Dies sei bis dato nicht erfolgt.

Der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei dem Beschwerdeführer aufgrund massiver Straffälligkeit entzogen worden; dieser sei in Österreich bereits sieben Mal rechtskräftig verurteilt worden. Er ginge in Österreich keiner Beschäftigung nach und sei als mittellos anzusehen. Dieser sei mehrfach ausgereist und illegal wieder eingereist. Seit 2015 halte er sich neuerlich im Bundesgebiet auf, ohne im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung zu sein. Dieser befinde sich in Betreuung bei einer Drogenberatungsstelle, sei seiner Ausreisepflicht nach Polen nicht nachgekommen und habe sich einer Abschiebung durch Untertauchen entzogen. Dem Vorbringen einer positiven Zukunftsprognose aufgrund der Aufnahme in die Familie seiner Frau könne nicht gefolgt werden, zumal auch zu einem Zeitpunkt, als die Beziehung bereits bestanden hätte, weitere Verurteilungen des Beschwerdeführers erfolgt wären.

Der Beschwerdeführer sei mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet. Die Beziehung zu dieser sei zu einem Zeitpunkt begründet worden, als er sich nicht sicher sein konnte, weiterhin in Österreich bleiben zu können. Zudem habe er bereits in der Vergangenheit immer wieder von seiner Gattin getrennt gelebt. Die Begründung des Familienlebens sei erst durch die rechtswidrige Einreise möglich gewesen. Würde sich ein Fremder in einer solchen Situation auf ein Privat- und Familienleben berufen können, so stünde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens entgegen. Seine Mutter und seine Geschwister würden in Österreich subsidiären Schutz genießen. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer mehrere weitere Angehörige in Österreich. Dieser stehe jedoch in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Verwandten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte seiner Entscheidung das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Russischen Föderation zugrunde. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Berichtsmaterials hätten sich keine Anhaltspunkte auf eine dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat drohende Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährten Rechte ergeben. Zudem sei dieser bereits mehrfach nach Russland gereist und befinde sich im Besitz eines im Jahr 2016 ausgestellten russischen Reispasses. Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG 2005 hätten sich im Verfahren nicht ergeben. Aufgrund der angeführten Umstände überwiege das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet deutlich. Da die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Sinne der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei, sei einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.

23. Mit durch den anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 11.03.2020 eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen den dargestellten Bescheid die verfahrensgegenständliche Beschwerde im vollen Umfang erhoben und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Begrünend wurde zunächst das bereits in der Stellungnahme vom 13.12.2019 erstattete Vorbringen wiederholt. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei nach bald fünfjähriger Verfahrensdauer und unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVwG vom 06.11.2019 als grob rechtswidrig zu qualifizieren. Sodann findet sich abermals ein mit "Offener Asylantrag" betitelter Abschnitt, in welchem das in früheren Schriftsätzen erstattete Vorbringen wortgleich wiederholt wird. Die Überstellungsfrist nach Polen sei abgelaufen und die Republik Österreich daher verpflichtet, über den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers in der Sache zu entscheiden. Das Bundesamt habe mit dem angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Russland zulässig sei, wäre aber verpflichtet gewesen, zunächst den Asylantrag zu prüfen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, ohne den anhängigen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, sei grob rechtswidrig. In "allen anderen Fällen" praktiziere das Bundesamt das glatte Gegenteil und entscheide vor Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels auch bei bereits abgelaufener Überstellungsfrist über den offenen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer habe von Anfang an internationalen Schutz in Österreich beantragt und auch im Verfahren vorgetragen, dass in Russland Verfolgung drohe, sein Onkel ermordet worden sei und seinem Vater internationaler Schutz in Frankreich zuerkannt worden wäre. Der Beschwerdeführer sei mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, die von ihrem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hätte. Mit dem diesbezüglichen Vorbringen habe sich der angefochtene Bescheid nicht auseinandergesetzt. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid sei der Beschwerdeführer aufrecht krankenversichert; dieser sei nicht illegal, sondern legal mit einem polnischen Aufenthaltstitel nach Österreich eingereist. Der Beschwerdeführer lebe in einer gemeinsamen Wohnung mit seiner Ehegattin und unterstütze die Mitglieder seiner Herkunftsfamilie wo er kann. Der "Anschluss" an den Bescheid der BH XXXX aus dem Jahr 2015 zur Beurteilung der Zukunftsprognose sei grob rechtswidrig. Willkürlich sei auch die Behauptung, der Beschwerdeführer sei in Österreich "massiv straffällig" geworden; tatsächlich habe der Beschwerdeführer aufgrund seiner Sucht Beschaffungskriminalität begangen und es lägen die diesbezüglichen Verurteilungen bereits fünf Jahre zurück.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erweise sich aufgrund der sozialen Verwurzelung und des offenen Verfahrens auf internationalen Schutz als rechtswidrig. Die belangte Behörde sei seit 2015 vom Aufenthalt des Beschwerdeführers in Kenntnis, sodass eine die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigende Dringlichkeit nicht zu erkennen sei.

24. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte mitsamt dem bezughabenden Verwaltungsakt am 16.03.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist volljähriger Staatsangehöriger der Russischen Föderation, welcher der tschetschenischen Volksgruppe angehört, sich zum islamischen Glauben bekennt und die im Spruch ersichtlichen Personalien führt. Der damals minderjährige Beschwerdeführer reiste gemeinsam mit Familienangehörigen im Jahr 2007 erstmals in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Der ihm im Jahr 2009 nach den Bestimmungen des Familienverfahrens zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm mit rechtskräftiger Entscheidung aus Februar 2011 gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt und die befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen. In der Folge reiste der Beschwerdeführer in die Russische Föderation zurück.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.01.2012 wurde der infolge neuerlicher illegaler Einreise am 05.09.2011 gestellte zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 wegen der Zuständigkeit Polens zur Durchführung des Asylverfahrens zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

Eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen scheiterte infolge unbekannten Aufenthalts seiner Person.

Sein am 06.06.2012 gestellter dritter Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.03.2013 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Von Mitte 2013 bis Februar 2015 lebte der Beschwerdeführer in Polen und war im Besitz eines polnischen Aufenthaltsrechts ("residence card"), gültig von 19.02.2015 bis 19.02.2017.

Am 16.01.2015 heiratete der Beschwerdeführer in Polen eine österreichische Staatsbürgerin.

Mit rechtskräftig gewordenem Bescheid vom 02.11.2015 wies die Bezirkshauptmannschaft XXXX den Antrag des Beschwerdeführers vom 24.03.2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als "Familienangehöriger" gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1 NAG ab.

Im Jahr 2016 ließ sich der Beschwerdeführer bei einem russischen Konsulat in Österreich einen russischen Reisepass ausstellen.

Den am 06.09.2016 eingebrachten vierten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 13.02.2017 gemäß § 5 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Polen zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Weiters wurde gemäß § 61 FPG 2005 die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Polen zulässig sei.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 30.03.2017 als unbegründet ab.

Mit Beschluss vom 27.06.2017, E 1642/2017-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2017 eingebrachten Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Mit Beschluss vom 19.09.2017, Zl. Ra 2017/01/0281-4, wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision gegen das oben angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zurück.

Eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen innerhalb der durch Art. 29 der Dublin III-VO normierten Überstellungsfrist ist nicht erfolgt.

In Bezug auf den vierten Antrag auf internationalen Schutz vom 06.09.2019 besteht eine rechtskräftige zurückweisende Entscheidung. Der - rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer stellte bis dato trotz ausdrücklicher diesbezüglicher Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und eines an den gewillkürten Vertreter gerichteten Schreibens des BFA, in welchem mitgeteilt wurde, dass ein Verfahren auf internationalen Schutz seitens des Beschwerdeführers durch Einbringung eines entsprechenden Antrages bei einer Polizeiinspektion einzuleiten wäre, keinen Antrag auf internationalen Schutz. Ein Verfahren auf internationalen Schutz ist zum Entscheidungszeitpunkt nicht anhängig. Der Beschwerdeführer ist nicht zum Aufenthalt im Bundegebiet berechtigt.

1.2. Der Beschwerdeführer weist die folgenden strafgerichtlichen Verurteilungen im Bundesgebiet auf:

1. Landesgericht XXXX vom XXXX , Zahl XXXX

§ 15, 127, 129 Abs. 1 StGB

Geldstrafe von 220 Tagsätzen zu je 2,00 EUR (440,00 EUR), im NEF 110 Tage Ersatzfreiheitstrafe, Probezeit 3 Jahre, Anordnung der Bewährungshilfe, Jugendstraftat

2. Landesgericht XXXX vom XXXX , Zahl XXXX

§§ 12 (3. Fall) 15, 127, 129 Abs. 1 StGB

Geldstrafe von 50 Tagsätzen zu je 2,00 EUR (100,00 EUR), im NEF 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Zusatzstrafe, Jugendstraftat

3. Landesgericht XXXX vom XXXX , Zahl XXXX

§§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4, 130 (2. Satz 2. Fall), § 135 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe 2 Monate, Zusatzstrafe, Jugendstraftat

4. Landesgericht XXXX vom XXXX , Zahl XXXX

§ 127 StGB

Geldstrafe von 220 Tagsätzen zu je 4,00 EUR (880,00 EUR), im NEF 110 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

5. Landesgericht XXXX vom XXXX , Zahl XXXX

§ 142 Abs. 1 StGB

Freiheitsstrafe 12 Monate, Zusatzstrafe

6. Bezirksgericht XXXX vom XXXX , Zahl XXXX

§ 146 StGB

Geldstrafe von 150 Tagsätzen zu je 4,00 EUR (600,00 EUR), im NEF 75 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

7. Bezirksgericht XXXX vom XXXX , Zahl XXXX

§ 50 Abs. 1 Z 3 WaffG

Geldstrafe von 200 Tagsätzen zu je 4,00 EUR (800,00 EUR), im NEF 100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

1.3. Der Beschwerdeführer beherrscht die deutsche Sprache auf dem Niveau B2 (Diplom aus Februar 2018), ging bislang keiner legalen Beschäftigung nach, ist kein Mitglied in einem Verein, war nicht ehrenamtlich tätig und hat sich im Bundesgebiet nicht aus, fort- oder weitergebildet.

Der Beschwerdeführer hat im Januar 2015 eine österreichische Staatsbürgerin in Polen standesamtlich geheiratet und lebt mit dieser seit seiner letztmaligen Einreise in das Bundesgebiet im März 2015 in einem gemeinsamen Haushalt. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er durch Unterstützung seiner Ehegattin und seiner Schwiegereltern. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau haben keine gemeinsamen Kinder und waren sich zum Zeitpunkt, als sie die Ehe geschlossen und den gemeinsamen Wohnsitz begründet haben, bewusst, dass der Beschwerdeführer nicht zum Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet berechtigt ist. Das nunmehrige gemeinsame Familienleben in Österreich konnte nur durch die bewusste Umgehung fremdenrechtlicher Regelungen erfolgen. Die Ehegattin des Beschwerdeführers hat sich im Zeitraum zwischen August 2013 und Jänner 2015 für eine Dauer von zusammengerechnet 159 Tagen, jedoch nie für einen durchgehenden dreimonatigen Zeitraum, beim Beschwerdeführer in Polen aufgehalten. Nicht festgestellt werden kann, dass diese zwecks Arbeitssuche in Polen aufhältig gewesen oder dort einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist.

Zudem befinden sich in Österreich die Mutter, die Geschwister, eine Tante, zwei Onkeln, Neffen, Nichten, Cousins und Cousinen des Beschwerdeführers, zu welchen der Beschwerdeführer Beziehungen, wie sie zwischen Angehörigen dieser Art üblich sind, unterhält, zu denen er jedoch in keinem darüberhinausgehenden besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis steht. Dem Beschwerdeführer steht für den Fall der Erteilung eines Zugangs zum österreichischen Arbeitsmarkt eine Vollzeitbeschäftigung als Hilfsarbeiter im Unternehmen seines Schwiegervaters in Aussicht. Der Beschwerdeführer hat einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich und zeigte sich bereit, sein soziales Umfeld durch Verrichtung diverser Hilfstätigkeiten zu unterstützen.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen. Seit dem Jahr 2015 befindet er sich in einem Substitutionsprogramm und psychosozialer Beratung durch eine Drogenberatungsstelle. In der Russischen Föderation bestehen Behandlungsmöglichkeiten für Drogensucht.

Ein weiterer Aufenthalt seiner Person würde eine erhebliche Gefährdung öffentlicher Interessen an der Verhinderung von Straftaten gegen die Rechtsgüter fremdes Vermögen darstellen, zumal auf Grundlage seines bisher gesetzten Verhaltens die Gefahr einer neuerlichen Straffälligkeit zu prognostizieren ist. Der bisherige Beobachtungszeitraum ist zu kurz, um einen Wegfall der Gefährdung feststellen zu können.

1.4. Der Beschwerdeführer machte keine substantiierten Anhaltspunkte ersichtlich, dass ihm nach einer Abschiebung in den Herkunftsstaat ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit drohen würde oder er Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, verfügt über Kenntnisse der russischen und tschetschenischen Sprache und wird seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit eigenständig bestreiten können. Von der Möglichkeit der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz machte er bis dato trotz Manduktion keinen Gebrauch.

1.4. Hinsichtlich der aktuellen Lage in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien wird auf die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ins Verfahren eingeführten und von Seiten des Beschwerdeführers nicht bestrittenen Herkunftslandquellen verwiesen, denen sich das Bundesverwaltungsgericht anschließt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens im Sinne des hg. Beschlusses vom 06.11.2019 den entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalt durch Einvernahme des Beschwerdeführers am 27.11.2019 ausreichend erhoben, sodass die verfahrensmaßgeblichen Aspekte in Zusammenschau mit den durch den anwaltlichen Vertreter in Vorlage gebrachten Schriftsätzen und Beweismitteln hinreichend feststehen.

2.4. Das Bundesverwaltungsgericht geht in Übereinstimmung mit den Erwägungen im angefochtenen Bescheid von einem Feststehen der Identität des Beschwerdeführers aus.

2.5. Die Feststellungen zum gesetzten strafrechtswidrigen Verhalten und der daraus ableitbaren Gefährdungsprognose ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.6. Mangels Erstattung eines entsp

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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