TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/15 405-4/3225/1/4-2020

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Veröffentlicht am 15.04.2020
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Entscheidungsdatum

15.04.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

VStG §49 Abs2
StVO 1960 §52 lita Z10a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Walter Oberascher über die Beschwerde des Dr. AB AA, AD-Straße, LL, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Salzburg (belangte Behörde) vom 30.1.2020, Zahl ZZZ/2019,

z u R e c h t e r k a n n t :

I.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

II.  Für den Beschwerdeführer fallen gemäß § 52 Abs 8 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) für das Beschwerdeverfahren keine Kosten an.

III. Die ordentliche Revision der belangten Behörde und der revisionslegitimierten Formalpartei ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 3.1.2020 keine Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe von € 40 (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) bestätigt.

Dagegen brachte der Beschuldigte innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde ein und führte als Begründung unter anderem aus, sein Einspruch habe sich nicht gegen ausgesprochene Strafhöhe, sondern gegen das ihm angelastete Verschulden (Fahrlässigkeit) an der ihm angelasteten Geschwindigkeitsübertretung gerichtet.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu in einer gemäß § 2 VwGVG durch einen
Einzelrichter zu treffenden Entscheidung Folgendes festgestellt und erwogen:

Nach der Anzeige der Landesverkehrsabteilung Salzburg vom 12.11.2019 wegen einer Übertretung der durch Straßenverkehrszeichen kundgemachten Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h in Salzburg, Müllner Hauptstraße, am 29.10.2019 um 09:19 Uhr durch den Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen ZZZ erließ die Landespolizeidirektion Salzburg gegen den Beschuldigten, der Zulassungsbesitzer dieses Fahrzeuges ist, am 3.1.2020 eine Strafverfügung wegen einer Übertretung gemäß § 52 lit a Z 10a Straßenverkehrsordnung - StVO und verhängte deswegen über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a leg cit eine Geldstrafe von € 40 (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden).

Dagegen erhob der Beschuldigte fristgerecht Einspruch, brachte darin unter anderem vor, das VStG sei ein Verschuldensstrafrecht und erfordere für eine Bestrafung zumindest eine Fahrlässigkeit, und führte dazu aus, weshalb seines Erachtens im gegenständlichen Fall kein fahrlässiges Verhalten vorliege. Er beantragte, das Verfahren gegen ihn einzustellen und von einer Bestrafung abzusehen; im Übrigen sei er der Meinung, dass selbst bei Annahme eines geringen Verschuldens die Voraussetzungen für eine Ermahnung vorliegen.

In der Folge erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 30.1.2020, mit welchem dem Einspruch keine Folge gegeben und die verhängte Strafe bestätigt wurde. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschuldigte habe einen Einspruch nur hinsichtlich der ausgesprochenen Strafhöhe erhoben, weshalb der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen sei und die Behörde nur über das Strafausmaß zu entscheiden habe.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Aktes der belangten Behörde und war der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde zu legen.

Rechtlich ist dazu Folgendes auszuführen:

Gemäß § 49 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 57/2018, kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Nach Absatz 2 dieser Bestimmung ist das ordentliche Verfahren einzuleiten, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

Für eine bloße Entscheidung über die Strafhöhe oder die Verfahrenskosten ist die Behörde nach § 49 Abs 2 VStG nur dann zuständig, wenn sich der Einspruch ausschließlich dagegen wendet. Diesbezüglich kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtung des Einspruches der Beschuldigte den Schuldspruch unbekämpft gelassen hat (vgl zB VwGH vom 20.11.1991, 91/02/0086; 2.8.1996, 96/02/0165; 22.4.1999, 99/07/0010). Für die Beurteilung, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte auch den Schuldspruch und nicht nur die Strafhöhe bekämpft hat, ist der Inhalt des Rechtsmittels in seiner Gesamtheit maßgebend (zB VwGH vom 16.12.1983, 83/02/0175; 29.1.1987, 86/02/0172). Bei allfälligen Zweifeln über die Qualifikation eines Rechtsmittels ist die Behörde verpflichtet, den Einschreiter zu einer entsprechenden Klarstellung zu veranlassen (VwGH vom 19.12.2005, 2005/03/0053).

Aus dem Umstand, dass der Beschuldigte die Geschwindigkeitsüberschreitung und damit die objektive Erfüllung des Tatbestands gemäß § 52 lit a Z 10a StVO nicht bestritten hat, kann nicht zwingend geschlossen werden, dass er damit auch die Schuldfrage unbekämpft gelassen hat, ihn also subjektiv kein Verschulden treffe (vgl zB VwGH vom 13.4.1970, 0364/69; 9.5.1990, 89/03/0096). Bestreitet der Beschuldigte in dem Einspruch zwar nicht das Vorliegen des Tatbestandes in objektiver Richtung, macht er aber die mangelnde Erfüllung der subjektiven Tatseite geltend und stellt er damit überhaupt ein strafrechtlich relevantes Verschulden in Abrede, darf die Behörde nicht davon ausgehen, es werde mit dem Einspruch nur das Ausmaß der Strafe bekämpft (VwGH vom 15.12.1987, 87/04/0188).

Im verfahrensgegenständlichen Fall wurde keinesfalls nur das Strafausmaß, sondern der in der Strafverfügung enthaltene Ausspruch über die Schuld bekämpft und die Einstellung des Verfahrens beantragt. Daran ändert auch eine abschließende Antragsformulierung des Einspruches nichts, welche in eventu auf die Erteilung einer Ermahnung abgestellt (vgl zB VwGH vom 22.4.1981, 3347/80; 12.2.1986, 85/03/0134).

Nachdem der Beschwerdeführer in seinem Einspruch gegen eine Strafverfügung nicht ausdrücklich nur das Ausmaß der auferlegten Strafe in Anfechtung gezogen, sondern ein Verschulden in Abrede gestellt hat, liegt ohne Zweifel ein Einspruch gegen die Strafverfügung vor. Damit ist die gesamte Strafverfügung außer Kraft getreten und war die Behörde daher verpflichtet, gemäß § 49 Abs 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten (vgl zB VwGH vom 2.4.1931, 0047/30; 23.3.1979, 1103/78).

Weil die Behörde trotz des bereits erfolgten Außerkrafttretens der Strafverfügung lediglich über die Strafhöhe abgesprochen und ihre Zuständigkeit zur vollen Entscheidung in der Sache nicht in Anspruch genommen hat, war der angefochtene Bescheid zu beheben und ihr Gelegenheit zu geben, dies nachzuholen (vgl VwGH vom 15.5.1991, 91/02/0002; 20.11.1991, 91/02/0086; 26.1.2007, 2006/02/0252). Die belangte Behörde wird daher nunmehr das ordentliche Strafverfahren durchzuführen haben.

Da der Beschwerde Folge gegeben wurde, waren dem Beschwerdeführer keine Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren aufzuerlegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war und die gegenständliche Entscheidung auch nicht von der dargestellten bestehenden, nicht als uneinheitlich zu beurteilenden bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Da gegenständlich gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht diesbezüglich nur der belangten Behörde und der revisionsberechtigten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen.

Schlagworte

Verkehrsrecht, StVO, Einspruch, Strafhöhe, fälschliche Wertung, Schuldfrage, Strafverfügung, außer Krafttretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2020:405.4.3225.1.4.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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