Entscheidungsdatum
09.01.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
L525 2212260-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Iran, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2018, Zl. XXXX , beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und der
angefochtene Bescheid behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 16.8.2016 nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 17.8.2016 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der Beschwerdeführer aus, er sei vor sieben Monaten zum Christentum konvertiert. An einem Abend seien sie in der Kirche bei einem Gottesdienst gewesen, als eine Razzia von einem iranischen Sicherheitsdienst stattgefunden hätte. Er habe zu Glück geschafft zu flüchten. Seine Daten seien aber registriert. Er habe befürchtet, dass sie ihn verhaften kommen würden. Deshalb sei er geflüchtet. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er die Todesstrafe.
Der Beschwerdeführer wurde am 23.8.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen.
Mit Bescheid des BFA vom 26.3.2018 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Begründend führte die belangte Behörde zu den Fluchtgründen im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe eine Konversion zum Christentum nicht glaubhaft darlegen können. Der Beschwerdeführer habe zum Fluchtgrund nur vage und unplausibel angegeben, dass er am Tag seiner Ausreise in einer Hauskirche gewesen wäre, die sich neben einem Museum befunden hätte, das von den Revolutionswächtern überwacht worden wäre. Dort hätten auch sehr religiöse Nachbarn gewohnt und er würde annehmen, dass diese die Hauskirche verraten hätten. Weil er und andere Gläubige in der Kirche gesehen hätte, wie die Beamten über die Hintertür in diese Hauskirche kommen würden und sei der dann geflüchtet. Den Grundsatzanforderungen zur Schilderung einer Fluchtgeschichte hätte das Vorbringen aber nicht entsprochen, wie es bei einer konstruierten Fluchtgeschichte auch üblich sei. Der Beschwerdeführer hätte sich in seiner Schilderung auf Gemeinplätze beschränkt und habe seine Behauptungen auf Nachfrage zu keinem Zeitpunkt der Einvernahme mit konkreten und nachvollziehbaren Angaben untermauern können. Der Beschwerdeführer habe keine näheren Details zu den Hauskirchentreffen und den näheren Umständen dieser Treffen darlegen können. Seine Schilderungen seien vage gehalten und nicht nachvollziehbar geblieben. Andere Vorfälle habe der Beschwerdeführer nicht darlegen können. Auch habe der Beschwerdeführer keine Bekehrung bzw. Konversion zum Christentum darlegen können. Daran ändere auch der vorgelegte Taufschein nichts. Zur behaupteten Bekehrung, nämlich eine Woche vor dem ersten Besuch in der iranischen Hauskirche, habe der Beschwerdeführer keine individuelle Motivation darlegen können. Der Beschwerdeführer habe nur dargelegt, dass alle Bekehrungen gleich ablaufen würden, ein Erweckungserlebnis habe der Beschwerdeführer auch nicht schlüssig angegeben. Der Beschwerdeführer habe aber angegeben, dass er vor dem erstmaligen Zugang zum Christentum überhaupt nicht religiös, gläubig oder spirituell gewesen sei, weshalb die vage und allgemeine Art der Schilderung der Bekehrung nicht nachvollziehbar und einfach nicht glaubhaft gewesen sei. Nachgefragt zu den durchgeführten Taufvorbereitungen habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er in einem Zeitraum von zwei Monaten lediglich alle zwei Wochen zu je 1,5h eine Vorbereitung absolviert hätte. Nachdem der Beschwerdeführer bereits im Juni 2017 getauft worden sei, wäre zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer auch über entsprechende Kenntnisse des christlichen Glaubens verfüge und es dem Beschwerdeführer geradezu ein Anliegen sei, diesbezügliche Ausführungen zum Christentum und die Begeisterung darüber kundzutun. Es sei dem Beschwerdeführer weder durch Wissen über die christliche Religion noch durch Antworten auf Gewissensfragen zur christlichen Religion eine innere Überzeugung vom Christentum glaubhaft zu machen. Von einer missionarischen Einstellung könne ebenfalls nicht ausgegangen werden, da der Beschwerdeführer weder über das erforderliche Wissen verfüge, noch regelmäßig kirchliche Veranstaltungen aufsuche und sei eine missionarische Tätigkeit auch in Zukunft nicht zu erwarten. Eine asylrelevante Bedrohung habe daher nicht festgestellt werden können. Gründe, die die Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, konnten nicht festgestellt werden. Eine relevante Integration konnte nicht festgestellt werden.
Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 6.3.2018 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer kam seiner Verpflichtung zur Ausreise in den Iran nicht nach, verließ das Bundesgebiet nach Deutschland und wurde am 20.7.2018 nach Österreich überstellt.
Der Beschwerdeführer stellte am 20.7.2018 abermals einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 21.7.2018 abermals durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er könne nicht in den Iran zurückkehren, weil er damals zum Christentum konvertiert sei. Er habe einen negativen Asylbescheid erhalten und sei anschließend nach Deutschland gereist. Er sei gestern zurück nach Österreich überstellt worden. Er suche neuerlich um Asyl an, weil er nicht in den Iran zurückkehren könne. Seine alten Asylgründe würde er aufrechthalten, dazu wolle er ergänzen, dass er getauft worden sei. Andere Gründe habe er nicht. Er habe keine neuen Gründe, er wolle nur die alten Gründe aufrechterhalten.
Der Beschwerdeführer wurde am 14.8.2018 und am 12.9.2018 abermals durch die belangte Behörde einvernommen. Der Beschwerdeführer legte im Zuge dieser Einvernahmen Bescheinigungsmittel zu seiner Konversion und zur Integration vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Folgeantrag vom 20.7.2018 wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und verfügte eine Rückkehrentscheidung. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt II.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestünde nicht.
Begründend stellte die belangte Behörde zunächst fest, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe. Er sei gesund. Das gesamte Erstverfahren würde auf einem nicht glaubhaften Vorbringen beruhen. Der Beschwerdeführer habe angegeben, er könne nicht in den Iran zurückkehren, da er zum Christentum konvertiert sei. Im Zuge der Einvernahme durch die belangte Behörde habe der Beschwerdeführer dann angegeben, er hätte auch einen neuen Fluchtgrund, nämlich würde er mit Leuten über das Christentum sprechen und habe er an Seminaren teilgenommen. Er habe das Christentum weiterverfolgt und sei Missionar geworden. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde dabei aus, der Beschwerdeführer habe im Erstverfahren seine Fluchtgeschichte vage und unplausibel geschildert. Dieser Eindruck habe sich noch verstärkt, als er im gegenständlichen Verfahren nochmals zum fluchtauslösenden Ereignis befragt worden sei und widersprüchliche Angaben getätigt hätte. Zum neuen Fluchtgrund befragt habe der Beschwerdeführer zunächst angegeben, dass er nicht in den Iran zurückkehren könne, da sein Leben in Gefahr sei. Später habe der Beschwerdeführer sein Vorbringen gesteigert, dass er nun auch Seminare besucht hätte und mit Leuten über das Christentum gesprochen habe und das Christentum weiterverfolgt hätte. Er wäre Missionar geworden. Darin könne aber kein neuer Sachverhalt erkannt werden, zumal er bereits in der Einvernahme vom 23.8.2017 erklärt habe, dass er mit Zimmerkollegen über den Glauben gesprochen hätte. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass er immer zuerst versuchen würde seine Erfahrungen zu erzählen und wenn sein Gegenüber neugierig werden würde, würde er erklären, wie seine Erfahrungen zustande gekommen wären. IM gegenständlichen Verfahren habe der Beschwerdeführer dann angegeben, dass er mit Leuten, als er in Deutschland gewesen sei, über das Christentum gesprochen hätte. Er hätte versucht mit ca. 50 Personen aus seinem Camp über die Liebe zu sprechen und diese in die Kirchen einzuladen. Er hätte auch Seminare besucht und würde sich intensiver mit dem Christentum beschäftigen. Hier in Österreich würde er mit Freunden und anderen Leuten, sei es im Park oder im Lager über die Religion sprechen, auch auf dem Weg zur Kirche oder in der Kirche. In dieser Tätigkeit könne seitens der Behörde bezüglich Verkündung kein neu entstandener Sachverhalt erkannt werden. Darüber hinaus führte die belangte Behörde zum Wissensstand des Beschwerdeführers über das Christentum nunmehr aus, er habe sich mittlerweile besser über das Christentum informiert und sei er zweifellos sehr gut vorbereitet gewesen, obgleich er bei - näher bezeichneten Fragen - keine richtigen Antworten habe geben können bzw. habe er falsche Antworten gegeben. Der Beschwerdeführer habe jedenfalls im Rahmen der Einvernahmen nicht den Eindruck erwecken können, dass er aufgrund eines besonderen Erlebnisses oder aufgrund eines Nachdenkprozesses die Entscheidung getroffen hätte, vom Islam zum Christentum zu konvertieren, zumal eine solche Entscheidung im Wissen der möglichen Verfolgung im Heimatland schwerwiegende Folgen haben könnte. Dass der Beschwerdeführer seinen christlichen Glauben auch im Iran leben würde und kundtun werde, habe nicht festgestellt werden können.
Mit Schriftsatz vom 2.1.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Die belangte Behörde legte daraufhin die Akten des Verfahrens vor und wurde mit Mail vom 8.1.2019 die Beschwerdevorlage durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der Beschwerdeführer stellte am 17.8.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.3.2018 rechtskräftig abgewiesen. Der Beschwerdeführer stellte am 20.7.2018 den nunmehr gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid vom 17.12.2018 zurückgewiesen wurde.
2. Beweiswürdigung:
Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
3. Rechtliche Beurteilung:
ZU A)
Spruchpunkt I - Zurückweisung wegen entschiedener Sache:
§ 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 (WV), idgF lautet:
"2. Abschnitt: Sonstige Abänderung von Bescheiden
Abänderung und Behebung von Amts wegen
§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.
(3) Andere Bescheide kann die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im öffentlichen Interesse insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen.
(4) Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid
1. von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,
2. einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde,
3. tatsächlich undurchführbar ist oder
4. an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.
(5) Nach Ablauf von drei Jahren nach dem in § 63 Abs. 5 bezeichneten Zeitpunkt ist eine Nichtigerklärung aus den Gründen des Abs. 4 Z 1 nicht mehr zulässig.
(6) Die der Behörde in den Verwaltungsvorschriften eingeräumten Befugnisse zur Zurücknahme oder Einschränkung einer Berechtigung außerhalb eines Berufungsverfahrens bleiben unberührt.
(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Als Vergleichsentscheidung ist dabei jene heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrages auf Grund geänderten Sachverhalts hat nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Im Rechtsmittelverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die Behörde hat sich bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erschienen ließe, entgegen der Behauptung der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556). Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 29. September 2005, Zl. 2005/20/0365, dargelegt hat, ändert daran auch der Umstand nichts, dass das neue Vorbringen in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den im Erstverfahren nicht geglaubten Behauptungen stand. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der behaupteten neuen Tatsachen argumentativ von Bedeutung sein, macht eine Beweiswürdigung des neuen Vorbringens aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar - in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden - unzulässig.
Zum gegenständlichen Verfahren:
Im gegenständlichen Verfahren war als Vergleichsentscheidung der Bescheid der belangten Behörde vom 26.3.2018, Zl. XXXX heranzuziehen, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen wurde und eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag damals im Wesentlichen damit, dass er im Iran zum Christentum konvertiert sei. Im gegenständlichen Antrag brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen in der niederschriftlichen Einvernahme am 14.8.2018 neu vor, er sei Missionar geworden. Er habe in seinem Lager in Deutschland mit Landsleuten über das Christentum gesprochen, die Gespräche hätten in der Unterkunft und am Weg zur Kirche stattgefunden. Er versuche Leute in die Kirche einzuladen, damit diese sehen würden wie stark die Beziehung unter den Christen sei. Das Predigen im Camp und auf dem Weg zur Kirche würde gut funktionieren, sie hätten gesprochen und die Bibel in der Kirche zusammengelesen (AS 181). Dem gegenüber brachte der Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren vor, er hätte im Iran mit Freunden über das Christentum gesprochen (vgl Protokoll der Einvernahme am 23.8.2017, S 1).
Die Beschwerde bringt nun im Wesentlichen vor, der Beschwerdeführer hätte eben behauptet, er würde im Gegensatz zum Erstantrag nicht nur Freunde, sondern eben auch Fremde vom Christentum zu überzeugen versuchen. Abgesehen von diesem quantitativen Unterschied ergebe sich der qualitative Unterschied auch aus dem nunmehr "profunden" Wissen des Beschwerdeführers über das Christentum. Obwohl die belangte Behörde die "fortgeschrittenen" Kenntnisse des Beschwerdeführers zum Christentum anerkenne, setze sie die "missionarische Tätigkeit" des Beschwerdeführers aus dem Erstverfahren mit der nunmehr "tatsächlichen" missionarischen Tätigkeit des Beschwerdeführers im gegenständlichen Antrag gleich. Der Beschwerdeführer würde seit Monaten über den Kreis vertrauter Personen hinaus, auch Fremde vom christlichen Glauben überzeugen wollen.
Damit zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Die belangte Behörde setzte im angefochtenen Bescheid die nunmehr behauptete Tätigkeit, nämlich, dass der Beschwerdeführer behauptet nunmehr mit Fremden Leuten über seinen Glauben spricht und diese zu einem Kirchenbesuch überzeugen versucht mit jenem Vorbringen aus dem Erstverfahren gleich, dass er sich mit Freunden über das Christentum unterhält und sah darin keinen neuen behaupteten Sachverhalt. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer diese behauptete Tätigkeit erst nach dem negativen, rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens entfaltete. Dass sich dieses Vorbringen ausschließlich auf Sachverhalte beziehe, die schon vor Beendigung des ersten Asylverfahrens verwirklicht worden wären, ist nicht zu erkennen. Darüber hinaus behauptet der Beschwerdeführer eine missionarische Tätigkeit unter anderen - durch die belangte Behörde festgestellte - Grundkenntnissen über das Christentum. Darüber behauptete der Beschwerdeführer zumindest, dass er es als eine der zwei Hauptaufgaben des Christentums ansehe, die "gute Nachricht" zu verkünden, was im Iran nicht möglich sei (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt das Erk. des VwGH vom 25.4.2007, Zl. 2004/20/0100).
Aus Sicht des erkennenden Gerichtes bringt der Beschwerdeführer die nunmehrige Missionierungstätigkeit erstmals neu vor. Der Beschwerde war daher stattzugeben, der angefochtene Bescheid war zu beheben und wird der Beschwerdeführer zum Asylverfahren zuzulassen sein. Angemerkt wird, dass einer späteren zurückweisenden Entscheidung die Zulassung nicht entgegensteht (VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025). Die belangte Behörde wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit dem neuen Vorbringen beweiswürdigend auseinanderzusetzen haben. Dem erkennenden Gericht ist es aber verwehrt, dem Vorbringen erstmals den glaubhaften Kern abzusprechen, weshalb der angefochtene Bescheid zu beheben war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, ZulassungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2212260.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.05.2020