TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/7 W195 1406988-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2019
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Entscheidungsdatum

07.05.2019

Norm

AsylG 2005 §55
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8

Spruch

W195 1406988-3/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

I.1

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Begehrens, dem "Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen des Artikels 8 EMRK vom 12.04.2018" statt zu geben, zurückgewiesen.

I.2.

Der Beschwerde wird insoferne Folge gegeben, als im Spruch des angefochtenen Bescheides an Stelle des Datums "12.04.2018" das Datum "26.06.2018" gesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1 Am XXXX , eingelangt bei der Behörde am XXXX , stellte der Beschwerdeführer einen "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 MRK". Dieser Antrag wurde in weiterer Folge, nämlich am XXXX zurückgezogen.

1.2 Am 12.04.2018 stellte der Beschwerdeführer einen "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 MRK". Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 24.04.2018, Zl XXXX , als unzulässig zurückgewiesen.

1.3 Am 26.06.2018 stellte der Beschwerdeführer einen "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 MRK". Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 04.10.2018, Zl XXXX ,

der Antrag "vom 12.04.2018 ... gemäß § 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005,

BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" zurück.

In der Begründung wird - zusammengefasst - der folgende Sachverhalt festgehalten:

Der Beschwerdeführer habe am 16.02.2009, nachdem er illegal in das Bundesgebiet eingereist sei, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wobei er angab, sein Name sei XXXX ; er sei Staatsangehöriger von Bangladesh und am XXXX geboren.

Nach Durchführung eines umfassenden Asylverfahrens wurde das Verfahren am 29.04.2013 in allen Spruchpunkten (Asylgewährung, Aufenthaltstitel, Rückkehrentscheidung) zweitinstanzlich für den Beschwerdeführer negativ abgeschlossen.

Der Beschwerdeführer, der somit zur Ausreise verpflichtet war und bis dato dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, verblieb illegal in Österreich.

Am 12.04.2018 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG ein; da sich der Beschwerdeführer zum gegenständlichen Zeitpunkt in einem laufenden NAG-Verfahren befand, wurde der Antrag mittels Bescheid vom 24.04.2018 zurückgewiesen.

Den Antrag auf Aufenthaltsbewilligung vom 15.02.2018 habe der Beschwerdeführer am 25.05.2018 zurückgezogen.

Kurz darauf, am 26.06.2018, habe der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus den Gründen des Artikels 8 EMRK gestellt. Begründet sei der Antrag mit dem langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet, den Deutschkenntnissen sowie der beruflichen und sozialen Integration gestellt worden.

Mit Bescheid vom 30.07.2018 sei dem Beschwerdeführer aufgetragen worden, einen Interviewtermin durch eine Experten Delegation Bangladesh am 10.08.2018 wahrzunehmen. Bis dato sei der Beschwerdeführer nicht positiv identifiziert worden, woraus die Behörde schloss, dass der Beschwerdeführer falsche Angaben zu seiner Identität machte.

Weiters wurde mittels Mandatsbescheid vom 27.09.2018 angeordnet, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise durchgängig in der Betreuungseinrichtung XXXX Unterkunft zu nehmen habe. Dieser Anordnung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

1.4 Nach Darstellung dieses Verfahrensganges stellte die Behörde auf Grund des bisherigen Akteninhaltes folgendes - zusammengefasst - fest:

Der Beschwerdeführer sei nach seinen Behauptungen Staatsangehöriger von Bangladesch, somit Drittstaatsangehöriger; seine Identität stünde nicht fest; er habe keinen gültigen Reisepass bzw. legte er keinen der Behörde vor.

Er sei gesund und arbeitsfähig.

Er werde in seinem Herkunftsstaat weder strafrechtlich noch politisch noch privat verfolgt. Er habe in Österreich einen unbegründeten Asylantrag gestellt und sei nicht ausreisewillig. Er stellte bereits mehrere Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG, welche zurückgewiesen bzw. zurückgezogen wurden.

Der Beschwerdeführer könne seit dem abgeschlossenen Asylverfahren keinen Aufenthaltstitel nachweisen.

Seit 29.04.2013 bestünde eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Die privaten und familiären Umstände hätten sich seit der Erlassung der Ausweisung, geschweige denn seit dem letzten Antrag - und Ablehnung - auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nicht derart geändert, dass eine neuerliche Abwägung des Artikels 8 EMRK geboten sei.

Der Beschwerdeführer könne seit dem rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren vom April 2013 keinen Aufenthaltstitel nachweisen. Er sei weder im Besitz eines Aufenthaltstitels (außer während des Asylverfahrens) noch eines Visums gewesen.

Der Beschwerdeführer habe keine familiären Bindungen zu Österreich.

Er habe zwar einige Freunde und Bekannte in Österreich; er sei kein Mitglied eines Vereines. Diese Bekanntschaften seien nicht derart schützenswert, sodass eine Abschiebung zulässig sei.

Da der Beschwerdeführer auch während seines illegalen Aufenthaltes gearbeitet habe, habe er durch sein bisheriges Verhalten gezeigt, dass er absolut nicht gewillt sei, sich an die österreichischen Rechtsnormen zu halten. Derzeit habe er zwar eine Einstellungszusage, aber keinen rechtsverbindlichen Arbeitsvorvertrag.

Die Deutschkenntnisse seien in Anbetracht des neunjährigen Aufenthaltes in Österreich unzureichend, auch wenn ein Sprachzeugnis auf dem Niveau A2 vorgelegt worden sei.

Nach der Darstellung des Länderberichtes zum Herkunftsstaat erfolgte folgende - zusammengefasste - Beweiswürdigung seitens der Behörde:

Die Identität des Beschwerdeführers stehe nicht fest und habe dieser offensichtlich falsche Angaben gemacht, um eine Abschiebung zu verhindern bzw. zu verschleppen.

Der Beschwerdeführer habe einen unbegründeten und rechtsmissbräuchlich verwendeten Asylantrag gestellt, um seinen Aufenthalt rechtswidrig zu legalisieren. 2018 sei ein völlig aussichtsloser Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt worden, welcher rechtskräftig abgelehnt worden sei.

Danach habe der Beschwerdeführer versucht, einen Aufenthalt aus Gründen des Art 8 EMRK zu erreichen; dies sei ebenso gescheitert. Danach habe der Antragsteller zwei Monate später mit dem nunmehrigen Antrag einen neuerlichen Versuch gestartet.

Der Beschwerdeführer sei gesund und arbeitsfähig. Er habe unerlaubt ohne arbeitsmarktrechtlicher Bewilligung gearbeitet.

Der Beschwerdeführer werde in seiner Heimat in keinster Weise verfolgt; es bestünde eine aufrechte Ausweisung, jedoch sei mangels eines Dokumentes für die Abschiebung bisher eine außer Landes Bringung nicht erfolgt. Eine neuerliche Abwägung des Artikels 8 EMRK sei nicht notwendig, da sich die soziale und familiäre Lage nicht in entscheidungsrelevanter Weise geändert habe. Der Beschwerdeführer könne keine überdurchschnittliche Integration vorweisen, er habe noch Bindungen zu seiner früheren Heimat, bleibe unter Seinesgleichen und pflege heimatliche Traditionen. Er habe den Großteil seines Lebens in Bangladesch verbracht, sei dort geboren, aufgewachsen und hauptsozialisiert worden. Zwar habe er einen Deutschkurs mit Niveau A2 absolviert, angesichts eines neunjährigen Aufenthaltes erscheinen diese Kenntnisse jedoch als Voraussetzung.

1.6 Zusammengefasst kommt sodann die Behörde in der rechtlichen Beurteilung hinsichtlich des Beschwerdeführers zu dem Schluss, dass dieser bereits am 12.04.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt habe, welcher von der Behörde wegen des noch laufenden NAG-Verfahrens zurückgewiesen worden sei.

Insgesamt seien seit diesem Zeitraum lediglich zwei Monate vergangen, in denen sich keine wesentlichen Änderungen im Privatleben des Beschwerdeführers ergeben könnten, so dass eine Rückkehr nach Bangladesch zumutbar wäre. Es sei kein neuer Sachverhalt zu Tage getreten, der eine Neubewertung erforderlich mache. Gegen den Beschwerdeführer bestünde eine rechtskräftige Ausweisung. Das gesamte, vom Beschwerdeführer vorgebrachte Privat- und Familienleben sei zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem ihm bewusst sein musste, dass er sich illegal in Österreich aufhalte und könne somit nicht positiv für ihn gewertet werden.

Die familiären Verhältnisse hätten sich seit der letzten Beurteilung nicht geändert. Der Beschwerdeführer habe dazu keine Angaben gemacht und Änderungen der privaten Verhältnisse seien zu gering und daher nicht geeignet einen geänderten Sachverhalt herbeizuführen oder zu begründen, wodurch eine neuerliche Prüfung des Artikels 8 EMRK zu unterbleiben habe.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer nunmehr lediglich über einen längeren Zeitraum einen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich vorweise, könne jedenfalls nicht zu seinen Gunsten ausgelegt werden. Er habe die Behörde in den letzten Jahren zu täuschen versucht und er sei seiner Verpflichtung zur Ausreise beharrlich nicht nachgekommen.

Unter Bezugnahme auf die diesbezüglich einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB. VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007) entschied die Behörde letztlich, dass eine erneute Abwägung gemäß Art 8 EMRK nicht erforderlich sei und im Hinblick auf die bestehende aufrechte Rückkehrentscheidung auch eine neuerliche Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht notwendig sei.

1.7 Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde vom 02.11.2018. Diese Beschwerde, welche sich gegen den Bescheid des BFA "vom 04.10.2018" wendet, beinhaltet den Antrag, "die Rechtsmittelbehörde möge den hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigenden Gründen des Artikel 8 EMRK vom 12.04.2018" [statt]gegeben werde.

In der Beschwerdebegründung wird zudem argumentiert, dass sich der Beschwerdeführer seit 2009 durchgehend in Österreich aufhalte und unbescholten sei. Zwar sei der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen worden und sei ein Aufenthaltstitel nicht erteilt worden; zugleich sei auch eine Rückkehrentscheidung erlassen worden; all diese Verfahren seien am 29.04.2013 in Rechtskraft erwachsen. Jedoch habe sich seit diesem Zeitpunkt - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - wesentliches verändert:

Der Beschwerdeführer verfüge "über ein extensives soziales Netzwerk in Österreich. Er habe bereits die Prüfung A2 absolviert und spricht sehr gut Deutsch." Dies sei von der Behörde nicht gewürdigt worden.

Auf Grund der fehlenden Arbeitserlaubnis könne man dem Beschwerdeführer seine nicht vorhandene Selbsterhaltungsfähigkeit nicht zum Vorwurf machen. Vielmehr wolle der Beschwerdeführer in Österreich arbeiten und bestünde auch bereits eine Einstellungszusage. Der Beschwerdeführer habe keine Unterhaltspflichten, keine offenen Verbindlichkeiten sowie keine monatlichen Fixkosten.

Da der Beschwerdeführer alle Voraussetzungen des § 55 Abs 1 AsylG erfülle und seinen Mitwirkungspflichten im erforderlichen und zumutbaren Ausmaß nachgekommen sei, sei ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen. Die Behörde sei jedoch ihrer Verpflichtung, den Hinweisen des Beschwerdeführers zur geänderten Situation nachzugehen und zu hinterfragen, nicht im ausreichendem Maße nachgekommen.

1.8 Das Bundesverwaltungsgericht hat daraufhin am 23.04.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führte der BF aus, dass er einen bedingten Arbeitsvertrag vom 20.04.2019 für das Restaurant " XXXX " habe. Er sei gesund, könne arbeiten und wolle dies auch.

Darüber hinaus erklärte der BF, dass er schon lange keinen Kontakt zu seiner Familie, die in Bangladesch lebe, habe. Dies vor allem deshalb, weil er befürchte, dass er zum Lebensunterhalt der Eltern beitragen müsse, weil er in Österreich wohne und seine Eltern deshalb glauben, dass er daher Geld habe.

Im Rahmen der Verhandlung konnte sich der Richter auch davon überzeugen, dass mit dem BF eine Konversation in deutscher Sprache auf Grund eines ausreichenden Wortschatzes gut möglich war und die Antworten in vollen Sätzen erfolgten.

Bezogen auf seinen langjährigen illegalen Aufenthalt in Österreich gab der BF zu, dass er sich dessen bewusst gewesen sei.

Hinsichtlich seines Familienlebens führt der BF aus, er lebe seit August 2018 in einer "Familiengemeinschaft". Seine Lebensgefährtin sei Bengalin, habe einen Aufenthaltstitel und ein fast einjähriges Kind. Derzeit sei sie in Karenz, würde aber bei " XXXX " arbeiten.

Der BF sei zu dieser Lebensgefährtin im August gezogen, konkret an die gemeldete Adresse. Er unterstütze seine Lebensgefährtin im Haushalt und bei der Kinderbetreuung.

Das Kind stamme nicht von ihm, sondern vom Ex-Mann seiner nunmehrigen Lebensgefährtin. Dieser Ex-Mann sei bengalischer Herkunft, mittlerweile jedoch Österreicher. Auch das Kind sei österreichischer Staatsbürger. Seine neue Lebensgefährtin sei nach bengalischen Recht Anfang Jänner geschieden worden.

Er betrachte das Kind so, als wenn es sein eigenes Kind wäre. Sie hätten nun ein eigenes Familienleben und viele Kontakte zur Familie seiner Lebensgefährtin, welche teils bengalischer Herkunft seien, manche von ihnen mittlerweile aber auch Österreicher.

Als Zeugin wurde sodann im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die Lebensgefährtin des BF einvernommen.

Diese gab hinsichtlich des behaupteten Familienlebens an, dass sie zu ihrem früheren Ehemann keinen Bezug mehr habe und mangels sexuellen Kontaktes von mehr als drei Monaten nach muslimischen Eherecht geschieden sei. Sie habe den BF im Oktober 2018 traditionell geheiratet, nachdem dieser bereits im August 2018 zu ihr gezogen sei. Sie sei vom BF auch finanziell unterstützt worden, solange er noch in der GVS war. Derzeit könne er nicht unterstützen, aber sie habe eine große Familie und Geld sei kein Problem. Sie ersuche, dass der BF in Österreich bleiben könne, denn "wir beide" - gemeint sie und das Kind - würden ihn brauchen. Abschließend bejahte die Zeugin die Frage, ob sie wisse, dass sich der BF für viele Jahre illegal in Österreich aufgehalten habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen

Lebensumständen in Österreich:

Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid des BFA vom 04.10.2018 hinsichtlich des Beschwerdeführers, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen wird vollinhaltlich auf Grund der vorliegenden Aktenlage, deren Richtigkeit nicht substantiell erschüttert werden konnte, sowie unter Zugrundelegung der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 23.04.2019 gefolgt.

Dies bedeutet, dass seitens des Bundesverwaltungsgerichtes festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer behauptet, Staatsangehöriger von Bangladesch zu sein. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist 2009 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.05.2009 wurde der Antrag gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG abgewiesen. Eine Ausweisung nach Bangladesch wurde erlassen, die Abschiebung für zulässig erklärt.

Der Beschwerdeführer verblieb illegal in Österreich. Seiner Verpflichtung zur Ausreise ist er nicht nachgekommen.

Der Antrag vom 12.04.2018 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG wurde mit Bescheid vom 24.04.2018 zurückgewiesen.

Der Antrag vom 15.02.2018 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde vom Beschwerdeführer am 25.05.2018 zurückgezogen.

Der Antrag vom 26.06.2018 wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid zurückgewiesen.

Dem mit Bescheid vom 27.09.2018 erteilten Auftrag bis zur Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung in XXXX zu nehmen ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

II 1.2 Der Beschwerdeführer überraschte in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 23.04.2018 mit einem neuen Vorbringen hinsichtlich seiner behaupteten Lebenssituation; er habe nunmehr eine Lebensgefährtin, welches ein ca. einjähriges Kind (von ihrem behaupteten Ex-Mann) habe.

Ansonsten konnte der BF keinen neuen Sachverhalt vorbringen, der eine geänderte Beurteilung gegenüber den bisherigen Feststellungen des BFA, insbesondere denen in der angefochtenen Entscheidung, rechtfertigen würde.

Der BF hat keine Verwandten in Österreich. Der BF behauptet in einer Lebensgemeinschaft zu leben; seine Freundin hätte ein einjähriges Kind von ihrem Ex-Mann; eigene Kinder hat der BF nicht. Er verfügt im Bundesgebiet über keine relevanten sonstigen privaten Anknüpfungspunkte, ausgenommen zu Familienmitgliedern seiner behaupteten Lebensgefährtin.

Der BF verfügt über ausreichende Deutschkenntnisse, die eine sprachliche Integration ermöglichen würden.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

1. Politische Lage

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).

Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):

Bangladesch - Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 7.3.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote,

https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019

* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,

https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019

* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

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* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,

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* DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3

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* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

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* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

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* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019

* Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019

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https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019

* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019

* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019

* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019

* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,

http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019

2. Sicherheitslage

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).

In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019):

Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018):

The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019

* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019

* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

3. Rechtsschutz / Justizwesen

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).

Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 9.1.2019).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflußnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 12.2018).

Quellen:

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019):

Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

4. Allgemeine Menschenrechtslage

Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 12.2018; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 12.2018).

Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 12.2018a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen und Folter (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2017 sollen nach Angaben der bangladeschischen Menschenrechtsorganisation Odhikar 117 Personen durch Sicherheitskräfte getötet, 13 Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (Odhikar 12.1.2018). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB 12.2018, siehe auch Abschnitt 5).

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen weiters, auch aufgrund des Fehlens von Rechenschaftspflicht, Einschränkungen der Bürgerrechte inklusive der Rede- und Pressefreiheit, der Aktivitäten von NGOs, ein Mangel an Freiheit, um an politischen Prozessen teilzunehmen, Korruption, Gewalt und Diskriminierung basierend auf Geschlecht, Religion, Kaste, Stamm, inklusive indigener Personen, sexueller Orientierung und Genderidentität. Auch Menschenhandel, Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte und schlimme Formen der Kinderarbeit sind weiterhin ernsthafte Probleme (USDOS 20.4.2018).

Die meisten NGOs können uneingeschränkt arbeiten, jedoch werden Gruppen, die als übermäßig regierungskritisch gelten, überwacht und schikaniert und ihnen werden regelmäßig notwendige behördliche Genehmigungen verweigert (FH 1.2018; für mehr Informationen zu NGOs siehe Abschnitt 8).

Im April 2018 brachte die EU während der jährlichen bilateralen Menschenrechtskonsultationen ihre Besorgnis über Berichte über außergerichtliche Tötungen und gewaltsames Verschwindenlassen zum Ausdruck und forderte von der Regierung das Problem der Gewalt und Belästigung von Gewerkschaftern anzugehen (HRW 17.1.2019).

Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, es wird jedoch nicht effektiv durchgesetzt. Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten sowie von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bestehen fort (USDOS 20.4.2018). Das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz (Information and Communication Technology Act - ICT Act) wird angewandt, um Oppositionelle und Mitglieder der Zivilgesellschaft wegen Delikten von Verleumdung und Blasphemie juristisch zu verfolgen (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018).

Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2017 hat die Regierung 778 Fälle von Menschenhandel gemeldet, wobei ein Vergleich mit den Jahren davor nicht möglich ist. Verurteilungen sind selten, da nicht ausreichend Ressourcen für die Ermittlungen in allen Fällen bereitgestellt werden. Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren, stellt die Regierung für maximal fünf Tage Unterkunft in Schutzhäusern zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unterkunft an (USDOS 28.6.2018).

Quellen:

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2018a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat, Zugriff 5.3.2019

* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html, Zugriff 27.2.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* Odhikar (12.1.2018): Bangladesh Annual Human Rights Report 2017, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2018/01/Annual-HR-Report-2017_English.pdf, Zugriff 1.3.2019

* UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh,

http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN, Zugriff 5.3.2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

* USDOS - US Department of State (28.6.2018): Trafficking in Persons Report 2018 - Country Narratives: A-C, S 89ff, https://www.state.gov/documents/organization/282800.pdf, Zugriff 28.2.2019

5. Bewegungsfreiheit

Die Freiheit, sich im Land zu bewegen, ist relativ unbeschränkt (FH 1.2018; vgl. AA 27.10.2017). Rechtliche Hindernisse, sich in anderen Landesteilen, mit Ausnahme der Chittagong Hill Tracts, niederzulassen, bestehen nicht. Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte (AA 27.10.2017). Grundsätzlich respektiert die Regierung die Rechte der inländischen und ausländischen Bewegungsfreiheit, Emigration und Rückkehr von Bürgern, mit Ausnahme der zwei sensiblen Regionen Chittagong Hill Tracts und Cox's Bazar. Die Regierung hat 2015 Restriktionen für ausländische Reisende in diese Gebiete, in denen viele nichtregistrierte Rohingyas außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingscamps in den Städten und Dörfern leben, angekündigt, allerdings war die Art der Umsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch unklar (ÖB 12.2018).

Es liegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Ein- oder Ausreise vor (ÖB 12.2018; vgl. FH 1.2018; AA 27.10.2017). Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe, die nur für wenige Monate gültig sind, ausgestellt. Generell kommt es zu teils enormen Verzögerung bei der Reisepassausstellung (ÖB 12.2018). Auch manche Oppositionspolitiker berichten von langen Verzögerungen bei der Erneuerung von Reisepässen, zusätzlich von Belästigungen und Verzögerungen an Flughäfen (USDOS 20.4.2018). Seit Ende November 2015 können die alten, handgeschriebenen Pässe nicht mehr für Flugreisen genutzt werden (AA 27.10.2017). Ein Ausreiseverbot besteht für Verdächtige an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 (ÖB 12.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahre brauchen keinen gesetzlichen Vertreter um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formulars (ÖB 12.2018).

Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister besteht nicht (ÖB 12.2018; vgl. AA 27.10.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

6. Grundversorgung

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 27.10.2017). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 12,1 % der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,04 %, die Geburtenziffer je Frau bei 2,2 % (AA 12.2018).

Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund 6 % gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 26.7.2017). Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung, erwirtschaftet jedoch nur knapp ein Sechstel des Bruttoinlandsproduktes. Die Landwirtschaft wird zu 80 % von Reisanbau dominiert. (GIZ 12.2018b; vgl. CIA 19.2.2019). Die Verarbeitung von Produkten der Landwirtschaft und die Textilindustrie sind die wichtigsten Zweige des industriellen Sektors (GIZ 12.2018b), auf den 2017 geschätzt 29,3 % des BIP gefallen sind. Der Export von Kleidungsstücken macht ca. 80 % der Exporte aus. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftet 2017 ca. 56 % des BIP (CIA 19.2.2019).

Über 10 % Anteil an der bangladeschischen gesamtwirtschaftlichen Leistung haben Geldüberweisungen von Arbeitsmigranten nach Bangladesch (GIZ 12.2018b), die im Finanzjahr 2016/17 ca. 13 Milliarden US-Dollar ausmachten (CIA 19.2.2019). Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Ca. 8,6 Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das "Bureau of Manpower, Employment and Training" (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen. (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum" (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 27.10.2017).

Die offizielle Arbeitslosenrate liegt 2018 geschätzt bei 4-6 %, jedoch mit verdeckter weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. Vor allem in der Landwirtschaft ist Subsistenzwirtschaft ausgeprägt. Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es lediglich im staatlichen Bereich, sowie bei größeren Unternehmen. 85 % der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Einen staatlichen Mindestlohn gibt es nicht. Die Durchsetzung von arbeitsrechtlichen Standards erfolgt lediglich sporadisch (ÖB 12.2018). Brände und Gebäudeeinstürze mit zahlreichen Toten kommen immer wieder vor; insbesondere in der Textilindustrie, wo Bauordnungen lax sind und gefährliche Chemikalien nicht ordnungsgemäß gelagert werden (Al Jazeera 21.2.2019).

Die Bevölkerung Bangladeschs erfährt seit einigen Jahren einen erhöhten Verteilungs- und Chancenkonflikt, aufgrund des Bevölkerungswachstums bei gleichzeitig abnehmenden Landressourcen und fehlenden Alternativen zur Landarbeit, sowie erhöhtem Druck durch Extremwetterereignisse und anderen Konsequenzen des Klimawandels. Die Slums der Städte wachsen, wenn auch im Vergleich zu anderen Ländern mit ähnlichen Bedingungen etwas langsamer. Ebenso konkurriert die Bevölkerung mit einem höheren Bildungsabschluss um Universitätsplätze und besser bezahlte Arbeitsplätze. Die Lebenshaltungskosten in den Städten steigen und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität in den ländlichen Gebieten und kleineren Städten ist oft lückenhaft bzw. ist ein Anschluss an öffentliche Versorgungsnetzwerke noch nicht vollzogen. Die Strukturen werden zusätzlich temporär belastet, wenn Saisonarbeiter für einige Zeit in die Städte ziehen und dort Arbeitsplätze und Unterkünfte suchen. Die nötige Infrastruktur wird in vielen Gebieten ausgebaut, allerdings kann das Tempo dieses Ausbaus noch nicht mit der Bevölkerungsdynamik mithalten. Aktuell sind ungefähr 60 % aller Haushalte an das staatliche Stromnetz angeschlossen (GIZ 12.2018b).

Mit dem etwas höheren Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre kam es zu einer Beschleunigung der Inflation mit geschätzten 6 % für 2018. Die Preissteigerungen bei Lebensmittel

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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