Entscheidungsdatum
06.06.2019Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W205 2200925-1/4E
W205 2200927-1/2E
W205 2200926-1/2E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 05.06.2018, Zl. Islamabad-OB/KONS/3263/2016, aufgrund des Vorlageantrages von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) mj. XXXX , geb. XXXX und 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 12.02.2018, Zl. Islamabad-ÖB/KONS/3263/2016, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerden werden die bekämpften Bescheide und
die Beschwerdevorentscheidungen behoben und die jeweilige Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Islamabad zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der übrigen minderjährigen Beschwerdeführer. Alle sind afghanische Staatsbürger. Sie stellten am 11.08.2016 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (künftig: ÖB) jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
2. Der Bezugsperson, dem als Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater der übrigen Beschwerdeführer bezeichneten XXXX (im Folgenden: "H"), geb. XXXX , StA. Afghanistan, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2011, Zl. 1101.739-BAI, rechtkräftig seit 25.07.2011, Asyl zuerkannt.
3. Nach Weiterleitung der Anträge auf Einreiseerlaubnis an das BFA teilte dieses der ÖB mit Schreiben vom 04.08.2017 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe bzw. eine Voraussetzung eines bestehenden Familienlebens nicht nachgewiesen werden habe können. Zudem würden die Angaben der Beschwerdeführer zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG 2005 in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen.
In der angeschlossenen Stellungnahme wird vom BFA hierzu näher ausgeführt, dass im Widerspruch zu den Angaben der Erstbeschwerdeführerin, die Bezugsperson im Laufe ihres Asylverfahrens mehrfach vorgebracht habe, nicht verheiratet zu sein und keine Kinder zu haben. Die von den Beschwerdeführern vorgelegten Dokumente seien ebenfalls nicht geeignet gewesen, den für die Einreisegestattung nötigen, vollen Beweis zu erbringen. Hinsichtlich der Blutsverwandtschaft zwischen den Zweit- und Drittbeschwerdeführern und der Bezugsperson werde die Botschaft ersucht, diese gem. § 13 Abs. 4 BFA-VG über die Möglichkeit eines Verwandtschaftsnachweises durch eine DNA-Analyse zu belehren und festzustellen, ob eine solche gewünscht sei. Aufgrund der angeführten Widersprüche sei keineswegs vom Nachweis im Sinn eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen.
4. Die ÖB räumte den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 07.08.2017, zugestellt am selben Tag, die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ein.
Nach Fristerstreckung wurde mit Stellungnahme vom 17.08.2017 ausgeführt, dass die Ehe 2008 in Afghanistan geschlossen worden sei und ab diesem Zeitpunkt die Familie im selben Haushalt gelebt habe. Ende 2009 sei die Bezugsperson gezwungen gewesen, Afghanistan zu verlassen und sie habe die Erstbeschwerdeführerin und den Zweitbeschwerdeführer nachholen wollen. Der Vater der Erstbeschwerdeführerin sei allerdings dagegen gewesen und die Bezugsperson habe somit keine Hoffnung gehabt, seine Ehefrau und den Sohn wiederzusehen. Aus diesem Grund habe die Bezugsperson seine Familie weder in der Erstbefragung noch in der Einvernahme erwähnt. Der Vater der Erstbeschwerdeführerin habe seine Zustimmung zur Ausreise nach einem Besuch der Bezugsperson in Pakistan im Jahr 2015 gegeben, infolgedessen die Erstbeschwerdeführerin neuerlich schwanger geworden sei. Die Erstbeschwerdeführerin habe jedoch mit der Antragstellung gewartet, bis die Drittbeschwerdeführerin auf die Welt gekommen sei. Die Existenz der Kinder sei als Beweis für das bestehende und anerkannte Eheleben zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson anzusehen. Es wäre in Afghanistan unmöglich, als unverheiratetes Paar gemeinsam leibliche Kinder großzuziehen. Hinsichtlich der Belehrung über die Möglichkeit eines DNA-Tests werde hiermit mitgeteilt, dass sich die Beschwerdeführer zur Durchführung dieses Tests bereit erklärten.
Mit Schreiben vom 18.08.2017 teilte die ÖB mit, dass weiterhin an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde, insbesondere auch im Lichte des Art. 8 EMRK. Mit Stellungnahme vom 22.09.2017 wurde abermals ausgeführt, dass ein Familienangehörigenverhältnis nicht vorliege. Der Gegenbeweis durch die in der Stellungnahme bereits als vereinbart bezeichnete DNA-Analyse bleibe zulässig.
5. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 12.02.2018, zugestellt am 19.03.2018, verweigerte die ÖB den Beschwerdeführern die Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG mit der Begründung, das BFA habe nach Prüfung mitgeteilt, dass in dem dem Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels zugrunde liegenden Fall die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, und verwies - unter Wiedergabe der Argumente des BFA - auf die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA.
6. Gegen diese Bescheide richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 10.04.2018. In dieser wird ausgeführt, dass das BVwG bereits in früheren Entscheidungen festgestellt habe, dass das Ergebnis der DNA-Analyse abzuwarten sei, bevor eine Entscheidung in der Sache ergehe. Diesen Anforderungen sei die Behörde in gegenständlichen Verfahren nicht gerecht worden. Zwar habe das BFA die Beschwerdeführer über die konkreten Zweifel am Verwandtschaftsverhältnis unterrichtet und die Vorlage eines DNA-Gutachtens für zulässig erklärt, habe es jedoch verabsäumt, die Beschwerdeführer darüber zu belehren, ihnen im Rahmen der organisatorischen Hilfestellung die praktischen Modalitäten bekannt zu geben und das Ergebnis des DNA-Tests abzuwarten. Damit habe die Behörde wesentliche Verfahrensbestimmungen verletzt und somit den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Hätte die Behörde ihre Hilfestellungspflicht wahrgenommen und das Ergebnis der DNA-Analyse abgewartet, hätte zweifelsfrei festgestellt werden können, dass es sich bei den Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin um die leiblichen Kinder der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson handle. Ihnen wäre somit die Einreise zu gewähren gewesen. Die Feststellung der Elternschaft hätte somit aber auch zu einer Neubewertung der Frage führen müssen, ob die Ehe bereits vor der Ausreise der Bezugsperson bestanden habe. Auf jeden Fall hätte aber vor dem Hintergrund der Einreiseberechtigung der minderjährigen Kinder eine Abwägung einer Verletzung der Rechte des Art. 8 EMRK stattfinden müssen.
7. Mit Schreiben vom 11.04.2018 wurden die Beschwerdeführer von der ÖB aufgefordert, die vorgelegten Unterlagen einer Übersetzung zu unterziehen. Die Übersetzungen wurden am 12.04.2018 der ÖB zugesandt.
8. Mit E-Mail vom 12.04.2018, demnach nach Zustellung der angefochtenen Bescheide, ersuchte die ÖB die Beschwerdeführer, sich mit ihren Reisepässen, zwei Passfotos und je PKR 2.000,- "an einem Dienstagvormittag" an der ÖB einzufinden, um den Mundhöhlenabstrich vornehmen zu lassen.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.06.2018, zugestellt am selben Tag, wies die ÖB die Beschwerden gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden im Ausland bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführer einen Antrag nach §°35°Abs.°1 AsylG 2005 gestellt hätten und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ergangen sei. Auch sei die Stellungnahme der Beschwerdeführer ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen worden. Als alleintragender Grund für die Abweisung des von den Beschwerdeführern gestellten Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gem.°§35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführer auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.
Unabhängig von der Bindungswirkung vertrete auch die belangte Behörde die Ansicht, dass auf Grund der widersprüchlich getätigten Aussagen der Bezugsperson, kein Familienangehörigenverhältnis zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson vorliege.
Wie bereits das BFA in seinen Stellungnahmen richtig festgestellt habe, hätten sich massive Widersprüche hinsichtlich der Angaben der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson zu einer erfolgten Eheschließung ergeben. Auch die vorgelegten Dokumente seien nicht geeignet gewesen, den für die Einreisegestattung nötigen vollen Beweis zu erbringen. Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche und Ungereimtheiten gehe auch die belangte Behörde davon aus, dass die behauptete Ehe nicht bereits vor Einreise der Bezugsperson in Österreich bestanden habe.
Hinsichtlich der Vornahme einer DNA-Analyse sei allerdings eine entsprechende Belehrung im Rahmen der Aufforderung zur Stellungnahme erfolgt. Die Beschwerdeführer hätten zwar ihre Bereitschaft zur Durchführung einer DNA-Analyse erklärt, weitere Schritte dahingehen, etwa eine konkrete Kontaktaufnahme mit der belangten Behörde zur Organisation der Entnahme und Übermittlung von DNA-Proben, sei allerdings nicht erfolgt. Die Botschaft sei lediglich verpflichtet, organisatorische Hilfestellung zu leisten, die Beauftragung und Finanzierung einer DNA-Analyse obliege in erster Linie den Beschwerdeführern. Ein solches DNA-Gutachten, wie in der Beschwerde angekündigt, sei bislang nicht eingelangt.
10. Am 18.06.2018 wurde bei der ÖB ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
11. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 11.07.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 16.07.2018, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
12. Am 20.09.2018 langte beim BVwG das DNA-Gutachten vom 04.06.2018 ein, aus dem hervorgeht, dass die Erstbeschwerdeführerin die Mutter des Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin ist. Die Bezugsperson ist der Vater des Zweitbeschwerdeführers (geb. XXXX ), jedoch wurde die biologische Vaterschaft zur Drittbeschwerdeführerin (geb. XXXX ) praktisch ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom 21.09.2018 führte die Vertretung aus, dass die Bezugsperson der Überzeugung sei, dass es sich auch bei der Drittbeschwerdeführerin um seine Tochter handle und es einen Fehler in der Probe gegeben haben müsse.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Behebung und Zurückverweisung:
1. Rechtslage:
Angesichts der am 11.08.2016 erfolgten Einreiseantragstellung ist die geltende, zuletzt durch BGBl. I Nr. 56/2018 - FrÄG 2018 - geänderte und am 01.09.2018 in Kraft getretene Rechtslage maßgeblich.
§ 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 lautet:
"§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
[....]
22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat;
[....]
Der mit "Familienverfahren im Inland" übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:
§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
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-1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
-2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
-3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
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-1. dieser nicht straffällig geworden ist und
-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
-3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
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-1. dieser nicht straffällig geworden ist;
-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
-3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
-4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
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-1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der
2. Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
-3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).
§ 35 AsylG 2005 lautet:
"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
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-1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
-2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
[....]
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
[....]
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
[....]
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).
Allerdings steht es dem Bundesverwaltungsgericht innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems nunmehr offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Die Überprüfung der Richtigkeit der Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ist nach dem bisherigen Ermittlungsstand jedoch (noch) nicht möglich, da notwendige Ermittlungen fehlen:
3.1. Die Beschwerdeführer nannten in ihrem auf § 35 AsylG gestützten Einreiseantrag als Bezugsperson den Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin, wobei deren Ehe nach ihrem Vorbringen vor der Einreise der asylberechtigten Bezugsperson geschlossen worden war bzw. den Vater der zwei minderjährigen, ledigen übrigen Beschwerdeführer. Der Bezugsperson H wurde - nach dem insofern unbestrittenen Sachverhalt - mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2011, Asyl zuerkannt.
Das BFA hat sich bei der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose darauf gestützt, dass es massive Zweifel an dem Vorhandensein eines Familienverhältnisses gebe, da die Angaben der Bezugsperson und der Beschwerdeführerin nicht übereinstimmen würden und zudem die vorgelegten Dokumente nicht geeignet seien, den für die Einreisegestattung nötigen vollen Beweis zu erbringen.
Im Ergebnis ging das BFA bei seiner Wahrscheinlichkeitsprognose davon aus, dass die Beschwerdeführer ihre Identität und ihre Familienangehörigeneigenschaft zur genannten Bezugsperson nicht mit unbedenklichen Urkunden oder sonstigen geeigneten und gleichwertigen Bescheinigungsmittel belegt hätten.
Im Zusammenhang mit der behaupteten Vaterschaft der asylberechtigten Bezugsperson zu dem Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin - und folglich auch der Mutterschaft der Erstbeschwerdeführerin zu den Kindern und damit verbunden der Glaubwürdigkeitsbeurteilung ihrer Eheschließung vor Einreise mit dem asylberechtigten H - ist in Bezug auf die behördlichen Ermittlungspflichten insbesondere mit Blick auf die Vorgaben des § 13 Abs. 4 BFA-VG auf die hierzu Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Beispielsweise wurde zu diesem Themenkreis in VwGH 26.03.2018, Ra 2017/18/0112ua, unter Bezugnahme auf die Vorjudikatur folgendes ausgeführt:
"10 Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. Februar 2018, Ra 2017/18/0131 bis 0133, erkannt hat, ist zu den inhaltlichen Anforderungen, die sich aus § 13 Abs. 4 BFA-VG ergeben, Folgendes auszuführen:
¿Wie in den angeführten Materialien klar zum Ausdruck gebracht wird, wird durch die Bestimmung des § 13 Abs. 4 BFA-VG nicht vom amtswegigen Ermittlungsgrundsatz (unter Beachtung der Mitwirkungspflicht des Fremden) abgegangen. Sie kommt daher nur zur Anwendung, wenn es einem Fremden nicht gelingt, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen und hinsichtlich der Ergebnisse des bisherigen Ermittlungsverfahrens Zweifel bestehen.
Daraus folgt als logischer erster Schritt, dass die Behörde bzw. das BVwG einem Fremden bestehende, konkrete Zweifel an einem behaupteten Abstammungsverhältnis mitzuteilen haben. Darüber hinaus haben sie dem Fremden auf sein Verlangen eine DNA-Analyse gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG ‚zu ermöglichen'; dieser ist auch über diese Möglichkeit zu belehren. Die in der Bestimmung angesprochene ‚Ermöglichung' der DNA-Analyse zum Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses kann im Lichte der Gesetzesmaterialien nur so verstanden werden, dass sie eine organisatorische Hilfestellung der Behörde bzw. des Gerichts bei der Durchführung der DNA-Analyse mitumfasst, nicht jedoch die Übernahme der Kosten. Diese Regelung verfolgt klar den Zweck, es einem Fremden auf sein Verlangen auf einfache Weise zu ermöglichen, bestehende Zweifel an einem Verwandtschaftsverhältnis mittels DNA-Analyse auszuräumen, sofern er sich zur Übernahme der Kosten bereiterklärt. Daher sind einem Fremden im Rahmen dieser organisatorischen Hilfestellung die praktischen Modalitäten - etwa wo er sich zu welchen Zeiten zur DNA-Analyse einzufinden hat und welche Kosten damit verbunden sind - bekannt zu geben.'
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis in Rn 23 weiters ausgeführt, dass - bevor ein Antrag gemäß § 35 AsylG 2005 aufgrund von Zweifeln an einem Verwandtschaftsverhältnis abgewiesen wird -, jedenfalls gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG eine organisatorische Hilfestellung zur Beibringung des DNA-Nachweises und die entsprechende Belehrung zu erfolgen hat (arg: "hat ihm (...) zu ermöglichen"; "ist (...) zu belehren").
12 Im vorliegenden Fall, in dem die minderjährige Zweitrevisionswerberin bereits in ihrer Beschwerde monierte, keine "entsprechende Belehrung gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG" erhalten zu haben, kann dieses "Ersuchen um Belehrung" aus dem Kontext nur so verstanden werden, dass das revisionswerbende Kind um eine behördliche organisatorische Hilfestellung im oben wiedergegebenen Sinn, somit eine Anleitung betreffend der Modalitäten der Durchführung einer DNA-Analyse ersuchte.
13 Aus den vorgelegten Verfahrensakten ist jedoch nicht ersichtlich, dass der zweitrevisionswerbenden Partei eine derartige organisatorische Hilfestellung gewährt wurde. Insoweit liegt ein Verstoß gegen die Regelung des § 13 Abs. 4 BFA-VG vor. Da die minderjährige Zweitrevisionswerberin als Kind der Bezugsperson jedenfalls Familienangehörige nach § 35 Abs. 5 AsylG 2005 wäre, kann diesem Verfahrensmangel auch nicht die Relevanz abgesprochen werden. Wäre aber der Zweitrevisionswerberin die Einreiseerlaubnis zur Bezugsperson zu erteilen, so müsste auch die Frage, ob die Erstrevisionswerberin als deren Mutter und behaupteter Ehefrau der Bezugsperson die Einreise zu gestatten ist, einer neuen Betrachtung unterzogen werden."
Bezogen auf den Beschwerdefall bedeutet dies, dass sich das BFA bei seiner Wahrscheinlichkeitsprognose aufgrund des Einreiseantrages der Beschwerdeführer nicht darauf hätte beschränken dürfen, die vorgelegten Dokumente und die Angaben der Bezugsperson im Asylverfahren als ausschlaggebend für die Verneinung der behaupteten Familienangehörigeneigenschaft zu qualifizieren. Vielmehr hätte das BFA (im Wege der belangten Behörde) im Sinne der oben dargestellten Judikatur jedenfalls eine entsprechende Belehrung und organisatorische Hilfestellung zur Beibringung des DNA-Nachweises veranlassen müssen, und zwar - gegebenenfalls unter Setzung einer angemessenen Frist für eine mögliche Probenentnahme - bevor die Anträge gemäß § 35 AsylG 2005 aufgrund von Zweifeln an einem Verwandtschaftsverhältnis abgewiesen wurden, nicht - wie im Beschwerdefall geschehen - erst nach Erlassung der abweisenden Bescheide. Erst nach Vorliegen der Ergebnisse der von den Beschwerdeführern in Aussicht genommenen DNA-Analysen wäre eine abschließende - diese Ergebnisse berücksichtigende - Wahrscheinlichkeitsprognose zu erstellen gewesen, die als taugliche Grundlage für die Entscheidung über die gegenständlichen Einreiseanträge dienen hätte können. Aufgrund dessen, dass das Ergebnis des DNA-Gutachtens die nachgewiesene Abstammung zumindest des XXXX geborenen Zweitbeschwerdeführers zur Bezugsperson (sowie zur Erstbeschwerdeführerin) belegt, stellt sich einerseits die Frage der Glaubwürdigkeit der behaupteten Eheschließung vor Einreise der Bezugsperson in einem neuen Licht, relativiert die georteten Widersprüche der Betroffenen und legt nahe, dass die vorgelegten Urkunden als Beweis einer tatsächlich stattgefundenen Eheschließung anzusehen sind. Andererseits belegt das betreffende DNA-Gutachten aber insbesondere auch die tatsächliche Vaterschaft der Bezugsperson zum Zweitbeschwerdeführer, dem sohin jedenfalls die Familieneigenschaft iS der zitierten Bestimmungen zuzubilligen und damit in der Folge die beantragte Einreise - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - zu bewilligen wäre.
3.2. Was die Drittbeschwerdeführerin anlangt, so steht es den Betroffenen im fortgesetzten Verfahren offen, einen - wie vorgebracht - möglicherweise unterlaufenen "Fehler in der Probe" im Zuge des DNA-Tests aufzuklären und den geforderten Beweis der Abstammung von der Bezugsperson zu erbringen.
Im Hinblick auf die Einreisegestattung von Erstbeschwerdeführerin und ihren minderjährigen Kindern ist darauf zu verweisen, dass die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in ihrer jüngeren Rechtsprechung bereits wiederholt gefordert haben, in Visa-Verfahren nach § 35 AsylG 2005 auch die Einhaltung des Artikel 8 EMRK zu berücksichtigen und sicherzustellen (vgl. insbesondere VfGH 06.06.2014, B369/2013; 23.11.2015, E1510-1511/2015-15; 27.11.2017, E1001-1005/2017, dem nicht näher differenziert folgend: VwGH 30.06.2016, Ra 2015/21/0068; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Aus dieser Judikatur ergibt sich zumindest, dass eine konkrete und individuelle Prüfung der beteiligten Interessen nach den Kriterien des Artikel 8 EMRK stattzufinden hat, und eine eventuelle Ablehnung eines Einreisetitels entsprechend begründet werden muss. Im gegenständlichen Fall wurde eine solche Prüfung nicht vorgenommen. Dies wird - sofern nach dem ergänzenden Beweisverfahren noch erforderlich - im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein.
4. Es waren daher die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und der ÖB die Erlassung eines jeweils neuen Bescheides aufzutragen. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
DNA-Daten, Ermittlungspflicht, Familienangehöriger, Gutachten,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W205.2200927.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.05.2020