Entscheidungsdatum
22.07.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W266 2150518-1/45E
W266 2150518-2/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Einzelrichter über die Beschwerden des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie & Volkshilfe, gegen die Bescheide des Bundesamts für Asyl und Fremdenwesen, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Graz vom 27.2.2017 und vom 7.6.2018, Zl. XXXX , wegen §§ 3, 8, 10, 57 AsylG und §§ 46, 52 und 55 FPG bzw. §§ 57, 10, 13 AsylG und §§ 52, 53 und 55 FPG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31.7.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.2.2017 wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 7.6.2018 wird teilweise Folge gegeben und dessen Spruchpunkte I. bis inklusive IV. behoben. Im Übrigen wird die Beschwerde gegen den Bescheid vom 7.6.2018 als unbegründet abgewiesen.
C)
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision hinsichtlich Spruchteil A) nicht zulässig, hinsichtlich Spruchteil B) jedoch zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 16.9.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 19.9.2015 fand die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er habe sich wegen der schlechten finanziellen Lage und dem Umstand, dass er sich von seiner Frau haben scheiden lassen wollen, zur Flucht entschlossen. Eine Scheidung würde viel Geld kosten.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer erstmals strafrechtlich verurteilt. Er wurde wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2
1. Fall StGB sowie der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB zu einer teilbedingten Haftstrafe von 9 Monaten verurteilt.
Am 22.2.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde oder BFA) statt in welcher der Beschwerdeführer im Wesentlichen angab, er sei in Afghanistan in der Provinz XXXX geboren, habe Afghanistan aber als Kleinkind mit seinen Eltern verlassen und im Iran gelebt. Dort habe er die Grundschule und fünf Jahre lang eine nichtöffentliche afghanische Schule besucht und danach als Schneider gearbeitet.
Zu seinen Familienverhältnissen gab der Beschwerdeführer an, seine gesamte Familie, bestehend aus seinen Eltern, einem Bruder, dem minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers und seiner (früheren) Ehefrau lebt im Iran. Zu seiner Familie besteht kein Kontakt mehr.
Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde an, die frühere Ehefrau und deren Familie hätten den Beschwerdeführer angezeigt. Er habe eine außereheliche Beziehung zu einem Mädchen namens XXXX gehabt. Die Ehe zu seiner früheren Ehefrau sei durch eine Zwangsheirat entstanden. Im Sommer 2015 habe er das Mädchen zu sich eingeladen, als seine Ehefrau mit dem gemeinsamen Sohn bei deren Vater gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe mit ihr geschlafen und seine Ehefrau habe ihn dabei erwischt. Daraufhin habe diese den Beschwerdeführer angezeigt. Auf Anraten seines Vaters habe der Beschwerdeführer den iranischen Bezirk XXXX verlassen und sei nach Teheran gezogen, wo er bei Freunden bzw. einer Tante untergekommen sei. Einige Wochen später habe der Beschwerdeführer erfahren, dass wegen der Anzeige eine Vorladung vor Gericht gekommen sei. Da der Beschwerdeführer nicht auffindbar gewesen sei, habe seine frühere Ehefrau Polizisten geschickt, um den Beschwerdeführer festnehmen zu lassen. Auch seien Brüder seiner Freundin XXXX erschienen und hätten den Beschwerdeführer mit dem Tode bedroht. Von diesen Vorfällen habe der Beschwerdeführer von seinem Vater telefonisch erfahren, persönlich sei er nicht bedroht worden. Der Beschwerdeführer sei nun offiziell geschieden, seine Frau habe sich von ihm in Abwesenheit scheiden lassen, da der Beschwerdeführer seiner Fürsorgepflicht als Ehemann nicht nachgekommen sei. Über die ursprünglichen Fluchtgründe seiner Eltern wisse der Beschwerdeführer wenig, er habe nur von seinem Vater erfahren, dass die Flucht wegen der Wirtschafts- und Sicherheitslage angetreten worden sei. Des Weiteren sei ein Großvater des Beschwerdeführers auf Anordnung eines früheren Präsidenten Afghanistans entführt worden und sei seither verschollen.
Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde das Leben des Beschwerdeführers in Gefahr sein. Seine Freundin XXXX habe in Afghanistan einen Bruder, welcher dort eine hohe Position innehabe. Dieser könne durch seine Position den Beschwerdeführer finden und töten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27.2.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des versuchten sowie vollendeten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB, der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105Abs. 1 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB sowie der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15,269 Abs. 1 3. Fall StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Aufgrund der Verurteilungen erließ die belangten Behörde am 7.6.2018 einen Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG nicht erteilt wurde (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde (Spruchpunkt II.), weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.).sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise festgelegt wurde (Spruchpunkt IV). Unter Spruchpunkt V. wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und unter Spruchpunkt VI. festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 23.12.2017 verloren hat.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 31.7.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei welcher mit Zustimmung der Parteien sowohl die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.2.2017, als auch jene gegen den Bescheid vom 7.6.2018 verhandelt wurde. In dieser Verhandlung wurde der Beschwerdeführer nochmals die Möglichkeit gegeben, sich zu seinen Fluchtgründen, zur Situation in Afghanistan und zu jener in Österreich zu äußern nochmals eingehend zu seinen persönlichen Verhältnissen in Afghanistan und Österreich sowie zu seinen Fluchtgründen befragt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu den in der Verhandlung eingebrachten Länderberichten binnen zwei Wochen gegeben.
Mit Schreiben vom 14.08.2018 gab der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung eine Stellungnahme zu den in der mündlichen Verhandlung eingebrachten Länderinformationen ab.
Mit Schreiben vom 4.12.2018 übermittelte die belangte Behörde ein Straferkenntnis der XXXX vom XXXX , mit welchem über den Beschwerdeführer wegen aggressiven Verhaltens gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber militärischen Organen im Wachdienst nach § 82 SPG eine Verwaltungsstrafe iHv. € 200,21 verhängt.
Mit Schreiben vom 18.12.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die aktuellste Länderinformation zu Afghanistan, die aktuellen UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 in deutscher Sprache sowie die aktuelle EASO Country Guidance Afghanistan und räumte eine zehntägige Frist zur Stellungnahme dazu ein.
Mit Schreiben vom 21.12.2018 gab der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung eine Stellungnahme zu den zuletzt übersandten Länderinformationen ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht trifft folgende entscheidungsrelevante Feststellungen, wobei festgehalten wird, dass sich die Feststellungen (und auch die darauffolgende Beweiswürdigung) auf beide in dieser Entscheidung behandelten Bescheide bezieht.
Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen sowie das dort genannte Geburtsdatum. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Sadat, einer Untergruppe der Hazara, an und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan in der Provinz XXXX , geboren, der Distrikt und das Heimatdorf des Beschwerdeführers können nicht festgestellt werden. Bis zu seinem fünften Lebensjahr lebte er in der Provinz XXXX , danach flüchtete er mit seinen Eltern über Pakistan in den Iran. Seitdem lebt die gesamte Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus seinen Eltern, einem Bruder, einer Tante, seiner mittlerweile geschiedenen Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn, im Iran. Zu seiner Familie im Iran besteht seit der ersten Haft kein Kontakt. Eine Tante väterlicherseits lebt in den Niederlanden, zu ihr besteht gelegentlicher telefonischer Kontakt.
Der Beschwerdeführer hat im Iran sieben Jahre lang eine Schule besucht, davon fünf Jahre eine afghanische nichtöffentliche Schule und hat dann dort als Schneider gearbeitet. Der Beschwerdeführer ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann, der Dari/Farsi, eine der Landessprachen Afghanistans, auf muttersprachlichem Niveau spricht, sieben Jahre die Schule besucht hat, über mehrjährige Arbeitserfahrung als Schneider verfügt und, obwohl er größtenteils im Iran aufgewachsen ist, durch seine afghanischen Eltern und die afghanische Schule die Sitten und Gebräuche seines Herkunftsstaats kennt.
Zur maßgeblichen Situation des Beschwerdeführers in Österreich:
Der Beschwerdeführer reiste spätestens Mitte September 2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.9.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich somit bereits fast vier Jahre in Österreich auf. Er hat Deutschkurse besucht, aber noch kein Zertifikat erworben. Sonstige Kursbesuche oder ehrenamtliche Tätigkeiten des Beschwerdeführers sind nicht ersichtlich. Er hat in Österreich nicht gearbeitet und lebt von der Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich insgesamt viermal strafrechtlich verurteilt:
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer erstmals strafrechtlich verurteilt. Er wurde wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2
1. Fall StGB sowie der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB zu einer teilbedingten Haftstrafe von 9 Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des versuchten sowie vollendeten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB, der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB sowie der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 3. Fall StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Des Weiteren wurde über den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom XXXX wegen aggressiven Verhaltens gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber militärischen Organen im Wachdienst nach § 82 SPG eine Verwaltungsstrafe iHv. € 200,21 verhängt.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Lebensgefährtin oder Freundin, besitzt aber einen Freundeskreis zu dem auch Österreicher zählen. Von diesen kennt er nur die Vornamen. Ansonsten ist er in Österreich kein Mitglied einer Organisation, eines Vereins oder einer Partei. Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Strafhaft. Während des laufenden Beschwerdeverfahrens wurde gegen den Beschwerdeführer eine weitere Rückkehrentscheidung und ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.
Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Festzuhalten ist, dass sich die Fluchtgründe des Beschwerdeführers primär auf den Iran beziehen.
Ob der Beschwerdeführer im Iran tatsächlich eine Freundin hatte, mit der er seine Ehefrau betrog, kann nicht festgestellt werden. Dem Beschwerdeführer droht hingegen in Afghanistan keine Verfolgung in asylrelevanter Intensität durch einen dort lebenden Bruder seiner Freundin.
Der Beschwerdeführer wird in Afghanistan nicht durch die den afghanischen Staat in asylrelevanter Weise verfolgt bzw. bei einer Rückkehr einer solchen Verfolgung ausgesetzt sein.
Weiters kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan durch die Taliban oder sonstige Gruppierungen eine Verfolgung in asylrelevanter Intensität droht.
Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan weder vorbestraft noch wurde er dort jemals inhaftiert und hatte auch mit den Behörden des Herkunftsstaates keine Probleme. Er war auch nie politisch tätig und gehörte keiner politischen Partei an.
Dem Beschwerdeführer droht auch keine konkrete und individuelle physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Sadat, einer Untergruppe der Hazara, oder zur schiitischen Religion. Ebenso wenig droht eine solche jedem Angehörigen der Volksgruppe der Hazara oder der schiitischen Religion in Afghanistan.
Insbesondere wird der Beschwerdeführer nicht aufgrund des Umstands, dass sein Großvater vor Jahren durch Akteure des afghanischen Staats entführt worden wäre, und seitdem verschollen ist, in Afghanistan bedroht oder verfolgt.
Der Beschwerdeführer würde, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan, auch nicht aufgrund der Tatsache, dass er seit seinem fünften Lebensjahr in Pakistan und im Iran gelebt sowie sich zuletzt in Europa aufgehalten hat, einer psychischen und/oder physischen Gewalt oder anderen erheblichen Eingriffen ausgesetzt werden. Ebenso wenig trifft dies auf jeden aus Pakistan, dem Iran oder Europa nach Afghanistan zurückkehrende Afghanen zu.
Insgesamt kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer, in Kabul, Mazar-e Sharif bzw. Herat eine konkret gegen ihn gerichtete Gefahr psychischer und/oder physischer Gewalt drohen würde. Der Beschwerdeführer wird weder aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung noch aus anderen Gründen verfolgt.
In Kabul oder Mazar-e Sharif bzw. Herat ist das Leben des Beschwerdeführers nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gefährdet oder er dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung bedroht. Der Beschwerdeführer wird in der Lage sein, sich in der dortigen Gesellschaft zurecht zu finden.
Der Beschwerdeführer ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger und arbeitswilliger Mann, der bereits über Arbeitserfahrung verfügt und bereits in der Lage war, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Der Beschwerdeführer hat sieben Jahre lang eine Schule (davon fünf Jahre eine afghanische) besucht und spricht Dari/Farsi, eine der Landessprachen auf muttersprachlichem Niveau. Er kennt durch seine afghanischen Eltern und den Besuch der afghanischen Schule im Iran die Sitten und Gepflogenheiten seines Herkunftsstaats.
Der Beschwerdeführer wird auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine nachhaltige existenzielle Notlage geraten, da er in der ersten Zeit auf Programme für Rückkehrer zurückgreifen kann, in deren Rahmen auch eine Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Im Übrigen kann er seinen Lebensunterhalt zunächst, bis er eine Arbeit findet, mit Gelegenheitsarbeiten finanzieren.
Zum Leben des Beschwerdeführers im Iran und die diesbezüglich vorgebrachten Fluchtgründe ist auf die rechtliche Beurteilung zu verweisen.
Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
Das Bundesverwaltungsgericht trifft folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 ergänzt um mehrere Kurzinformationen, die letzte vom 23.11.2018 [Schreibfehler teilweise korrigiert]:
Zu Kabul:
Bei Kabul handelt es sich um eine für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, über den Flughafen gut und sicher erreichbare, sichere und relativ stabile Stadt, auch wenn es dort in jüngster Zeit vermehrt zu vereinzelten öffentlichkeitswirksamen Anschlägen kommt. Diese richten sich weiterhin größtenteils gegen ausländische Organisationen bzw. Einrichtungen oder solche der Regierung. Die Situation am Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie hinsichtlich der Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern ist zwar sehr angespannt, jedoch ist die Versorgung der Bevölkerung mit diesen grundlegend gesichert. Der Beschwerdeführer ist, aufgrund seiner Schulausbildung und seiner Berufserfahrung, in der Lage sich in Kabul eine Existenz aufzubauen, auch wenn er seinen Lebensunterhalt in der ersten Zeit mit Gelegenheitsjobs finanzieren wird müssen. Es kann nicht festgestellt werden, dass er in Kabul in eine, seine Existenz gefährdende, exzeptionelle Notlage geraten würde.
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).
Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).
In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).
Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).
Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.
Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul
Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul
Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).
Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).
Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018).
Zu Mazar-e Sharif:
Die Stadt Mazar-e Sharif ist genauso wie Kabul über einen Flughafen sicher erreichbar und wird der Beschwerdeführer auch dort in der Lage sein, sich eine Existenz aufzubauen. Zwar gilt auch für Mazar-e Sharif, dass die Lage am Arbeitsmarkt und Wohnungsmarkt extrem angespannt ist und trifft dies auch auf die Versorgungslage mit den lebensnotwendigsten Gütern zu, jedoch ist auch hier die Versorgung der Bevölkerung grundlegend gesichert und wird der Beschwerdeführer zumindest mit Gelegenheitsjobs sein Leben finanzieren können.
Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).
Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).
Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:
Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).
Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).
Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).
Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).
In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Balkh
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).
Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh
Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).
Zu Herat
Herat ist, ebenso wie Kabul und Mazar-e Sharif, über einen Flughafen sicher erreichbar und auch an das hochrangige Straßennetz angeschlossen. Der Beschwerdeführer wird auch in Herat in der Lage sein, sich dort eine Existenz aufbauen zu können. Auch in Herat ist die Lage am Wohnungs- und Arbeitsmarkt sowie die Versorgungslage mit den lebensnotwendigsten Gütern extrem angespannt, aber nach den herangezogenen Länderberichten nicht als katastrophal anzusehen. Auch in Herat wird es dem Beschwerdeführer möglich sein, trotz anfänglicher Schwierigkeiten, zumindest mit Gelegenheitsjobs seinen Lebensunterhalt sichern zu können.
Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat- Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).
In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).
Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran- Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).
Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).
Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).
Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage
Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).
Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).
Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Herat
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat
Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;
vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;
vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban- Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).
Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).
ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).
Logar:
Logar befindet sich 65 km südlich von Kabul. Die Provinz grenzt im Norden an Kabul. im Osten an Nangarhar. im Süden an Paktia. im Westen an Maidan Wardak und im Südwesten an Ghazni. Logar besteht aus folgenden Distrikten: Mohammad Agha/Mohammadagha. Sarkh/Charkh. Kharwar. Baraki Barak/Barakibarak. Khwaki/Khoshi. Azrah/Azra und Pole Alam/Pul-e-Alam. Die Provizhauptstadt ist Pole Alam und befindet sich im gleichnamigen Distrikt (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o. D.. UN OCHA 4.2014). In Barakibarak befindet sich ein Militärflughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation. Kapitel 3.35.). Verschiedene Teilstämme der Paschtunen. Tadschiken. Hazara und Kuchi leben in der Provinz (Pahjwok o.D.; vgl. NPS o.D.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 405.109 geschätzt (CSO 4.2017).
Im Distrikt Mohammadagha befindet sich die Ortschaft Mes Aynak. auf Dari "Kupferquelle". ein Ort. der für seine archäologischen Funde und Kupfervorkommen bekannt ist (Tolonews 28.2.2018; vgl. TD 28.2.2018. CNBC 6.4.2017. TaD 3.4.2017). Im Jahr 2007 unterzeichnete Afghanistan ein 30 jähriges Pachtverhältnis mit chinesischen Unternehmen zum Ausbau des Mes Aynak Kupferbergwerks; das Projekt musste jedoch aus verschiedenen Gründen (Probleme seitens der chinesischen Partner. Schwierigkeiten in der Wertschöpfungskette. Sicherheitsgründe usw.) derzeit eingestellt werden (TD 28.2.2018; vgl. FW 15.2.2018. TD 7.1.2017). Abgesehen von zwei
Sicherheitsvorfällen in 2008 und 2012 wurde Mes Aynak von direkten Angriffen seitens Aufständischer verschont (FW 15.1.2017; vgl. TD 7.1.2017). Die Taliban versprachen Ende 2016, sich nicht mehr in die Bauarbeiten des Mes Aynak Kupferbauwerks einzumischen und die Regierung erhöhte das Polizeikontingent vor Ort (TD 28.2.2018; vgl. TD 7.1.2017, FW 15.1.2017, DW 1.12.2016).
Logar gehörte 2017 zu den Opium-freien Provinzen (UNODC 11.2017).
Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage
Logar gehört zu den volatilen Provinzen Afghanistans (Tolonews 12.2.2018; vgl. Khaama Press 21.11.2017). Einem hochrangigen Polizeibeamten zufolge hat sich die Sicherheitslage im Vergleich zur Vergangenheit verbessert. Außerdem plane man, Operationen gegen die Taliban zu verstärken (IWPR 5.3.2018). Aufgrund der Nähe zu den Außendistrikten der Stadt Kabul, fanden in Logar heftige Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften statt (Tolonews 12.2.2018).
Im Jahr 2017 gehörte Logar zu den Provinzen mit der höchsten Anzahl registrierter Anschläge (Pajhwok 14.1.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 156 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in Logar 148 zivile Opfer (67 getötete Zivilisten und 81 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen und Luftangriffen. Dies bedeutet einen Rückgang von 35% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Obwohl die Gefechte u.a. in Logar stiegen, sank in der Provinz die Anzahl der zivilen Opfer in Folge von Bodenoffensiven (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Logar
ANA-Beamten zufolge verstärken afghanische Truppen ihre militärischen Operationen gegen die Taliban in der volatilen Provinz, um die Stellungen der Aufständischen zu zerstören (Tolonews 12.2.2018). So werden in Logar regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Pajhwok 25.3.2018; vgl. Tolonews 3.3.2018, Tolonews 12.2.2018, Pajhwok 21.1.2018, Tolonews 4.2.2018, Khaama Press 4.1.2017, Khaama Press 21.11.2017, TIE 30.10.2017, Pajhwok 14.10.2017); dabei wurden Talibananführer und Mitglieder des Haqqani-Netwerkes getötet (Tolonews 12.2.2018; vgl. Khaama Press 21.11.2017, TIE
30.10.2017, TNI 28.9.2017, Tolonews 11.9.2017). Luftangriffe werden durchgeführt (Pajhwok 25.3.2018; vgl. MENAFN 24.2.2018, Pajhwok 30.8.2017); dabei wurden Aufständische getötet (Pajhwok 25.3.2018; vgl. TNI 28.9.2017, Tolonews 3.8.2017, Pajhwok 4.1.2017). Zusammenstöße zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 12.2.2018; vgl. Gandhara 5.11.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Logar
Talibankämpfer sind in einigen Distrikten der Provinz aktiv (Tolonews 12.2.2018; vgl. TP 12.2.2018, Pajhwok 27.12.2017, HT 28.11.2017, Xinhua 25.10.2017, Reuters 29.4.2017). Auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, über eine Präsenz in Teilen der Provinz zu verfügen und verschiedene Angriffe in Logar auszuüben (Tolonews 11.9.2017; vgl. The Diplomat 15.11.2016, Khaama Press 30.5.2016). In einigen abgelegenen Distrikten der Provinz versuchten Taliban, ihre religiösen Ansichten in den Schulen zu verbreiten (Pajhwok 11.3.2018; vgl. IWPR 5.3.2018). Im März 2017 versuchte der IS, junge Männer in der Provinz Logar zu rekrutieren (JF 26.1.2018), auch wurden tschetschenische Staatsbürger, möglicherweise Anhänger des IS, in der Provinz Logar verhaftet (Tolonews 30.11.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in Logar IS-bezogene Vorfälle (Gefechte) registriert (ACLED 23.2.2018).
Kurzinformationen:
KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)
Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).
Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).
Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).
KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)
Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:
Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Milionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Milionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a). Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilsten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).
Zivile Opfer
Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).
Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert, davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018). Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018). Regierungfreundliche Gruppierungen waren für
1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).
KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)
Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:
Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).
Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).
Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018).
Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).
Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).
Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Zivile Opfer
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Lufta