TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/31 W215 2179090-3

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Veröffentlicht am 31.07.2019
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Entscheidungsdatum

31.07.2019

Norm

AVG §35
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

1) W215 2128408-3/2E

2) W215 2128409-3/2E

3) W215 2128407-3/2E

4) W215 2179090-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von XXXX alle Staatsangehörigkeit Republik Tadschikistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2019, Zahlen

1) 1072170907-181077804, 2) 1072171000-181077863, 3) 1092082800-181077871 und

4) 1165494407-181077910, zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 35 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991,

BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), in der Fassung BGBl. I Nr. 137/2001, stattgegeben und die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (P1) ist der Ehegatte der Zweibeschwerdeführerin (P2) und beide sind die Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer (P3 und P4).

1. Erste Asylverfahren:

Alle Beschwerdeführer sind tadschikischer Staatsangehörige. P1 hat vor seiner Reise nach Österreich immer wieder in der Russischen Föderation gearbeitet. P1 und die XXXX P2 reisten problemlos, legal über einen internationalen Flughafen aus der Republik Tadschikistan aus und stellten am 07.06.2015 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Nach den Geburten von P3 und P4 in Österreich wurden für diese von ihren gesetzlichen Vertretern ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) bis

3) 06.05.2016 und 4) 07.11.2017, Zahlen 1) 1072170907-150620559, 2) 1072171000-150620567,

3) 1092082800-151609600 und 4) 1165494407-170990393, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß

§ 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß

§§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, unter einem gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Genannten jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass deren Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Tadschikistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für deren freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Nach fristgerecht eingebrachten Beschwerden fand am 09.05.2017 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Danach wurden die Beschwerden mit Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.01.2018, Zahlen

1) W233 2128408-1/14E, 2) W233 2128409-1/12E, 3) W233 2128407-1/8E und

4) W233 2179090-1/2E, als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß

Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Diese Erkenntnisse wurden dem Vertreter der Beschwerdeführer am 15.01.2018 zugestellt und danach beim Verwaltungsgerichtshof außerordentliche Revisionen erhoben.

Die Beschwerdeführer reisten zwischendurch illegal in die Bundesrepublik Deutschland, von wo sie nach Österreich abgeschoben wurden.

Mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs vom 04.10.2018, 2018/18/00095 bis 0098-12, wurde die Revisionen zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer kamen ihren Ausreiseverpflichtungen nicht nach und blieben illegal im Bundesgebiet.

2. Zweite Asylverfahren

Während ihres illegalen Aufenthaltes brachten P1 und P2 für sich sowie P3 und P4 am 12.11.2018 ihre zweiten bzw. Folgeanträge auf internationalen Schutz beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2019, Zahlen

1) 1072170907-181077804, 2) 1072171000-181077863, 3) 1092082800-181077871 und

4) 1165494407-181077910 wurden die zweiten Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer in Spruchpunkt I. gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurden den Beschwerdeführern Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. In Spruchpunkt III. wurden gegen die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß

§ 46 FPG nach Tadschikistan zulässig ist. In Spruchpunkt V. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht und in Spruchpunkt VI. wurden gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG gegen die Beschwerdeführer auf drei Jahre befristete Einreiseverbote erlassen. Gegen diese Bescheide erhob der Vertreter am 10.07.2019 fristgerecht Beschwerden.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zahlen

1)

W215 2128408-2/3E, 2) W215 2128409-2/3E, 3) W215 2128407-2/3E und

4)

W215 2179090-2/3E, werden die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der Bescheide wegen entschiedener Sache als unbegründet abgewiesen und die Beschwerden gegen Spruchpunkte II. bis V. gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 52 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, und § 55 Abs. 1a FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013 als unbegründet abgewiesen. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt VI. wird gemäß

§ 53 Abs. 1 und Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, stattgegeben und diese Spruchpunkte ersatzlos behoben. Revisionen werden gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, für nicht zulässig erklärt.

3. Gegenständliche Verfahren

Mit gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2019, Zahlen 1) 1072170907-181077804, 2) 1072171000-181077863, 3) 1092082800-181077871 und 4) 1165494407-181077910, wurden gemäß § 35 AVG Mutwillensstrafen in der Höhe von jeweils Euro 300,- verhängt. Begründend wurde ausgeführt, dass P1 und P2 für alle Beschwerdeführer, nachdem ihre ersten Asylverfahren in Rechtskraft erwachsen waren und der VwGH mit Beschluss vom 04.10.2018 außerordentliche Revisionen zurückgewiesen hatte, am 12.11.2018, sohin knapp fünf Wochen nach Beschluss des VwGH, neuerliche Asylanträge stellten, wobei sie sich auf ihre Fluchtgründe in den ersten Verfahren bezogen. Neues Vorbringen sei nicht erstattet worden. Dass die Anträge nur wenige Wochen seit Rechtskraft der Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes gestellt wurden, musste den Beschwerdeführerin in Ermangelung einer Änderung der Faktenlage und aufgrund der zeitlichen Abfolge bewusst sein. Es sei sohin offenkundig, dass die Anträge ausschließlich mit dem Ziel gestellt wurden, die rechtmäßige Abschiebung in den Herkunftsstaat zu verhindern.

Gegen diese Bescheide vom 06.06.2019, Zahlen 1) 1072170907-181077804, 2) 1072171000-181077863, 3) 1092082800-181077871 und 4) 1165494407-181077910, zugestellt am 12.06.2019, erhob der Vertreter am 10.07.2019 fristgerecht gegenständliche Beschwerden und brachte zu den Mutwillensstrafen zusammengefasst vor, dass es sich dabei um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verwaltungsverfahrens handle, welche laut VwGH Judikatur die Behörde vor Behelligung, die Partei aber vor Verschleppung der Sache schütze. In den konkreten Fällen seien die Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen. Es werde beantragt die Bescheide, allenfalls nach verfahrensergänzenden Maßnahmen, zu beheben und von der Verhängung einer Mutwillensstrafe abzusehen, sowie einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG anzuberaumen.

Die Beschwerdevorlagen vom 18.07.2019 langten am 22.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1. P1 und P2 sind die Eltern der minderjährigen P3 und P4. Alle Beschwerdeführer, sind Staatsangehörige der Republik Tadschikistan.

2. P1 und P2 reisten problemlos legal mit ihren tadschikischen Auslandsreispässen über den internationalen Flughafen aus der Republik Tadschikistan aus, zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein, und stellten am 07.06.2015 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Nach den Geburten von P3 und P4 in Österreich wurden für diese von P1 und P2 ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) bis 3) 06.05.2016 und 4) 07.11.2017, Zahlen 1) 1072170907-150620559, 2) 1072171000-150620567, 3) 1092082800-151609600 und 4) 1165494407-170990393, wurden diese Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß

§§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, unter einem gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Genannten jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass deren Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Tadschikistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für deren freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Nach fristgerecht eingebrachten Beschwerden fand am 09.05.2017 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Danach wurden die Beschwerden mit Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.01.2018, Zahlen

1) W233 2128408-1/14E, 2) W233 2128409-1/12E, 3) W233 2128407-1/8E und

4) W233 2179090-1/2E, als unbegründet abgewiesen und Revisionen gemäß

Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Diese Erkenntnisse wurden dem Vertreter der Beschwerdeführer am 15.01.2018 zugestellt. Mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs vom 04.10.2018, 2018/18/00095 bis 0098-12, wurde dagegen erhobene außerordentliche Revisionen zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer waren ohne Aufenthaltstitel in Österreich als P1 und P2 für sich sowie für P3 und P4 am 12.11.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zweite bzw. Folgeanträge auf internationalen Schutz stellten. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2019, Zahlen 1) 1072170907-181077804, 2) 1072171000-181077863, 3) 1092082800-181077871 und 4) 1165494407-181077910 wurden die zweiten Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer in Spruchpunkt I. gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurden den Beschwerdeführern Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß

§ 57 AsylG nicht erteilt. In Spruchpunkt III. wurden gegen die Beschwerdeführer gemäß

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Tadschikistan zulässig ist. In Spruchpunkt V. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht und in Spruchpunkt VI. wurden gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG gegen die Beschwerdeführer auf drei Jahre befristete Einreiseverbote erlassen. Gegen diese Bescheide erhob der Vertreter am 10.07.2019 fristgerecht Beschwerden.

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zahlen

1) W215 2128408-2/3E, 2) W215 2128409-2/3E, 3) W215 2128407-2/3E und

4) W215 2179090-2/3E, werden die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. dieser Bescheide wegen entschiedener Sache als unbegründet abgewiesen und die Beschwerden gegen Spruchpunkte II. bis V. gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015,

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-VG, in der Fassung

BGBl. I Nr. 56/2018, § 52 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, und § 55 Abs. 1a FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt VI. wird gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, stattgegeben und diese Spruchpunkte ersatzlos behoben. Revisionen werden gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, für nicht zulässig erklärt.

Mit gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2019, Zahlen 1) 1072170907-181077804, 2) 1072171000-181077863,

3) 1092082800-181077871 und 4) 1165494407-181077910, wurden gemäß § 35 AVG Mutwillensstrafen in der Höhe von jeweils Euro 300,-

verhängt.

3. Es kann nicht festgestellt werden, dass für jedermann erkennbar war, dass die ersten Folgeanträge von P1 und P2 für sich sowie P3 und P4 in vollem Bewusstsein der Nutz- und Zwecklosigkeit und offenbar ausschließlich aus Freude an der Behelligung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gestellt wurden.

2. Beweiswürdigung:

1. Die Feststellungen zu den Verwandtschaftsverhältnissen und zur Staatsangehörigkeit (siehe Feststellungen 1.) beruhen auf den Angaben von P1 und P2. In den ersten Asylverfahren lautete der Vorname von P1 XXXX , in gegenständlichen Bescheiden steht jedoch

XXXX . Da in der Beschwerde gegen den Bescheid von P1 dieser Umstand nicht beanstandet wurde, wurden im Zweifel beide Varianten des Vornamens im Spruch angeführt.

2. Die Feststellungen zu den beiden Asylverfahren und zu gegenständlichen Verfahren (siehe Feststellungen 2.) ergeben sich aus den Inhalten der vorliegenden Verfahrensakte, sowie den Akten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

3. Zur Begründung der Feststellungen, dass nicht festgestellt werden kann, dass für jedermann erkennbar war, dass die ersten Folgeanträge in vollem Bewusstsein der Nutz- und Zwecklosigkeit und offenbar ausschließlich aus Freude an der Behelligung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gestellt wurden (siehe Feststellungen 3.), siehe unten 3. Rechtliche Beurteilung zu A).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Ersatzlose Behebung der erstinstanzlichen Bescheide

Mit gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden gemäß § 35 AVG Mutwillensstrafen in der Höhe von jeweils Euro 300,- verhängt.

Gemäß § 35 AVG, in der Fassung BGBl. I Nr. 137/2001, kann gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.

Der Verwaltungsgerichtshof führt zur Mutwillensstrafe aus, dass es sich bei der Mutwillensstrafe nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes handelt, sondern um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verfahrens; die Verhängung einer Mutwillensstrafe soll den VwGH vor Behelligung, die Partei aber vor Verschleppung der Sache schützen (vgl. etwa VwGH vom 16.02.2012, 2011/01/0271 (VwSlg 18.337 A/2012), mwH [VwGH 23.12.2016, Ro 2016/03/0030]).

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, Ra 2018/19/0446, unter anderem zusammengefasst aus, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mutwillig handelt, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und der Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist. Mit der in § 35 AVG vorgesehenen Mutwillensstrafe kann geahndet werden, wer "in welcher Weise immer" die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 2f, zitierten Nachweise aus der hg. Rechtsprechung). Mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen ist mit äußerster Vorsicht umzugehen. Ein derartiger Vorwurf ist nur dann am Platz, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe kommt demnach lediglich im "Ausnahmefall" in Betracht (vgl. VwGH 29.06.1998, 98/10/0183 und VwSlg. 18.337 A/2012).

In den Bescheiden wurden zusammengefasst begründend ausgeführt, dass P1 und P2 für alle Beschwerdeführer, nachdem ihre ersten Asylverfahren in Rechtskraft erwachsen waren und der Verwaltungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 04.10.2018 außerordentliche Revisionen zurückgewiesen hatte, am 12.11.2018, sohin knapp fünf Wochen nach den Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs, neuerliche Asylanträge stellten, wobei sie sich auf ihre Fluchtgründe in den ersten Verfahren bezogen. Neues Vorbringen sei nicht erstattet worden. Dass die Anträge nur wenige Wochen seit Rechtskraft der Erkenntnisse des BVwG gestellt wurden, musste den Beschwerdeführerin in Ermangelung einer Änderung der Faktenlage und aufgrund der zeitlichen Abfolge bewusst sein. Es sei sohin offenkundig, dass die Anträge ausschließlich mit dem Ziel gestellt wurden, die rechtmäßige Abschiebung in den Herkunftsstaat zu verhindern.

Bei der Argumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde nicht darauf eingegangen, dass gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs der Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen nur dann am Platz ist, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt bzw. nicht ausreichend berücksichtigt, dass bei einer diesbezüglichen Beurteilung mit äußerster Vorsicht umzugehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht im Zweifel zugunsten von P1 und P2 davon aus, dass diese nicht wussten, dass ihre ersten Folgeanträge erfolglos sein würden, diese nicht ausschließlich aus Freude an der Behelligung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gestellt wurden und daher in diesen konkreten Fällen die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Voraussetzungen der "Ausnahmefälle" nicht vorlagen.

In den Beschwerden wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, diese Anträge wurden aber nicht plausibel begründet. Der Sachverhalt steht fest. Es haben sich auch in den Beschwerden keine begründeten Hinweise auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit P1 und P2 zu erörtern bzw. lässt sich gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, aus den Akten erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Auch die gebotene Aktualität ist unverändert gegeben. Der Sachverhalt ist auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerden geklärt. Es liegen keine weiteren Anhaltspunkte oder ein Tatsachenvorbringen vor, welche nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Verfahrensausgang führen hätten können, weshalb die in den Beschwerden beantragte öffentliche mündliche Verhandlung entfallen konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

In diesen konkreten Fällen ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In diesen Erkenntnissen wurde dargelegt, dass die erstinstanzliche Begründung zur Verhängung von Mutwillensstrafen nicht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht. Diese Erkenntnisse beschäftigen sich ausschließlich mit der Beurteilung von Rechtsfragen, zu welchen es bereits Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gibt (siehe dazu oben zu A).

Schlagworte

Folgeantrag, Mutwillensstrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W215.2179090.3.00

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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