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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §2 Abs3 Z4 idF 1995/351;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1966 geborenen IK in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Dezember 1995, Zl. 304.587/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, deren genauer Einreisezeitpunkt in das Bundesgebiet dem Akt nicht entnehmbar ist, stellte am 26. April 1994 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, welcher gemäß § 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. August 1994 rechtskräftig abgewiesen wurde.
Die Beschwerdeführerin beantragte sodann am 1. August 1995 neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und gab als Aufenthaltszweck die Familiengemeinschaft mit ihrem österreichischen Ehegatten an, den sie am 21. September 1994 geheiratet hatte. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. Oktober 1995 wurde der Antrag gemäß § 6 Abs. 2 AufG unter Berücksichtigung der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz 1995, BGBl. Nr. 408/1995, mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus abgewiesen.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung bezog sich die Beschwerdeführerin vor allem auf die Eheschließung mit einem österreichischen Staatsbürger und meinte, sie sei als Angehörige eines österreichischen Staatsbürgers nach den Regeln des Völkerrechtes, insbesondere nach Art. 8 MRK, zum Aufenthalt berechtigt. Der Gesetzgeber habe die Absicht gehabt, Angehörige von österreichischen Staatsangehörigen, soweit die Ehe zumindest sechs Monate bestanden habe, zum Aufenthalt zu berechtigen. Aus rein formalistischen Gründen auf eine Sichtvermerkspflicht abzustellen, widerspreche dem Aufenthaltsgesetz.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Dezember 1995 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich darauf, daß sich die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten habe. Sie habe damit das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Daher sei der Antrag gemäß § 6 Abs. 2 AufG abzulehnen gewesen. Die Beschwerdeführerin falle eindeutig nicht in den von der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 privilegierten Personenkreis. Selbst die Z. 4 dieser Verordnung treffe auf sie nicht zu, da sie sich nicht rechtens in Österreich aufhalte. Die Beschwerdeführerin habe als bosnische Staatsangehörige sichtvermerksfrei nach Österreich einreisen und sich hier drei Monate aufhalten können. Anschließend hätte sie Österreich wieder verlassen müssen, was offensichtlich nicht geschehen sei. Am 15. April 1995 sei die Sichtvermerkspflicht für bosnische Staatsangehörige wieder eingeführt worden. Spätestens seit dem 15. April 1995 bedürfe die Beschwerdeführerin für einen Aufenthalt in Österreich eines rechtsrelevanten Titels. Da die Beschwerdeführerin aber laut Aktenlage über keine legale Aufenthaltsberechtigung verfüge, stehe für die Berufungsbehörde fest, daß sie spätestens seit dem 15. April 1995 illegal in Österreich aufhältig sei.
Diese Tatsachen würden auch nicht durch den Umstand der Eheschließung mit einem österreichischen Staatsbürger saniert. Die Beschwerdeführerin habe sich mit der Heirat mit einem Österreicher zwar einen Rechtsanspruch zur Erteilung einer Bewilligung verschafft, allerdings müsse der Rechtsanspruch "formaljuristisch korrekt" beantragt werden, oder es sei der Antrag abzuweisen. Ein Antrag der Beschwerdeführerin vom 26. April 1994 sei rechtskräftig abgewiesen worden, weshalb diese schon am 22. August 1994 Österreich hätte verlassen müssen. Dies habe die Beschwerdeführerin aber laut Aktenlage nicht getan, sei daher offensichtlich schon seit 22. August 1994 illegal in Österreich und zeige mit ihrem Verhalten, daß sie nicht gewillt sei, die österreichischen Gesetze zu beachten und zu respektieren. Dadurch gefährde sie aber die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, weshalb dieser Sachverhalt sohin dem Rechtstatbestand der Norm des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu subsumieren sei. In Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG dürfe daher eine Bewilligung zwingend nicht erteilt werden, dies auch und insbesondere in bezug auf eine eventuelle Beispielswirkung ihres Verhaltens bzw. seiner rechtlichen Konsequenzen gegenüber anderen Fremden. Wegen der Beispielswirkung durch die Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit besonders im Fall der Beschwerdeführerin seien die privaten Interessen nicht zu "priorieren" gewesen. Insbesondere im Fall der Beschwerdeführerin sei der Eingriff in ihr Privat- und Familienleben gerechtfertigt, da die Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen als höherwertig anzusehen sei als die privaten Interessen an der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes führt die Beschwerde aus, daß die Beschwerdeführerin aufgrund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechtes, insbesondere aufgrund des Art. 8 MRK im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigt sei. Durch die Novelle zum Aufenthaltsgesetz scheine die Antragstellung in Österreich legitim zu sein, da bei Abwägung aller zu berücksichtigender Umstände kein Versagungsgrund nach dem Fremdengesetz vorliege, dies deshalb, weil die Einreise legal erfolgt sei und in der Folge bzw. anschließend die aufenthaltsrechtliche Legitimierung durch die Eheschließung vollzogen worden sei. Auch im Hinblick auf Art. 8 MRK könne der Beschwerdeführerin nicht zugemutet werden, lediglich aus formaljuristisch korrekten Gründen das Bundesgebiet verlassen zu müssen, um vom Ausland aus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung stellen zu dürfen. Durch ein Zurückziehen auf eine formaljuristische Argumentation sei weder dem Rechtsstaat noch der Beschwerdeführerin gedient, vielmehr handle es sich um einen Fall einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung. Solle der Novelle tatsächlich Geltung verschafft werden, könne dies nicht dadurch bezweckt werden, daß der ohnedies Berechtigte ausreisen müsse, um - weil eben zum Aufenthalt berechtigt - in der Folge wieder einreisen zu dürfen. Die ratio legis der Gesetzesnovelle wäre dadurch sinnentleert. Weshalb die Beschwerdeführerin eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit der Republik darstelle, sei in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch nicht näher konkretisiert worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 8. Jänner 1996 hatte die belangte Behörde das AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 anzuwenden. Die für die Beurteilung des Beschwerdefalles danach maßgebenden Bestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 6.
...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 10 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichte Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist.
..."
§ 5 Abs. 1 AufG lautet:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides stand bereits die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, in Geltung. § 4 Z. 2 dieser Verordnung (insofern gleichlautend mit § 3 Z. 4 der von der belangten Behörde herangezogenen Verordnung BGBl. Nr. 408/1995) lautet:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
2. Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z. 1 Aufenthaltsgesetz), die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde, ..."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 und § 14 Abs. 1 und 3 FrG lauten (auszugsweise):
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. Der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
"§ 14. (1) Sofern die Bundesregierung zum Abschluß von Regierungsübereinkommen gemäß § 66 Abs. 2 B-VG ermächtigt ist, kann sie zur Erleichterung des Reiseverkehrs unter der Voraussetzung, daß Gegenseitigkeit gewährt wird, vereinbaren, daß Fremde berechtigt sind, ohne Sichtvermerk in das Bundesgebiet einzureisen und sich in diesem aufzuhalten.
...
(3) In Übereinkommen gemäß Abs. 1 und in Verordnungen gemäß Abs. 2 kann unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit vorgesehen werden, daß Fremden ein Sichtvermerk auch nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden kann."
Art. 1 und 3 des im Verhältnis der Republik Österreich zur Republik Bosnien-Herzegowina pragmatisch weiter angewendeten Abkommens zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965, lauteten auszugsweise:
"Artikel 1
(1) Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die einen der im Artikel 3 angeführten Reiseausweise mit sich führen, können ohne Sichtvermerk des anderen Vertragsstaates die Grenzen der Vertragsstaaten überschreiten und sich drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten.
(2) Den Personen, die sich länger als drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten wollen, können die zuständigen Behörden dieses Vertragsstaates die Aufenthaltsberechtigung verlängern.
...
Artikel 3
...
(3) Der Grenzübertritt aufgrund dieses Abkommens ist jugoslawischen Staatsbürgern, die Inhaber eines der nachstehend angeführten gültigen Reiseausweises sind, gestattet:
a)
Reisepaß (persönlicher oder Familienreisepaß)
b)
Diplomatenpaß
..."
Durch die "Teilweise Aussetzung der pragmatischen Weiteranwendung des Abkommens zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der SFR Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht im Verhältnis zur Republik Bosnien-Herzegowina", BGBl. Nr. 252/1995, wurde die Anwendung des Art. 3 Abs. 3 lit. a, c, d, e, f und g des vorhin genannten Abkommens BGBl. Nr. 365/1965, ausgesetzt. Ab dem 15. April 1995 benötigte die Beschwerdeführerin zu einer (legalen) Einreise nach Österreich einen Sichtvermerk.
Die belangte Behörde traf keinerlei Feststellungen über den genauen Zeitpunkt der Einreise der Beschwerdeführerin ins Bundesgebiet, sondern nahm - ohne dies näher zu begründen - lediglich an, diese sei während der Geltung des Sichtvermerksabkommens BGBl. Nr. 365/1965, also vor dem 15. April 1995, ins Bundesgebiet eingereist. Das genaue Einreisedatum der Beschwerdeführerin ist aus nachstehenden Gründen von Bedeutung:
Das obzitierte Abkommen zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der SFR Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965, wurde auf Grundlage der Bestimmung des § 12 des Paßgesetzes 1951, BGBl. Nr. 57 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 61/1954, abgeschlossen. Dieses Abkommen gilt nunmehr (ebenso wie die von der Bundesregierung gemäß § 23 Abs. 2 des Paßgesetzes 1969 abgeschlossenen Abkommen) als auf der Grundlage des § 14 FrG, und zwar dessen Abs. 1, abgeschlossen. Im Artikel 1 Absatz 2 des Abkommens findet sich ausdrücklich die Bestimmung, daß Fremden, die sich länger als drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Staates aufhalten wollen, die Aufenthaltsberechtigung zu verlängern ist. Diese Bestimmung qualifiziert das vorliegende Abkommen als ein solches gemäß § 14 Abs. 3 FrG, da das Abkommen die Möglichkeit der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach sichtvermerksfreier Einreise vorsieht. Dies hat zur Folge, daß eine sichtvermerksfreie Einreise aufgrund dieses Abkommens nach dem 18. Februar 1994 (Inkrafttreten des § 14 Abs. 3 FrG) als Einreise gemäß dieser Bestimmung im Sinn des § 4 Z. 2 der Verordnung
BGBl. Nr. 854/1995 anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1998, Zl. 96/19/1677). Sollte die Beschwerdeführerin also im Zeitraum zwischen 18. Februar 1994 und 15. April 1995 (Aussetzung des obgenannten Abkommens) ins Bundesgebiet eingereist sein, so läge eine Einreise gemäß § 14 Abs. 3 FrG vor.
Daran vermöchte auch der Umstand nichts zu ändern, daß bereits der erste Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rechtskräftig abgewiesen wurde.
§ 4 Z. 2 (erster Fall) der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 stellt ausschließlich auf zwei Kriterien ab, nämlich ob der Antragsteller Angehöriger eines österreichischen Staatsbürgers ist und ob er gemäß § 14 Abs. 3 FrG ins Bundesgebiet einreiste. Ohne Bedeutung für das Vorliegen einer zulässigen Antragstellung im Inland ist es aber, ob der Antragsteller zwischenzeitig erfolglos die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung anstrebte oder nicht. Ebenso ist es - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - für die Zulässigkeit der Inlandsantragstellung ohne Bedeutung, ob sich die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt rechtens in Österreich aufgehalten hat oder nicht. Nach den Intentionen des Gesetzgebers sollten die Ausnahmebestimmungen der aufgrund des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG ergangenen Verordnung gerade solche Personengruppen durch die eingeräumte Möglichkeit der Inlandsantragstellung privilegieren, die - aus welchen Gründen auch immer - eine rechtzeitige Antragstellung nach vorhergegangenem legalen Aufenthalt in Österreich - wie eben nach einer Einreise gemäß § 14 Abs. 3 FrG und dem daran anschließenden rechtmäßigen Aufenthalt von drei Monaten - versäumten (RV 125 Blg NR 19. GP) und sich demnach sowohl im Zeitpunkt der Antragstellung als auch der Entscheidung über den Antrag ohne aufrechten Aufenthaltstitel in Österreich aufhielten.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß der Bestimmung des § 4 Z. 2 der zitierten Verordnung auch nicht zu entnehmen ist, daß die Angehörigeneigenschaft eines aufgrund eines Abkommens gemäß § 14 Abs. 3 FrG eingereisten Fremden bereits im Zeitpunkt der letzten Einreise ins Bundesgebiet bestanden haben müsse (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 und vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/2222).
Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsauffassung, wonach eine Inlandsantragstellung wegen des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Antragstellers im Inland nicht in Betracht komme, unterließ es die belangte Behörde, entsprechende Ermittlungen hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Z. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995, insbesondere zum genauen Zeitpunkt der zuletzt erfolgten Einreise der Beschwerdeführerin durchzuführen. Die belangte Behörde belastete ihren Bescheid - soweit sich dieser auf die Nichteinhaltung der Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG stützt - mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
In Ansehung des von der belangten Behörde ebenfalls herangezogenen Versagungsgrundes nach § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist Nachstehendes auszuführen. Die Beschwerdeführerin tritt der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, sie habe sich auch nach Ablauf des dreimonatigen rechtmäßigen Aufenthalts bzw. nach Erlassung des Bescheides vom 22. August 1994 weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, nicht entgegen. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1996, Zl. 95/19/0269 sowie vom 30. Mai 1997, Zlen. 96/19/0661 bis 0664) rechtfertigt ein länger dauernder Aufenthalt eines Fremden im Anschluß an den dreimonatigen rechtmäßigen Aufenthalt nach sichtvermerksfreier Einreise grundsätzlich die Annahme, der weitere Aufenthalt des Fremden werde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat jedoch dann Platz zu greifen, wenn der sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Fremde zur ausnahmsweisen Antragstellung im Inland berechtigt ist. Durch die im § 6 Abs. 2 dritter Satz in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG enthaltene Verordnungsermächtigung an die Bundesregierung, näher umschriebenen Gruppen von Fremden, die sich nach Ablauf eines gewöhnlichen Sichtvermerkes oder im Anschluß an eine Einreise gemäß § 14 Abs. 3 FrG weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, die Möglichkeit zur Antragstellung im Inland einzuräumen, gab der Gesetzgeber zu erkennen, daß er die vom unrechtmäßigen Aufenthalt solcher zur Antragstellung im Inland berechtigter Fremder ausgehende Störung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens nicht für so gravierend erachtete, daß daraus die gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG maßgebliche Prognose abzuleiten wäre, auch ihr weiterer Aufenthalt aufgrund einer zu erteilenden Bewilligung werde die öffentliche Ordnung (auf diesem Gebiet) gefährden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/19/2066). Aus diesem Grund ist der von der Behörde gebrauchte Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG von der hier aufgezeigten Rechtswidrigkeit der Abweisung aus dem Grunde des § 6 Abs. 2 AufG mitumfaßt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996190622.X00Im RIS seit
06.08.2001