TE Bvwg Beschluss 2019/9/5 W226 2168564-2

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Veröffentlicht am 05.09.2019
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Entscheidungsdatum

05.09.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §32

Spruch

W226 2168564-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über den Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2018 auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.08.2017, W226 2168564-1/3E, abgeschlossenen Verfahrens auf internationalen Schutz:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 32 VwGVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

I.1. Der Antragsteller (im Folgenden: ASt) im Verfahren zu Zl. 13 - 13-830182505-161307605 reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 11.02.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. In diesem ersten Asylverfahren schilderte der Antragsteller, dass er aus Moldawien, genauer aus der Region Transnistrien stamme, er sei mit einem gefälschten russischen Reisepass mit der angeblichen Identität XXXX gereist, dieses Dokument habe ihm ein Schlepper in Transnistrien organisiert. Er selbst heiße XXXX und werde aus näher genannten Gründen von der Polizei in Transnistrien verfolgt.

In diesem ersten Asylverfahren erging mit Erkenntnis vom 28.01.2016, Zl. W146 1438164-1/8E eine abweisende Entscheidung zu den Spruchpunkten gemäß §§ 3 und 8 AsylG. In dieser Entscheidung wurde davon ausgegangen, dass der Antragsteller ein Staatsangehöriger von Moldawien sei, der aus dem Gebiet der nicht anerkannten Region Transnistrien stamme. Das Vorbringen des Antragstellers wurde - aus näher dargestellten Gründen - als nicht glaubwürdig beurteilt.

In weiterer Folge erließ die belangte Behörde am 07.03.2016 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Zudem langte am 19.10.2016 ein Schreiben der zuständigen moldawischen Polizeibehörden ein, woraus sich ergab, dass der Antragsteller zwar Staatsbürger von Moldawien ist, jedoch eine völlig andere Identität besitzt, als im bisherigen jahrelangen Verfahren angegeben.

In weiterer Folge stellte der Antragsteller einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, wobei der BF nunmehr Dokumente zum Beweis seiner - moldawischen - Identität vorlegte.

I.2. Mit Erkenntnis vom 30.08.2017, Zl. W226 2168564-1/3E wurde auch im Folgeverfahren die Beschwerde gegen den nunmehr erlassenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2017 als unbegründet abgewiesen, mit diesem Erkenntnis wurde auch ein gegen den Antragsteller ausgesprochenes Einreiseverbot in Dauer von zwei Jahren bestätigt. In dieser Entscheidung stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der BF nach Mitteilung der moldawischen Behörden eindeutig identifiziert sei, sein Vorbringen wurde wie bereits im ersten Verfahrensgang als völlig unglaubwürdig beurteilt.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.08.2007 erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

I.3. Verfahrensgegenständlich langte nunmehr am 12.02.2018 gegenständlicher Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Dieser Antrag reduziert sich einerseits auf die Übermittlung eines - zum Teil in englischer Sprache gehaltenen - Schriftverkehrs zwischen dem österreichischen Bundesministerium für Inneres, SIRENE Österreich, und der zuständigen rumänischen Polizeibehörde. Laut dem Inhalt dieses Schriftverkehrs teilt die rumänische Polizeibehörde mit, dass der Antragsteller auch Staatsbürger von Rumänien sei und er deshalb das Recht auf freie Bewegung im Schengen-Gebiet habe.

Der gegenständliche Antrag besteht andererseits im Wesentlichen aus zwei Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wobei das erste Schreiben erkennbar für den internen Gebrauch bestimmt ist und folgenden Wortlaut hat: "Anbei ein Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 32 VwGVG mit dem Ersuchen um Weiterleitung an den zuständigen Richter. Zudem wird um Bekanntgabe ersucht, wer die Sachverhaltsdarstellung bezüglich Sozialbetrug und Verschleierung der Identität macht".

Das zweite Schreiben hat folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Mag. Windhager!

Unter Bezugnahme auf oa. Betreff beantragt die ho Behörde die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG."

Eine weitere Begründung des Antrags auf Wiederaufnahme lässt sich der Eingabe vom 12.02.2018 nicht entnehmen und sind auch diesbezüglich keine weiteren Nachreichungen seitens der antragstellenden Behörde erfolgt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.).

II.2. Zu Spruchpunkt A)

II.2.1. Der hier relevante § 32 VwGVG lautet soweit wesentlich:

(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen."

In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, XXIV. GP) wurde festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen aufgrund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen. Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind beziehungsweise die bisherigen Judikaturlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können.

In diesem Sinne sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 28.06.2016, Ra 2015/10/0136, aus, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet sind und daher auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe zurückgegriffen werden kann.

II.2.2. Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Verfahrens ist, dass die das seinerzeitige Verfahren abschließende Entscheidung mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar, also formell rechtskräftig ist. Die Zulässigkeit und auch die Erhebung von Rechtsmitteln bei den Höchstgerichten hindern, selbst wenn der Beschwerde oder der Revision aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, nicht den Eintritt der formellen Rechtskraft (VwGH 16.09.1980, 1079/79; 23.02.2012, 2010/07/0067; 28.02.2012, 2012/05/0026).

II.2.3. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs muss der Wiederaufnahmewerber den Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren stützt, in seinem Antrag aus eigenem Antrieb konkretisiert und schlüssig darlegen. Der Antrag kann nur dann zur Wiederaufnahme führen, wenn Tatsachen vorgebracht werden, auf die mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft, dass sie im wiederaufzunehmenden Verfahren zu einem anderen Bescheid geführt hätten (VwGH vom 26.04.2013, 2011/11/0051).

Im gegenständlichen Verfahren lässt sich eine nähere Begründung dem Antrag auf Wiederaufnahme, somit dem Schreiben vom 12.02.2018 überhaupt nicht entnehmen.

Es entspricht der ständigen Judikatur zu § 9 VwGVG (Inhalt der Beschwerde), dass Mängel des Beschwerdeschriftsatzes nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 AVG iVm. § 17 VwGVG der Verbesserung zugänglich sind. Werden Beschwerden hingegen bewusst mangelhaft gestaltet (etwa "leere" Beschwerden eingebracht), um auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Beschwerdefirst zu erreichen, ist die Beschwerde sofort zurückzuweisen.

Gleiches gilt naturgemäß auch für die Bestimmung des § 32 VwGVG, da auch beim Rechtsinstitut der Wiederaufnahme des Verfahrens dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, dass er im Ergebnis unbegründete und inhaltsleere Anträge auf Wiederaufnahme als zulässig voraussetzen würde. Der gegenständliche Antrag besteht wie dargestellt im Wesentlichen aus der Übermittlung eines Schriftverkehrs zwischen dem österreichischen Innenministerium und der rumänischen zuständigen Polizeibehörde, woraus sich allenfalls ableiten lässt, dass der Antragsteller - auch - rumänischer Staatsbürger sei, nähere Überlegungen und Begründungen zum bisherigen Verfahrensgang, zu den bisher - auch von moldawischen Polizeibehörden festgestellten - Identitäten lassen sich dem nicht näher ausgeführten Antrag auf Wiederaufnahme jedoch nicht entnehmen.

Würde das BVwG derart mangelhafte Anträge zulassen, würde dies zu einem Leerlaufen der vom Gesetzgeber bewusst getroffenen Vorgaben für den notwendigen Inhalt eines Antrags auf Wiederaufnahme und eine im Belieben der beschwerdeführenden Partei stehende Möglichkeit der Erstreckung der Fristen führen (vergleiche dazu betreffend "leere" Beschwerden etwa auch BVwG vom 27.11.2017, Zl. L504 2122576-1/9E und vom 20.02.2017, W183 2141999-2/5E).

Der gegenständliche Antrag war somit als unzulässig zurückzuverweisen, wobei ergänzend darauf hinzuweisen ist, dass das zeitlich mit 2 Jahren befristete Einreiseverbot inzwischen abgelaufen ist, sodass auch diesbezüglich eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht mehr geboten und zulässig wäre.

II.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Begründungsmangel, Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W226.2168564.2.00

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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