TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/5 W111 2117871-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.09.2019
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Entscheidungsdatum

05.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W111 2117871-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2015, Zl. 1031317108-14964786, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.06.2019 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 57 AsylG

2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird in Erledigung der Beschwerde ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG 2005 idgF iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist.

III. Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 idgF wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Georgiens, stellte am 12.09.2014 infolge illegaler Einreise in das Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich der am gleichen Tag abgehaltenen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er gehöre der georgischen Volksgruppe sowie dem orthodoxen Glauben an, sei verheiratet und habe zuletzt als Direktor einer Distributionsfirma gearbeitet. Seine Eltern, seine Schwester, seine Ehefrau und seine drei Kinder hielten sich unverändert in Georgien auf. Der Beschwerdeführer habe seinen Herkunftsstaat vier Tage zuvor illegal und schlepperunterstützt Richtung Österreich verlassen. Zum Grund seiner Flucht führte er an, seine Firma habe seit 2008 die Nationale Bewegung finanziell unterstützt; der Beschwerdeführer habe der Bank zu diesem Zweck zunächst sein Auto und später sein Grundstück als Sicherheitsleistung überlassen. Sein Auto habe er verkauft und den Erlös der Partei gegeben; sie seien erpresst worden. 2012 sei die Firma pleitegegangen und der Beschwerdeführer arbeitslos geworden; dennoch hätten sie weiterhin Geld von ihm verlangt. Bei einer Gerichtsverhandlung habe der Beschwerdeführer sein Grundstück verloren und außerdem eine Geldstrafe von USD 7.000,- erhalten. Der Beschwerdeführer habe sich dann an einen Neffen gewandt, der für die Gemeinde in XXXX gearbeitet hätte und sei im Jahr 2014 vom sogenannten Konstitutions-Sicherheits-Department ("KUD") geladen worden, welches gewollt hätte, dass der Beschwerdeführer als Spion tätig werde. Der Beschwerdeführer habe zugesagt, tatsächlich jedoch nicht für sie gearbeitet. Der Beschwerdeführer habe in Georgien seinen gesamten Besitz verloren und sei am 18.07.2014 von drei ihm unbekannten Männern zusammengeschlagen worden. Er habe bei Verwandten und Bekannten Geld gesammelt, um seine Ausreise finanzieren zu können.

Der Beschwerdeführer legte seinen georgischen Führerschein, seine Geburtsurkunde, die Geburtsurkunden seiner Kinder sowie georgischsprachige Gerichtstunterlagen vor.

Anlässlich seiner am 18.05.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgehaltenen niederschriftlichen Einvernahme gab der Beschwerdeführer zusammengefasst zu Protokoll, er habe bislang wahrheitsgemäße Angaben erstattet, welche korrekt protokolliert worden wären. Zum Grund seiner Flucht schilderte der Beschwerdeführer abermals, dass seine Firma seit 2008 die Nationale Bewegung finanziell unterstützen hätte müssen. Die georgische Polizei würde immer noch nach ihm suchen. Diese hätte dem Beschwerdeführer im Vorfeld seiner Ausreise angeboten, in einem gefährlichen Gebiet als Informant für sie zu arbeiten, diesfalls wäre kein Geld mehr von ihm verlangt worden. Der Beschwerdeführer hätte darüber nachdenken und sich bei ihnen melden sollen, was er jedoch nicht gemacht hätte. Aus diesem Grund sei er auch geschlagen worden. Dies sei der Auslöser seiner Flucht gewesen. In den zwei Monaten zwischen der Schlägerei und seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer bei seinen Eltern gelebt, in diesem Zeitraum sei es zu keinen weiteren Vorfällen gekommen. Der Beschwerdeführer habe keine Beweise für sein Vorbringen, in seinem Bekanntenkreis sei jedoch bekannt, dass er von der Polizei erpresst werde. Auf Vorhalt, dass die Nationale Bewegung nicht mehr an der Macht sei, entgegnete der Beschwerdeführer, die Beamten aus der damaligen Zeit seien immer noch im Amt und es hätte sich nichts geändert. Es sei nur die Oberschicht ausgetauscht worden. Die gleichen Personen, die ihn im Jahr 2009 erpresst hätten, hätten ihn auch 2013 erpresst. Für die Geldabholung seien immer die beiden gleichen Polizisten gekommen, welche auch in "KUD" dabei gewesen wären; geschlagen hätten ihn diese beiden Polizisten und eine weitere unbekannte Person. Der Beschwerdeführer selbst sei nicht politisch tätig gewesen.

Mit Schreiben vom 06.10.2015 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 05.08.2015 zum Thema "KUD" und gewährte ihm die Möglichkeit, diesbezüglich eine schriftliche Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs einzubringen.

Mit Eingabe vom 19.10.2015 langte ein handschriftlich auf Georgisch abgefasstes Schreiben des Beschwerdeführers ein (vgl. die Übersetzung ins Deutsche, AS 143).

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.10.2015 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 6 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, der Beschwerdeführer hätte weder eine asylrelevante Verfolgung, noch Gründe, welche zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen könnten, glaubhaft vorgebracht. Der vom Beschwerdeführer geschilderte Fluchtgrund sei widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer leide an keinen Erkrankungen, habe seinen Lebensunterhalt in Georgien in der Vergangenheit stets eigenständig bestreiten können und verfüge nach wie vor über ein familiäres Netz im Herkunftsstaat, sodass eine Gefahr einer existenzbedrohenden Notlage für den Fall einer Rückkehr nicht erkannt werden könne. Der Beschwerdeführer führe in Österreich kein Familienleben und habe hier keine schützenswerten privaten Interessen begründet, weshalb sich eine Rückkehrentscheidung als zulässig erweise.

3. Gegen den angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die am 10.11.2015 mit Unterstützung einer Rechtsberatungsorganisation fristgerecht eingebrachte Beschwerde im vollen Umfang, zu deren Begründung auf ein auf Georgisch abgefasstes Schreiben des Beschwerdeführers verwiesen wurde, dessen Übersetzung durch das Bundesverwaltungsgericht veranlasst wurde.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 30.11.2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

5. Am 18.06.2019 fand zur Ermittlung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher der Beschwerdeführer, dessen gewillkürter Vertreter, eine Dolmetscherin für die russische Sprache sowie ein informierter Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl teilgenommen haben.

Die gegenständlich relevanten Teile der Verhandlung gestalteten sich wie folgt:

"(...) R: Ist Ihr bisheriges Vorbringen richtig und vollständig?

BF: Meine Angaben waren richtig und vollständig, nachgefragt, ich wurde im bisherigen Verfahren korrekt behandelt, die Einvernahmen wurden mir rückübersetzt.

R: Bitte schildern Sie mir in kurzen Worten Ihren Lebenslauf bis zum dem Punkt, wo Ihre Probleme begonnen haben.

BF: Ich bin geboren am XXXX in XXXX (Südossetien), vor meinem Schuleintritt lebten wir dort. Ich hatte zwei Schwestern, eine ist leider schon verstorben und ich habe noch die Eltern dort. Ich bin in XXXX zur Schule gegangen. Dann habe ich begonnen in Abchasien begonnen zu studieren Wirtschaftswesen und ich musste abbrechen und bin zurückgekehrt von dort. Wirtschaft habe ich dann in Georgien fertigstudiert und zwar in Richtung Finanzen und Kredite. Studiert habe ich von 1991 bis 1996. Ich habe in vielen Firmen gearbeitet, ich hatte viele Jobs, seit 2003 arbeitete ich in der XXXX XXXX , sie verkauften polnische Kosmetik. Es war ein Konzern, wir verkauften in ganz Georgien. Es haben ca. 42 Leute dort gearbeitet. Ich war anfangs nur gewöhnlicher Mitarbeiter, dann bin ich aufgestiegen bis zum Direktor der Firma, ich war immer nur angestellt. In diese Firma haben meine Probleme ab 2008 begonnen. Ich bin 2010 aus der Firma freiwillig ausgeschieden. 2010 habe ich meine eigene Firma eröffnet, XXXX . Ich war der 100%ige Eigentümer der Firma, aber ich hatte 42 Mitarbeiter. Die alte Firma hat noch lange existiert, aber dort hat man neue Leute aufgenommen. Das hat einige Monate gedauert, aber es war alles 2010 in verschiedenen Etappen. Bis 2013 haben wir gearbeitet in der Firma XXXX , dann haben wir Konkurs angemeldet für diese Firma, die Geschäfte liefen gut, aber wegen diesen Summen, die man regelmäßig von uns verlangte, sind wir schon im Konkurs gewesen. Wegen dieser Zahlungen mussten wir Konkurs anmelden. Danach haben wir dann noch eine neue Firma eröffnet, das war schon eine XXXX , da waren schon alle Mitarbeiter Aktienmitbesitzer, wir waren nur mehr 12 Personen. Diese Firma gibt es heute noch und sie funktioniert noch weiter, ich habe nur meine Anteile für 15.000 Dollar für meine Ausreise an einen der anderen Aktionäre verkauft, das war 2013, ich glaube im September.

R: Wie hoch war das Stammkapital der AG?

BF: Jede Person war mit 10.000 Dollar beteiligt.

R: Wie hoch war das Stammkapital?

BF: Pro Person 10.000 Dollar. Wir waren 12 Mitarbeiter und ich. Das Stammkapital war 135.000 Dollar, ich trug 15.000 Dollar ein.

R: Was ist der Umsatz einer Firma?

BF: Mit Kapital haben wir eingekauft und dann verkauft, das war der Umsatz, was in einem gewissen Zeitraum gekauft und verkauft wurde.

R: Ich kaufe Waren um 10.000 und verkaufe Güter um 12.000, wie hoch ist der Umsatz?

BF: 12.000 ist der Umsatz und der Gewinn 2.000.

R: Der Umsatz ist die Summe von Ausgaben und Einnahmen, dh. in diesem Fall 22.000.

BF: 12.000 habe ich eingenommen.

R: Ich fragte auch nach dem Umsatz und nicht nach den Einnahmen.

R: Sind Ihre seinerzeitigen vorgebrachten Verfolgungshandlungen heute noch aktuell?

BF: Man kann sagen, dass ist deshalb aktuell, weil wegen dieser Probleme hat sich meine Frau von mir scheiden lassen und hin und wieder kommen die Leute immer noch zu ihr und fragen wo ich bin, was ich mache und erkundigen sich über mich. Sie hat sich 2016 von mir scheiden lassen.

R: Sie haben vorher angegeben, in Ihrer Firma bis September 2013 gearbeitet zu haben und danach waren Sie selbständig nicht mehr tätig?

BF: Meine Frau war Einzelunternehmerin, bei ihr habe ich dann nach meinem Ausscheiden aus der Firma gearbeitet. Ich möchte angeben, dass meine Firma eine GesmbH war.

R: Sie haben vorher angegeben, dass es eine AG war. Zwischen einer AG und einer GesmbH besteht ein großer Unterschied.

BF: Das Prinzip war eine AG, aber die Form eine GesmbH, jeder Mitarbeiter war mitbeteiligt.

R: Wenn Sie Wirtschaft studiert haben, müsste Ihnen doch klar sein, dass es zwischen einer AG und einer GesmbH ein fundamentaler Unterschied besteht.

BF: Ja, natürlich.

R: Faktum ist jedenfalls, dass Sie sich im September 2013 auszahlen haben lassen, ist das richtig?

BF: Ja, das ist richtig.

R: Wieso haben Sie dann in der Einvernahme vom 18.5.2015 angegeben, dass diese Auszahlung bzw. Tätigkeit im Jänner 2013 stattgefunden hat?

BF: Ich habe die Firma Anfang 2013 gegründet.

R: Ich zitiere AS 111: "Ich habe die Firma XXXX in XXXX , XXXX , gegründet. Dort habe ich bis Jänner 2013 gearbeitet. Dann hat mir mein Geschäftspartner die Firma abgekauft. Wie erklären Sie sich den Unterschied?

BF: Ich weiß es nicht, ich habe die Monate nicht mehr genau im Kopf gehabt.

R: Um wie viel haben Sie die Anteile verkauft?

BF: 15.000 Dollar.

R: Bitte schildern Sie mir detailliert und chronologisch richtig, warum Sie Ihre Heimat verlassen haben. Beginnen Sie mit dem am weitest zurückliegenden Problemen und enden Sie bei Ihrer Ausreise.

BF: Das hat 2008 begonnen. Jeder Monat, seit 2008, hat die Partei nationale Bewegung von unserer Firma 5.000 Euro geholt, das sind ca. 7.000 US Dollar, es kamen regelmäßig zwei Personen, die gleichen zwei Personen jeden Monat. 2009 kamen sie, als der Besitzer unserer Firma nicht in Georgien war. Als sie kamen, habe ich ihn angerufen und er hat mich gebeten, nicht von der Firma die Summe zu nehmen, sondern sie selber auszubezahlen, denn ich habe noch nie vorher das unterschrieben, das hat immer der Besitzer selber erledigt. Er hat mich gebeten, er hat gesagt, wenn ich zurück bin, gebe ich dir diese Summe, das hat er am Telefon gesagt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich ein gutes Verhältnis zu meinem Chef hatte und daher dies so machte. Ich hob von meinem Privatkonto 7.000 US Dollar ab und dafür habe ich bei der Bank mein Auto verpfänden müssen und habe diesen Leuten 7.000 gegeben. Nach der Rückkehr hat mir der Chef das Geld nicht mehr gegeben. Ich hatte auch nirgendwo etwas Schriftliches, dass ich für ihn bezahlt habe, das war nur eine mündliche Bitte gewesen.

R: Sie vertrauen Ihrem Chef so, dass Sie, ohne etwas Schriftliches in der Hand zu haben, 7.000 Dollar vorstrecken und schildern jetzt völlig emotionslos, dass Sie das Geld nicht zurückbekommen haben. Waren Sie nicht befremdet?

BF: Seitdem waren wir auch nicht mehr befreundet.

R: Wie ging es dann weiter?

BF: Es kamen jetzt jeden Monat diese Polizisten zu mir und verlangten das Geld und ich musste Ihnen das Geld geben.

R: Was haben Sie darauf geantwortet?

BF: Das ist das Problem in Georgien, hätte ich nicht bezahlt, hätte ich größere Probleme bekommen.

R: Warum haben Sie nicht gesagt, dass sie sich an den Chef wenden sollen?

BF: Ich war Direktor und er war der Besitzer.

R: Wenn Sie Direktor waren, warum haben Sie dann keinen Zugriff auf Firmenkonten gehabt?

BF: Das Problem war, dass diese Personen inoffiziell kamen, ich konnte nicht inoffiziell Geld vom Konto nehmen, die Polizisten verlangten ja illegales Geld. Wäre es offiziell gewesen, hätten wir das überwiesen.

R: Sie hätten auf die Bank gehen können, 7.000 Dollar beheben und bar übergeben.

BF: Wenn ich vom Firmenkonto etwas abgehoben hätte, hätte ich etwas unterschreiben müssen, ich hätte Schuld auf mich genommen, da ich keine Ausgabebelege gehabt hätte.

R: Wie oft haben Sie das gemacht?

BF: Einige Male, ich weiß nicht mehr wie oft. Drei- oder viermal, bis ich diese Firma verlassen habe.

R: Wie viel haben Sie im Monat verdient?

BF: 3.000 Lari, das sind ca. bis 2.000 Dollar.

R: Sie verdienen 2.000 Dollar, sie streckten Ihrem Chef einmal 7.000 Dollar vor, ohne dass er es Ihnen zurückgibt, sie sind begreiflicherweise über den Chef enttäuscht. Dann entbehrt es aber jeder Lebensgrundlage, dass Sie weiterhin Geld vorstrecken. Dann wäre es logisch gewesen, das Geld sofort vom Chef zurückzufordern oder sofort auszutreten.

BF: Ich habe gehofft, dass es besser wird. Ich habe gehofft, mein Chef ändert seine Meinung.

R: Wann sind Sie aus der Firma ausgetreten?

BF: 2010.

R: Warum?

BF: Weil das nicht mehr auszuhalten war und ich hoffte, dass sie mich danach in Ruhe lassen würden.

R: Wie ist es dann weitergegangen?

BF: Wir haben diese XXXX gegründet, dann sind sie wieder zu mir gekommen und haben wieder Geld von mir verlangt. Die Firma XXXX ist in Konkurs gegangen Ende 2012, ca. zwei Jahre war diese Firma tätig, ca. 2012 war sie in Konkurs. 2013 habe ich eine neue Firma gegründet, die Firma XXXX

R: XXXX wurde erst 2013 gegründet?

BF: Ja, ich habe es so in Erinnerung.

R: Wann sind Sie dann ausgestiegen?

BF: Auch 2013.

R: Gesetzt den Fall, Ihr Vorbringen wäre richtig, inwieweit sind die korrupten Machenschaften der seinerzeitigen Regierung bzw. Ihrer Vertreter, Polizisten, heute von Relevanz, zumal mehr als 5 Jahre vergangen sind und die Regierung sich geändert hat.

BF: Die Regierung wurde ausgetauscht, aber die anderen Leute der unteren Schichten sind noch immer an diesen Positionen.

R: Bitte schildern Sie mir, was weiters passiert ist.

BF: Im Mai 2013 wurde ich zu den ehemaligen Sicherheitsorganen bestellt, und sie haben mich bestellt. Das heißt Verfassungsschutzabteilung.

R: Wann hätten Sie dorthin gehen sollen?

BF: Ich war dort, im Mai 2013.

R: In der Einvernahme vom 18.5.2015 haben Sie angegeben, dass Sie am 28.5.2014 dort gewesen sein sollen.

BF: Ja, richtig, stimmt. Das war ein paar Monate vor meiner Ausreise, das war mein Fehler richtig.

R: Wie viele Monate vor Ihrer Ausreise?

BF: Im September 2014 bin ich ausgereist, im Juli war der Vorfall, als ich geschlagen wurde und im Mai davor war das.

R: Warum haben Sie dann vorhin vom Jahr 2013 gesprochen?

BF: Ich habe mich geirrt. Das war drei, vier Monate bevor ich ausgereist bin.

R: Was haben Sie nachher getan, nachdem Sie zusammengeschlagen wurde?

BF: Ich wurde am 18.07.2014 geschlagen, seitdem habe ich begonnen über die Ausreisemöglichkeiten zu suchen. Zuerst habe ich meine Familie ins Dorf XXXX (phonetisch) gebracht, dort habe ich meine Familie zurückgelassen. Ich dachte, dort wären sie in Sicherheit, ich war auch dort.

R: Was war in XXXX

BF: Das ist mein ursprüngliches Dorf, dort wohnen meine Eltern immer noch. Nach meiner Ausreise ist meine Frau mit den Kindern in ein anderes Dorf namens XXXX gegangen, wo ihre Eltern leben.

R: Wie viele Personen haben Sie geschlagen?

BF: Sie waren zu dritt, zwei kannte ich, es waren die zwei die immer kamen, um Geld zu holen, den dritten kannte ich nicht.

R: Wie viel hat Ihre Ausreise gekostet?

BF: 2.500 Euro.

R: Wie hoch war Ihr Bankkonto bei Ausscheiden aus der Firma im Jahre 2010?

BF: Gar nichts hatte ich.

R: Wie konnten Sie dann 15.000 Dollar bezahlen, um später eine Firma zu gründen?

BF: In der Bank hatte ich kein Geld, aber dann habe ich mit Hilfe von Freunden usw. das zusammengesammelt, ich habe statt dem Auto mein Grundstück verpfändet und dann mein Auto verkauft.

R: Wie viel haben Sie für das Auto bekommen?

BF: Ca. 6.000 Dollar. Ich hatte Grundstücke im Dorf, da habe ich einiges verkauft, mein Vater hat immer noch Grundstücke.

R: Ihr bisheriges Vorbringen hat zahlreiche Ungereimtheiten, darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die seinerzeitige hypothetische Verfolgung heute keinesfalls mehr aktuell ist (Regierungsumbildungen und Behördenumstrukturierungen). Möchten Sie angesichts dessen Ihre Beschwerde gegen Spruchpunkt 1 aufrechterhalten?

Die Verhandlung wird von 15:18 Uhr bis 15:25 Uhr unterbrochen.

RB: Nach Rücksprache mit meinem Mandanten möchte ich angeben, dass wir die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1 aufrechterhalten.

R: Möchten Sie zum Fluchtvorbringen noch etwas hinzufügen bzw. ergänzen?

BF: Ich kann nur sagen, dass ich weiß, dass diese Leute immer noch dort arbeiten und ich im Falle meiner Rückkehr Angst vor diesen Leuten habe. Am besten Fall könnten sie mich einsperren und im schlechtesten Fall, weiß ich nicht.

R: Wenn man den Inhaber einer Firma erpresst, ist das aus der Perspektive eines korrupten Beamten logisch, aber warum sollte man jemanden erpressen, der kein Geld hat bzw. könnte man da jeden Staatsbürger Georgiens erpressen.

BF: Genau das war, wie sie mich dorthin bestellt haben im Mai und haben gesagt, wir wissen, du hast kein Geld, aber dafür kannst du für uns arbeiten, die Voraussetzung war, dass ich mit meiner Familie nach Südossetien ziehen sollte. Ich sollte für sie verschiedene Informationen sammeln.

R: Welchen speziellen Wert hätten Sie gehabt? Es gibt tausende Menschen im georgischen Kernland, die aus Südossetien stammen.

BF: Ich stand schon unter Druck und sie haben mir die Wahl gegeben.

R: Was wären Ihre Aufträge gewesen?

BF: So weit sind wir nicht gekommen, sie haben gesagt, ich sollte für sie Informationen sammeln.

R: Wenn jemand als Informant eines Nachrichtendienstes angeworben wird, ist er in einer Position, dass er Nachrichten liefern kann. Sie selbst haben lange Zeit nicht mehr in Südossetien gelebt. Deshalb ist es völlig lebensfern, dass Sie als Informant angeheuert wurden.

BF: Sie verstehen nicht, die Situation die in Georgien herrscht. Sie können mich für alle Seiten, von den Kleinigkeiten bis zu den wichtigen Sachen, brauchen und mich immer unter Kontrolle halten.

R: Wann haben Sie erstmals 7.000 Euro bezahlen müssen?

BF: 2009.

R: Wie viel haben Sie insgesamt den Behörden bezahlt?

BF: Ca. 20.000.

R: Wann haben Sie den ersten Kredit aufgenommen?

BF: 2009.

R: Wie konnten Sie die Kreditraten zurückzahlen?

BF: Am Anfang konnte ich und dann nicht mehr.

R: Wann konnten Sie nicht mehr zurückzahlen?

BF: Die Kreditsumme waren 3.200 Euro, den Rest hatte ich schon zurückbezahlt und dafür hat die Bank meine Landwirtschaft behalten.

R: Fragewiederholung.

BF: Nachdem die zweite Firma geschlossen war, konnte ich nicht mehr zurückzahlen, das war ca. ab Ende 2010 konnte ich nicht mehr zurückzahlen.

R: Wann hat die Bank den Kredit fällig gestellt?

BF: Gleich nach einem Monat, später gab es auch eine Gerichtsverhandlung, das war 2013, glaube ich.

R: Wieso hat die Bank drei Jahre darauf gewartet, dass sie das eingeklagt hat?

BF: Die Prozente sind natürlich immer gewachsen.

R: Die Bank hat nicht geklagt, weil sie noch mehr Verzugszinsen haben wollte?

BF: ich wurde vorher nicht zu Gericht bestellt, die Prozente wuchsen natürlich.

R: Wie hat Ihr Vertreter im Gerichtsverfahren geheißen?

BF: XXXX .

BehV: Sie waren 2010 zahlungsunfähig und haben 2013 15.000 Dollar in die Firma einbringen können, wie geht das?

BF: Mit Hilfe meiner Freunde habe ich diese Summe noch zusammenbringen können.

BehV: Sie haben zuerst gesagt, Sie hätten das Auto gegen Grundstücke in diesem Zusammenhang getauscht.

BF: Ja.

BehV: Das muss aber 2010 gewesen sein, wenn Sie schon pleite waren.,

BF: Ich habe zuerst um Umschuldung angesucht, es wurde abgelehnt, dann habe ich gebeten, statt dem Auto das Grundstück zu nehmen, das Grundstück war ca. 25.000 Dollar wert, das wurde mir für eine ganz geringe Summe weggenommen, statt des Autos.

BehV: 2010 waren Sie aber pleite, pleite ist man dann, wenn man keine Vermögenswerte mehr hat.

BF: Ja, das stimmt. Dann haben mir die Freunde geholfen und Geld für mich gesammelt.

BehV: Die Firmen, für die Sie gearbeitet haben, waren die alle im gleichen Ort in der gleichen Stadt.

BF: Ja, in XXXX .

BFV: Keine weiteren Fragen.

R: Leiden Sie unter schweren oder chronischen Krankheiten?

BF: Nein.

R: Sind Sie arbeitsfähig?

BF: Ja, sehr.

R: Gibt es abgesehen von Ihrem Fluchtvorbringen andere Sachverhalte, die Sie von einer Rückkehr nach Georgien abhalten würden?

BF: Nein, nur diese verbliebene Angst, die ich noch habe.

R: Weiter Fragen zum subsidiären Schutz?

BehV: Keine.

BFV: Keine.

R: Sind Sie der deutschen Sprache mächtig?

BF auf Deutsch: Ein bisschen, nicht so gut.

R ohne D: Wie sind Sie von XXXX nach Wien gekommen? Beschreiben Sie mir die Reise.

BF auf Deutsch: Kommen mit Auto. Ich bin eine Tage, ich waren in XXXX mit Kollege, um 8 Uhr kommen, kommen zwei Uhr hier. Dann 6 Stunden, aber warten in Tankstelle, essen, trinken. Meine Kollege ist Auto warten, ich fahren von Wien nach XXXX .

R: Beschreiben Sie mir Ihre Wohnung in XXXX .

BF auf Deutsch: XXXX

R: Ich habe Sie nicht nach der Adresse gefragt, sondern wie Ihre Wohnung aussieht.

BF auf Deutsch: Meine Wohnung ist 80 m2, ich habe kleine Küche, ist

2. Stock, WC, Dusche, alles zusammen ist max. 30 m2.

R: Sie sagten vorher 80m2.

BF auf Deutsch: 18 m2.

R: Arbeiten Sie?

BF auf Deutsch: Nein.

R: Warum nicht?

BF auf Deutsch: Ich kommen Saison, sie sagen, du hast keine Papiere, Problem.

R: In XXXX ist es aber einfach im Tourismus Arbeit zu bekommen.

BF auf Deutsch: Ich will Arbeit, ich machen Elektrik, ich machen Auto reparieren.

R: Woher können Sie Auto reparieren?

BF auf Deutsch: Das ist meine Hobby. Auch Computer, das ist elektronisch.

Festgehalten wird, dass der BF äußerst gebrochen Deutsch spricht, eine einfachste Verständigung aber möglich ist.

R: Haben Sie Deutschprüfungszeugnisse?

BF auf Deutsch: Prüfung sagen 19. Juli.

Weiter mit D.

R: Was wäre das für eine Prüfung?

BF: A1.

R: Eine A1-Prüfung nach 5 Jahren (offensichtlich, weil wir heute Verhandlung haben) zeigt nicht von großen Anstrengungen Deutsch zu lernen, umso mehr als Sie vorgeben, Akademiker zu sein.

BF: Ja, aber ich mache eine Prüfung. Ich habe 3 fixe Arbeitszusagen.

R: Haben Sie soziale Kontakte in XXXX ?

BF: Ja, ich habe mit vielen Leuten soziale Kontakte, auch mit Österreichern, Schweden, Türken und Georgen auch.

R: Sind Sie in Vereinen oder Organisationen aktiv?

BF: Ich war beim XXXX und bei der Feuerwehr, ich habe gefragt, ob sie mich brauchen könnte, aber leider.

R: Sind Sie damit einverstanden, dass ich die Personen, die Ihnen Empfehlungsschreiben bzw. Einstellungszusagen gegeben habe, kontaktieren.

BF: Ja.

Der R führt um 16:05 Uhr ein Telefonat mit dem Ehepaar XXXX ), diese teilen mit, dass Sie den BF als verlässlichen und passablen Menschen kennengelernt haben. Der Kontakt wäre über einen mittlerweile verstorbenen georgischen Angestellten im Hotel zustande gekommen, gegenwärtig wäre keine Stelle frei. Sollte eine Stelle frei werden, würden Sie ihn anstellen. Der nächste Turnuswechsel wäre im Jänner 2020. Ob bis dahin bzw. dann eine Stelle frei wird, könne man zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen.

Der R führt um 16:08 Uhr ein Telefonat mit XXXX , dieser teilt telefonisch mit, dass er den BF im Ausmaß von 50% beschäftigen würde, die Entlohnung würde ca. 800 Euro ausmachen. Näheres müsse er sich erst überlegen.

Der R versucht ein Telefonat mit XXXX , dieser geht nicht zum Telefon.

Vorgelegt wird das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation betreffend Georgien vom 7.6.201; letzte Kurzinformation eingefügt am 11.12.2018.

BFV und BehV erklären, bereits im Besitzt des entsprechenden LIB zu sein und keine Kopie zu benötigen.

BFV ersucht um eine Frist für eine Stellungnahme von 14 Tagen sowie zur Beibringung weiterer Unterlagen wie einer verbindlichen Anstellungszusage und eines Deutschprüfungszeugnisses.

BehV verzichtet auf eine Stellungnahme.

R: Möchte jemand der Anwesenden noch etwas ergänzen?

BF: Das einzige, was ich noch sagen kann ist, ich bin hier natürlich aufgeregt und konnte nicht so gut antworten, wenn ich mit anderen Österreichern spreche, kann ich besser auf Deutsch verstehen und sprechen.

BFV: Keine weiteren Fragen.

BehV: Keine weiteren Fragen.

R: Sind Sie in Kontakt mit Ihrer Familie in Georgien, wenn ja, mit wem?

BF: Mit meinen Kindern, mit meiner Tochter, sie ist 20 Jahre, meine Söhne sind 16 und 9 Jahre alt. Die Scheidungspapiere habe ich auch hier, auch übersetzt.

BF legt die Scheidungsurkunde vor, diese wird in Kopie zum Akt genommen. (...)"

Mit Eingaben vom 25.06.2019 und vom 16.07.2019 übermittelte der Beschwerdeführer ein Zeugnis über eine bestandene ÖIF-Integrationsprüfung auf dem Niveau A1 sowie zwei Einstellungszusagen (einerseits als selbständiger Zeitungszusteller mit einem monatlichen Durchschnittsumsatz vom EUR 1.650,- sowie andererseits als Mietwagenfahrer mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von EUR 1.550,-).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer ist volljähriger Staatangehöriger Georgiens, welcher der georgischen Volksgruppe angehört, sich zum orthodoxen Glauben bekennt und die im Spruch ersichtlichen Personalien führt. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein, stellte am 12.09.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Der im Gebiet Südossetiens geborene Beschwerdeführer hat im Vorfeld seiner Ausreise überwiegend in XXXX und XXXX gelebt. In Georgien halten sich unverändert die Eltern, eine Schwester, die geschiedene Ehegattin sowie drei Kinder des Beschwerdeführers auf. Der Beschwerdeführer hat ein Universitätsstudium im Bereich Wirtschaft absolviert und anschließend in unterschiedlichen Unternehmen gearbeitet.

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in Georgien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in Georgien festgestellt werden. Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Dieser ist gesund und zu einer uneingeschränkten Teilnahme am Erwerbsleben in der Lage.

1.3. Der unbescholtene Beschwerdeführer spricht grundlegend Deutsch, hat zuletzt eine Integrationsprüfung auf dem Niveau A1 absolviert und glaubhaft vorgebracht, dass er sich um einen weiteren Ausbau seiner Deutschkenntnisse bemühen werde. Der Beschwerdeführer hat sich ein entsprechendes soziales Netzwerk in Österreich aufgebaut und betonte glaubwürdig seinen Wunsch, ehestmöglich eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, um seinen Lebensunterhalt künftig eigenständig bestreiten zu können. Dieser verfügt über Einstellungszusagen für eine Beschäftigung als Mietwagenfahrer mit einem in Aussicht gestellten Bruttoeinkommen in Höhe von EUR 1.550,-

sowie für eine Beschäftigung als selbständiger Zeitungszusteller mit einem in Aussicht gestellten Nettoeinkommen von rund EUR 1.200,-. Demnach ist eine künftige Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers, welcher seinen Lebensunterhalt gegenwärtig im Rahmen der Grundversorgung bestreitet, zu prognostizieren.

1.4. Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage in Georgien, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zu Sicherheitsbehörden, zum Rechtschutz- und Justizwesen und zur Lage von Rückkehrern wird Folgendes festgestellt:

KI vom 11.12.2018, Präsidentschaftswahl

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor. Gemeinsam mit dem unterlegenen Kandidaten Vashadze und dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Saakashvili forderten sie vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Quellen:

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CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl:

Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 11.12.2018

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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin,

https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 11.12.2018

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OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 11.12.2018

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Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen -

derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 11.12.2018

KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung

Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).

Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).

Quellen:

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Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018

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GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018

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RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018

Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

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Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

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EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

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OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round

-

Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

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OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017):

Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

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RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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