TE Bvwg Beschluss 2019/10/30 W152 1430136-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §32 Abs1 Z2

Spruch

W152 1430136-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP über den Antrag des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2014, GZ: W202 1430136-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Verfahrensgang:

Der Antragsteller, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 26.12.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG 2005).

In seiner Erstbefragung am 28.12.2011 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Antragsteller im Wesentlichen Folgendes an:

Sein Vater habe in Afghanistan Feindschaften gehabt, weshalb sie (die Familie) in den Iran geflohen seien. Weitere Fluchtgründe habe er nicht. Im Falle einer Rückkehr müsste er um sein Leben fürchten, weil die Feindschaft seines Vaters von seinem Onkel und seinen Cousins ausgegangen sei.

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt wies der Antragsteller abermals auf die Feindschaft seines Vaters hin, wobei er in diesem Zusammenhang auch ein Grundstück erwähnte.

Das Bundesasylamt wies in weiterer Folge mit Bescheid vom 10.10.2012, Zahl: 11 15.612-BAG, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und erkannte dem Antragsteller den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I), erkannte ihm jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu (Spruchpunkt II) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III).

Begründend führte das Bundesaylamt hiebei im Wesentlichen aus, dass die Behauptung des Antragstellers hinsichtlich einer angeblich bestehenden Feindschaft seines Vaters mit Verwandten in Afghanistan kein Glauben habe geschenkt werden können. Er selbst habe Afghanistan bereits im Kindesalter mit seinen Eltern verlassen und ihm fehlten somit jegliche fundierten Kenntnisse über die Vorgänge in Afghanistan. Eine Erhebung bei seinen Eltern im Iran habe ergeben, dass seine Familie Afghanistan einerseits aus wirtschaftlichen Gründen und andererseits aus Sicherheitsbedenken verlassen habe. Von einer Feindschaft mit Familienangehörigen habe sein Vater hingegen mit keinem einzigen Wort gesprochen, weshalb davon auszugehen sei, dass es sich bei dieser Behauptung seinerseits um ein reines Gedankenkonstrukt handle, um seinen Asylantrag fundiert erscheinen zu lassen. Aufgrund der Erhebungsergebnisse sei jedenfalls davon auszugehen, dass eine Familienfeindschaft nicht vorliege und ihm von dieser Seite in Afghanistan auch keine Verfolgung drohe.

Gegen Spruchpunkt I des zuletzt genannten Bescheides brachte der Antragsteller fristgerecht Beschwerde ein.

Im Rahmen der vor dem Bundesverwaltungsgericht am 20.11.2014 vorgenommenen Verhandlung relevierte er als Verfolgungsgrund ausschließlich Grundstücksstreitigkeiten, die sein Vater mit seinen Verwandten gehabt habe.

Das Bundesverwaltungsgericht wies in weiterer Folge mit Erkenntnis vom 27.11.2014, GZ: W202 1430136-1/5E, die gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes vom 10.10.2012, Zahl: 11 15.612- BAG, erhobene Beschwerde gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet ab.

Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich hiebei insbesondere ebenso auf das Ergebnis der Erhebungen durch die österreichische Botschaft in Teheran und auf Ungereimtheiten, wobei darauf hingewiesen wurde, dass der Antragsteller erst über mehrfaches Nachfragen individuelle konkrete Probleme releviert habe.

Dieses Erkenntnis wurde dem Bundesasylamt am 03.12.2014 per RSb und dem Antragsteller durch Hinterlegung gemäß § 17 ZustellG am 04.12.2014 rechtswirksam zugestellt und erwuchs somit in Rechtskraft.

Mit Schriftsatz vom 21.05.2015 stellte der - hiebei anwaltlich vertretene - Antragsteller einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Hiebei wurde ausgeführt, dass aus Gründen anwaltlicher und verfahrensrechtlicher Vorsicht in Anbetracht der Tatsache, dass nunmehr der Bruder des Antragstellers, XXXX , geb. XXXX (Geburtsdatum wurde nunmehr vom Bundesamt mit XXXX festgesetzt), StA. Afghanistan, ebenfalls nach Österreich geflüchtet sei und sich seit ca. 1 Woche in Österreich aufhalte, der Antrag auf Wiederaufnahme auch des Asylverfahrens betreffend XXXX , geb. XXXX , gestellt werde. Die wesentliche Begründung sei hiebei, dass sein Bruder XXXX die im Verfahren des XXXX dargestellten Asylgründe bestätigen könne. XXXX sei sohin ein nicht unwesentlicher Zeuge, wobei dieses neue Beweismittel bislang der Behörde nicht habe angeboten werden können, zumal der Bruder nicht befragt habe werden können. Das Asylverfahren seines Bruders XXXX sei beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, anhängig, wobei sich auch dieser derzeit in der Erstaufnahmestelle Ost befinde, und dessen zeugenschaftliche Einvernahme nun ausdrücklich beantragt werde. Der Antragsteller vermeine hiebei, dass durch die Einvernahme seines Bruders seine angegebenen asylrelevanten Gründe für die Flucht aus Afghanistan bestätigt werden können.

Der oben genannte Bruder des Antragstellers - XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan - reiste am 13.05.2015 (illegal) in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, worauf er am 15.05.2015 im Rahmen der Erstbefragung von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes und am 18.08.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, niederschriftlich einvernommen wurde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, wies dann den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit Bescheid vom 03.11.2016, Zahl: 1068529400-150504699, gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 03.11.2017 erteilt (Spruchpunkt III).

Gegen Spruchpunkt I des oben genannten Bescheides erhob XXXX fristgerecht Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.10.2019, GZ: W152 2142977-1/9E, welches dem Vertreter des XXXX , und dem Bundesamt jeweils am 17.10.2019 rechtswirksam zugestellt wurde und somit in Rechtskraft erwuchs, wurde dann diese Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Als individueller Fluchtgrund wurden Grundstücksstreitigkeiten zwischen dem Vater und Verwandten des XXXX (bzw. des Antragstellers) releviert, wobei dieser Fluchtgrund jedoch als unglaubhaft bewertet wurde.

Hiebei traf das Bundesverwaltungsgericht u. a. folgende Feststellungen:

"Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, trägt den Namen XXXX und wurde im Distrikt Dara-i-Suf in der Provinz Samangan in Afghanistan geboren, wo er nur einige Jahre lebte. Er verzog bereits im frühen Kindesalter mit seiner Familie in den Iran und reiste nicht mehr nach Afghanistan. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und gehört der Religionsgemeinschaft der Schiiten an. Hiezu wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer ohne Hinzutreten weiterer wesentlicher Merkmale alleine aus dem Umstand, dass er der Volksgruppe der Hazara angehört und sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam bekennt, in seinem Herkunftsstaat keiner Verfolgung ausgesetzt ist. Eine individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers in Afghanistan konnte der Entscheidung jedoch nicht zugrunde gelegt werden.

Das Asylverfahren seines bereits am 26.12.2011 in das Bundesgebiet eingereisten Bruders XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, mit dem er in Afghanistan und im Iran im Familienverband zusammenlebte, wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2014, GZ: W202 1430136-1/5E, durch Abweisung der gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes vom 10.10.2012, Zahl: 11 15.612-BAG, erhobenen Beschwerde rechtskräftig abgeschlossen. Der oben genannte Bruder des Beschwerdeführers relevierte hiebei denselben Fluchtgrund - Grundstücksstreitigkeiten - wie der Beschwerdeführer. Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich hiebei insbesondere auf das Ergebnis einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 21.05.2012, deren Grundlagen im Wege der österreichischen Botschaft in Teheran erhoben wurden. Hiebei wurden die Eltern der in Rede stehenden Brüder im Iran aufgesucht, wobei die Frage, weshalb die Familie Afghanistan verlassen habe und was gegen eine Rückkehr nach Afghanistan spreche, dahingehend beantwortet wurde, dass die Motive, Afghanistan zu verlassen, grundsätzlich eine Kombination aus wirtschaftlichen Gründen als auch Sicherheitsbedenken (die Familie gehöre zweifellos zur schiitischen Minderheit, die inoffiziell diskriminiert werde und von Hardlinern und extremistischen Sunniten, die Salafiten oder Takfiri seien, herausgegriffen werden). Die schlimmste Zeit sei unter den Taliban gewesen, als sie die Dareh Suf Region, die die Ursprungssregion des Antragsstellers sei, überrannt und ihre Gegner an die Ränder Afghanistans gedrängt hätten. Obwohl die afghanische Zentralregierung versuche, die Dinge zu verbessern, bleibe diese religiöse Minderheit noch immer Opfer inoffizieller Voreingenommenheit und Vorurteile.

Im Hinblick auf das Ergebnis dieser Anfragebeantwortung wird festgestellt, dass die Eltern des oben Genannten und des Beschwerdeführers die Grundstücksstreitigkeiten weder als Grund für das Verlassen Afghanistans noch als Hindernis für eine Rückkehr nach Afghanistan anführten."

Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde hiebei u. a. Folgendes ausgeführt:

"Als individuellen Fluchtgrund brachte der Asylwerber in der Verhandlung am 11.10.2019 - zu seinen Fluchtgründen befragt - im Wesentlichen vor, vor seiner Ausreise aus Afghanistan sei es zu Grundstücksstreitigkeiten zwischen dem Vater des Beschwerdeführers und den Cousins des Beschwerdeführers gekommen. Die Cousins hätten das in Streit stehende Grundstück in Besitz genommen und hätten den Vater des Beschwerdeführers bedroht, dass sie ihn umbringen werden. Daraufhin sei sein Vater mit seiner Familie einschließlich Beschwerdeführer in den Iran geflohen.

Zunächst wird vorausgeschickt, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, sein Nationale oder seine Fluchtgeschichte mit afghanischen Urkunden zu belegen.

Das Vorbringen des Asylwerbers hinsichtlich seiner individuellen Bedrohungssituation ist jedoch mit mangelhafter Glaubwürdigkeit behaftet.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens bereits dadurch erschüttert wird, dass das vom Beschwerdeführer angegebene Geburtsdatum - XXXX - nicht mit dem von der XXXX am 12.07.2015 erstellten Gutachten (vgl. S. 87 ff des Verwaltungsaktes des Bundesamtes) in Einklang zu bringen war. So wurde nämlich hiebei ausgeführt, dass das behauptete Lebensalter bzw. Geburtsdatum ( XXXX ) mit dem festgestellten Mindestalter bzw. "fiktiven" Geburtsdatum ( XXXX ) nicht vereinbar sei. Weiters fällt hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers auf, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Verhandlung erst nach mehrmaliger Nachfrage vom Fluchtgrund der Grundstücksstreitigkeiten erzählte. Als er nämlich aufgefordert wurde, seine Fluchtgeschichte ohne Unterbrechung mit möglichst vielen Details, wie Zeit- und Ortsangaben, vorzutragen, erschöpfte sich sein Vorbringen in Hinweisen auf die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan und auf die mangelnde Unterstützung in Afghanistan, wobei dieses Vorbringen nur fünf Zeilen in der Verhandlungsniederschrift einnimmt (vgl. S. 5 der Verhandlungsschrift). Als der Beschwerdeführer gefragt wurde, ob er aus eigenem Antrieb noch etwas vorbringen möchte, erzählte er von seiner Lage im Iran (vgl. ebenfalls S. 5 der Verhandlungsschrift). Erst als der Beschwerdeführer darauf hingewiesen wurde, dass er nunmehr keine Verfolgung in Afghanistan relevierte, erstattete er ein Vorbringen zu jenen Grundstücksstreitigkeiten, die er bereits im erstinstanzlichen Verfahren anführte (vgl. S. 6 der Verhandlungsschrift). Es wäre aber nach menschlichem Ermessen zu erwarten gewesen, dass jene individuelle Problematik, die auch zum Verlassen des Heimatstaates geführt haben soll, sofort und ohne weiteres mehrfaches Nachfragen vorgebracht wird. In diesem Zusammenhang erweist es sich als verwunderlich, dass der Beschwerdeführer sich an die im Rahmen der Grundstücksstreitigkeiten erfolgten Misshandlungen seines Vaters in Afghanistan erinnern will, wobei er sogar Details ausführte, dass seine Mutter seinem Vater zu Hilfe geeilt sei und der Beschwerdeführer in ein Loch, das zum Brotbacken verwendet worden sei, gefallen sei (vgl. S. 8 der Verhandlungsschrift). Andererseits bleibt es wieder unnachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer sich an diese Vorfälle in Afghanistan erinnern könne, wo er doch - nach seinem in der Verhandlung erstatteten Vorbringen - Afghanistan mit zwei oder drei Jahren verlassen habe (vgl. S. 3 der Verhandlungsschrift). Aber auch im Detail betrachtet weist das Vorbringen des Beschwerdeführers mehrere Ungereimtheiten bzw. Widersprüche auf. So konnte er vor dem Bundesamt noch jenen Ort, wo er mit seiner Familie gelebt haben will, genau anführen (" XXXX "; vgl. S. 143 des Verwaltungsaktes des Bundesamtes), wogegen er dies im Rahmen der Verhandlung nicht mehr vermochte (vgl. S. 6 der Verhandlungsschrift). Weiters sprach er vor dem Bundesamt noch davon, dass er mit fünf Cousins ("Söhne meines Onkels") diese Grundstücksstreitigkeiten gehabt habe (vgl. S. 149 des Verwaltungsaktes des Bundesamtes), wogegen er nunmehr vor dem Bundesverwaltungsgericht ausführte, dass es sich hiebei um vier Cousins gehandelt habe (vgl. abermals S. 6 der Verhandlungsschrift). Auch das Vorbringen, dass diese Cousins mit den Taliban zusammenarbeiten, indem die Taliban dieses Grundstück dann selbst zum Anbau nutzen, erweist sich als völlig unglaubwürdig. Schon allein die Behauptung, dass diese Cousins, die nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch Hazara sein sollen, mit den Taliban zusammenarbeiten, bleibt unnachvollziehbar. Hiezu wurde weiters auch ein völlig widersprüchliches Vorbringen im Detail erstattet, was diese zuletzt dargestellte Behauptung völlig unglaubwürdig erscheinen lässt. So brachte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt vor, auf dem umstrittenen Grundstück hätte "Opium" angebaut werden sollen (vgl. S. 145 des Verwaltungsaktes des Bundesamtes), wogegen der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausführte, dass es sich hiebei um "Marihuana" gehandelt habe (vgl. S. 7 der Verhandlungsschrift). Schließlich aber durchaus auch entscheidungswesentlich wird darauf hingewiesen, dass die im Verfahren seines oben genannten Bruders eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation ergab, dass bei den Erhebungen vor Ort die Eltern des Beschwerdeführers die - vom Beschwerdeführer völlig analog relevierten - Grundstücksstreitigkeiten weder als Grund für das Verlassen Afghanistans noch als Hindernis für eine Rückkehr nach Afghanistan anführten. Daraus kann daher ebenfalls geschlossen werden, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der relevierten Grundstücksstreitigkeiten in Afghanistan nicht den Tatsachen entspricht."

Feststellungen:

Der oben dargestellte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten zum gegenständlichen Verfahren sowie aus den Akten des Bruders XXXX .

Rechtliche Beurteilung:

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG und das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) verweisen, anzuwenden.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

In Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Aufl. (2018), § 32 VwGVG, Anmerkung 13, wird festgehalten, dass der allgemeinen Systematik des VwGVG folgend anzunehmen ist, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge - als selbständige Erledigungen - in Beschlussform zu erfolgen haben.

Rechtlich folgt daraus:

Zu Spruchpunkt A):

Abweisung des Wiederaufnahmeantrages:

§ 32 VwGVG lautet auszugsweise wie folgt:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

[...]

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

[...]

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

[...]"

Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Verfahrens ist, dass die das seinerzeitige Verfahren abschließende Entscheidung mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar, also formell rechtskräftig ist. Die Zulässigkeit und auch die Erhebung von Rechtsmitteln bei den Höchstgerichten hindern, selbst wenn der Beschwerde oder der Revision aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, nicht den Eintritt der formellen Rechtskraft (VwGH 16.09.1980, 1079/79; 23.02.2012, 2010/07/0067; 28.02.2012, 2012/05/0026).

In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, XXIV. GP) wurde festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen aufgrund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen. Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherigen Judikaturlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können.

In diesem Sinne sprach der VwGH in seinem Beschluss vom 28.06.2016, Ra 2015/10/0136, aus, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des

§ 69 Abs. 1 AVG nachgebildet sind und daher auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe zurückgegriffen werden kann.

Der gegenständliche Antrag zielt darauf ab, das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2014 rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren aufgrund neuer Tatsachen bzw. Beweismittel im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG wiederaufzunehmen.

Nach ständiger - auf § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG übertragbarer - Judikatur des VwGH kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG nur auf solche Tatsachen d.h. Geschehnisse im Seinsbereich (vgl. VwGH 15.12.1994, 93/09/0434; 04.09.2003, 2000/17/0024) oder Beweismittel, d.h. Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen (vgl. VwGH 16.11.2004, 2000/17/0022; 24.04.2007, 2005/11/0127), gestützt werden, die erst nach Abschluss eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten.

Es muss sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde ("nova reperta"), nicht aber um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel ("nova producta" bzw. "nova causa superveniens").

Neu entstandene Tatsachen, also Änderungen des Sachverhalts nach Abschluss des Verfahrens, erübrigen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil in diesem Fall einem Antrag auf der Basis des geänderten Sachverhalts die Rechtskraft des bereits erlassenen Bescheides nicht entgegensteht. Bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung über einen Asylantrag eingetreten sind, ist kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag (auf internationalen Schutz) zu stellen (vgl. dazu VwGH 19.02.1992, 90/12/0224 ua.; 25.10.1994, 93/08/0123; 25.11.1994, 94/19/0145; 18.12.1996, 95/20/0672; 07.04.2000, 96/19/2240; 20.06.2001, 95/08/0036; 17.02.2006, 2006/18/0031).

Dem gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 27.11.2014, GZ: W202 1430136-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens ist jedoch nicht stattzugeben:

Wie bereits oben dargestellt, erwies sich das Vorbringen zum individuellen Fluchtgrund des als Zeugen beantragten Bruders XXXX als unglaubwürdig, wobei darauf hingewiesen wird, dass die relevierten individuellen Fluchtgründe des Antragstellers und seines Bruders XXXX - Grundstücksstreitigkeiten ihres Vaters mit den Verwandten des Antragstellers bzw. seines Bruders - völlig kongruent sind und daher XXXX keine Zeugenaussage zu Vorgängen, die von seiner Fluchtgeschichte isoliert zu betrachten wären, erstatten könnte. Die zeugenschaftliche Einvernahme von XXXX ist daher nicht geeignet, voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeizuführen.

Der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens war daher spruchgemäß abzuweisen.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage als geklärt anzusehen ist und die zu beantwortende Frage, ob ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG vorliegt, rechtlicher Natur war, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG und § 24 VwGVG unterbleiben. Im Übrigen fällt ein Verfahren über die Wiederaufnahme eines Verfahrens selbst grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC (VwGH 29.05.2017, Ra 2017/16/0070).

Zu Spruchpunkt B):

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Im Übrigen ergeht die vorliegende Entscheidung in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen des § 69 AVG bzw. § 32 VwGVG.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Glaubwürdigkeit, mangelnder Anknüpfungspunkt, Voraussetzungen,
Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W152.1430136.2.00

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten