Entscheidungsdatum
11.03.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G306 2222341-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch RA Mag. Florian KREINER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.07.2019, Zahl XXXX:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid zur Gänze aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). In den übrigen Spruchpunkten II. bis VI. wurde gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG über den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist und einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Im Verfahrensgang führte die belangte Behörde zunächst aus, der Beschwerdeführer am XXXX.2019 in XXXX angetroffen und bei der Schwarzarbeit betreten worden sei. Er am 13.06.2019 in Österreich eingereist, sich jedoch auf Grund der Schwarzarbeit, illegal aufhalten würde. Er sei des Weiteren als mittellos anzusehen, da er nicht über ausreichende Geldmittel verfügen würde.
Im Rahmen der Feststellungen führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 13.06.2019 in den Schengen Raum eingereist und sei am XXXX.2019 bei der Schwarzarbeit betreten worden. Aufgrund der Ausübung der illegalen Beschäftigung sei der Aufenthalt des BF auch illegal geworden. Er habe versucht sein Einkommen mit Schwarzarbeit zu finanzieren. Er sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Seine Kernfamilie, Gattin und Kinder würden in Kroatien, Vater und Steifvater in der Slowakei sowie Mutter und die Geschwister in Serbien, leben. Er würde über keine nennenswerten Barmittel verfügen und sei daher als mittellos anzusehen.
In Rahmen der Beweiswürdigung werden keine Feststellungen getroffen, sondern verweist die belangte Behörde einfach auf die "Unterlagen im IFA Akt zur Zahl XXXX.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer halte sich erst seit wenigen Tagen in Österreich auf. Sein Aufenthalt sei durch die unerlaubte Erwerbstätigkeit stets als rechtswidrig zu bewerten.
Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei serbischer Staatsangehöriger und verfüge über einen kroatischen Aufenthaltstitel. Er verfüge in Österreich über keinen Wohnsitz, sondern sei in XXXX vorübergehend wohnhaft. Grundsätzlich arbeite er in Kroatien, sei dort fix angestellt und auch bei der Sozialversicherung gemeldet. Der Beschwerdeführer und sein Kollege seien am Weg zurück in die Slowakei gewesen, da auf der Baustelle, auf der sie hätten arbeiten sollen, ein Bau-Stopp war. Damit er in Österreich arbeiten könne, seien davor alle Unterlagen (A1-Formular und ZKO-Meldung) angefordert worden. Diese könne der Beschwerdeführer vorweisen. Der Beschwerdeführer habe mit den Behörden kooperiert, er habe auch nicht geleugnet, dass er hier Arbeiten verrichten sollte, jedoch eben nicht auf der von der Behörde angegebenen Baustelle. Tatsächliche Beweiserhebungen in Richtung der Aussagen des Beschwerdeführers wurde seitens der Behörde nicht vorgenommen.
Festzuhalten ist, dass mit der Beschwerde zwar ein A1 Formular, aber keine ZKO-Meldung, vorgelegt wurden.
Im vorgelegten Verwaltungsakt liegen folgende relevante Unterlagen ein:
Anzeige der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX.2019: Demnach sei der Beschwerdeführer am XXXX.2019 um 14.00 Uhr an einer konkret genannten Örtlichkeit auf einer Baustelle in XXXX angetroffen worden, wo er gerade Werkzeug geliefert habe. Er verfüge über einen kroatischen Aufenthaltstitel. Er habe Unterlagen über eine Sozialversicherung in Kroatien bei sich geführt, in welcher eine Arbeitsstelle in Wien, allerdings nicht die gegenständliche, angeführt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe angegeben, in Bratislava zu wohnen und nach Wien zu pendeln. Seitens der Landespolizeidirektion sei auch mit dem Arbeitgeber des Beschwerdeführers und dessen Steuerberater telefoniert worden, eine ZKO-Meldung sei nicht erfolgt.
Aktenkundig sind weiters Kopien des am 28.02.2019 ausgestellten serbischen Reisepasses und sowie des am 25.03.2019 ausgestellten und bis 19.03.2020 gültigen kroatischen Aufenthaltstitels.
Bei seiner Einvernahme am XXXX.2019 vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer an, dass er am Vortag spätestens gegen 12:00 Uhr von XXXX nach Österreich - Wien - gekommen sei. Er sei mit seinem Kollegen eingereist, um Werkzeug herzubringen, weil sie hier arbeiten sollten. Er wohne für ein paar Tage in XXXX, sonst wohne er in Kroatien. Er habe an dieser Baustelle nicht gearbeitet, er sei in einem Kaffeehaus gesessen, welches sich gleich neben der Baustelle befinde und sei erst nachdem die Kontrollen durchgeführt worden sein zur Baustelle gekommen. Er habe nicht gearbeitet. Er habe gedacht, dass die Firma alle Bewilligungen habe und alles in Ordnung sei.
Der Beschwerdeführer wurde am XXXX.2019 zum Grenzübergang XXXX gebracht und von dort über den Landweg abgeschoben.
II. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchteil A):
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Ausführlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.06.2018, Ra 2017/09/0031, insbesondere Rz 13 und 14 mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet: "13 Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. etwa VwGH 10.9.2014, Ra 2014/08/0005; 24.3.2015, Ra 2014/09/0043, 14.12.2015, Ra 2015/09/0057, und 20.2.2018, Ra 2017/20/0498, jeweils mwN).
Sind (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist. Nur mit dieser Sichtweise kann ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinn einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führt doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszugs gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung (vgl. etwa das zit. Erkenntnis Ra 2017/20/0498, mwN)."
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass eine dauernd wiederkehrende Tätigkeit im Inland, wie sie hier aufgrund der regelmäßigen Ein-und Ausreisen des Beschwerdeführers in den Schengenraum möglicherweise vorliegt, gegen eine bloß kurzfristige Tätigkeit iSd § 18 Abs 2 AuslBG spicht(vgl. VwGH 21.01.2004, 2001/09/0230). Die Umstände vermuten lassen, dass gegenständlich eine Beschäftigung, für die eine Befassung der Arbeitsmarktbehörden erforderlich gewesen wäre, vorliegen könnte.
Der Beschwerdeführer bestreitet jedoch, am XXXX.2019 auf der genannten Baustelle gearbeitet zu haben. Die Behörde hätte daher weitere Erhebungen zu der konkreten Tätigkeit, bei der er betreten wurde, vornehmen müssen, und dafür -bei Fehlen sonstiger Beweismittel (wie zB Lichtbilder) -die meldungslegenden Organe der Landespolizeidirektion zu einer umfassenden schriftlichen Stellungnahme über die Art der Tätigkeiten, die verwendete Kleidung uä auffordern müssen oder allenfalls diese auch einvernehmen müssen. Im Rahmen einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung hätte die Behörde dann ausgehend von all diesen Beweismitteln darlegen müssen, warum sie der Verantwortung des Beschwerdeführers folgt oder nicht.
Es liegen somit gravierende Ermittlungslücken der belangten Behörde vor.
Die belangte Behörde wird daher zunächst alle zur Ergänzung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen und allenfalls - je nach Ausgang des Ermittlungsverfahrens - einen neuen Bescheid zu erlassen haben.
Es hat sich nicht ergeben, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen wäre, zumal nichts darauf hindeutet, dass die erforderliche Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, verglichen mit der Feststellung durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung der Angelegenheit, mit einer wesentlichen Zeitersparnis und Verkürzung der Verfahrensdauer verbunden wäre.
Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt dahingehend vor, dass die Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2222341.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.05.2020