TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/12 W262 2221622-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.2020
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Entscheidungsdatum

12.03.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W262 2215838-1/17E

W262 2221622-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerden von XXXX , geboren am XXXX ,

1) gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 20.02.2019, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten sowie

2) gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 12.06.2019, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses

zu Recht erkannt:

A) I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

vom 20.02.2019 dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat:

"Dem Antrag von XXXX vom 02.11.2018 wird gemäß §§ 2, 14 Abs. 1 und 2 BEinstG Folge gegeben und festgestellt, dass XXXX ab 02.11.2018 dem Kreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 Abs. 1 BEinstG angehört. Der Grad der Behinderung beträgt fünfzig von Hundert (50 v. H.)."

II. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG, §§ 1 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 und 2 sowie 45 Abs. 1 und 2 BBG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vom 12.06.2019 wie folgt abgeändert:

"Mit einem festgestellten Grad der Behinderung von fünfzig von Hundert (50 v.H.) erfüllt XXXX die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses, sodass seinem darauf gerichteten Antrag vom 02.11.2018 stattzugeben ist."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG (jeweils) nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer beantragte am 02.11.2018 die Ausstellung eines Behindertenpasses sowie die Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten und legte diverse medizinische Unterlagen und Befunde vor.

2. In der Folge holte das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet), ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Lungenheilkunde ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.12.2018 erstatteten - Gutachten vom 02.01.2019 wurden als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung die Funktionseinschränkungen den folgenden Leidenspositionen zugeordnet

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD II). Unterer Rahmensatz, da lediglich mäßiggradige Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven ohne gehäufte akute Exazerbationen und unauffälliger klinischer Untersuchungsbefund.

06.06.02

30

2

Angeborene Gefäßfehlbildung der rechten Pulmonalarterie mit leichtgradigem sekundärem Lungenhochdruck und Cor pulmonale bei Lungenfibrose, derzeit nicht sauerstoffpflichtig. Unterer Rahmensatz, da leichtgradige Erhöhung des Drucks im Lungenkreislauf sowie Beschwerden nur bei Belastung; weiters vollständig kompensierte kardiale Verhältnisse.

06.08.02

30

und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Begründend führte der Gutachter aus, dass das führende Leiden 1 durch das Leiden 2 nicht weiter erhöht werde, da keine relevante ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege. Es handle sich um einen Dauerzustand.

3. Im Rahmen des von der belangten Behörde zu diesem Gutachten gewährten Parteiengehörs gab der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11.01.2019 eine Stellungnahme ab, in welcher er im Wesentlichen ausführte, dass der Grad der Behinderung zu niedrig angesetzt worden sei, u.a. weil das Fehlen einer der beiden Lungenarterien verharmlosend dargestellt worden sei.

4. In der Folge holte die belangte Behörde eine ergänzende Stellungnahme des bereits befassten Facharztes für Lungenheilkunde ein. In der gutachterlichen Stellungnahme vom 19.02.2019 führte der Sachverständige mit näherer Begründung aus, dass keine neuen Beweismittel vorgelegt wurden, welche geeignet wären, eine geänderte Einschätzung vorzunehmen.

5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.02.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 Abs. 1 und 2 BEinstG abgewiesen (erster Satz des Spruches) und festgestellt, dass der Grad der Behinderung "30 vom Hundert" beträgt (zweiter Satz des Spruches). Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf die für die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten geltende Voraussetzung eines Gesamtgrades der Behinderung von 50 v.H. und darauf, dass ein solcher Gesamtgrad im Ermittlungsverfahren nicht habe festgestellt werden können. Die Einwendungen des Beschwerdeführers seien nicht geeignet gewesen, eine Änderung des Grades der Behinderung herbeizuführen. Als Beilage zum Bescheid übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte medizinische Sachverständigengutachten vom 02.01.2019 samt Stellungnahme des Gutachters vom 19.02.2019.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass entgegen den Ausführungen im Gutachten eine wechselseitige Leidenspotenzierung zwischen seinem Geburtsfehler und der COPD gegeben sei und es insofern zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung kommen müsste. Darüber hinaus verschlechtere sich seine Lungenerkrankung, was ebenfalls zu einer höheren Einschätzung führe.

7. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 12.03.2019 vorgelegt und hg. zu W262 2215838-1 protokolliert.

8. In weiterer Folge forderte das Bundesverwaltungsgericht den bereits befassten Facharzt für Lungenheilkunde mit Schreiben vom 19.03.2019 auf, sein Gutachten dahingehend zu ergänzen, warum und inwieweit keine negativen wechselseitigen Leidensbeeinflussungen bestehen, dies (auch) vor dem Hintergrund, dass zwei die Lunge betreffende Leiden vorliegen. Darüber hinaus möge dargelegt werden, warum der untere Rahmensatz von 30 v.H. bei der Einschätzung des Leidens 2 (06.08.02) herangezogen wurde.

9. In dem daraufhin aufgrund der Aktenlage erstatteten Sachverständigengutachten vom 24.04.2019 begründete der bereits befasste Facharzt für Lungenheilkunde ausführlich, warum er von keiner wechselseitigen Leidenspotenzierung ausgehe und legte nachvollziehbar seine Einschätzung des unteren Rahmensatzes für Leiden 2 des Beschwerdeführers dar.

10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.05.2019 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen drei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.

11. In seiner Stellungnahme dazu führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass es sich bei seinem Geburtsfehler um eine Agenesie (fehlende/nicht angelegte rechte Pulmonalarterie) und nicht - wie vom Sachverständigen angenommen - um eine Atresie (Fehlbildung der rechten Pulmonalarterie) handle. Der Sachverständige habe bei der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers seinen Geburtsfehler herabwürdigend als "irgendeine angeborene Gefäßveränderung, die keine Behinderung ist" bezeichnet und diesen in den Gutachten nicht korrekt eingestuft. Tatsächlich werde sein Blutkreislauf nur über die linke Lunge mit Sauerstoff versorgt. Dies bedeute, dass der Sauerstoffgehalt im Blut schon bei geringeren körperlichen Belastungen schnell abfalle und Erschöpfung eintrete. Weiters leide er mehrmals pro Jahr an schweren und hartnäckigen grippalen Infekten. Darüber hinaus verschlechtere sich die Leistungsfähigkeit des Herzens und dies habe auch negative Auswirkungen auf andere Organe. Insgesamt müsse es daher zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung kommen.

12. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.06.2019 wurde die belangte Behörde über die Stellungnahme des Beschwerdeführers informiert und ihr in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen drei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Die belangte Behörde ließ dieses Schreiben unbeantwortet.

13. Im Hinblick auf oa. Aktengutachten holte die belangte Behörde im Verfahren betreffend den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses eine weitere Stellungnahme des bereits befassten Facharztes für Lungenheilkunde ein. In seiner Stellungnahme vom 11.06.2019 verwies der Sachverständige im Wesentlichen auf das vom Bundesverwaltungsgericht im Verfahren nach dem BEinstG in Auftrag gegebene Ergänzungsgutachten vom 24.04.2019.

14. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.06.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) abgewiesen. Begründend stützte sich die belangte Behörde im Bescheid auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens, welche einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben hätten. Als Beilage zum Bescheid übermittelte die belangte Behörde das dem Bescheid zugrunde gelegte medizinische Sachverständigengutachten vom 02.01.2019 samt Stellungnahme des Gutachters vom 11.06.2019.

15. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 17.07.2019 fristgerecht Beschwerde, in welcher er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholte.

16. Diese Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 24.07.2019 vorgelegt und hg. zu W262 2221622-1 protokolliert.

17. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer im Passverfahren erneut das vom Bundesverwaltungsgericht im Verfahren nach dem BEinstG in Auftrag gegebene Aktengutachten vom 24.04.2019 übermittelt und ihm in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen drei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt.

18. In seiner Stellungnahme vom 16.08.2019 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein im Verfahren nach dem BEinStG erstattetes Vorbringen. Im Rahmen des dazu gewährten Parteiengehörs erstattete die belangte Behörde keine Äußerung.

19. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge im Verfahren nach dem BEinstG ein Sachverständigengutachten eines bisher noch nicht befassten Facharztes für Innere Medizin ein. In dem aufgrund der Aktenlage erstatteten Sachverständigengutachten vom 11.11.2019 führte der Facharzt für Innere Medizin auszugsweise Folgendes aus (ergänzt um die Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"...

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Angeborene Gefäßfehlbildung der rechten Pulmonalarterie (kongenitale Pulmonalarterien-Agenesie rechts) mit Cor pulmonale sowie leichtgradig sekundär erhöhten Druckwerten im Lungenkreislauf sowie Lungenfibrose mit eingeschränkter Leistungsbreite bei Belastung, derzeit nicht sauerstoffpflichtig.

06.08.02

40

2

Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD Il). Mäßiggradige Einschränkung der Lungenfunktion mit nicht teilreversiblen und obstruktiven Ventilationsstörungen, zusätzlich restriktive Komponente vorliegend.

06.06.02

40

Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung wird durch das Zusammenwirken beider Positionen, die sich meines Erachtens additiv negativ beeinflussen, um 1 Stufe auf insgesamt 50 v.H. angehoben.

Begründung:

Nach Durchsicht aller vorliegenden Befunde kann bezüglich der kongenitalen Gefäßfehlbildung der rechten Pulmonalarterie angemerkt werden:

In den vorliegenden Befunden, erstmalig dokumentiert aus dem Jahre 2001 von der Universitätsklinik XXXX , wird von einer kongenitalen Pulmonalagenesie rechts gesprochen. In weiterer Folge wird aber von der Universitätsklinik XXXX 2016 gegenständlicher Fall als kongenitale Pulmonalatresie rechts beschrieben. Bereits dort wird aber von einem beginnenden Cor pulmonale gesprochen.

Im Rechtsherzkatheter werden leicht erhöhte pulmonale Druck- und Widerstandswerte in Ruhe gemessen und es kann ein deutlicher Anstieg des pulmonalen Drucks im Vergleich zum Fluss und Verschlechterung der Oxygenierung während Belastung dokumentiert werden.

Auch im 6 Minuten Gehtest fällt die O2-Sättigung vom Beginn von 98% auf am Ende 86% ab (siehe Uniklinik XXXX , Befund 08/2016, Abl. 6-8).

Die Interpretation dieses Befundes erlaubt sowohl die Feststellung, dass der Patient in seiner kardiovaskulären Leistungsfähigkeit und Befindlichkeit eingeschränkt ist, und macht glaubhaft, wenn der Patient angibt, dass er bei Belastung subjektiv das Gefühl der Atemnot verspürt.

Hinsichtlich der Feststellung Atresie und Agenesie darf angemerkt werden, dass eine Atresie einen Verschluss eines Gefäßes bzw. Hohlorgans definiert, während eine Agenesie ein komplettes Fehlen eines Hohlorgans definiert. Im gegenständlichen Fall ist es letztendlich von der funktionellen Auswirkung gleichgültig, da eine Pulmonalarterie, die fehlt bzw. verschlossen ist, die funktionell gleiche Problematik mit sich bringt.

Im Befund (MRT 28.05.2019) vom XXXX Mai 2019 wird wieder wiederum von einer rechtsseitigen Pulmonalarterienagenesie gesprochen, somit dürfte dies in diesem Fall die richtige Diagnose sein.

...

Stellungnahme bzw. Beurteilung laut Fragenkatalog:

Ad 1.: (Einschätzung der festgestellten Gesundheitsschädigungen)

Hinsichtlich der chronischen obstruktiven Atemwegserkrankung kann ebenfalls eine Änderung der Einstufung meinerseits durch das Aktenstudium dahingehend begründet werden, dass mehrfach in den beschriebenen Spirometrien von einer mittelgradigen, gerade nicht teilreversiblen obstruktiven Ventilationsstörung gesprochen wird, zusätzlich aber auch bereits eine restriktive Komponente vorliegt, die sich auch dann entsprechend in den Fahrradergometrien bzw. Spiroergometrien im Sinne einer eingeschränkten Leistungsbreite nachvollziehen lässt.

Ad 2.: (Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung)

Die Steigerung des Gesamtgrades der Behinderung um 1 Stufe durch die wechselseitig negative additive Beziehung begründet sich dadurch, dass sowohl die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung, die rechtsventrikulären Druckwerte im Sinne einer Aggravierung des Lungenhochdrucks negativ beeinflusst, zusätzlich besteht natürlich durch die Pulmonalarterienagenesie rechts generell schon eine verminderte Perfusion der rechten Lunge.

Ad 3.: (Stellungnahme, ab wann der Grad der Behinderung anzunehmen ist)

Der Grad der Behinderung ist grundsätzlich anzunehmen ab Antragstellung vom 02.11.2018 auf ein früheres Datum kann aufgrund der Aktenlage nicht rückgeschlossen werden.

Ad 4.: (Feststellung der Eignung für einen geschützten Arbeitsplatz oder einen Integrativen Betrieb)

Hinsichtlich Feststellung, ob der Beschwerdeführer in Folge des Ausmaßes seines Gebrechens zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb geeignet oder nicht geeignet ist, ist festzustellen, dass dies aufgrund des Schweregrades der Leiden möglich ist.

Ad 5.: (Ausführliche fachspezifische Stellungnahme zu den im Verwaltungsverfahren übermittelten medizinischen Unterlagen und Befunden)

Bezüglich des übermittelten Befundes vom XXXX vom 28.05.2019 darf festgestellt werden, dass hier eine eingeschränkte Linksventrikelfunktion mit 49% Ejectionfraction, dokumentiert im MR, beschrieben wird. Dies entspricht einer lediglich gering eingeschränkten Linksventrikelfunktion.

Zusätzlich wird hier auch eine rechtsventrikuläre, reduzierte EF (Ejectionfraction) mit 32% definiert, wobei die MR-Untersuchung des Herzens grundsätzlich eigentlich nicht Goldstandard zur Bestimmung der Ejectionsfraction darstellt, sondern die Echokardiographie von transthoracal dafür den Goldstandard darstellt. Der Befund ist daher mit Einschränkung zu bewerten.

Grundsätzlich ist aber auch in diesem Befund feststellbar, dass die rechtsventrikuläre Funktion aufgrund von fokalen Akinesien und dyssynchronen Kontraktionen eingeschränkt ist und ein Zusammenhang mit der bestehenden kongenitalen Pulmonalarterienagenesie rechts zumindest zu diskutieren ist.

Ad 6.: (Ausführliche fachspezifische Stellungnahme zu den im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen)

Die vom Beschwerdeführer monierte Situation, dass sein Leiden fälschlicherweise von mehreren Spitälern und Ärzten und auch vom Vorgutachter als Pulmonalarterienatresie bezeichnet wurde, obwohl es sich eigentlich um eine Pulmonalarterienagenesie handelt, kann durch das Aktenstudium nachvollzogen werden, wobei, wie schon oben erwähnt, die funktionellen Auswirkungen im Wesentlichen die gleichen sind.

Der letzte Befund vom XXXX (MRT des Herzens) spricht, so wie der bereits erste Befund aus dem Jahre 2001, von einer definierten Pulmonalarterienagenesie, welche wohl die korrekte medizinische Bedeutung für sein Leiden darstellt. Die von ihm ebenfalls beeinspruchte Feststellung, dass der Sauerstoffgehalt seines Blutes bei körperlicher Belastung abfällt, kann nur ebenfalls bestätigt werden. Laut Befund der Universitätsklinik XXXX vom August 2016 kann im 6 Minuten Gehtest, aber auch im Rechtsherzkatheter ein Abfall der Oxygenierung unter Belastung festgestellt werden.

Die beeinspruchte fehlende additive Wirkung von Positionsnummer 1 auf Positionsnummer 2 bzw. wechselseitig, wie im Vorgutachten verneint, ist meines Erachtens nicht zutreffend, es liegt sehr wohl eine negative additive Wirkung einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung auf einen bereits bestehenden Lungenhochdruck vor.

Hinsichtlich der Fragestellung des Bundesverwaltungsgerichtes, ob vollständig kompensierte kardiale Verhältnisse vorliegen, wie im vorliegenden Gutachten vom 02.01.2019 (Abl. 25-26) beschrieben, darf Folgendes festgestellt werden:

Der Begriff von kardial kompensierten Verhältnissen entspricht im Wesentlichen einer klinischen Situation, die eigentlich nur durch eine klinische Untersuchung des Patienten feststellbar ist. Dokumentierbar ist durch die MRT-Untersuchung des Herzens vom Mai 2019, dass eine eingeschränkte, d.h. reduzierte Ejektionsfraktion, sowohl links als auch rechtsventrikulär besteht. Zeichen einer manifesten klinischen kardialen Dekompensation lassen sich daraus nicht rückschließen.

Ad 7.: (Ausführliche Begründung zu einer allfälligen zum angefochtenen Sachverständigengutachten vom 02.01.2019 (30 v.H.) samt Stellungnahme vom 19.02.2019 und Ergänzungsgutachten vom 24.04.2019 abweichenden Beurteilung)

Die abweichende Beurteilung des Schweregrades der Leiden Positionsnummer 1 und Positionsnummer 2 und auch die Abweichung der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung erklärt sich nach Durchsicht aller Befunde des Aktes wie folgt:

1. Die Auswirkung der kongenitalen Pulmonalarterienagenesie rechts hat bereits in Ruhe zu einer leicht erhöhten Steigerung der rechtsventrikulären Druckwerte geführt (mehrfach dokumentiert), bei Belastung kommt es aber zu einer Reduktion des peripheren Sauerstoffgehaltes, welche die vom Patienten beschriebene eingeschränkte Leistungsbreite erklärt. Dieser Befund ist auch klinisch objektiviert worden durch eine Spiroergometrie bzw. 6 Minuten Gehtest. Im Rahmen dessen konnte ein Abfall der peripheren O2-Sättigung im Blut nachgewiesen werden.

2. Auch die unterschiedliche Beurteilung des Schweregrades der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung ist meinerseits aufgrund der Aktenlage durch Nachweis der in der Spiroergometrie nachgewiesenen Reduktion der Totalkapazität mit 76% des Normwertes sowie der Vitalkapazität von 71 % des Normwertes feststellbar, dies ist wohl in erster Linie der kongenitalen Pulmonalarterienagenesie zu schulden. Zusätzlich findet sich aber durch die chronisch obstruktive Lungenerkrankung eine leicht- bis mittelgradig kombinierte Ventilationsstörung mit aber zusätzlich bereits bestehender restriktiver Ventilationsstörung. Grundsätzlich darf auch noch angemerkt werden, dass wahrscheinlich beim Patienten eine Progredienz der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung im weiteren Lebensverlauf anzunehmen ist.

3. Aufgrund der Aktenlage und der vorliegenden Befunde ist meines Erachtens der Gesamtgrad der Behinderung mit 50 v.H. festzulegen.

Ad 8.: (Stellungnahme, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist)

Bezüglich eventueller notwendiger Nachuntersuchung darf angemerkt werden, dass grundsätzlich mit einer Besserung des Zustandes à la longue nicht zu rechnen ist, sondern insbesondere die chronisch obstruktive Lungenerkrankung sich im weiteren Lebensverlauf verschlechtern kann, aber nicht unbedingt muss, sofern entsprechende Therapiemaßnahmen vom Patienten konsequent eingehalten werden. Eine Nachuntersuchung ist meines Erachtens nicht zwingend erforderlich. Lediglich bei Verschlechterung des Zustandes könnte ein Neuantrag bzw. Verschlechterungsantrag erfolgen."

20. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.11.2019 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.

Der Beschwerdeführer erstattete eine Stellungnahme vom 10.12.2019, in der er die Stattgabe seiner Beschwerden beantragt; die belangte Behörde ließ dieses Schreiben unbeantwortet.

21. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2020 wurde die belangte Behörde im Verfahren zur Ausstellung eines Behindertenpasses (erneut) über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihr in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Die belangte Behörde ließ dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 02.11.2018 den Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten und einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Er ist in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb auszuüben.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Angeborene Gefäßfehlbildung der rechten Pulmonalarterie (kongenitale Pulmonalarterien-Agenesie) mit Cor pulmonale sowie leichtgradig sekundär erhöhten Druckwerten im Lungenkreislauf sowie Lungenfibrose mit eingeschränkter Leistungsbreite bei Belastung, derzeit nicht sauerstoffpflichtig;

2. Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD II) mit mäßiggradiger Einschränkung der Lungenfunktion und nicht teilreversiblen und obstruktiven Ventilationsstörungen sowie zusätzlich restriktiver Komponente.

Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 11.11.2019 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt ab 02.11.2018 ein Ausmaß von 50 v.H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die österreichische Staatsbürgerschaft ergibt sich aus dem vom Beschwerdeführer dem vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweis. Das Datum der Anträge stützt sich auf den Akteninhalt. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer auf einem geschützten Arbeitsplatz oder einem integrativen Betrieb einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann, ergibt sich aus der diesbezüglichen Feststellung im Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 11.11.2019.

2.3. Die Feststellung, dass beim Beschwerdeführer seit der Antragstellung am 02.11.2018 ein Grad der Behinderung von 50 v.H. vorliegt, gründet sich auf das im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 11.11.2019. Darin wird auf die Leiden des Beschwerdeführers, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die vom Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten medizinischen Beweismittel, die nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und die nunmehr höhere Einstufung bekräftigen.

Das Sachverständigengutachten vom 11.11.2019 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffene Einschätzung stimmt mit den vom Gutachter eingesehenen Befunden überein und entspricht den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.

Diesbezüglich ist im Lichte der - in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung teilweise wiedergegebenen - Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass hinsichtlich des führenden Leidens 1 im Gutachten korrekt die Positionsnummer 06.08.02 (primär pulmonale Hypertension Stadium II) unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 40 v.H. gewählt wurde. Begründet wurde dies im internistischen Sachverständigengutachten schlüssig damit, dass die kongenitale Pulmonalarterien-Agenesie rechts mit Cor pulmonale bereits in Ruhe zu einer leicht erhöhten Steigerung der rechtsventrikulären Druckwerte führt und es bei Belastung zu einer Reduktion des peripheren Sauerstoffgehalts mit eingeschränkter Leistungsbreite kommt.

Die Einschätzung von Leiden 2 (COPD II), für welches die Positionsnummer 06.06.02 angesetzt und ein Rahmensatz von 40 v.H. (oberer Rahmensatz) gewählt wurde, begründete der Sachverständige nachvollziehbar damit, dass beim Beschwerdeführer mäßiggradige Einschränkungen der Lungenfunktion mit nicht teilreversiblen und obstruktiven Ventilationsstörungen objektivierbar sind.

Hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung wurde seitens des befassten Facharztes für Innere Medizin schlüssig festgehalten, dass die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (Leiden 2) die rechtsventrikulären Druckwerte im Sinne einer Aggravierung des Lungenhochdrucks negativ beeinflusst und zusätzlich durch die Pulmonalarterienagenesie rechts (Leiden 1) eine verminderte Perfusion der rechten Lunge besteht, weshalb sich die Leiden des Beschwerdeführers wechselseitig negativ beeinflussen und insgesamt ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festzustellen war.

Das im Beschwerdeverfahren eingeholte Gutachten weicht in seiner Einschätzung vom Vorgutachten vom 02.01.2019 samt Stellungnahmen vom 19.02.2019 bzw. 24.04.2019 ab und begründet - unter Bezugnahme auf die anhand der Befundlage bestätigten Funktionseinschränkungen - plausibel die nunmehr höhere Einschätzung. Diese resultiert aus der Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden 1 und Leiden 2 sowie der festgestellten wechselseitigen negativen Leidensbeeinflussung. Insgesamt kam es im Vergleich zum Vorgutachten zur Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung um zwei Stufen.

Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte und der Entscheidung zugrunde gelegte internistische Sachverständigengutachten vom 11.11.2019 wurde der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Der Beschwerdeführer hat die Einschätzung letztlich nicht mehr bestritten, die belangte Behörde hat sich innerhalb der vom Bundesverwaltungsgericht gesetzten Frist nicht geäußert.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den vorliegenden Sachverständigenbeweis für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Er wird der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die zu W262 2215838-1 und W262 2221622-1 anhängigen Beschwerdeverfahren werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Die Beschwerden sind rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung in einem Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus Art. 131 Abs. 2 B-VG, §§ 6, 7 BVwGG und § 14 Abs. 2 iVm § 19b Abs. 1 BEinstG sowie § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) Stattgabe der Beschwerden:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) lauten:

"Begünstigte Behinderte

§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.

(2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.

(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.

..." "Behinderung

§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten."

"Feststellung der Begünstigung

§ 14. (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) oder des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ( § 2 ) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Personen angehören zu wollen.

(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung der Entscheidung folgt, mit derder Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.

(3) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen. Diese Bestimmungen haben die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf das allgemeine Erwerbsleben zu berücksichtigen und auf den Stand der medizinischen Wissenschaft Bedacht zu nehmen.

..."

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes lauten wie folgt:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(...)"

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

3.2. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.3. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht - soweit für den Beschwerdefall relevant - auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):

"06.06 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

...

06.06.02 Moderate Form - COPD II 30 - 40 %

Verschlechterung der Ventilation (FEV1/FVC 50% - 80%) und Fortschreiten der Symptome,

...

06.08 Primär pulmonale Hypertension

Drucksteigerungen im Lungenkreislauf im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen sollten gemäß dem Schweregrad der Grundkrankheit (z.B. COPD, Lungenfibrose) eingeschätzt werden.

...

06.08.02 Stadium II 30 - 40 %

Leichte Einschränkung der körperlichen Aktivität, in Ruhe Wohlbefinden, beginnende Symptome bei normaler täglichen Anstrengungen (Atemnot bei Belastung, Müdigkeit, Thoraxschmerz) PAP - pulmonal arterieller Pressure - in Ruhe 50-70 mm Hg, mit Katheter (milde primär pulmonale Hyertension)"

3.4. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller freisteht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibri

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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