TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/20 LVwG-2019/30/2111-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.02.2020

Index

41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

FrPolG 2005 §57 Abs1
FrPolG 2005 §121 Abs1a
VStG §16 Abs2
VStG §19

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Rieser über die Beschwerde des senegalesischen Staatsangehörigen AA, geboren am XX.XX.XXXX, vertreten durch die Rechtsanwälte BB und CC, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 11.09.2019, Zl *****, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird nur insoweit Folge gegeben, als die von der belangten Behörde festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen auf vier Tage herabgesetzt wird.

Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses herangezogene Strafnorm wird dahingehend ergänzt, dass sie wie die verletzte Rechtsvorschrift § 121 Abs 1a 2. Satz Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Sachverhalt und rechtliche Erwägungen:

Dem Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes angelastet:

„1. Datum/Zeit: seit 06.03.2019

Ort: Z, Adresse 2, Top 46

Sie sind als Fremder (§ 2 Abs. 4 Z 1 FPG) seit 24.01.2019 in Adresse 2/Top 46, Z (Ihre Wohnadresse), gemeldet und aufhältig, obwohl Ihnen mittels nachstehend angeführtem Mandatsbescheid bzw. Bescheid eine Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG erteilt worden ist. Sie hätten sich damals binnen 3 Tagen bei der Betreuungsstelle

Tirol, Y, Adresse 3, einfinden müssen.

Wer als Fremder eine Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG missachtet begeht jedoch eine

Verwaltungsübertretung.

Mandatsbescheid vom 17.12.2018 und Bescheid vom 01.02.2019, je vom BFA Regionaldirektion Z - Außenstelle Z erstellt, je Zahl: *****;

Wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 121 Abs. 1a i.V.m. § 57 Fremdenpolizeigesetz wurden Sie von der LPD Tirol FGA Fremdenpolizei unter ***** bereits einmal rechtskräftig bestraft, Rechtskraft mit 06.03.2019.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 121 Abs. 1a, 2. Satz, i.V.m. § 57 Fremdenpolizeigesetz

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von    falls diese uneinbringlich ist,  Freiheitsstrafe von  Gemäß

                     Ersatzfreiheitsstrafe von

1. €1.000,00      14 Tage(n) 0 Stunde(n)                                        § 121 Abs. 1a

                     0 Minute(n)  Fremdenpolizeigesetz
 2005, BGBl. I Nr.

                      100/2005 i.d.g.F.

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 100,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 1.100,00“

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde seitens des Beschwerdeführers Folgendes vorgebracht:

„VOLLMACHTSBEKANNTGABE

In umseits bezeichnetem Verwaltungsverfahren hat die Beschwerdeführer AA, geb. XX.XX.XXXX, die Rechtsanwälte BB - CC, Z, Adresse 1 mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt und berufen sich genannte Rechtsvertreter auf die ihnen erteilte Vollmacht.

Zustellungen und Ladungen sind nunmehr zu Händen der ausgewiesenen Rechtsvertreter vorzunehmen.

BESCHWERDE

gemäß Art 132 Abs. 1 Z1,130 Abs. 1 Z 1 B-VG und §§ 7 ff VwGVG gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 11.09.2019 zur Zahl *****

In umseits bezeichneter Verwaltungsangelegenheit erhebt der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.09.2019, zugestellt am 16.09.2019 unter Zahl ***** binnen offener Frist nachstehende

BESCHWERDE

gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG

an das Bundesverwaltungsgericht.

Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis vom 11.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretungen mit EUR 1000,00 bestraft. Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, dass er nach Erlassung der Rückkehrentscheidung nach Eintritt der Durchsetzbarkeit am 08.03.2019 nicht rechtzeitig ausgereist sei und demnach unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war.

Gegen dieses Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol richtet sich gegenständliche, fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Der Beschwerdeführer beantragt durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter, das Bundesverwaltungsgericht möge

a.) in der Sache selbst entscheiden und den angefochten Straferkenntnis dahingehend abändern, dass der Beschwerde stattgegeben wird

und

b.) gemäß § 44 VwGvG eine mündliche Verhandlung durchführen.

In eventu;

c)  den angefochtenen Straferkenntnis mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

Gegen das angefochtene Straferkenntnis ist das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen. Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 28,03.2018 zugestellt, die vorliegende Beschwerde ist daher rechtzeitig.

1. Beschwerdegründe:

Als Beschwerdegründe werden geltend gemacht:

Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die

belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Geltend gemacht werden insbesondere:

-   Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften wegen

wesentlicher Ermittlungsmängel

-   inhaltliche Rechtswidrigkeit

2. Ausführung der Beschwerdegründe:

Die gestellten Anträge werden im Einzelnen wie folgt begründet:

Der Beschwerdeführer hat bereits erklärt, dass er gegenwärtig nicht in sein Heimatland zurückkehren kann, weil er bislang keine Reisedokumente von der senegalischen Botschaft -trotz mehrfacher Botschaftstermine mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – erhalten hat und sohin von ihm aus nicht zu vertretenden Gründen nicht unverzüglich seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet faktisch nachkommen kann. Aus diesem Grunde ist er in einem entschuldigenden Notstand und kann ihm sein derzeitig unrechtmäßiger Aufenthalt in Österreich nicht vorgeworfen werden. Es handelt sich im gegenständlichen Fall um einen Ausschließungsgrund nach §120 Abs, 1b FPG, weil der Beschwerdeführer als Fremder aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht unverzüglich seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachkommen kann. Der Beschwerdeführer hat aufgrund dieser fehlenden Dokumente viele Probleme im Alltag, so konnte er aus diesem Grunde nicht einmal die Zustellung des Straferkenntnisses beim Postamt abholen, weil er unverschuldet keinen Identitätsnachweis vorlegen kann. Den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von über EUR 1100,-- zu verhängen steht sohin auch in keinem Verhältnis zu seiner unverschuldeten Situation hinsichtlich seines Vermögens und seines Einkommens mangels Arbeitsbewilligung. Weiters wird nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass der Beschwerdeführer sich seit mehr als 6 ½ Jahren in Österreich unbescholten aufhält.

Der Beschwerdeführer befindet sich sohin insgesamt in der Ausnahmesituation desentschuldigenden Notstandes, da er nach abgeschlossenem Asylverfahren den fremdenpolizeilichen Verpflichtungen in der Praxis und auch aufgrund des laufenden Verfahrens gern §56 AsylG mit aufschiebender Wirkung nicht nachkommen kann. Im vorliegenden Verfahren überwiegen sohin die Milderungsgründe gern. § 20 VstG und hat der

Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens iS Art. 8 EMRK gehandelt.

Der Beschwerdeführer befindet sich in laufenden Beschwerdeverfahren bei BVwG mit einer aufschiebenden Wirkung.

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen wird der

Beschwerdeantrag

gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge

• in der Sache selbst entscheiden und das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 26.03.2018, zugestellt am 28.03.2018 unter Zahl *****, vollinhaltlich aufheben und der gegenständlichen Beschwerde statt zu geben.

und

• gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen

in eventu

• den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

Um antragsgemäße Erledigung wird höflichst ersucht.

Z, am 3.10.2019                                                                           AA“

Zur Sachverhaltsfeststellung wurde in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde Einsicht genommen. Im Beschwerdeverfahren wurde bei der belangten Behörde die als Vormerkung aufscheinende Strafverfügung der belangten Behörde vom 14.02.2019 samt Zustellnachweis eingeholt. Laut Zustellnachweis erfolgte die Zustellung durch Hinterlegung am 18.02.2019 mit Beginn der Abholfrist am 19.02.2019. Ein Rechtsmittel gegen diese Strafverfügung wurde nicht eingebracht und ist diese in Rechtskraft erwachsen. Weiters wurde im Beschwerdeverfahren über das BFA – Regionaldirektion Z das Erkenntnis des BVwG vom 21.05.2019, Zahl *****, eingeholt. Mit dem zitierten Erkenntnis des BVwG wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid betreffend die verfahrensgegenständliche Wohnsitzauflage des BFA, Regionaldirektion Z, vom 01.02.2019, Zahl *****, als unbegründet abgewiesen.

Die dem gegenständlichen Strafverfahren zugrundliegende Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG ist laut Mitteilung des BFA am 21.05.2019 in Rechtskraft erwachsen. Gegen das Erkenntnis des BVwG vom 21.05.2019 wurde laut Aktenlage weder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof noch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof eingebracht.

Zur Sachverhaltsfeststellung wurde am 17.02.2020, wie vom Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift beantragt, eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung beim Landeverwaltungsgericht Tirol anberaumt und durchgeführt. Der Beschwerdeführer ist trotz ausgewiesener Ladung zur Beschwerdeverhandlung nicht erschienen. Der Beschwerdeführer hat sich damit des Beweismittels der Beschuldigteneinvernahme begeben. In der Beschwerdeverhandlung wurden der von der belangten Behörde vorgelegte Verwaltungsstrafakt, die im Beschwerdeverfahren von der belangten Behörde eingeholte Strafverfügung, die als rechtskräftige Strafvormerkung aufscheint und für die Strafhöhe wesentlich ist, und das zitierte Erkenntnis des BVwG betreffend den Wohnsitzauflagebescheid des Beschwerdeführers vom 21.05.2019 dargetan.

Aufgrund des durchgeführten Verfahrens vor der belangten Behörde und des durchgeführten Beschwerdeverfahrens beim Landesverwaltungsgericht Tirol ergibt sich folgender verfahrensrelevanter Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Fremder im Sinne des FPG. Der Beschwerdeführer reist illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 29.01.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 14.05.2013 abgewiesen, ihm der Status der Schutzberechtigten nicht zuerkannt und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in seinem Herkunftsstaat Senegal ausgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde in Bezug auf die Spruchpunkte I. und II. mit Erkenntnis des BVwG vom 03.01.2018 abgewiesen. In Erledigung der Beschwerde wurde Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides aufgehoben und das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückverwiesen. Mit Bescheid des BFA vom 27.02.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass eine Abschiebung in den Senegal zulässig sei. Die Frist für seine freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Der Beschwerdeführer ist in weiterer Folge seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Die gegen den Bescheid des BFA vom 27.02.2018 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 27.07.2018, Zl *****, als unbegründet abgewiesen. Die Behandlung einer dagegen eingebrachten Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 09.10.2018, *****, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Der VwGH hat die Revision des Beschwerdeführers vom 14.11.2018 mit Beschluss zurückgewiesen. Die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erwuchs mit 30.07.2018 in Rechtskraft. Mit Bescheid vom 07.01.2019, Zl *****, erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Senegal zulässig ist. Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht. Zugleich erkannte die belangte Behörde in der Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab. Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung erneut nicht nachgekommen. Die hiergegen fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 07.03.2019, Zl *****, als unbegründet abgewiesen.

Mit Mandatsbescheid vom 17.12.2018, Zl *****, dem Beschwerdeführer zugestellt am 27.12.2018, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs 1 AVG aufgetragen, bis zu einer Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung DD Adresse 3, Y, zu nehmen. Dieser Verpflichtung habe der Beschwerdeführer binnen drei Tage nachzukommen. Gleichzeitig mit dem Mandatsbescheid wurde dem Beschwerdeführer ein Informationsschreiben vom 17.12.2019 übermittelt, wonach dieser sich binnen 72 Stunden ab Zustellung des Mandatsbescheides in der Rückkehrberatungseinrichtung einzufinden habe. Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung. Mit Bescheid des BFA vom 01.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs 1 FPG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der DD, Adresse 3, Y, zu nehmen. Dieser Verpflichtung hatte der Beschwerdeführer unverzüglich nachzukommen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs 2 VwGVG ausgeschlossen. Hiergegen wurde Beschwerde bei der belangten Behörde eingebracht. In weiterer Folge wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Beschwerde mit dem zitierten Erkenntnis vom 21.05.2019 als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer ist der in der Wohnsitzauflage aufgetragenen dreitägigen Frist zur Wohnsitzaufnahme in der Betreuungsstelle, Y, Adresse 3, seit der Zustellung des Mandatsbescheides am 27.12.2018 bis dato nicht nachgekommen. Aufgrund der Nichtbefolgung der aufgetragenen Wohnsitzauflage wurde der Beschwerdeführer bereits mit Strafverfügung vom 14.02.2019, zugestellt am 19.02.2019, betreffend einen Tatzeitraum bis 19.02.2019 (Datum der Zustellung der rechtskräftigen Strafverfügung) rechtskräftig mit der vorgesehenen Mindestgeldstrafe in Höhe von 100,00 Euro bestraft. Der Beschwerdeführer ist in weiterer Folge der aufgetragenen weiterhin bestehenden Wohnsitzauflage bisher nicht nachgekommen.

Der sich aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ergebende Sachverhalt ist grundsätzlich unstrittig. Für die Tatbegehung und das durchzuführende Verwaltungsstrafverfahren ist es grundsätzlich nicht von Belang, ob der Beschwerdeführer in der Lage ist, die verhängte Geldstrafe in ausgesprochener Höhe zu bezahlen. Etwaige Einkommens- und Vermögensverhältnisse sind bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Auch ist es für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren nach § 57 FPG iVm § 121 Abs 1 a FPG nicht von Bedeutung, ob er aus von ihm zu vertretenden oder von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht unverzüglich seiner Pflicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet praktisch nachkommen kann und er deshalb zB nicht abgeschoben werden könne. Mit einer Wohnsitzauflage nach § 57 FPG wird weiters auch nicht darüber entschieden, ob eine Abschiebung auch tatsächlich möglich sein wird, sondern verpflichtet dieser Bescheid den Adressaten nur bis zur Ausreise in einem vom BFA bestimmten Quartier des Bundes Unterkunft zu nehmen.

Die dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde angelastete Verwaltungsübertretung wurde von diesem jedenfalls sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht begangen.

Zur verhängten Strafe ist auszuführen, dass § 121 Abs 1a 2. Satz FPG vorsieht, dass, wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, mit einer Geldstrafe von Euro 1.000,00 bis Euro 5.000,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen ist. Im Gegenstandsfall wurde der Beschwerdeführer vor dem angelasteten Tatzeitraum bereits nachweislich einmal mit der zitierten Strafverfügung der belangten Behörde vom 14.02.2019 rechtskräftig bestraft. Die Heranziehung des erhöhten Strafrahmens für den Wiederholungsfall durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Recht.

Im gegenständlichen Verfahren überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe jedenfalls nicht beträchtlich und da der Beschwerdeführer auch kein Jugendlicher ist, konnte die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe nicht gemäß § 20 VStG unterschritten werden. Da die Voraussetzungen zur Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG ebenfalls nicht vorlagen, konnte auch weder von einer Bestrafung abgesehen und das Verfahren eingestellt noch mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.

Da von der belangten Behörde auch unter Berücksichtigung unterdurchschnittlicher Einkommensverhältnisse und fehlenden Vermögens lediglich die für den Wiederholungsfall vorgesehene gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde und für den Wiederholungsfall bei Ausschöpfen des Geldstrafrahmens maximal eine Freiheitsstrafe von drei Wochen vorgesehen ist, war nur die von der belangten Behörde festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen als überhöht anzusehen. Die Ersatzfreiheitsstrafe war gemäß § 16 Abs 2 iVm § 19 VStG neu zu bemessen und spruchgemäß herabzusetzen.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes und der aufgezeigten rechtlichen Erwägungen war der Beschwerde nur hinsichtlich der vorgenommenen Herabsetzung der von der belangten Behörde festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe Folge zu geben und eine geringfügige Spruchberichtigung hinsichtlich der zitierten Strafbestimmung vorzunehmen.

II.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dr. Rieser

(Richter)

Schlagworte

Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.30.2111.5

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten