Entscheidungsdatum
15.09.2017Norm
LVergabenachprüfungsgesetz NÖ 2003 §5 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Die Bietergemeinschaft H GesmbH, ***, ***, vertreten durch CMS Reich - Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, ***, *** (im Folgenden kurz: AST für Antragstellerin) hat
betreffend die öffentliche Auftragsvergabe durch das Land Niederösterreich,
vergebende Stelle: Amt der NÖ Landesregierung, ***,
***, ***, vertreten durch Heid Schiefer Rechtsanwälte OG, ***, *** (im Folgenden kurz: AG für Auftraggeber) im Vergabeverfahren „***“ und „*** HWS 3.BA, Rückhaltebecken“ mit einem am 18.07.2017 beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingelangten Schriftsatz unter anderem den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung des AG vom 28.06.2017 sowie den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr für den Antrag auf Nichtigerklärung zu Handen der Rechtsvertreterin der AST (binnen 14 Tagen) gestellt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Allraun als Einzelrichter betreffend diese Anträge sowie betreffend den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu Recht:
1. Der Antrag der Bietergemeinschaft H GesmbH, ***, ***, vertreten durch CMS Reich – Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, die Zuschlagsentscheidung des Landes NÖ (vergebende Stelle: Amt der NÖ Landesregierung, ***, ***, ***) vom 28.06.2017 im Vergabeverfahren „***“ und „*** HWS 3.BA, Rückhaltebecken“ für nichtig zu erklären, wird abgewiesen.
2. Der Antrag der Bietergemeinschaft H GesmbH, ***, ***, vertreten durch CMS Reich – Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren (Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung: € 1.250,--, Antrag auf Nichtigerklärung der Auftraggeberentscheidung: € 2.500,--, insgesamt somit € 3.750,--) aufzutragen, wird abgewiesen.
3. Die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§°1; 4 Abs. 1, Abs. 2 Z 2; 5 Abs. 1; 7 Abs. 1 und 2; 9; 11 Abs. 1;
12 Abs. 2; 15 Abs. 1; 17 Abs. 2 und 19 Abs. 1, 3, 8, 9 und 10
NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz, LGBl. 7200/3 (NÖ VNG)
§°1 Abs. 1 Z 7 NÖ Vergabe-Pauschalgebührenverordnung, LGBl. 7200/2-0
§§°27 und 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG)
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
Entscheidungsgründe:
Im Vergabeverfahren „***“ und „*** HWS 3.BA, Rückhaltebecken“, welches vom AG als Bauauftrag in einem offenen
Verfahren im Unterschwellenbereich ausgeschrieben wurde, hat die AST mit einem
am 18.07.2017 beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingelangten
Schriftsatz die Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und auf
Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 28.06.2017 gestellt.
Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das erkennende Gericht mit Beschluss vom 24. Juli 2017, LVwG-VG-10/001-2017, Folge gegeben.
Zunächst wird darauf hingewiesen, dass in den folgenden Wiedergaben der jeweiligen Parteienvorbringen, die von den Parteien jeweils übermittelten vertraulichen Fassungen zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen dargestellt werden.
Die Antragstellerin hat betreffend den Antrag auf Nichtigerklärung der gesondert anfechtbaren Auftraggeberentscheidung Folgendes ausgeführt:
„1. Sachverhalt
1.1 Mit Bekanntmachung auf der Homepage http://www.***.html, hat das Land Niederösterreich („Antragsgegnerin“) ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich zur Vergabe von Bauleistungen „***“ und „*** HWS 3.BA‚ Rückhaltebecken“ eingeleitet.
Beweis: Bekanntmachung (Beilage ./1 ).
1.2 Die Zuschlagserteilung erfolgt anhand des Bestbieterprinzips auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot. Als Zuschlagskriterien werden in den Angebotsunterlagen der Angebotspreis, wodurch maximal 97 Punkte erzielt werden können, die Verlängerung der Gewährleistungsfrist mit maximal 2 Punkten sowie die Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW-Transporte mit höchstens 1 Punkt festgelegt. In Summe kann ein Angebot daher maximal 100 Punkte erreichen.
Beweis: Beizuschaffender Vergabeakt.
1.3 In Punkt 2.6.1.3 werden die Anforderungen an das Zuschlagskriterium Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW-Transporte näher konkretisiert. Dementsprechend hat eine Berechnung der anzufallenden Transportkilometer mithilfe des Distanzprogrammes https://www.google.at/maps unter anderem anhand folgender Kriterien zu erfolgen:
„Abfahrtsadresse Anschrift der gewählten Mischanlage bzw des Produktionsstandortes (dazu ist erforderlichenfalls die Ausgangsposition per linker Maustaste im Distanzprogramm genau auf jene Stelle nächst der Mischanlage bzw
des Produktionsstandortes etc zu positionieren, auf welchem der LKW
erstmals das öffentliche Straßennetz benützt)“
Beweis: Beizuschaffender Vergabeakt.
1.4 Die Angebotsfrist endete am 19.05.2017 um 10:00 Uhr. Am 19.05.2017 um 10:30 Uhr fand die Angebotsöffnung im Beisein der Bieter statt.
Die Bietergemeinschaft H GesmbH („Antragstellerin“) beteiligte sich an diesem Vergabeverfahren, indem sie fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot mit einem Preis von EUR [VERTRAULICH] (inkl. USt) legte.
Beweis: PV;
Bekanntmachung (Beilage ./1);
Angebot der Antragstellerin (Beilage ./2 VERTRAULICH).
1.5 Mit E-Mail vom 19.05.2017 forderte die Auftraggeberin die Antragstellerin unter anderem auf, Nachweise [VERTRAULICH] vorzulegen:
? [VERTRAULICH]
Dieser Aufforderung kam die Antragstellerin mit E-Mail vom 23.05.2017 nach,
[VERTRAULICH] .
Beweis: E-Mail Korrespondenz von Auftraggeberin und Antragstellerin (Beilage ./3 VERTRAULICH).
1.6 Mit E-Mail vom 30.05.2017 ersuchte die Auftraggeberin die Antragstellerin um nähere Aufklärung [VERTRAULICH]. Sie wies auch darauf hin, dass [VERTRAULICH] zu sein hat. Da in diesem Bereich mehrere Abbaufelder mit der Bezeichnung [VERTRAULICH] lägen, sei die konkret zutreffende Gewinnungsstätte zu nennen und [VERTRAULICH] darzustellen. Darüber hinaus sei nachzuweisen, dass das Unternehmen [VERTRAULICH] für diese Bezugsquellen abbau- bzw bezugsberechtigt ist. Zudem verlangte die Auftraggeberin ein [VERTRAULICH] erfüllen.
Diesen Forderungen kam die Antragstellerin mit E-Mail vom 01.06.2017 fristgerecht nach.
Betreffend die Steinqualität im [VERTRAULICH] legte die Antragstellerin in Hinblick auf die ausdrückliche Bestimmung, dass die entsprechenden Eignungsprüfungen aller zur Verwendung geplanten Materialien gemäß Punkt 4.9.3 der Ausschreibungsunterlagen (erst) 3 Wochen vor Verwendung auf der Baustelle aufliegen müssen, eine Stellungnahme des [VERTRAULICH] vor.
Beweis: E-Mail Korrespondenz von Auftraggeberin und Antragstellerin (Beilage ./3 VERTRAULICH);
Google Maps Ausdruck [VERTRAULICH] (Beilage ./4);
Bezugsrecht [VERTRAULICH] (Beilage ./5 VERTRAULICH);
Stellungnahme [VERTRAULICH] - Steinqualität [VERTRAULICH] (Beilage ./6 VERTRAULICH);
Beizuschaffender Vergabeakt.
1.7 Mit Schreiben vom 28.06.2017, eingelangt am selben Tag, teilte die vergebende Stelle der Antragstellerin mit, dass sie beabsichtige, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren der Bietergemeinschaft GH GmbH – S AG („präsumtive Zuschlagsempfängerin“) zu erteilen.
Die präsumtive Bestbieterin habe einen Angebotspreis von brutto EUR XXXX (Anm: Änderung durch das erkennende Gericht) angeboten. Sie habe im Rahmen des Zuschlagskriteriums Verlängerung der Gewährleistungsfrist 2 Punkte sowie hinsichtlich des Zuschlagskriteriums Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW-Transporte XXXX Punkte erhalten und somit gesamt XXXX Punkte erreicht.
Die Antragstellerin habe für den Angebotspreis [VERTRAULICH] Punkte, für die
Verlängerung der Gewährleistungsfrist [VERTRAULICH] Punkte, für das Zuschlagskriterium Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW-Transporte [VERTRAULICH] Punkte erhalten. Dies wurde mit der Anmerkung begründet, dass [VERTRAULICH] zu bewerten war. Das Angebot der Antragstellerin wurde insgesamt mit [VERTRAULICH] Punkten bewertet.
Beweis: Zuschlagsentscheidung vom 28.06.2017 (Beilage ./7 VERTRAULICH).
1.8 Am 05.07.2017 reichte die Antragstellerin einen Schlichtungsantrag bei der NÖ Schlichtungsstelle für öffentliche Aufträge mit dem Begehren ein, die Schlichtungsstelle möge die Zuschlagsentscheidung überprüfen und auf eine gütliche Einigung hinwirken.
In der Stellungnahme der Antragsgegnerin zum Schlichtungsantrag vom 11.07.2017 brachte diese vor, die Antragstellerin sei [VERTRAULICH] gewesen und bestritt im Übrigen das Vorbringen der Antragstellerin.
In der Schlichtungsverhandlung am 17.07.2017 brachte die Antragsgegnerin zudem vor, die Antragstellerin verfüge gar nicht über die [VERTRAULICH]. Außerdem sei die [VERTRAULICH].
Im Rahmen der Durchführung des Schlichtungstermins am 17.07.2017 kam keine gütliche Einigung zustande.
Beweis: PV;
Beizuschaffender Schlichtungsakt LAD1-AV-A-2824/715.
2. Anfechtungserklärung und Beschwerdepunkt
Angefochten wird die Zuschlagsentscheidung vom 28.06.2017.
Die Antragstellerin erachtet sich generell in ihrem Recht auf Durchführung eines
vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens sowie insbesondere
• in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter,
• in ihrem Recht auf Zuschlagsentscheidung zu Gunsten ihres Angebotes,
• in ihrem Recht auf Teilnahme an einem gesetzmäßigen Vergabeverfahren sowie
• hilfsweise in ihrem Recht auf Widerruf des Vergabeverfahrens und Teilnahme an einem neuen rechtskonformen Vergabeverfahren verletzt.
3. Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich und
Rechtzeitigkeit des Nachprüfungsantrags
In der Bekanntmachung und den Angebotsunterlagen ist als Auftraggeberin das Land Niederösterreich genannt. Dieses zählt zu den in § 3 Abs 1 Z 1 BVergG 2006 explizit genannten öffentlichen Auftraggebern.
In sachlicher Hinsicht handelt es sich bei dem gegenständlichen Auftrag laut Bekanntmachung um einen Bauauftrag, der im Rahmen eines offenen Verfahrens im Unterschwellenbereich vergeben werden soll.
Das gegenständliche Beschaffungsvorhaben liegt daher im sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des BVergG 2006. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen und zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 4 Abs 2 Z 1 und 2 NÖ Verg-NG gegeben. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Ersatz der Pauschalgebühren gründet sich auf §
19 Abs 10 NÖ Verg-NG. Die NÖ Schlichtungsstelle für öffentliche Aufträge wurde vor
Einbringung des Nachprüfungsantrages angerufen, das Schlichtungsverfahren wurde jedoch ohne Erzielung einer gütlichen Einigung iSd § 9 Abs 3 Z 1 NÖ Verg-NG beendet.
Bei der angefochtenen Zuschlagsentscheidung handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gem. § 2 Z 16 lit a sublit ii BVergG 2006.
Die angefochtene Entscheidung wurde am 28.06.2017 abgesendet und der Antragstellerin am selben Tag zugestellt. Der Schlichtungsantrag wurde am 05.07.2017 eingebracht. Für den Zeitraum, während dessen das Schlichtungsverfahren anhängig ist, wird die Nachprüfungsfrist gemäß § 11 Abs 7 NÖ Verg-NG gehemmt. Dies gilt einschließlich des gesamten letzten Tages
des Schlichtungsverfahrens (VwGH 24.02.2010, 2009/04/0046). Der Nachprüfungsantrag ist daher gemäß § 11 Abs 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz rechtzeitig.
Die Pauschalgebühr gemäß § 1 Abs 1 Z 7 NÖ Vergabe-pauschalgebührenverordnung iVm § 19 Abs 1 und 3 NÖ Verg-NG für den Antrag auf Nichtigerklärung und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Höhe von gesamt € 3.750,- wurde entrichtet.
Beweis: Kopie des Überweisungsbelegs (Beilage ./8).
4. Interesse am Vertragsabschluss und drohender bzw bereits eingetretener Schaden
4.1 Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Vertragsabschluss schon durch die Beteiligung am Vergabeverfahren und Legung eines verbindlichen Angebotes zum Ausdruck gebracht. Zudem belegt sie ihr fortgesetztes Interesse durch Einbringen dieses Schlichtungsantrags. Die Unternehmen der antragstellenden Bietergemeinschaft sind jeweils jahrzehntelang etablierte österreichische Bauunternehmen, welche ihre Tätigkeit österreichweit entfalten und insbesondere im Bereich des Straßenbaus einen hervorragenden Ruf genießen. Der gegenständliche Auftrag stellt für die Unternehmen der antragstellenden Bietergemeinschaft in
Anbetracht des Auftragswertes sowie der mit einer Auftragserteilung verbundenen Publizitätswirkung ein wesentliches Referenzprojekt dar.
4.2 Durch die vorliegenden Rechtswidrigkeiten entgeht der Antragstellerin die Möglichkeit auf eine erfolgreiche Beteiligung an einem rechtskonformen Vergabeverfahren, somit auch die Möglichkeit auf Zuschlagserteilung und Erzielung des aus dem gegenständlichen Auftrag zu lukrierenden Gewinns, dessen Höhe sich aus der vertraulichen Beilage ./9 ergibt.
Weiters sind der Antragstellerin für die Rechtsberatung im Zusammenhang mit der gegenständlichen Ausschreibung bisher Kosten in der in Beilage ./9 angegebenen Höhe erwachsen, deren Richtigkeit vom Rechtsvertreter durch Unterfertigung dieses Schriftsatzes bescheinigt wird.
Daneben droht der Antragstellerin durch die rechtswidrige Verfahrensfortführung und Vergabe des gegenständlichen Auftrages auch der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes. Nach der Spruchpraxis der Vergabekontrollbehörden erfasst der Begriff des Schadens nicht nur bloße im Sinne des Zivilrechts, sondern ganz allgemein jene Nachteile, die in der Beeinträchtigung der Möglichkeit, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen, liegen (BVA 26.4.2004, 12N-2/04-55). Auch dieser Nachteil der Antragstellerin ist als drohender Schaden iSd § 5 Abs 1 NÖ Verg-NG zu qualifizieren.
Da all diese Schäden durch die Zurücknahme der angefochtenen Entscheidung verhindert werden könnten, werden sie daher unmittelbar durch die Zuschlagsentscheidung verursacht.
Beweis: PV;
Schätzung Schadenshöhe (Beilage ./9 – VERTRAULICH).
4.3 Die Antragsgegnerin brachte im Schlichtungsverfahren vor, der Antragstellerin mangle es [VERTRAULICH].
Dies ist jedoch unbegründet: Schon in ihrem Schreiben vom 1.6.2017 hat die Antragstellerin auf Punkt 4.3.9 der baulosspezifischen Vertragsbestimmungen hingewiesen, worin – auch für die Antragsgegnerin bindend – festgelegt wurde, dass Eignungsprüfungen aller zur Verwendung geplanten Materialien (erst) 3 Wochen vor Verwendung auf der Baustelle aufliegen müssen und durch die ÖBA geprüft werden. Es wird daher in der Ausschreibung nicht festgelegt, dass diesbezügliche Prüfzeugnisse früher als zu diesem Zeitpunkt aufliegen müssten, noch hat sich die Antragsgegnerin vorbehalten, die Vorlage einzelner Prüfatteste vorzeitig zu
verlangen.
Nach ständiger Judikatur ist der Auftraggeber entsprechend den Grundsätzen der
Gleichbehandlung und Transparenz während des gesamten Vergabeverfahrens an die von ihm in der Ausschreibung getroffenen Festlegungen gebunden (EuGH 02.06.2016, C-27/15, Pizzo; EuGH 06.11.2014, C-42/13, Cartiera dell’Adda; VwGH 07.09.2009, 2007/04/0090 mwN; LVwG Wien 22.10.2015, VGW-23/074/9170/2015). Dies bedeutet auch, dass der Auftraggeber die Erfüllung von in der Ausschreibung nicht vorgesehenen Anforderungen nicht verlangen darf (EuGH 14.06.2007, C-6/05, Medipac; BVA 18.09.2009, N/0084-BVA/13/2009-41). Unzulässig ist es daher, wenn der Auftraggeber den Vorgaben seiner Ausschreibung selbst widerspricht.
Ein derartiger Widerspruch ist vorliegend gegeben, wenn die Antragsgegnerin einen
Ausscheidensgrund dadurch begründet, dass sie die Nichtvorlage eines Prüfungszeugnisses, das gemäß Ausschreibung erst zur Ausführung vorzulegen war, – noch dazu kurzfristig und ohne Vorwarnung – schon im Vergabeverfahren fordert. Indem die Antragsgegnerin die Vorlage eines Nachweises für [VERTRAULICH] hinsichtlich der Position [VERTRAULICH] forderte, widersprach sie ihrer eigenen Ausschreibungsunterlage, namentlich deren Punkt 4.3.9. Diese Vorgehensweise ist klar rechtswidrig. Daher durfte aus einer Nichtvorlage oder mangelhaften
Vorlage eines Prüfzeugnisses, das zum gegenwärtigen Zeitpunkt gar nicht gefordert werden hätte dürfen, kein Ausscheidensgrund begründet werden.
Die Berufung der Antragsgegnerin auf diesen Ausscheidensgrund ist daher offenkundig unzulässig.
Zudem hat die Antragstellerin die Stellungnahme des staatlich beeideten Ziviltechnikers [VERTRAULICH] vorgelegt, wonach zu erwarten ist, dass [VERTRAULICH] über [VERTRAULICH] erreicht. Auch deshalb bestand keinerlei Veranlassung, die Qualität des Materials in Zweifel zu ziehen. Jedenfalls ist die Antragstellerin der Aufforderung der Auftraggeberin, insoweit diese überhaupt zulässig war, ausreichend nachgekommen.
Im Übrigen wäre die Heranziehung eines diesbezüglichen Ausscheidensgrundes schon deshalb nicht zulässig, weil die Ausscheidenssanktion nach der Rechtsprechung angekündigt werden muss (VKS Wien 02.12.2010, VKS-12076/10). Dies erfolgte jedoch weder im E-Mail der Antragsgegnerin vom 19.05.2017 noch in jenem vom 30.05.2017.
Beweis: PV;
Stellungnahme DI F - [VERTRAULICH] (Beilage ./6
VERTRAULICH);
Beizuschaffender Vergabeakt.
5. Zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung
5.1 Richtige Angabe der Kilometer-Entfernung
Gemäß § 130 Abs 1 BVergG 2006 ist der Zuschlag auf jenes Angebot zu erteilen, welches entsprechend den Angaben in der Ausschreibung das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ist. Heranzuziehen sind daher einerseits sämtliche in der Ausschreibung enthaltenen Angaben (EuGH 06.11.2014, C-42/13, Cartiera dell’Adda), andererseits dürfen sonstige, nicht in der Ausschreibung enthaltene Festlegungen, nicht gewürdigt werden (EuGH 02.06.2016, C-27/15, Pizzo). Der Inhalt der Ausschreibung ist dabei anhand seines objektiven Erklärungswertes aus Bietersicht zu beurteilen (VwGH 29.3.2006, 2004/04/0144).
Im Rahmen des gegenständlichen Vergabeverfahrens wurden als Zuschlagskriterien neben dem Preis und der Verlängerung der Gewährleistungsfrist die Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW-Transporte festgelegt. Für letzteres Kriterium legt Punkt 2.6.1.3 der Angebotsunterlage fest, dass keine Punkte vergeben werden, wenn Nachweise über die Verfügbarkeit des Materials an diesen Standorten trotz Aufforderung des Auftraggebers nicht vorgelegt werden oder wenn vom Bieter entgegen der Bestimmung, die KM-Entfernung gerundet auf ganze Kilometer anzugeben, eine noch kürzere KM-Entfernung angegeben wird.
Die Antragstellerin hat hinsichtlich der Belastung des öffentlichen Straßennetzes von jener Stelle, von der der LKW erstmals das öffentliche Straßennetz benützt (Koordinaten [VERTRAULICH], siehe Markierung gemäß Beilage 5 bzw. farblich gekennzeichnete, bewilligte Ausfahrt gemäß Planbeilage ./10) zur Einbaustelle (L6279, Koordinaten 48.029950, 14.640290) richtigerweise eine Wegstrecke von [VERTRAULICH] km angegeben.
Beweis: Bewilligter Einreichplan des Abbaufeldes [VERTRAULICH] mit farblicher Markierung (Beilage ./10 VERTRAULICH).
In Punkt 2.6.1.3 der Ausschreibung war festgelegt, dass die KM-Entfernung auf ganze Kilometer gerundet anzugeben war. Daher war die allgemeine mathematische Rundungsregel, wonach bis exklusive 0,5 abzurunden und ab 0,5 aufzurunden ist, anzuwenden. Die Entfernung von der Gewinnungsstelle „[VERTRAULICH]“ zur Einbaustelle wurde daher richtig mit [VERTRAULICH] km angegeben.
Mit Aufklärungsersuchen vom 19.05.2017 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, einen google-maps-Auszug mit der Route von der jeweiligen Bezugsquelle zur Zieladresse vorzulegen. Diesem Ersuchen kam die Antragstellerin am 23.05.2017 nach, wenn auch, wie erwähnt, [VERTRAULICH].
Beweis: Route [VERTRAULICH] nach [VERTRAULICH] (Beilage ./11).
Obwohl die Adresse "[VERTRAULICH]" basierend auf den Koordinaten [VERTRAULICH] durchaus bereits eindeutig war, ersuchte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 30.5.2017, die Gewinnungsstätte nochmals "konkret zu benennen". Mit Schreiben vom 1.6.2017 konkretisierte die Antragstellerin den Ort der Gewinnungsstelle („Abbaufeld“) mit „[VERTRAULICH]“. Die Gewinnungsstelle wurde zudem durch den vorgelegten Ausdruck von Google Maps (Beilage ./4) eindeutig identifiziert (unter Eingabe der präzisen Koordinaten).
In diesem Ausdruck hat die Antragstellerin jene Stelle, ab der das öffentliche Straßennetz durch LKW-Transporte von der Gewinnungsstelle „[VERTRAULICH]“ genutzt wird, farblich eingezeichnet (Beilage ./4). So wurde sichergestellt, dass der Ausfahrtspunkt aus dem privaten Grundstück des Produktionsstandortes als Startpunkt für die Routenberechnung erfasst wird. Wenn man, wie in Punkt 2.6.1.3 vorgegeben, in Google Maps als Abfahrtsort die Stelle markiert, an der der LKW erstmals das öffentliche Straßennetz benützt (Koordinaten [VERTRAULICH]) scheint im Google Maps Ausdruck die Abfahrtsadresse „[VERTRAULICH]“ auf. Gibt man die richtige Postadresse der Liegenschaft „[VERTRAULICH]“ ein, identifiziert Google Maps das Betriebsgebäude. Gibt man als Zielort die ***, Koordinaten ***, *** ein, scheint als Zieladresse automatisch die „***, ***“ auf. Die von der Antragstellerin eingegebenen Daten waren daher korrekt und es wurde die vorgegebene Vorgangsweise bei der Distanzerfassung
präzise eingehalten. Wie jederzeit nachvollzogen werden kann, errechnet Google Maps bei Eingabe der obigen Koordinaten eine Distanz von [VERTRAULICH] km.
Beweis: Darstellung der einzelnen Eingabeschritte (Beilage ./12).
Im Aufklärungsschreiben hat die Antragstellerin außerdem die zutreffende, behördlich bewilligte Ausfahrt eingezeichnet, welche von der Antragstellerin für die Erbringung der gegenständlichen Leistungen auch benützt werden wird. Zwar verfügt die gegenständliche Gewinnungsstätte „[VERTRAULICH]“ noch über eine weitere bewilligte Ausfahrt (Beilage ./10 VERTRAULICH), jedoch stand und steht es der Antragstellerin frei, bei welcher der bewilligten Ausfahrten sie das öffentliche Straßennetz anfährt. Anzumerken ist dabei, dass die Ausfahrtsrampe der zweiten Ausfahrt [VERTRAULICH] besteht, sodass diese Ausfahrt zu einem bestimmten Zeitpunkt des Abbaufortschritts in der Zukunft [VERTRAULICH]. Hingegen ist die zur Nutzung vorgesehene Ausfahrt (Koordinaten [VERTRAULICH]) dauerhaft verfügbar.
Für die rechtmäßige Benennung als Ausfahrt ist es nicht erforderlich, dass die gewählte Straßenausfahrt im Zeitpunkt [VERTRAULICH] wird. Denn bei der Angabe der genutzten Straßenkilometer handelt es sich nicht um ein [VERTRAULICH], sondern um eine [VERTRAULICH]. Ähnlich der Zusage einer Bauzeitverkürzung ist dies die Erklärung des Bieters, nur [VERTRAULICH]. Eine Überprüfung der tatsächlichen Einhaltung dieser Zusage ist – wie auch bei der Bauzeitverkürzung – erst im Rahmen der Auftragserfüllung möglich. Derartige Zuschlagskriterien sind nach der Judikatur des EuGH zulässig (Schiefer/Mensdorff-Pouilly in Heid/Preslmayr (Hg), Handbuch Vergaberecht3, Rz 1450 mwN).
Dementsprechend kann der maßgebliche Zeitpunkt für die Überprüfung, welche
[VERTRAULICH] genutzt werden wird, keinesfalls die Öffnung der Angebote sein. Zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung kann nur die Machbarkeit bzw. Plausibilität des gegebenen Leistungsversprechens (Angebots) hinterfragt werden. Es gibt keinen Grund, an der Umsetzung des Leistungsversprechens der Antragstellerin zu zweifeln!
Die Machbarkeit bzw. Plausibilität des gegebenen Leistungsversprechens, die farblich in der vertraulichen Planbeilage ./10 angezeichnete [VERTRAULICH] zu nutzen, muss in Hinblick auf die planlich dargestellte Breite von [VERTRAULICH] außer Frage stehen. Denn die [VERTRAULICH] können völlig problemlos [VERTRAULICH] werden. Im Auftragsfall wird die Antragstellerin, so wie angeboten, diese Ausfahrt auch tatsächlich nützen. Folglich ist die von der Antragstellerin genannte Ausfahrt eine zulässige Wahl, selbst wenn sie im Zeitpunkt
der Angebotsöffnung [VERTRAULICH] wurde.
Auf Basis dieser Dokumente hätte das Angebot der Antragstellerin in diesem Punkt mit – zumindest – [VERTRAULICH] Punkten und das Angebot insgesamt mit [VERTRAULICH] bewertet werden müssen. Da die Auftraggeberin dies verabsäumt hat, hat sie gegen § 126 Abs 1 BVergG 2006 verstoßen und damit die Zuschlagsentscheidung mit Rechtswidrigkeit belastet.
5.2 Vorliegen eines straßenrechtlichen [VERTRAULICH]
Von Seiten der Antragsgegnerin wurde in der Schlichtungsverhandlung vorgebracht, das Zuschlagskriterium „Belastung des öffentlichen Straßennetzes“ sei im Angebot der Antragstellerin auch deshalb mit [VERTRAULICH] Punkten bewertet worden, weil die Antragstellerin [VERTRAULICH] habe.
Ungeachtet dessen, dass dieser Vorwurf der Antragstellerin im Vergabeverfahren nicht vorgehalten wurde und sich diese Anforderung in keinster Weise aus den Ausschreibungsunterlagen ableiten lässt, ist er überschießend und nicht vergaberelevant. Es ist nicht die Aufgabe des Auftraggebers in der Angebotsprüfung, umfassend zu überprüfen, ob sich ein Bieter bei der Durchführung eines Auftrags umfassend rechtskonform verhalten wird. Dies leisten die sanktionsbewerten Normen der verschiedenen Materiengesetze.
In einem insofern vergleichbaren Fall hatte der VwGH darüber abzusprechen, ob ein Bieter, der über die gewerberechtliche Befugnis als Elektriker verfügt, Leistungen eines Lüftungstechnikers erbringen darf. Nach Klärung, dass dies im Rahmen der Nebenrechte möglich und zulässig ist, wurde noch die Frage erörtert, ob der Bieter auch über geeignete Fachkräfte verfügt, um die lüftungstechnische Aufgabe ordnungsgemäß bewältigen zu können.
Dazu sprach der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus (VwGH 05.11.2010, 2007/04/0210):
"Der VwGH verkennt nicht, dass es sich - wie von der belangten Behörde angeführt - bei einer Tunnellüftungsanlage um eine komplexe technische Anlage handelt und die
sachgemäße Entlüftung eines Tunnels für den Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung im Hinblick auf eine mögliche Gefahr für Leib und Leben der Benutzer verbunden ist.
Jedoch ist in diesem Zusammenhang auf § 32 Abs. 2 zweiter Satz GewO 1994 zu verweisen, wonach sich die Gewerbetreibenden, soweit dies aus Gründen der Sicherheit notwendig ist, entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte zu bedienen haben. Der Gesetzgeber hat insoweit den Bedenken der belangten Behörde gegen eine allzu weitgehende Auslegung der Nebenrechte Rechnung getragen."
Demnach liegt es in der allgemeinen Verantwortlichkeit des betroffenen Unternehmers, die ihn treffenden Pflichten einzuhalten, zumal eine Missachtung gewerberechtlich sanktioniert wird. Die Vorlage entsprechender Nachweise für die Verfügbarkeit der einzusetzenden Facharbeiter im Vergabeverfahren war daher nicht notwendig.
Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten. Dass die Antragstellerin im Zuge der Auftragsausführung alle gesetzlichen und behördlichen Vorgaben einhalten muss, steht außer Frage, dass sie diese einhalten wird, ist Gegenstand ihres Leistungsversprechens. Für das gegenständliche Vergabeverfahren muss aber genügen, dass die Einhaltung ihres Leistungsversprechens möglich ist. Dass die Antragstellerin schon jetzt eine [VERTRAULICH] nutzt, die sie im Auftragsfall zu nutzen verspricht, ist [VERTRAULICH] noch steht es der Auftraggeberin zu, diesbezügliche Prognosen anzustellen und bei der Angebotsprüfung zu berücksichtigen.
Die Antragstellerin hat nicht nur – wie von der Antragsgegnerin gefordert – eine
Bezugsberechtigung ihres Lieferanten für das Abbaufeld „[VERTRAULICH]“ vorgelegt, sondern wurde bereits mit der vertraulichen Beilage ./10 ein bewilligter Einreichplan mit planlicher Darstellung der genehmigten [VERTRAULICH] vorgelegt. Schon daraus ergibt sich der behördliche Konsens einer [VERTRAULICH] in Bezug auf jene Stelle (Koordinaten [VERTRAULICH]), die im vorliegenden Fall angegeben wurde. Der vorliegende Konsens für mehrere [VERTRAULICH] ergibt sich auch aus dem Bescheid der BH Amstetten vom [VERTRAULICH], in dem die obertägige Gewinnung von grundeigenen mineralischen Rohstoffen auf der gegenständlichen Liegenschaft genehmigt wurde ("MinRoG-Bescheid", Beilage ./13 VERTRAULICH). Dieser Bescheid wurde mit Bescheid der BH Amstetten vom [VERTRAULICH] (Beilage ./14) bis 31.12.2020 verlängert. Diese Nachweise sind eindeutig
ausreichende Belege für die Verfügbarkeit des [VERTRAULICH] und die Rechtmäßigkeit der [VERTRAULICH].
Inwiefern ein Unternehmer mögliche Auflagen der Bescheide oder sonstige materiellrechtliche Vorgaben einhalten wird, reicht über die Prüfpflicht des Auftraggebers bzw Vorlagepflicht des Unternehmers hinaus. Es ist Sache der zuständigen Behörden, das rechtskonforme Agieren aller normunterworfenen Unternehmen zu überwachen und gegebenenfalls Verstöße zu ahnden.
Daher besteht keine Pflicht eines Bieters zur Vorlage von sämtlichen Nachweisen, welche die künftige Einhaltung jedweder Materiengesetze bestätigen. Dies betrifft auch das Vorliegen einer [VERTRAULICH]. Erst wenn [VERTRAULICH] aufgrund des gegenständlichen Auftrags das öffentliche Straßennetz [VERTRAULICH], wird beurteilt werden können, ob für diese [VERTRAULICH] vorliegt. Für die vorliegende Vergabe muss es genügen, dass der Bieter die ordnungsgemäße Leistungserbringung angeboten und zugesagt hat. Im Sinne der VwGH-Judikatur ist darauf zu verweisen, dass auch diesbezügliche Übertretungen verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert sind.
Die Vorlage einer solchen [VERTRAULICH] war daher nicht erforderlich und kann von der Antragsgegnerin auch nicht nachträglich verlangt werden, zumal sie sich dies in der Ausschreibung auch nicht vorbehalten hat, diesbezügliche Behördennachweise zu fordern.
So wurde auch hinsichtlich des weitgestuften Korngemisches in Punkt 063020H des
Leistungsverzeichnisses festgelegt, dass durch den Auftragnehmer sämtliche Bewilligungen, auch die naturschutzrechtliche, für die Materialentnahme zu erwirken sind und die erforderlichen analytischen Untersuchungen durch eine befugte Fachperson oder Fachanstalt auf Kosten des AN zu veranlassen sind. Der Auftraggeber hat es demnach mehrfach dabei bewenden lassen, ein Leistungsversprechen bzw. eine Leistungsverpflichtung des Bieters
hinsichtlich einzuholender Bewilligungen oder Zustimmungen zu erhalten.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die bescheidmäßige Grundlage zur Erbringung der auftragsgegenständlichen Lieferleistung (inklusive vorheriger Abbautätigkeit) schon durch den vorliegenden Bescheid gemäß [VERTRAULICH] gegeben ist, unabhängig von [VERTRAULICH] oder [VERTRAULICH] Bewilligungen auf der gegenständlichen Liegenschaft. Eine Beschränkung der [VERTRAULICH] an der von der Antragstellerin vorgesehenen Stelle ergibt sich weder [VERTRAULICH] noch dem [VERTRAULICH] oder [VERTRAULICH] Konsens.
Beweis: Bescheid gemäß [VERTRAULICH] (Beilage ./13 VERTRAULICH);
Verlängerung des Bescheides gemäß [VERTRAULICH] (Beilage ./14);
[VERTRAULICH] Bewilligung vom [VERTRAULICH] (Beilage ./15
VERTRAULICH);
[VERTRAULICH] Bewilligung vom [VERTRAULICH] (Beilage ./16
VERTRAULICH).
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz die einheitliche Auslegung der Ausschreibungsbestimmungen gegenüber sämtlichen Bietern gebietet (BVA 09.05.2007, N/0029-BVA/06/2007-112). Würde die Antragsgegnerin – entgegen obiger Darlegung – zu Recht die Ansicht vertreten, dass eine [VERTRAULICH] schon zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe vorliegen hätte müssen, hätte sie dies bei allen Bietern überprüfen und gegebenenfalls alle betroffenen Bieter ausscheiden, das Vergabeverfahren widerrufen und neu
ausschreiben müssen.
6. Anträge
Sohin werden gestellt nachstehende
ANTRÄGE:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge
1. alle Teile des Vergabeakts, welche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Antragstellerin enthalten, insbesondere das Angebot der Antragstellerin und die darauf Bezug nehmenden Teile der Angebotsprüfung durch die Antragsgegnerin, des Nachprüfungsantrags und seiner Beilagen, insbesondere auch die Beilage ./9 von der Akteneinsicht durch Mitbieter auszunehmen; eine nicht-vertrauliche Fassung des Nachprüfungsantrags wird beigelegt;
2. eine mündliche Verhandlung anberaumen;
3. die Zuschlagsentscheidung der Antragsgegnerin vom 28.06.2017 für nichtig
erklären,
4. der Antragsgegnerin den Ersatz der Pauschalgebühren für den Antrag auf
Nichtigerklärung und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu Handen der Rechtsvertreterin der Antragstellerin binnen 14 Tagen auferlegen.“
Die mit „XXXX“ gekennzeichneten Stellen wurden vom erkennenden Gericht zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für den Fall der Veröffentlichung der gegenständlichen Entscheidung, so wie dies die AST hinsichtlich ihrer Daten im gegenständlichen Antrag vorgenommen hat, unkenntlich gemacht.
Der AG hat mit Schriftsatz vom 01.08.2017 vorgebracht wie folgt:
„1. Sachverhalt
1.1 Mit Bekanntmachung auf der Homepage der Auftraggeberin unter
http://www.***.html
hat die Auftraggeberin ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich über die Vergabe der Bauleistungen „***“ und „*** HWS 3.BA‚ Rückhaltebecken“ eingeleitet.
1.2 Nach den Festlegungen in der Bekanntmachung und in den Ausschreibungsunterlagen erfolgt die Bewertung der Angebote nach dem Bestbieterprinzip. Hierfür wurde in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt, dass im Zuschlagskriterium „Angebotspreis“ maximal 97 Punkte erzielt werden können. Für die Zuschlagskriterien „Verlängerung der Gewährleistungsfrist“ können maximal 2 Punkte und für „Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW Transporte“ maximal l Punkt erreicht werden. In Summe können daher maximal 100 Punkte erreicht werden.
1.3 Als Ende der Angebotsfrist wurde der 19.5.2017, 10:00 Uhr angegeben.
1.4 Die Antragstellerin legte ein Angebot mit einer Angebotssumme von
—----------------- und erreichte in diesem Zuschlagskriterium die maximale
Punkteanzahl von ----- Punkten. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin legte ein Angebot mit der Angebotssumme von EUR *** und erzielte in diesem Zuschlagskriterium 96,31 Punkte.
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1.6 Im Hinblick auf das Zuschlagskriterium „Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW Transporte“ hat die Prüfung des Angebots der Antragstellerin ergeben, dass dem Angebot, die für die Beurteilung des Zuschlagskriteriums erforderlichen Nachweise, nicht beigelegt wurden und darüber hinaus einige Punkte aufklärungsbedürftig waren. Die Auftraggeberin ersuchte daher die Antragstellerin mit E-Mail vom19.5.2017 die erforderlichen Nachweise zu erbringen und Aufklärungen zu erstatten.
1.7 Die Antragstellerin übermittelte danach mit zwei E-Mails am 23.5.2017 der Auftraggeberin mehrere Dokumente zur Aufklärung bzw Vervollständigung ihres Angebots. Jedoch wurden im Hinblick auf das Zuschlagskriterium „Belastung des Öffentlichen Straßennetzes durch LKW Transporte“ innerhalb der gestellten Frist weder alle Unklarheiten des Angebots von der Antragstellerin hinreichend aufgeklärt noch wurden die erforderlichen und nachgeforderten Nachweise ausschreibungskonform nachgereicht.
1.8 Die Auftraggeberin forderte daher die Antragstellerin mit E-Mail vom 30.5.2017 ein zweites Mal auf, die fehlenden Nachweise ausschreibungskonform nachzureichen bzw die Unklarheiten hinreichend aufzuklären. In Ergänzung dazu, wurde von der Antragstellerin ein -------------------------------- verlangt, welches bestätigt, dass die ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- erfüllen, um auf diesem Wege die Angaben der Antragstellerin für das Zuschlagskriterium „Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW Transporte“ abschließend überprüfen und bewerten zu können.
1.9 Auch dieser zweiten Aufforderung zur Nachreichung bzw Aufklärung kam die Antragstellerin mit ihrem E-Mail vom 1.6.2017 nicht vollumfänglich nach, da sie es auch diesmal unterlassen hat, innerhalb der ihr gestellten Frist hinreichend Aufklärung zu geben bzw die geforderten Nachweise zu übermitteln.
1.10 Die Prüfung aller bis zu diesem Zeitpunkt gemachten Angaben (inklusive aller Nachreichungen) der Antragstellerin führten im Ergebnis dazu, dass das Angebot der Antragstellerin bei dem Zuschlagskriterium „Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW Transporte“ gemäß Punkt 2.6.1.3 der Ausschreibungsunterlagen mit -- Punkten bewertet werden musste.
1.11 In der Folge gab die Auftraggeberin mit der Zuschlagsentscheidung vom 28.6.2017 bekannt, dass sie den Zuschlag in dem gegenständlichen Verfahren der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erteilen wird und führte in diesem Schreiben alle relevanten Umstände an, die zum Unterliegen des Angebots der Antragstellerin geführt haben. In diesem Schreiben wurde detailliert dargestellt, warum das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin insgesamt mit 99,11 Punkte und das Angebot der Antragstellerin mit ----- Punkte zu bewerten war.
1.12 Als Ende der Stillhaltefrist wurde der 5.7.2017 genannt.
1.13 Am 5.7.207 reichte die Antragstellerin einen Schlichtungsantrag bei der Niederösterreichische Schlichtungsstelle ?ir öffentliche Aufträge (in der Folge „Schlichtungsstelle“) ein.
1.14 Im Rahmen der mündlichen Schlichtungsverhandlung am 17.7.2017 schloss sich die Schlichtungsstelle vollumfänglich dem Vorbringen der Auftraggeberin an, dass die von der Antragstellerin genannte -------------- nicht zur Berechnung der Distanz herangezogen werden darf bzw nicht herangezogen werden kann, da diese -------------------------------------------------------
1.15 Darüber hinaus stellte die Schlichtungsstelle fest, dass die Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen in Zusammenschau mit den von der Antragstellerin gemachten Angaben im Zuge beider Nachreichungen sowie im Angebot selbst, nur eine Bewertung des zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung bestehenden Zustandes zulassen.
1.16 Die Schlichtungsstelle gab daher dem Vorbringen der Auftraggeberin vollumfänglich Recht und kam zu dem Ergebnis, dass die Bewertung des Zuschlagskriteriums „Belastung des öffentlichen Straßennetzes durch LKW-Transporte“ völlig zu Recht mit -- Punkten erfolgte.
Beweis: - Vergabeakt (Beilage ./I) (Ausnahme der Akteneinsicht siehe Beilagenverzeichnis);
- Niederschrift der Schlichtungsverhandlung vom 17.7.2017
(Beilage ./II) (von der Akteneinsicht durch mitbeteiligte Parteien auszunehmen).
2. Fehlende Antragslegitimation der Antragstellerin
2.1 Voraussetzungen der Antragslegitimation
2.1.1 Gemäß § 320 Abs 1 BVergG kann jeder Unternehmer bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern dieser kumulativ ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet und ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
2.1.2 Die kumulativen Voraussetzungen für eine Antragslegitimation im Verfahren vor der Schlichtungsstelle bzw vor dem Verwaltungsgericht sind also ein „Interesse am Vertragsabschluss“ und ein „entstandener oder drohender Schaden“.
2.1.3 Es wäre der Antragstellerin jedoch - wegen der Nichterteilung des Zuschlags - in weiterer Folge kein Schaden entstanden, da das Angebot der Antragstellerin - aus den unter Punkt 2.2 genannten Gründen - jedenfalls auszuscheiden gewesen wäre. Denn selbst wenn die angefochtene Zuschlagsentscheidung aufgehoben werden würde, könnte die Antragstellerin den Zuschlag nicht erlangen. Da die genannten Voraussetzungen für die Antragslegitimation jedoch kumulativ vorliegen müssen, fehlt es der Antragstellerin im gegenständlichen Verfahren an der Voraussetzung des „drohenden Schadens“ und daher an der Antragslegitimation.
2.1.4 Nach der Rechtsprechung des BVwG und des VwGH macht es hierbei auch keinen Unterschied, ob der Antragsteller vom Auftraggeber formal ausgeschieden wurde oder bloß auszuscheiden gewesen wäre, aber tatsächlich nicht ausgeschieden wurde. Auch wenn ein Bieter zu keinem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens formell ausgeschieden wurde, kann - und muss bei entsprechendem Vorbringen - das Verwaltungsgericht die Antragslegitimation von Amts wegen prüfen (Reisner in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 [2015] Rz 1936, mwN, VwGH 12.5.2011, 2011/04/0043).
2.2 Ausscheiden des Angebots wegen unzureichender Nachreichung
2.2.1 Entgegen den Behauptungen der Antragstellerin hat es diese trotz zweimaliger Aufforderung unterlassen, alle geforderten Unterlagen nachzureichen und hinreichend Aufklärung über die Unklarheiten ihres Angebots zu geben.
2.2.2 So wurde die Antragstellerin mit E-Mail vom 30.5.2017 aufgefordert der Auftraggeberin ein ------------------------ vorzulegen, welches bestätigt, dass die ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- erfüllen, um auf diesem Wege die Angaben der Antragstellerin hinsichtlich des Zuschlagskriteriums „Belastung des Öffentlichen Straßennetzes durch LKW-Transporte“ abschließend überprüfen und bewerten zu können.
2.2.3 Das Vorbringen der Antragstellerin, die Auftraggeberin sei gar nicht berechtigt einen solchen Nachweis zu fordern, ist jedenfalls unrichtig. Wie die Antragstellerin selbst vorbringt, handelt es sich beim Punkt 4.3.9 um eine baupolizeiliche Vertragsbestimmung welche nur festlegt, dass „Eignungsprüfungen aller zur Verwendung geplanter Materialien (erst) 3 Wochen vor Verwendung aufliegen müssen“.
2.2.4 Diese baupolizeiliche Bestimmung des Punktes 4.3.9 regelt somit eindeutig nur den spätesten Zeitpunkt an dem alle Prüfatteste aufliegen müssen, um eine Prüfung durch die örtliche Bauaufsicht zu gewährleisten. Über diesen objektiven Erklärungswert hinaus, lässt sich jedoch in keinster Weise ableiten, dass es der Auftraggeberin dadurch untersagt sein soll, im Vorfeld Unterlagen zum Nachweis der in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Anforderungen einzufordern. Das geforderte ---------------- diente in konkreten Fall (vorrangig) der Prüfung der Angaben für das Zuschlagskriterium „Belastung des öffentlichen Straßennetzes“. Mit diesem ------------------- sollte von der Antragstellerin der Nachweis erbracht werden, dass diese die in den Ausschreibungsunterlagen -------------------------- auch an der von ihr genannten -------------------------------------------------------- kann.
2.2.5 Es wurde somit - entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin - von der Auftraggeberin lediglich ein Nachweis der Erfüllung für die in den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen festgesetzte Anforderungen gefordert, wohingegen sich die von der Antragstellerin zitierte Judikatur mit der Erfüllung von in den Ausschreibungsunterlagen nicht vorgesehenen Anforderungen befasst. Eine Ableitung eines Verbotes für die Auftraggeberin zur Prüfung bereits festgelegter Anforderungen lässt sich aus der von der Antragstellerin angeführten Rechtsprechung mit Sicherheit nicht ableiten.
2.2.6 Das geforderte ----------- wurde jedoch von der Antragstellerin innerhalb der ihr gestellten Frist nicht nachgereicht, weshalb eine Überprüfung der von ihr gemachten Angaben für das Zuschlagskriterium „Belastung des Öffentlichen Straßennetzes“ durch die Auftraggeberin nicht möglich war.
2.2.7 Da eine erteilte Auskunft bzw Nachreichung dem Aufklärungs- bzw Nachreichungsersuchen vollumfänglich entsprechen muss (vgl BVA 18.1.2013, N/0109-BVA/03/2012-39) und die Antragstellerin das geforderte Prüfattest nicht nachgereicht hat, ist das Angebot der Antragstellerin bereits aus diesem Grund gemäß § 129 Abs 2 BVergG auszuscheiden.
3.