TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/25 I407 2221670-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2019
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Entscheidungsdatum

25.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
FPG §55 Abs1a
StGB §127
StGB §164
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 2221670-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. ALGERIEN, vertreten durch: Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl EASt Ost vom 11.07.2019, Zl. IFA: 1097568300 VZ: 190658563, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am 01.12.2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 08.09.2017 gem. § 3 und § 8 AsylG abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Gem. § 55 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Gem. § 18 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung bei einer Beschwerde aberkannt. Gegen den Beschwerdeführer wurde ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von 7 Jahren erlassen. Er brachte gegen diese Entscheidung keine Beschwerde ein. Der angeführte Bescheid erwuchs am 25.09.2017 in I. Instanz in Rechtskraft.

Diesen ersten Asylantrag begründete der Beschwerdeführer wie folgt:

Er hätte mit dem Staat Probleme. Sein Bruder wäre umgebracht worden. Er würde nicht wissen, ob es die Terroristen unter den Behörden waren. Er wäre verhört worden und hätte Angst, dass ihm das Selbe passieren könnte. Er hätten daher sein Land verlassen.

2. Am 12.06.2019 wurde der Beschwerdeführer von der Schweiz nach Österreich überstellt und mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 14.06.2019, Zl. IFA 1097568300 VZ 190588441, wegen § 76 FPG 2005 und § 22a BFA-VG in weiterer Folge in Schubhaft genommen.

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 29.07.2019 zu W250 2221674-1/9Z wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet ab (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen (Spruchpunkt II.), wies den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz ab (Spruchpunkt III.) und legte der beschwerdeführenden Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) die bestimmten Aufwendungen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen (Spruchpunkt IV.).

3. Am 07.07.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu den Fluchtgründen befragt brachte er in der Erstbefragung folgendes vor:

Er wäre in der Schweiz am rechten Knie, linken Arm und am Hals verletzt worden. Er hätte einen Streit mit Albanern gehabt und wäre mit dem Messer verletzt worden. Seine Mutter und sein Bruder Faisal und Ahmad wären von einer Gruppe getötet worden, er hätte daher Angst nachhause zurückzukehren. Er würde nicht wissen, um welche Gruppe es sich handeln würde. Ahmad und seine Mutter wären vor drei Jahren umgebracht worden, Faisal vor 8 Jahren.

Am 10.07.2019 wurde der Beschwerdeführer in Anwesenheit eines Rechtsberaters und beeideten Dolmetscher einvernommen. Dabei machte er folgende Angaben:

"F: Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie Medikamente? (siehe auch AV von heute, 07:51 Uhr, Anruf Sanitätsstelle PAZ XXXX)

A: Ich bekomme nur Schlaftabletten, weiß aber nicht wieso.

F: Wie meinen Sie das? Ist die Frage, warum Sie Schlaftabletten nehmen oder warum Sie nur diese Tabletten erhalten?

A: Ich glaube, wegen meinen Knie und meinen Verletzungen. Ich weiß aber nicht warum Schlaftabletten. Der Arzt gibt sie mir immer. Aber ich nehme diese nicht.

V: Laut Auskunft der Sanitätsstelle des PAZ XXXX, haben Sie angegeben, dass Sie an Stress, Angst und Schlafstörungen leiden würden. Sie erhalten außerdem die Medikamente Seroquel, Seractil und Asparax! Was sagen Sie dazu?

A: In der Schweiz war ich so, aber hier bin ich nicht so.

Erklärung: Ihre Angaben sind Grundlage Für die Entscheidung im Asylverfahren und Sie sind verpflichtet, wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen. Diesen Angaben kommt in der Erstaufnahmestelle verstärkte Glaubwürdigkeit zu.

Alle persönlichen Daten und Vorbringen in diesem Verfahren unterliegen der österreichischen Gesetzgebung hinsichtlich Amtsverschwiegenheit und Datenschutz.

F: Haben Sie Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

A: Ich habe gar nichts.

F: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

A: Ich habe keinen.

V: Laut Mitteilung der deutschen Behörden, wurden Sie am 03.10.2017 einer grenzpolizeilichen Eireisekontrolle unterzogen. Dabei haben Sie sich mit einem RP, ausgestellt am XXXX2014 in Constantine ausgewiesen. Wo ist dieser RP?

A: Ich hatte Papiere, Dokumente, einen RP, aber das war alles gefälscht.

F: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

A: Nein.

F: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen, CH oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet).

A: Nein.

F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

A: Nein. Ich wurde aus der Schweiz überstellt und befinde mich seither in Schubhaft.

F: Wer von Ihrer Familie lebt noch im Heimatland?

VP: Mein Vater und meine Geschwister.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie?

A: Seit meinem letzten Unfall, habe ich keinen Kontakt mehr aufgenommen. Nachgefragt gebe ich an, dass der Unfall vor ca. einem Jahr in der Schweiz war. Albaner haben mit mir gestritten und dann mit dem Messer auf mich eingestochen. Ich wurde dabei am Arm und am Knie verletzt. Sie haben mir mein ganzes Geld weggenommen.

F: Welche Geschwister wohnen noch im Heimatland?

A: Saba, Achmed, Jalal. Es sind alles meine Brüder.

F: Im Erstverfahren haben Sie zwei Schwestern angegeben. Was ist mit diesen?

A: Ich habe drei Schwestern. Sie sind alle noch zuhause. Namen, XXXX, XXXX und XXXX.

F: Was ist mit Ihrer Mutter?

A: Verstorben. Nachgefragt, vor mehr als einem Jahr.

F: Waren Sie beim Begräbnis?

A: Nein.

F: Wie haben Sie bisher den Lebensunterhalt in Österreich bestritten?

A: Ich habe hier in Österreich bei einem Freund gewohnt. Er hat für mich gesorgt.

F: Sprechen Sie Deutsch? (Frage wird auf Deutsch gestellt)

A: Nein.

Weiter in Arabisch, da AW nicht Deutsch spricht.

F: Sind Sie Mitglied in einem Verein?

A: Nein.

F: Sie wurden am 06.03.2017 von Ihrer Meldeadresse abgemeldet. Wo haben Sie sich, bis zu Ihrer Überstellung aus der Schweiz und weiterer Inschubhaftnahme am 12.06.2019 aufgehalten?

A: Ich habe es vergessen, ich kann mich nicht erinnern.

F: Wie lange waren Sie in der Schweiz?

A: Zwei Jahre.

F: Haben Sie jemals Probleme mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär Ihres Heimatlandes gehabt?

A: Nur mit der Polizei.

F: Warum?

A: Ich sollte in Haft sitzen und ich bin nicht hingegangen.

F: Warum, sollten Sie in Haft kommen?

A: Ich habe gestritten.

F: Mit wem?

A: Mit einem Polizisten, der dort lebt.

F: Wann war das?

A: Das weiß ich nicht, das habe ich vergessen.

F: Fühlen Sie sich gegenüber anderen Mitglieder Ihrer Volksgruppe (Parteienangehöriger, Religionsgruppe) benachteiligt?

A: Nein.

LA: Ihre Fluchtgründe aus dem ersten Verfahren bestehen noch?

VP: Ja.

F: Gibt es zu Ihren Fluchtgründen Neuigkeiten?

A: Nein, nur wegen meiner Verletzungen. Ich will eine ärztliche Behandlung, genau wie in der Schweiz. Aber das bekomme ich hier nicht.

V: Dann wird wohl die Verletzung bereits ausgeheilt sein. Sie wurden, vor Inschubhaftnahme, ärztlich untersucht. Es wurde festgestellt, dass Sie haft- und einvernahmefähig sind. Was sagen Sie dazu?

A: Der Arzt hat mich nicht einmal angeschaut. Er hat mir nur Schlaftabletten gegeben.

F: Der Streit mit dem Polizisten, war das auch der Fluchtgrund, welchen Sie im Erstverfahren angegeben haben?

A: Der Grund ist eigentlich mein größerer Bruder Faisal. Wegen ihm bin ich geflüchtet. Ich habe das alles bereits schon angegeben. Warum muss ich alles wiederholen?

F: Sie haben neuerlich einen Asylantrag gestellt. Ich bin verpflichtet, Ihren Antrag zu prüfen und würde Sie daher bitten, auf meine Fragen zu antworten!

A: Ich bin im Hungerstreik. Ich will nicht alles wiederholen, was ich schon gesagt habe. Falls es was Neues gibt, fragen Sie, gerne. Ich will aber nicht alles 2.000 Mal wiederholen müssen.

V: Laut Auskunft der Sanitätsstelle sind Sie erst seit heute im Hungerstreik! Sie sind sich bewusst, dass Sie mit einem Hungerstreik Ihr eigenes Leben sehr gefährden!

A: Ich weiß auch nicht warum sie mich hier festhalten.

Anmerkung: AW wird die rechtliche Situation und den Grund der in SH-Nahme nochmals erläutert. Auf die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr wird hingewiesen.

A: Ihr habt nicht wollen, dass ich hier bleibe. Ich bin gegangen, wurde aber wieder hiergeschickt. Ich habe nichts mehr zuhause. Ich möchte hierbleiben, bis ich sterbe. Ich bin im Hungerstreik.

V: Sie haben eine Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes gem. § 29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf Internationalen Schutz da nach Ansicht der Behörde der Tatbestand der entschiedenen Sache vorliegt. Die Bedeutung des Begriffs "Entschiedene Sache" wird erläutert. (....) Wollen Sie etwas angeben?

A: Wohin soll ich ausreisen.

F: In Ihr Heimatland!

A: Was ist mein Heimatland.

F: Wollen Sie sonst noch etwas angeben, was Ihnen wichtig erscheint?

A: Ich will nichts mehr sagen. In der Schweiz haben Sie gesagt, dass sie mich nach Österreich schicken, um mich ärztlich zu behandeln. Dem ist nicht so, sie haben mich gleich hierher gebracht.

Dem RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen oder Anträge zu stellen.

Der RB hat keine weiteren Fragen oder Anträge.

F: Haben Sie den Dolmetscher verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen und sich konzentrieren?

A: Ja.

F: Konnten Sie meinen Fragen folgen?

A: Ja. "

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.07.2019 wies die belangte Behörde den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 01.07.2019 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigen wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I und II). Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19. Juli 2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 22. Juli 2019 (eingelangt am 24. Juli 2019) die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

Am 04.09.2019 stellte die belangte Behörde einen Fristsetzungsantrag wegen Verletzung der einwöchigen Entscheidungspflicht des § 17 Abs 1 BFA-VG für die Beschlusserlassung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde betreffend Zurückweisung eines Folgeantrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Algeriens, und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b Asylgesetz. Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest. Er ist befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter und leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Er wurde von österreichischen Strafgerichten wie folgt verurteilt:

01) LG XXXX vom 28.07.2016 RK 28.07.2016

§§ 164 (1), 164 (2) StGB

§ 127 StGB § 15 StGB

Freiheitsstrafe 4 Monate

Der Beschwerdeführer stellte am 01.12.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. In diesem Verfahren hatte der Beschwerdeführer geltend gemacht, dass er mit dem Staat Probleme hätte und dass seine Brüder umgebracht worden wären. Er würde nicht wissen, ob Terroristen unter den Behörden wären. Er wäre verhört worden und hätte Angst, dass ihm dasselbe wie seinen Brüdern passieren würde. Daher hätte er das Land verlassen.

Im gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz bringt der Beschwerdeführer keine neuen Fluchtgründe vor, sondern stützt seinen Antrag auf jene Fluchtgründe, die er bereits im Zuge des Verfahrens betreffend seinen Asylantrag vom 01.12.2015 vorgebracht hatte bzw. die zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewesen waren. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, dass es nach dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens zu weiteren Vorfällen im Herkunftsstaat gekommen ist, die im Zusammenhang mit seinem Fluchtvorbringen stehen.

Zusammengefasst ist daher festzustellen, dass das Vorliegen eines neuen Sachverhaltes im Vergleich zum Abschluss des Verfahrens betreffend den Antrag auf internationalen Schutz vom 01.12.2015 vom Beschwerdeführer nicht behauptet wird.

Weiters konnte auch im Vergleich zum oben angeführten Bescheid des Bundesasylamtes keine maßgebliche Änderung der den Beschwerdeführer betreffenden asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und in sonstigen in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umständen festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sowie des Aktes zum vorangegangenen Asylverfahrens. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person und zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben vor der Behörde.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.

Grundsätzlich ist im gegenständlichen Fall anzuführen, dass das BFA ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat.

Die in der Beschwerde vorgebrachte Darstellung der Fluchtgründe des Beschwerdeführers ist nicht dazu geeignet, eine wesentliche Änderung des Sachverhalts aufzuzeigen. Die in der Beschwerde genannten Umstände wurden vielmehr bereits im Vorverfahren vorgebracht bzw. waren zu diesem Zeitpunkt jedenfalls bereits eingetreten und bekannt.

Vom Bundesverwaltungsgericht ist gerade nicht die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung zu prüfen, sondern nur, ob eine entschiedene Sache vorgelegen hat oder ob zwischen der Rechtskraft des ersten abweisenden Bescheides und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 11.07.2019 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist. Eine solche ist nicht erkennbar; es wurden keine neuen Fluchtgründe vorgebracht.

Vielmehr erklärte der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 10.07.2019, dass seine Fluchtgründe aus dem ersten Verfahren noch bestünden. Er wolle nur eine ärztliche Behandlung wegen seiner Verletzungen, genau wie in der Schweiz (Bescheid S. 7/44)

Mit diesem ausschließlichem Vorbringen, das auf das Erlangen einer medizinischen Behandlung ausgerichtet ist, legt der Beschwerdeführer dar, dass kein glaubwürdiger Kern einer Verfolgung aus asylrelevanten Motiven in seiner Heimat vorliegt.

Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa eine schwere Erkrankung, die in seiner Heimat nicht behandelbar ist, oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließe.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensbestimmungen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, hat sich der VwGH mit der Verhandlungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts auseinandergesetzt. Im Wesentlichen wurde diesbezüglich ausgeführt:

Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren enthält § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 eigene Regelungen, wann - auch trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich "im Übrigen" sollen die Regelungen des § 24 VwGVG anwendbar bleiben. Somit ist bei der Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, neben § 24 Abs 1 bis 3 und 5 VwGVG in seinem Anwendungsbereich allein die Bestimmung des § 21 Abs 7 BFA-VG 2014, nicht aber die bloß als subsidiär anwendbar ausgestaltete Norm des § 24 Abs 4 VwGVG, als maßgeblich heranzuziehen.

Mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schaffung des § 21 Abs 7 BFA-VG vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:

* Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen.

* Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.

* In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG 2014 festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt: Das Bundesamt hat im vorliegenden Verfahren den Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Verfahren erhoben. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung an und in der Beschwerde wurde kein entgegenstehender Sachverhalt vorgebracht, sondern der bereits der Entscheidung des Bundesamtes zugrundeliegende Sachverhalt aufrechterhalten. Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.

Nach Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierten Rechte und Freiheiten verletzt worden sind - wozu u.a. das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 7), das Asylrecht (Artikel 18) sowie der Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung (Artikel 19) zählen -, ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Überdies gilt die Charta auch für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Jedoch ist das in Artikel 47 Absatz 2 der Charta gewährleistete Recht - wie sich aus deren Artikel 52 ergibt - nicht schrankenlos garantiert und ist die in § 24 Abs. 4 VwGVG vorgesehene Einschränkung der Verhandlungspflicht im Sinne des Artikel 52 Absatz 1 der Charta zulässig, zumal sie gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt des in Artikel 47 Absatz 2 der Charta verbürgten Rechtes achtet. In diesem Zusammenhang ist zudem ferner auf die jüngsten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18; 14.03.2012, U 1836/11-13) zu verweisen, in welchen dieser ausführte: "Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde." Die diesbezüglichen Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall gegeben.

Zudem bestimmt § 24 Abs. 2 VwGVG, dass eine mündliche Verhandlung entfallen kann, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.3. Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache:

Da das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24. 2. 2005, 2004/20/0010 bis 0013; VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 20. 3. 2003, 99/20/0480; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der "Berufung" nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, der Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.09.2017 ist am 25.09.2017 in formelle Rechtskraft erwachsen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Verwaltungsgericht hat in jenem Falle, dass der Sachentscheidung "res iudicata" entgegenstand oder eine sonstige Prozessvoraussetzung fehlte, keine prozessuale, sondern eine meritorische und (grundsätzlich auch) reformatorische Entscheidung in Form eines Erkenntnisses zu treffen. Diese Kompetenz zur Sachentscheidung ergibt sich unmittelbar aus der - mit Art. 130 Abs. 4 B-VG übereinstimmenden - Bestimmung des § 28 VwGVG, der bezüglich des Inhalts der vom Verwaltungsgericht zu treffenden Sachentscheidung keine Einschränkungen macht. Inhalt einer solchen Sachentscheidung kann es daher auch sein, dass der verfahrenseinleitende Antrag wegen entschiedener Sache oder wegen Fehlens einer sonstigen Prozessvoraussetzung zurückgewiesen wird (VfGH 18.06.2014, VfSlg. 19.882/2014; 11.06.2015, Zl. E 1286/2014-17).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit der Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung (Beschwerde) nicht neu geltend gemacht werden (VwGH 06.10.1961, VwSlg. 5642 A; 28.11.1968, Zl. 0571/68; 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens siehe VwSlg. 12.799 A). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, die in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A; VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen, von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 24.02.2000, Zl. 99/20/0173; grundlegend VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, mit der Glaubhaftigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" (VwGH 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556) auseinander zu setzen (VwGH 15.03.2006, Zl. 2006/17/0020).

Auf Grund des Umfanges des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ist in der gegenständlichen Rechtssache der Umstand relevant, ob vor der belangten Behörde neue, mit einem glaubwürdigen Kern versehene Tatsachen vorgebracht wurden, die eine andere Entscheidung sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten indizieren können.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass in der gegenständlichen Rechtssache eine entschiedene Sache vorliegt. Dies aus folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer brachte im ersten Asylverfahren keine glaubhaften Asylgründe vor. Insofern erging am 08.09.2017 eine negative Asylentscheidung durch die belangte Behörde, welche in Rechtskraft erwuchs.

Im Zuge des jetzigen, nunmehr zweiten Verfahrens (Folgeantrag) brachte der Beschwerdeführer keine glaubhaften Fluchtgründe bzw. auch keine maßgebliche Änderungen in seinem Privat- oder Familienleben vor.

Bezüglich der Furcht vor einer vorgeblichen Verfolgung, die darin bestünde, dass der Beschwerdeführer Angst davor hätte ebenso wie seine Brüder umgebracht zu werden, muss darauf hingewiesen werden, dass diese hypothetischen Umstände schon bei Asylantragstellung am 01.12.2015 bekannt waren, ansonsten wären die vorgeblichen Verfolgungshandlungen in Algerien ja nicht gesetzt worden.

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weite¬ren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeit¬punkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467). Bei hypothetischem Zutreffen dieser Angaben wären dies jedenfalls Umstände gewesen, die während des ersten rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens existent gewesen wären; es würde sich sohin nicht um "nova producta" handeln, die eine neue Entscheidung in der Sache zulassen würden. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren aufgrund desselben Sachverhalts, sondern auch im Falle desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, wie aus § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG zu folgern ist.

Wenn der Beschwerdeführer nunmehr vorbringt, in Österreich medizinische Betreuung erhalten zu wollen, ist festzuhalten, dass ein solches Vorbringen keine Asylrelevanz nach den Bestimmungen der GFK hat.

Eine Änderung des der Entscheidung vom 25.09.2017 zu Grunde gelegten Sachverhaltes ist sohin nicht zu erkennen, sodass eine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vorliegt, deren Rechtskraft einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Die angefochtenen Spruchpunkt I. und II. waren sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.4. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

3.4.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.5. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für eine freiwillige Ausreise in Fällen einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68

AVG.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 1a FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe, Bindungswirkung,
entschiedene Sache, Folgeantrag, freiwillige Ausreise, Frist,
Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache,
Rechtskraft der Entscheidung, Rechtskraftwirkung, res iudicata,
Straffälligkeit, strafrechtliche Verurteilung, Straftat, subsidiärer
Schutz, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I407.2221670.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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