Entscheidungsdatum
09.12.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I408 2142996-1/17E
I408 2142998-1/16E
I408 2143000-1/16E
I408 2143003-1/16E
I408 2143004-1/14E
I408 2143006-1/16E
Schriftliche Ausfertigung des am 21.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, 2.) XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, 3.) XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, 4.) XXXX, geb.XXXX, StA. IRAK, 5.) XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, 6.) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, alle vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3.Stock, 1170 Wien, gegen die Bescheide des BFA, Regionaldirektion Salzburg (BAS) vom 15.11.2016, ZI. 1068511406-150507469, ZI. 1068511101-150507485, ZI. 1068511210-150507493, ZI. 1068511308-150507515, Zt. 1068511504-150507523 und ZI. 1126691201-161137527 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.11.2019 zu Recht erkannt
A)
I. Die Beschwerden werden hinsichtlich Spruchpunkt l abgewiesen.
II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG werden l.) XXXX, geb. XXXX, 2.) XXXX, geb. XXXX, 3.) XXXX, geb. XXXX, 4.) XXXX, geb.XXXX, 5.) XXXX, geb. XXXX, 6.) XXXX, geb. XXXX der Status eines subsidiären Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG werden l.) XXXX, geb. XXXX, 2.) XXXX, geb. XXXX, 3.) XXXX, geb. XXXX, 4.) XXXX, geb.XXXX, 5.) XXXX, geb. XXXX, 6.) XXXX, geb. XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung, als subsidiärer Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.
IV. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte III. und IV. ersatzlos behoben
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Familie, bestehend aus dem Vater (BF1), der Mutter (BF2) und den damals noch drei minderjährigen Kindern (BF3, BF4 und BF5), geboren am 16.03.2006, XXXX und XXXX, stellte am 14.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das vierte Kind (BF6) wurde in Österreich am XXXX geboren, für welches am 17.07.2016 ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.
2. Die sechs Verfahren werden als Familienverfahren geführt und alle Familienmitglieder berufen sich auf den Fluchtgrund des Vaters (BF1). Die Mutter (BF2) ist die gesetzliche Vertreterin die vier minderjährigen Kinder (BF3-BF6).
Mit den verfahrensgegenständlichen Bescheiden vom 15.11.2016, wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.).
3. Gegen diese Bescheide richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 14.12.2016.
4. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.06.2019 wurden die gegenständlichen Rechtssachen dem erkennenden Richter zugewiesen.
5. Am 21.11.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an der alle Beschwerdeführer mit ihrer Rechtsvertretung und auch eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen, mit denen sowohl die Sach- und Rechtslage als auch die aktuelle Lage im Irak in Bezug auf die Familie erörtert wurde. Im Anschluss daran wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.
6. Mit Schriftsatz vom 04.12.2019 ersuchte die belangte Behörde um Übermittlung einer schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Familie verließ im Juli 2014 den Irak und hält sich nach illegaler Einreise seit 14.05.2015 in Österreich auf und bestreitet ihren Lebensunterhalt aus Leistungen der Grundversorgung. In dieser Zeit haben Sie zehn Mal die Unterkunft gewechselt und acht Mal war damit ein Ortswechsel verbunden. Seit 30.08.2019 ist die Familie in Mittersill untergebracht, wo ihnen eine 2-Zimmer Wohnung zur Verfügung steht. Alle Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten und ihre Identitäten stehen aufgrund der nachträglich vorgelegten Dokumente fest.
Der Vater (BF1) leidet an einer schweren Depression und befindet sich seit 2016 in ärztlicher Behandlung. Die Mutter (BF2), die den Irak nicht verlassen wollte, belastet erkennbar die Inaktivität Ihres Ehemannes. Die Kinder können mit der Situation am besten Umgehen. Die drei älteren Kinder beherrschen die deutsche Sprache schon recht gut und besuchen die Schule, das jüngste war bis zum Umzug in einem Kindergarten untergebracht, hat aber In Mittersill bisher noch keinen neuen Kindergartenplatz gefunden. Die Eltern können sich kaum auf Deutsch ausdrücken. Der Vater würde jede Arbeit annehmen und glaubt in einem Restaurant oder in der Skifabrik des Ortes unterzukommen.
Die Beschwerdeführer verfügen im Irak über familiäre Anknüpfungspunkte. Der Vater von BF1 hat die Familie begleitet und ist in der Türkei verstorben. BF1 war in einer Bank im Sicherheitsdienst beschäftigt sowie als Maler tätig. Er hatte ein Haus, welches er im Vorfeld der Ausreise veräußerte.
Das Fluchtvorbringen von BF1, er sei vom schiitischen Milizen wegen seines Glaubens - er ist Sunnit und seine Ehefrau Schiitin - persönlich bedroht und zum Verlassen des Iraks aufgefordert worden, ist nicht glaubhaft. Vielmehr hat der Beschwerdeführer den Irak geplant in der Hoffnung auf eine bessere (wirtschaftliche) Zukunft verlassen.
Aufgrund der derzeit instabilen politischen Lage und der schwierigen wirtschaftlichen Lage nach den langen Jahren bewaffneter Kämpfe und der damit verbundenen Zerstörungen der Infrastruktur des Landes, besteht für eine Familie mit vier minderjährigen Kindern die Gefahr bei einer Rückkehr in eine ausweglose Lage zu geraten, zumal der Vater der Familie gesundheitlich beeinträchtigt ist.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch Einsichtnahme in die Beschwerde und in den angefochtenen Bescheid, in den vorgelegten Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak sowie durch Befragung der Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 21.11.2019.
Dieser Sachverhalt, der sich im Wesentlichen aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ergibt, wurde mit den Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert und blieb unwidersprochen.
Zu den Personen:
Die Identitäten ergeben sich aus den nachträglich vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweisen und den irakischen Personalausweisen von BF1-BF2, einer Kopie der Heiratsurkunde sowie der Geburtsurkunde von BF6.
Die zahlreichen Ortswechsel der Familie sind den Angaben der Familie in der mündlichen Verhandlung und den ZMR-Ausdrucken zu entnehmen.
Die schweren Depressionen des Vaters (BF1) sind durch ärztliche Atteste vom 04.08.2016 und 25.02.2019 seit drei Jahren dokumentiert und waren im Verhalten und Auftreten des BF1 in der mündlichen Verhandlung klar erkennbar. Die damit verbundenen Belastungen für die Mutter (BF2) und dass sie eigentlich den Irak nicht verlassen wollte, wurde von ihr in der mündlichen Verhandlung ebenfalls klar zum Ausdruck gebracht. Der Vater (BF1) gab glaubhaft an, dass er erfolglos versucht hat und bestrebt ist hier eine Arbeit zu finden.
Von der trotz aller Umstände guten Entwicklung der Kinder und ihren sprachlichen Kompetenzen konnte sich der erkennende Richter in der mündlichen Verhandlung ein Bild machen.
Dass BF1 im Irak einer Arbeit nachging und seine Familie erhalten konnte sowie die Ausreise über den Verkauf seines Hauses finanzieren konnte, entspricht den Angaben des BF vor der belangten Behörde.
Zum Fluchtvorbringen:
Die widersprüchlichen Aussagen von BF1 in seinen Einvernahmen in Österreich sowie die Angaben von BF2 in der mündlichen Verhandlung am 21.11.2019 bringen zweifelsfrei zum Ausdruck, dass BF1 keinen Verfolgungshandlungen von schiitischen Milizen oder schiitischen Angehörigen seiner Ehefrau ausgesetzt war.
BF1 war zu keinem Zeitpunkt in der Lage einen nachvollziehbaren und plausiblen Ablauf seiner Fluchtgeschichte wiederzugeben. So gab er bei der Erstbefragung am 15.05.2015 an, dass er von verschiedenen ethnischen Gruppen bedroht worden sei, weil er sunnitischen Glaubens ist. Eine Verfolgung von schiitischen Angehörigen oder Mitglieder des Stammes seiner Ehefrau wurde nicht angeführt.
In der Einvernahme am 21.06.2016 sprach BF1 von Bedrohungen durch Milizen. Am 01.07.2014 haben sie ihn zu Hause aufgesucht, mit einer Pistole bedroht und ihn aufgefordert binnen einem Monat das Haus zu verlassen, ansonsten würden sie ihn töten (AS 98). Darauf habe er mit seiner Familie und seinem Vater am 27.07.2014 den Irak verlassen und sei nach dem Verkauf seines Hauses in die Türkei geflogen.
In der Beschwerde wurde dann erstmals vorgebracht, dass BF1 und BF2 glauben, dass sie wegen ihrer Mischehe (er Sunnite und sie Schiitin) verfolgt wurden, weil dieser Umstand 2014 "aufgeflogen" worden wäre. Man habe begonnen, sie zu drangsalieren und aufgefordert, das Gebiet der Schiiten zu verlassen. So sei BF1 erstmals beim Einkaufen auf der Straße aufgefordert worden, sein Haus zu verlassen, ca. eine Woche später dann von bewaffneten Männern zu Hause und zwei weitere Wochen später sei das Haus mit einer Art Handgranate beworfen worden, die nur Rauchgas verströmte und die Familie in Angst und Schrecken versetzen sollte.
In der mündlichen Verhandlung am 21.11.2019 war es dann nur mehr die einmalige Bedrohung am 01.07.2014 und der in der Beschwerde geschilderte Ablauf wurde von BF1 entschieden in Abrede gestellt. Auch wenn die RV des BF einräumte, es könnte sich dabei um einen Fehler der Diakonie handeln, spricht das nicht für die Glaubwürdigkeit dieses Ablaufes und wird vom erkennenden Richter als Versuch angesehen, über eine weitere Steigerung des Fluchtvorbringens eine asylrelvante Verfolgung zu begründen. Auch die geplante Ausreise mit dem Vater von BF1, der in der Türkei gestorben ist, und die kurze, dreiwöchige Zeitspanne zwischen Bedrohung (01.07.2014) und dem Verlassen des Landes (23.07.2014), lassen nicht annehmen, dass dieser einmalige Vorfall der Grund für die Ausreise war.
Unabhängig davon erscheint es lebensfremd, dass ein Kind, das mitbekommen hat, dass der Vater zu Hause von Unbekannten mit einer Pistole bedroht wird, davon nichts seiner Mutter erzählt und diese, die gegen das Verlassen des Heimtatstaates war, davon erst in der Türkei von ihrem Ehemann erfahren hat.
Zudem spricht der Umstand, dass BF1 nach eigenen Angaben schon seit 2007 mit dem Plan lebt, den Irak zu verlassen, sein Haus im Vorfeld verkauft und auch seinen kränklichen Vater mitnimmt, für eine geplante und nicht für eine erzwungene Ausreise.
Im Ergebnis ist die Beurteilung der belangten Behörde, dass der von der Familie geschilderte Ausreisegrund nicht zur Zuerkennung von Asyl führen kann, nicht zu beanstanden.
Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für den Irak vom 26.07.2019 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Auf Basis dieser unbestritten gebliebenen Quellen und Berichten ergibt sich zwar eine deutliche Entspannung der Sicherheitslage und der allgemeinen Lage im Irak. Diese und der damit verbundene Wiederaufbau der zerstörten Infrastrukturen sowie der darniederliegenden Wirtschaft hängt aber primär von stabilen politischen Machtverhältnissen ab. Wie sich die Verhältnisse im Irak entwickeln, die derzeit von täglichen Demonstrationen und darauf ergehenden, zum Teil auch gewalttätigen Reaktionen der Behörden geprägt sind, ist derzeit nicht absehbar. Vor allem sind aber die vier minderjährigen Kinder in Bezug auf ihr Fortkommen auf einen gesunden und voll handlungsfähigen Vater angewiesen, der dazu aber derzeit nicht in der Lage ist.
Im Hinblick auf diese Einschätzung wurde auch auf die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens - wie in der Beschwerde beantragt - Abstand genommen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht.
Allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände in einem Staat begründen für sich alleine begründen noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht.
Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, ist es BF1 nicht gelungen, eine diesbezügliche Gefährdung glaubhaft zu machen.
Aus diesem Grund waren die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Gewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht.
Ausgehend davon ist demnach zu prüfen, ob im Falle der Rückführung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde und somit zu einer Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 führte.
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2018/20/0528; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, mwN).
UNHCR formuliert in seinen Richtlinien, dass die Beantwortung der Frage, ob dem Asylwerber ein Aufenthalt in einem bestimmten Gebiet des Herkunftsstaates zugemutet werden kann, von mehreren Faktoren abhängt. Dazu müssten die persönlichen Umstände des Betroffenen (einschließlich allfälliger Traumata infolge früherer Verfolgung), die Sicherheit, die Achtung der Menschenrechte und die Aussichten auf wirtschaftliches Überleben in diesem Gebiet beurteilt werden (siehe etwa VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführer als Familie mit vier minderjährigen Kindern zu einer vulnerablen und besonders schutzbedürftigen Personengruppe gehören.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mwH).
Aufgrund der unsicheren politischen Verhältnissen, die relativ schnell die derzeit beginnende wirtschaftliche Konsolidierung zerstören können, besteht derzeit für eine Familie mit vier minderjährigen Kindern, die dabei primär auf die Unterstützung und des uneingeschränkten Einsatzes des Vaters angewiesen sind, bei einer Rückkehr die begründete Gefahr in eine existenzbedrohliche Situation zu geraten. Damit sind auch das Fortkommen und die Entwicklung der vier minderjährigen Kinder nicht gesichert. Sollten sich die politischen Verhältnisse stabilisieren und sich der Gesundheitszustand von BF1 verbessern, kann sich diese Einschätzung ändern, ein Umstand, der den Beschwerdeführern in der mündlichen Verhandlung auch klar kommuniziert wurde.
Den Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte II. der angefochtenen Bescheide war daher stattzugeben.
Zur Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Fall des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Den Beschwerdeführen war daher eine befristete Aufenthaltsberechtigung in der Dauer von einem Jahr zu erteilen.
Zur Behebung der Rückkehrentscheidung sowie der Zuerkennung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte III. und IV des angefochtenen Bescheides):
Aufgrund der Zuerkennung des Staus eines subsidiär Schutzberechtigten waren die Spruchpunkte III. und IV. ersatzlos zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Abschiebung, Asylantragstellung, asylrechtlich relevante Verfolgung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I408.2143003.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.05.2020