Entscheidungsdatum
12.12.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I417 1215272-6/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich Zanier als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX, geboren am XXXX alias XXXX, Staatsangehörigkeit Demokratische Republik Kongo alias Angola alias Elfenbeinküste, vertreten durch den "Verein Menschenrechte Österreich" in 1090 Wien, Alser Straße 20, gegen die Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2019, Zl. "IFA:
790148505, VZ: 190711464", beschlossen:
A)
Die Beschwerde gegen die Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2019, Zl. "IFA: 790148505, VZ: 190711464", wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo (im Folgenden: DR Kongo), stellte am 12.07.2019 während seiner Anhaltung in Schubhaft seinen insgesamt fünften Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Mit einer im Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes enthaltenen, als "Bescheid" bezeichneten Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 27.07.2019, Zl. "IFA: 790148505, VZ: 190711464" (AS 81ff) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 12.07.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die DR Kongo zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55a Absatz 1a FPG wurde dem Beschwerdeführer keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Zudem wurde gegen ihn gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
3. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 20.08.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte darin aus, dass die ihm zugestellte, als "Bescheid" bezeichnete Erledigung auf der ersten Seite sieben Spruchpunkte in deutscher Sprache, auf Seite 2 jedoch lediglich vier Spruchpunkte in der französischen Übersetzung der Spruchmodule enthalte. Zudem würde sich bereits der Verfahrensgang ab der zweiten Seite der zugestellten Erledigung offenkundig nicht auf die Person des Beschwerdeführers beziehen, da sich dieser allseits unbestritten seit 1999 in Österreich aufhalte und in diesem Jahr auch seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz einbrachte, während der Verfahrensgang der zugestellten Erledigung eingangs ausführt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht habe, welcher abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien ausgewiesen worden sei. Auch befinde sich in der Fußzeile der zugestellten Erledigung ab Seite 2 eine von der ersten Seite abweichende IFAsowie Verfahrenszahl, welche nicht dem Beschwerdeführer zuzuordnen sei, sodass der gesamte Schriftsatz den Eindruck erwecke, er würde sich an eine andere Person richten und nicht an den auf Seite 1 als Adressaten ausgewiesenen Beschwerdeführer. Als Beweismittel wurden dem Beschwerdeschriftsatz das niederschriftliche Einvernahmeprotokoll des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde vom 22.07.2019 sowie die Seiten 1 und 2 der an den Beschwerdeführer zugestellten Erledigung beigeschlossen.
4. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungs- und Gerichtsakten wurden von der belangten Behörde am 26.08.2019 dem Bundesverwaltungsgericht (bei der zuständigen Gerichtsabteilung eingelangt am 27.08.2019) vorgelegt.
5. Am 24.10.2019 wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes telefonisch mit einer zuständigen Referentin der BFA Erstaufnahmestelle-Ost Rücksprache gehalten. Hierbei wurde seitens des BFA - nach Durchführung entsprechender Erhebungen - eingeräumt, dass sich das Beschwerdevorbringen als zutreffend erweist, und dem Beschwerdeführer tatsächlich irrtümlich eine Erledigung zugestellt wurde, welche zwar an den Beschwerdeführer adressiert sei, inhaltlich jedoch von der im Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes enthaltenen, als "Bescheid" bezeichneten Erledigung gänzlich abweiche und sich auf das Verfahren eines anderen Beschwerdeführers beziehe. Der Inhalt dieses Telefonats wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in einem Aktenvermerk unter der Zahl I417 1215272-6/8Z festgehalten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den unter Punkt I. getroffenen Ausführungen.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Parteien nicht beanstandeten Aktenlage fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
A) Zur Zurückweisung der Beschwerde:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 28 VwGVG lautet:
(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
[....)
Die belangte Behörde hat ihre Erledigung vom 27.07.2019, welche an den Beschwerdeführer adressiert war, sich inhaltlich jedoch offenkundig auf eine andere Person bezieht, mit einem Fehler belastet. In der Folge sind die Auswirkungen dieses Fehlers zu klären.
Zur Erzeugung eines bestimmten Rechtsaktes - hier eines Bescheides - müssen bestimmte, taxativ aufgezählte Voraussetzungen vorliegen. Die Grenze zwischen dem Vorliegen eines Rechtsaktes und eines Nicht-Rechtsaktes zieht das sog Fehlerkalkül. Fehler außerhalb des Fehlerkalküls verhindern das Entstehen eines Rechtsaktes; "Bescheide", die an einem derartigen Fehler leiden, sind absolut nichtig [("Nichtbescheide"); (siehe auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht 10. Auflage 2014, Rz 436)].
Als entscheidend für die normative Wirkung eines Bescheides wird angesehen, dass für die Beteiligten des Verfahrens als Betroffene des "Bescheides" (vgl auch VwSlg 3390 A/1954; 8496 A/1973; 6675 F/1992 verst. Sen.) sowie für die Behörde (so auch Thienel, ÖJZ 1996, 210) und in weiterer Folge für den VwGH die Identität des Bescheidadressaten zweifelsfrei (vgl auch VwGH 19.5.1994, 92/07/0040) feststeht (VwGH 16.10.2003, 2003/07/0088; 29.1.2004, 2003/07/0048). Bleibt der Adressat unklar (vgl etwa auch VwGH 18.3.1994, 93/17/0047), dann liegt kein Bescheid vor (VwGH 16.10.2003, 2003/07/0088).
Da sich die im vorliegenden Fall an den Beschwerdeführer zugestellte Erledigung der belangten Behörde vom 27.07.2019 inhaltlich zur Gänze offenkundig auf eine andere Person bezieht (auf eine Person, welche im Jahr 2006 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte und erstinstanzlich nach Serbien ausgewiesen wurde; Der Beschwerdeführer stellte hingegen im Jahr 2006 keinen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und weist auch keinerlei Bezug zu Serbien auf; Zudem finden sich in der Fußzeile der Erledigung ab Seite 2 eine IFA- sowie eine Verfahrenszahl, welche unstreitig nicht dem Beschwerdeführer zuzuordnen sind), so steht die Identität des Bescheidadressaten - wenngleich der Beschwerdeführer auf Seite 1 dieser Erledigung als Adressat bezeichnet wird - nicht zweifelsfrei fest.
Der Umstand, dass der Adressat unklar ist, macht diese Erledigung vom 27.07.2019 zu einem "Nicht-Bescheid" bzw rechtlich nicht existent (siehe oben).
Ein "Bescheid" ist nach dem Gesagten gegenständlich nicht rechtswirksam zustande gekommen, weshalb die Beschwerde - als gegen ein rechtliches Nullum gerichtet - als unzulässig zurückzuweisen war.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 12.07.2019 haftet demnach bis dato unerledigt aus und wird vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Erledigung zuzuführen sein.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).
Da der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben. Der für die Zurückweisung maßgebliche Sachverhalt war zudem auf Grund der Aktenlage klar.
B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren, Bescheidadressat, Bescheidcharakter,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I417.1215272.6.00Zuletzt aktualisiert am
13.05.2020