TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/16 W165 2223532-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §61 Abs1 Z1
FPG §61 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W165 2223534-1/8E

W165 2223532-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX alias XXXX , geb. XXXX und 2.) XXXX alias XXXX , geb. XXXX , beide StA. Syrien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2019, Zlen. 1238338300-190724787 EAST-Ost (1) und 1238341306-190724795 EAST-Ost (2), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) ist der erwachsene Sohn der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2). Beide Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), sind Staatsangehörige Syriens und stellten nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 16.072019 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz.

Laut EURODAC-Abfrage hatten die BF bereits am 13.05.2016 in Griechenland und am 19.02.2018 in Deutschland Asylanträge gestellt (EURODAC-Treffermeldungen der "Kategorie 1" zu Griechenland und zu Deutschland).

Im Zuge der polizeilichen Erstbefragung am 16.07.2019 gab der BF1 an, dass er einen namentlich genannten Bruder habe, der seit drei Jahren in Österreich aufhältig sei. Der BF1 sei gemeinsam mit seiner Mutter als Asylwerber in Österreich eingereist. Er habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Er habe den Entschluss zur Ausreise aus dem Herkunftsstaat im Jahr 2015 gefasst. Er habe bei Verlassen seines Herkunftsstaates kein bestimmtes Reiseziel gehabt, jedoch nach Europa wollen. Nach Verlassen seines Herkunftsstaates sei er über die Türkei, Griechenland (19 Monate Aufenthalt), Italien, die Schweiz und Österreich nach Deutschland (16 Monate Aufenthalt) und anschließend wieder nach Österreich gelangt. Er habe glaublich im Jahr 2016 in Griechenland einen Asylantrag gestellt. Das Ergebnis dieses Asylverfahrens habe er nicht abgewartet, sondern sei nach Deutschland gereist. Sein Asylverfahren in Deutschland sei 2018 und letztlich auch 2019 abschlägig beschieden worden. In Deutschland habe er sich vom 28.02.2018 bis 15.07.2019 aufgehalten. Zu Griechenland könne er nur angeben, dass er 2016 dort gewesen sei. In Griechenland werde man als Asylwerber nicht ordentlich versorgt, weshalb er weitergezogen sei. In Deutschland hätte er schon bleiben wollen, jedoch sei sein Asylverfahren nicht zu seinen Gunsten entschieden worden. Nach Griechenland wolle er nicht und nach Deutschland könne er nicht zurückkehren.

Die ebenfalls am 16.07.2019 einer polizeilichen Erstbefragung unterzogene BF2, gab ebenfalls an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Von ihrem mit ihr gemeinsam eingereisten Sohn (BF1) abgesehen, sei ein weiterer (erwachsener) Sohn seit drei Jahren in Österreich. Zur Reiseroute gab die BF2 an, dass sie aus ihrem Herkunftsstaat über die Türkei nach Griechenland (ca. 18 Monate Aufenthalt), Italien, Deutschland (ca. 18 Monate Aufenthalt) wieder nach Griechenland und anschließend nach Italien und schließlich nach Österreich gelangt sei. Sie habe in Deutschland Asyl beantragt. Ihr Asylverfahren sei 2019 abschlägig entschieden worden und sie sei am 14.07.2019 von Deutschland auf dem Luftweg nach Griechenland abgeschoben worden. Von Griechenland sei sie mit dem Schiff nach Italien und dann mit dem Zug weiter nach Österreich gereist. Warum ihr mitgereister Sohn nicht von Deutschland nach Griechenland abgeschoben worden sei, vermöge sie nicht anzugeben. Jedenfalls habe sie ihren Sohn am heutigen Tag auf einem österreichischen Bahnhof wiedergetroffen. In Griechenland seien ihr zwar die Fingerabdrücke abgenommen worden, einen Antrag auf internationalen Schutz habe sie jedoch nicht gestellt. Nach Griechenland wolle sie nicht zurückkehren, zumal man dort nicht gut behandelt werde. Nach Deutschland könne sie nicht zurückkehren.

Mit Schreiben vom 17.07.2019 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) Wiederaufnahmegesuche gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO), an Deutschland.

Ebenso mit Schreiben vom 17.07.2019 richtete das BFA unter Hinweis auf den EURODAC-Treffer der Kategorie "1" zu Griechenland Informationsersuchen gemäß Art. 34 Dublin III-VO an Griechenland.

Mit Schreiben an das BFA vom 22.07.2019 lehnte die deutsche Dublin-Behörde die Wiederaufnahme der BF mit der Begründung ab, dass dem BF1 am 24.01.2017 und der BF2 am 30.01.2017 von Griechenland internationaler Schutz zuerkannt worden sei.

In Beantwortung der Informationsersuchen des BFA vom 17.07.2019 teilten die griechischen Behörden dem BFA mit Schreiben vom 08.08.2019 mit, dass dem BF1 am 24.01.2017 und der BF2 am 30.01.2017 Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei. Die BF hätten Aufenthaltsberechtigungen, gültig vom 01.03.2017 bis 01.03.2020 und Reisedokumente, gültig vom 01.12.2017 bis 30.11.2022, erhalten.

Am 30.08.2019 erfolgte eine Einvernahme des BF1 vor dem BFA. Befragt, ob er sich derzeit in ärztlicher Betreuung bzw. Therapie befinde, gab der BF1 an, dass er aufgrund eines Schlages auf den Kopf durch Sicherheitsmänner in Syrien psychische Probleme habe und deswegen Tabletten einnehme. In Österreich lebe sein (namentlich genannter) Bruder mit dessen Familie. Seine Mutter, mit der er hergekommen sei, befinde sich ebenfalls in Österreich und wohne auch hier im Lager. Die Frage, ob er in Griechenland untergebracht und versorgt worden sei, wurde bejaht: "Ja, wir waren in einem Camp untergebracht und versorgt". Den Status seines Asylverfahrens in Griechenland kenne er nicht. Er habe nie einen griechischen Aufenthaltstitel erhalten. Er habe Behördenkontakt absichtlich vermieden, damit er keine Aufenthaltsberechtigung bzw keine Papiere erhalte, da es in Griechenland keine Zukunft gebe. Auf die beabsichtigte Ausweisung nach Griechenland hingewiesen, erklärte der BF1, dass er eine Abschiebung nach Griechenland verhindern werde. Er wolle nicht nach Griechenland zurückkehren, da er dort kein Recht erhalten habe. Er bleibe dabei, dass er dort weder ein Aufenthaltsnoch ein Reisedokument erhalten habe. Zu den Länderfeststellungen gab der BF1 an, dass er von einer Unterstützung in Griechenland nichts gesehen hätte. Er hätte große Zahnschäden durch die Misshandlungen in Syrien und benötige eine entsprechende Behandlung, die ihm in Griechenland nicht ermöglicht worden sei. Er sei weder in Deutschland noch in Griechenland behandelt worden. Im Zuge der Einvernahme legte der BF1 einen Blister mit Tabletten (Ibuflam 600 mg) vor und gab an, hievon am heutigen Tag bereits vier Stück eingenommen zu haben. Die Krankenstation habe ihm nur 400 mg gegeben. Dies sei ihm jedoch zu wenig. Umgehende telefonische Rücksprache des Einvernahmeorgans mit der Ärztestation ergab, dass der BF1 angegeben habe, nicht schlafen zu können und an Depressionen zu leiden. Es sei daher eine überwachte tägliche Medikamenteneinnahme eines Antidepressivums angeordnet worden (2 x 1 Seroquel 25 mg). Die angefertigten Laborbefunde habe der Asylwerber zerschnitten und der Vorladung zum Psychologen keine Folge geleistet. Der BF1 gab in der fortgesetzten Einvernahme hiezu an, dass er nicht zum Psychologen gegangen sei, da er nicht psychisch krank sei.

Die ebenfalls am 30.08.2019 vor dem BFA einvernommene BF2 gab zu ihrem Gesundheitszustand an, dass sie vor fünf Jahren am Fuß operiert worden sei. Dies schmerze manchmal, dann nehme sie eine Schmerztablette ein. Sonst gehe es ihr gut. Zurzeit nehme sie keine Medikamente ein. In Österreich befinde sich seit ca. drei Jahren ihr Sohn und dessen Familie als Asylwerber. Mit ihrem Sohn telefoniere sie unterschiedlich oft. Vor ca. drei Wochen habe sie ihr Sohn besucht. Dies sei der einzige Besuch gewesen. Befragt nach Abhängigkeiten zu ihrem in Österreich lebenden Sohn, gab die BF2 an, dass sie gerne bei ihrem in Österreich lebenden Sohn leben wolle, damit er und dessen Frau auf sie schauen könnten. Jener Sohn, mit dem sie nach Österreich gekommen sei, sei nicht fähig, Verantwortung zu übernehmen. Finanziell abhängig von ihrem in Österreich lebenden Sohn sei sie nicht. Die Frage, ob sie in Griechenland untergebracht und versorgt worden sei, bejahte die BF2 und gab an, dass sie in Griechenland ähnlich wie hier in einem Camp untergebracht worden sei, wo sie auch Verpflegung erhalten habe. Sie könne nicht nach Griechenland zurück, da sie nicht mehr die Jüngste sei und niemanden in Griechenland habe. Sie wolle in der Nähe ihres Sohnes hier in Österreich leben.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die BF nach Griechenland zurückzubegeben hätten (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 2 FPG (gemeint: § 61 Abs. 1 Z 1 FPG) angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Griechenland wurden in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Das griechische Asylverfahren besteht im Wesentlichen aus einem Verfahren für nach dem 7. Juni 2013 gestellte Anträge. Die griechische Asylbehörde führt es dezentral in ihren Regional Asylum Offices (RAO) oder den Asylum Units (AU) durch. Zusätzlich existiert noch ein Verfahren für Anträge, die vor dem 7. Juni 2013 gestellt wurden (Altfälle). Außerdem wird derzeit auf den griechischen Ägäisinseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos ein Fast-Track-Verfahren praktiziert. Bedingt durch das Abkommen mit der Türkei wird bei Personen, die nach dem 20.3.2016 auf den Inseln ankommen sind, mittels jenes Fast-Track-Verfahrens festgestellt, ob ihr Antrag zulässig ist, oder ob sie in die Türkei zurückkehren müssen. Vulnerable Antragsteller sind davon nicht betroffen. Syrische Antragsteller werden beim Fast-Track-Verfahren auf den Inseln bevorzugt behandelt, was bei Angehörigen anderer Nationen zu monatelangen Wartezeiten führen kann. Es existieren in allen Verfahren Beschwerdemöglichkeiten (bei unterschiedlichen Rechtsmittelfristen) mit aufschiebender Wirkung (AIDA 3.2017).

Internationale Organisationen, NGOs und Menschenrechtsaktivisten äußern sich besorgt über Probleme im griechischen Asylsystem, einschließlich Schwierigkeiten bei der Antragstellung und bezüglich der Sorgfalt bei der Prüfung der Anträge und Beschwerden; des Mangels an geeigneten Empfangszentren; der hohen Zahl an Asylwerbern; unzureichender Wohlfahrts-, Integrations-, Beratungs-, Rechts- und Dolmetscherdienste; Diskriminierung; sowie Unterbringungsbedingungen und Überbelegung in den Hotspots (USDOS 3.3.2017).

Der Zugang zum Asylverfahren ist NGOs zufolge weiterhin erschwert, mit Verzögerungen ist zu rechnen (HRW 12.1.2017; vgl. AIDA 3.2017). UNHCR sieht Fortschritte, aber auch weiterhin Herausforderungen auf den Gebieten Unterbringung, Registrierung, Asylverfahren und bei der Sicherheit der Antragsteller (UNHCR 2.2017). Dem stehen Angaben gegenüber, die dem Asylverfahren in Griechenland eine gute Qualität mit wirksamen Rechtsmitteln bescheinigen (DW 17.3.2017).

Die Neufassung der EU-Aufnahme-RL (2013/33/?U) ist immer noch nicht in griechisches Recht umgesetzt worden, was die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Griechenland nach sich zog (EP 5.2017).

2017 sind bis Ende August 15.300 Migranten über das Mittelmeer nach Griechenland gekommen, meist Syrer und Iraker. 2.200 weitere kamen auf dem Landweg (Evros). 1.307 wurden im selben Zeitraum im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens rückgeführt. Ca. 6.000 ASt. wurde im selben Zeitraum in erster Instanz ein Schutzstatus verliehen. UNHCR betont daher den dringenden Bedarf an Integrationsmaßnahmen (UNHCR 8.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): GCR - Greek Council for Refugees / ECRE - European Council on Refugees and Exiles:

Country Report Greece,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2016update.pdf, Zugriff 4.4.2017

-

DW - Deutsche Welle (17.3.2017): UN loben griechische Asylverfahren,

http://www.dw.com/de/un-loben-griechische-asylverfahren/a-37979767?maca=de-newsletter_de_suedostfokus-4930-txt-newsletter, Zugriff 31.3.2017

-

EP - Europäisches Parlament (5.2017): International Protection in Greece; Background information for the LIBE Committee delegation to Greece 22-25 May 2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1497249698_ipol-stu-2017-583145-en.pdf, Zugriff 15.9.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017, https://www.ecoi.net/local_link/334735/476552_de.html, Zugriff 27.3.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (2.2017): UNHCR Recommendations for Greece in 2017, http://www.unhcr.org/58d8e8e64.pdf, Zugriff 20.10.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (8.2017): Europe Monthly Report, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/59081, Zugriff 29.9.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Greece, https://www.ecoi.net/local_link/337148/479912_de.html, Zugriff 22.3.2017

2. Non-Refoulement

Generell bietet Griechenland einen gewissen Schutz gegen Ausweisung oder Rückkehr von Personen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Mitgliedschaft in einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre. Bei Rückschiebungen im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens soll gelegentlich Personen die Asylantragstellung verweigert worden sein. Außerdem gibt es Berichte über informelle Push-backs an See- und Landgrenzen (USDOS 3.3.2017; vgl. AIDA 3.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): GCR - Greek Council for Refugees / ECRE - European Council on Refugees and Exiles:

Country Report Greece,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2016update.pdf, Zugriff 4.4.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Greece, https://www.ecoi.net/local_link/337148/479912_de.html, Zugriff 22.3.2017

3. Versorgung

Nach der Schließung der Balkanroute saßen tausende Migranten auf dem griechischen Festland fest, was Griechenland betreffend Unterbringung vor erhebliche Probleme stellte. Am 18. März 2016 einigten sich die EU und die Türkei auf ein weitreichendes Abkommen zur Kontrolle der Migration. Im Zuge dessen ging die Zahl der in Griechenland ankommenden Migranten stark zurück. Im ganzen Land wurden Flüchtlingslager errichtet, jedoch meist unter ungenügenden Bedingungen, bestehend aus Zelten oder in verlassenen Lagerhäusern (AI 22.2.2017).

In Griechenland haben laut Gesetz alle bedürftigen Antragsteller das Recht auf angemessene materielle Versorgung. Lediglich im Fast-Track-Grenzverfahren auf den ägäischen Inseln gelten reduzierte Ansprüche (AIDA 3.2017). Die staatlichen Unterbringungsstrukturen in Griechenland umfassen grundsätzlich Reception and Identification Centers (RIC, das sind geschlossene Zentren in denen Neuankömmlinge für max. 25 Tage bleiben und ersterfasst werden (vgl. HR o.D.b)), offene temporäre Unterbringungen für Asylwerber und offene temporäre Strukturen für Personen im Rückkehrprozess. Die Kompetenzen hierfür sind, trotz Versuchen diese zu zentralisieren, immer noch zwischen mehreren Behörden aufgeteilt: Directorate for Reception im General Secretariat for Reception (Innenministerium), Reception and Identification Service (RIS) (Migrationsministerium), Polizei und Verteidigungsministerium. Des Weiteren haben noch verschiedene EU-Agenturen, UNHCR und verschiedene NGOs Kompetenzen bei der Organisation und dem Betrieb von Unterbringungseinrichtungen (EP 5.2017).

Griechenland verfügt auf dem Festland über ca. 40 temporäre Unterbringungseinrichtungen, die von der Armee errichtet wurden. Zu Anfang waren das meist noch Zeltlager, Lagerhallen usw. mit mangelnder Infrastruktur. Die Bedingungen in den Unterbringungen sind unterschiedlich, einige bleiben weiterhin erheblich hinter europäischen und nationalen Standards zurück, die meisten funktionieren immer noch im Notbetrieb wie zum Zeitpunkt ihrer Gründung. Durch Verbesserungsmaßnahmen ist aber ein Wandel zu bemerken und es gibt sehr wohl Unterbringungseinrichtungen, die gut funktionieren und würdige Lebensbedingungen bieten. Zelte werden sukzessive durch Container ersetzt, Einrichtungen werden geschlossen oder renoviert, etc. Probleme stellen die geografische Abgeschiedenheit der Lager, Sicherheitsmängel und mangelnde Strukturen für Vulnerable und Minderjährige dar. Generell wird der griechischen Seite aber ein Mangel an Planung und Koordination, laxe Umsetzung bestehender Bestimmungen, unzureichende Nutzung nationaler und europäischer Mittel, usw. attestiert, weswegen das Problem der mangelhaften Unterbringung bislang nicht gelöst werden konnte (GO 4.2017; vgl. EP 5.2017; UNHCR 4.2017).

Ende September befanden sich etwa 45.614 Migranten in Griechenland, davon 32.158 auf dem Festland (UNHCR 10.2017). Auf dem griechischen Festland gibt es (Stand 25.7.2017) 53.914 Unterbringungsplätze (offizielle Strukturen des Staates, von NGOs und UNHCR) (UNHCR 25.7.2017a). UNHCR und seine operational partners (verschiedene NGOs) stellen (Stand Ende September 2017) 17.661 Unterbringungsplätze für vulnerable Antragsteller in Mietwohnungen (UNHCR 10.2017).

Die griechischen Behörden berichten, dass die Aufnahme und Versorgung der Migranten in Übereinstimmung mit den Gesetzen und europäischen Verpflichtungen des Landes erfolgt. Sie werden informiert, durchlaufen eine medizinische Erstuntersuchung und ein psychosoziales Screening zur Identifizierung Vulnerabler. Die Unterbringung erfolgt in angemessen ausgestatteten Einrichtungen, Männer, Frauen, Familien und UM werden getrennt untergebracht. Nach der Aufnahme erfolgt die Behandlung etwaiger Asylanträge durch die zuständige Behörde, UM und andere Vulnerable werden offen untergebracht. Nicht-Antragsteller werden durch die Polizei übernommen. Der RIS kooperiert mit internationalen und europäischen Organisationen (UN, UNHCR, EASO, IOM) und NGOs. Vulnerable werden nach Identifizierung ihrer speziellen Bedürfnisse entsprechend untergebracht und erhalten medizinische und psychologische Hilfe. Unbegleitete Minderjährige werden innerhalb der RIC ebenfalls getrennt untergebracht und erhalten Vormunde, sowie medizinische und psychologische Hilfe (CoE 26.9.2017b).

Trotz aller Bemühungen, die Unterbringungskapazitäten in Griechenland zu erhöhen, waren zu Jahresanfang 2017 etwa 7.950 Personen in keiner Form untergebracht (AIDA 3.2017). In Athen etwa leben etwa 2.000 Personen, mehrheitlich AW, in elf besetzten Häusern, die von Solidaritätsgruppen geleitet werden (UNHCR 4.2017). Die drei immer wieder kritisierten Flüchtlingslager im Athener Stadtteil Elliniko wurden hingegen am 2. Juni geräumt und die dort noch aufhältigen Migranten mit Bussen in andere Lager gebracht. Vor der Räumung hatten Behörden und IOM die Bewohner registriert um die individuellen Unterbringungsbedürfnisse zu ermitteln (AI 17.6.2017).

Auf dem Festland verbessern sich die Lebensbedingungen für Asylsuchende durch die Schließung von Standorten allmählich. Stattdessen werden mit Unterstützung von UNHCR, Gemeinden und NGOs mehr Menschen in Wohnungen untergebracht (UNHCR 8.2017).

Asylwerber und Flüchtlinge, die in organisierten Unterkünften leben (das bedeutet auch private Unterbringung), erhalten über die humanitären Organisationen, welche diese Unterkünfte betreiben, eine finanzielle Unterstützung, und zwar bis auf weiteres bis Ende 2017. Nicht infrage für eine derartige Beihilfe kommen Personen, die in behelfsmäßigen Unterkünften leben, unbegleitete Minderjährige und Personen, die ein Einkommen haben. Die verschiedenen humanitären Organisationen haben ein System entwickelt, um Mehrfachauszahlungen an ein und dieselbe Person zu verhindern. Dazu ist ein offizielles Identifikationsdokument der griechischen Behörden nötig - als solche anerkannt werden: Police note (was genau gemeint ist, ist unklar, Anm.), die Pre-registration Card, die International Protection Applicant's Card, die Aufenthaltsgenehmigung, sowie die Restriction of Movement Notice (wenn man die Beihilfe auf den Inseln beantragt). Die Auszahlung erfolgt jeden Monat auf eine Geldkarte ("cash card assistance"). Werden in der Unterbringung Mahlzeiten ausgegeben, erhält man EUR 90 bis EUR 330 monatlich (je nach Familiengröße); werden in der Unterkunft keine Mahlzeiten ausgegeben, erhält man EUR 150 bis EUR 550 monatlich (je nach Familiengröße). Die Höhe der Beihilfe darf den Betrag der griechischen Sozialhilfe (social solidarity income) nicht übersteigen. Wechselt man die Unterkunft, muss man das sowohl der humanitären Organisation, welche momentan die Beihilfe ausbezahlt, als auch der auszahlenden Organisation in der neuen Unterkunft melden. Dort erhält man eine neue Karte. Die alte Karte funktioniert weiter, wird aber nicht mehr aufgeladen. Das gilt auch wenn man von einem Zentrum in eine private Unterkunft zieht. Die Geldkarte kann bei Geldautomaten und Bankomatkassen verwendet werden. Ungenütztes Geld verfällt nicht, sondern wird in den nächsten Monat mitgenommen. Wer auf den Inseln die Beihilfe bezogen hat und unerlaubt auf das Festland gereist ist, kann dort keine Beihilfe beantragen, da er/sie als einziges Dokument nur die Restriction of Movement Notice besitzt. Außerhalb Griechenlands funktioniert die Karte nicht (RI 10.2.2017; vgl. UNHCR 3.2017; EP 5.2017). Im August 2017 erhielten 33.400 Asylwerber und Schutzberechtigte von UNHCR die cash assisstance zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Die Umstellung auf die cash assisstance Karten von UNHCR ist abgeschlossen (UNHCR 8.2017). Im September 2017 erhielten 32.416 Personen die Cash assisstance von UNHCR (UNHCR 10.2017).

Antragsteller dürfen in Griechenland arbeiten, sobald sie über ihre Ausweispapiere verfügen (USDOS 3.3.2017). Aber hohe Arbeitslosigkeit (23,1% bei Griechen, 30,2% bei Fremden) schränken die Möglichkeiten legale Beschäftigung zu finden, ein (UNHCR 4.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Greece, https://www.ecoi.net/local_link/336486/479142_de.html, Zugriff 27.3.2017

-

AI - Amnesty International (17.6.2017): Griechenland:

FLÜCHTLINGSLAGER GERÄUMT,

http://frauenrechte.amnesty.at/allgemein/griechenland-fluechtlingslager-geraeumt/, Zugriff 2.10.2017

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): GCR - Greek Council for Refugees / ECRE - European Council on Refugees and Exiles:

Country Report Greece,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2016update.pdf, Zugriff 4.4.2017

-

CoE - Europarat (26.9.2017b): Response of the Greek Government to the report of the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) on its visits to Greece from 13 to 18 April and 19 to 25 July 2016, https://rm.coe.int/pdf/168074f90e, Zugriff 27.9.2017

-

EP - Europäisches Parlament (5.2017): International Protection in Greece; Background information for the LIBE Committee delegation to Greece 22-25 May 2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1497249698_ipol-stu-2017-583145-en.pdf, Zugriff 15.9.2017

-

GO - Greek Ombudsman (4.2017): Migration flows and refugee protection. Administrative challenges and human rights issues, https://www.synigoros.gr/resources/docs/greek_ombudsman_migrants_refugees_2017_en.pdf, Zugriff 12.10.2017

-

HR - Hellenische Republik (o.D.b): Reception and Identification Center (R.I.C.) at Fylakio, Evros, http://www.firstreception.gov.gr/content.php?lang=en&id=14&pid=9, Zugriff 19.10.2017

-

RI-Refugee.Info (10.2.2017): You asked: Cash assistance in Greece, http://blog.refugee.info/you-asked-cash-assistance-in-greece/, Zugriff 31.3.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (25.7.2017a): Sites in Greece-Mainland,

http://rrsesmi.maps.arcgis.com/apps/MapSeries/index.html?appid=d5f377f7f6f2418b8ebadaae638df2e1, Zugriff 22.9.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (8.2017): Europe Monthly Report, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/59081, Zugriff 29.9.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (4.2017): Explanatory Memorandum pertaining to UNHCR's submission to the Committee of Ministers of the Council of Europe on developments in the management of asylum and reception in Greece, http://www.refworld.org/docid/595675554.html, Zugriff 16.10.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (3.2017): CASH

ASSISTANCE: INFORMATION FOR PEOPLE MOVING FROM SITES TO UNHCR

ACCCOMMODATION MARCH 2017,

https://data2.unhcr.org/en/documents/download/54848, Zugriff 31.3.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (10.2017): Fact Sheet Greece, per E-Mail

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Greece, https://www.ecoi.net/local_link/337148/479912_de.html, Zugriff 22.3.2017

3.1. Ägäische Inseln (Hotspots)

Zur Kanalisierung des Migrationsstroms hat Griechenland Ende 2015/Anfang 2016 auf fünf ostägäischen Inseln, welche die Hauptroute für Migration darstellen, sogenannte Hotspots eingerichtet: auf Lesbos (Moria), Chios, Samos (Vathy), Leros und Kos. Bis auf Moria und Vathy, welche bereits existierende Einrichtungen (Reception and Identification Centers, RIC) waren, handelt es sich bei allen Hotspots um eigens geschaffene Behelfslager. Ursprünglich erfüllten diese ihren Zweck und Migranten befanden sich maximal für einige Tage in den Hotspots. Seit Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens liegt der Fokus der Hotspots stark auf Rückkehr in die Türkei. Mittlerweile werden die Hotspots halboffen geführt - Neuankömmlinge werden zunächst für bis zu 25 Tage ("reception and identification procedure") geschlossen untergebracht, danach dürfen sie das Lager tagsüber verlassen. Sie dürfen aber die Insel nicht in Richtung griechisches Festland verlassen. Tatsächlich wird auch innert der 25 Tage das Verlassen der Lager faktisch meist nicht kontrolliert. Wird in den Hotspots ein Asylantrag gestellt, ist dieser im Grenzverfahren beschleunigt (inklusive Beschwerdephase innert 2 Wochen) zu behandeln. Die Antragsteller müssen währenddessen weiterhin auf den Inseln bleiben, faktisch dauert dies aber oft monatelang. Das führte zu chronischer Überbelegung der Hotspots. In den Hotspots oder diesen direkt angeschlossen gibt es seit Ende 2016 sogenannte pre-removal centers, das sind geschlossene Bereiche, die zur besseren Umsetzung des EU-Türkeiabkommens dienen sollen (EP 5.2017; vgl. CoE 26.9.2017a).

Die Hotspots werden vor allem für mangelnde Unterbringungsbedingungen und Überbelegung kritisiert. Die Organisation der Lager wurde zwar verbessert, Probleme mit der Qualität von Wasser, Nahrung, Versorgung vulnerabler Gruppen, Information, rechtlicher Hilfe und Übersetzerleistungen, gibt es aber weiterhin. Medizinische und psychologische Versorgung sind ungenügend und erschwert zugänglich. Die Verfahren dauern lange. In den Hotspots gibt es vereinzelt Vorwürfe bezüglich Polizeigewalt, die Gewalt unter den Häftlingen ist hoch und viele Untergebrachte fühlen sich nicht sicher. Mehrere Fälle physischer und sexueller Gewalt innerhalb der Hotspots und eine hohe Rate psychologischer Probleme werden berichtet (EP 5.2017; vgl. CoE 26.9.2017a).

Laut Zahlen des griechischen Innenministeriums lagen die Unterbringungskapazitäten auf den Inseln (Stand: 15.10.2017) bei insgesamt 7.826 Plätzen, bei einer gleichzeitigen Auslastung von

14.178 Bewohnern (VB 19.10.2017).

Vulnerable Gruppen (ernsthaft Kranke, Behinderte, Schwangere, alleinerziehende Elternteile mit Kindern, Folteropfer, Opfer von Schiffbrüchen und unbegleitete Minderjährige) kommen für die Rückkehr in die Türkei nicht infrage, sondern müssen auf das griechische Festland gebracht werden, wenn ihr Verfahren in die regular procedure übernommen wird. Auf dem Festland werden diese vulnerablen Fälle dann üblicherweise UNHCR zur Unterbringung übergeben, oder in staatlicher Unterbringung versorgt, oder sie bringen sich auf eigene Faust unter. Jedoch sind viele Vulnerable weiterhin auf den Inseln, auch unbegleitete Minderjährige, ohne dass ihre Bedürfnisse besonders beachtet würden (EP 5.2017).

Nur ein Teil der Vulnerablen in den Hotspots kann ordentlich identifiziert werden, da die Prüfung der Neuankömmlinge innerhalb von 1-2 Tagen passiert, was als zu schnell kritisiert wird. Vor allem nicht offensichtliche Vulnerabilitäten bleiben oft unbemerkt. Die Diagnose mentaler Krankheiten ist unter diesen Bedingungen schwierig, da kaum Psychiater vor Ort sind, oft nicht einmal in den lokalen Krankenhäusern (HHC 5.2017). (Für zusätzliche Informationen siehe Kap. 4. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable)

In den Hotspots Lesbos und Chios gibt es nach Angaben der griechischen Behörden Info-Points von Asylbehörde, IOM, UNHCR, EASO, Rechtsberatern usw., die jeden Tag besetzt sind. In den Hotspots wird eine Broschüre in 19 Sprachen verteilt, die alle relevanten Informationen zum Verfahren enthält. Die Zulässigkeitsprüfung dauerte 2016 durchschnittlich 42 Kalendertage. Im letzten Quartal 2016 und Anfang 2017 gab es konzertierte Aktionen aller Beteiligten zur Reduzierung der Überbelegung in den Hotspots, darunter Verlegung vulnerabler Fälle. Auf Samos werden UM entweder auf Festland oder in einen spezialisierte Unterbringung auf der Insel verlegt. Auf Lesbos werden laufend Personen in Hotels verlegt um das Lager zu entlasten. UM, die sich in den Hotspots befinden, werden immer getrennt von Erwachsenen untergebracht, bis sie alternativ untergebracht werden können (CoE 26.9.2017b).

Erst kürzlich ist das Management der humanitären Bemühungen auf den Inseln von NGOs und internationalen Organisationen vollständig auf die griechischen Behörden übergegangen. Doch die Zahl der Neuankömmlinge übersteigt die Zahl derer, die auf das Festland transferiert werden, was den Unterbringungsbedingungen in den Hotspots abträglich ist und auch potentiell negative Auswirkungen auf die individuelle Gesundheit und die Sicherheitslage hat (UNHCR 8.9.2017; vgl. UNHCR 8.2017; FRA 9.2017).

Am 22.9.2017 hat der Staatsrat, das höchste Gericht Griechenlands, erklärt, dass die Türkei ein sicherer Drittstaat ist. Eine Annahme, die von Menschenrechtsgruppen zurückgewiesen wird (DS 26.9.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): GCR - Greek Council for Refugees / ECRE - European Council on Refugees and Exiles:

Country Report Greece,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2016update.pdf, Zugriff 4.4.2017

-

CoE - Europarat (26.9.2017a): Report to the Greek Government on the visits to Greece carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 13 to 18 April and 19 to 25 July 2016, https://rm.coe.int/pdf/168074f85d, Zugriff 27.9.2017

-

CoE - Europarat (26.9.2017b): Response of the Greek Government to the report of the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) on its visits to Greece from 13 to 18 April and 19 to 25 July 2016, https://rm.coe.int/pdf/168074f90e, Zugriff 27.9.2017

-

DS - Der Standard (26.9.2017): Weg frei für Massenabschub in Türkei,

http://derstandard.at/2000064749204/Weg-frei-fuer-Massenabschub-in-die-Tuerkei, Zugriff 29.9.2017

-

EP - Europäisches Parlament (5.2017): International Protection in Greece; Background information for the LIBE Committee delegation to Greece 22-25 May 2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1497249698_ipol-stu-2017-583145-en.pdf, Zugriff 15.9.2017

-

FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (9.2017):

Monthly data collection: September 2017. Report covers period 1-31 August 2017,

http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/sept-2017, Zugriff 2.10.2017

-

HHC - Hungarian Helsinki Committee (5.2017): Unidentified and Unattended. The Response of Eastern EU Member States to the Special Needs of Torture Survivor and Traumatised Asylum Seekers, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1504851185_2017-05-hhc-unidentified-and-unattended.pdf, Zugriff 11.10.2017

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2017): Greece. Refugees with Disabilities Overlooked, Underserved - Identify People with Disabilities; Ensure Access to Services, https://www.ecoi.net/local_link/334948/476771_de.html, Zugriff 27.3.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (8.2017): Europe Monthly Report, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/59081, Zugriff 29.9.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (8.9.2017): UNHCR urges action to ease conditions on Greek islands, http://www.unhcr.org/news/briefing/2017/9/59b24a377/unhcr-urges-action-ease-conditions-greek-islands.html, Zugriff 29.9.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Greece, https://www.ecoi.net/local_link/337148/479912_de.html, Zugriff 22.3.2017

-

VB des BM.I Griechenland (19.10.2017), Auskunft griechisches Innenministerium, per E-Mail

3.2. Medizinische Versorgung

Alle Einwohner des Landes haben Anspruch auf medizinische Notfallversorgung, unabhängig vom rechtlichen Status. In den Unterbringungszentren wird medizinische Betreuung durch Freiwillige, Vertragsärzte der NGOs und Militärärzte gewährleistet. Notfälle oder komplexere Fälle werden in lokale Krankenhäuser überwiesen (USDOS 3.3.2017, vgl. AIDA 3.2017).

In Griechenland ist die Rechtslage betreffend Zugang zu Gesundheitsfürsorge für Asylwerber sehr günstig, in der Praxis ist dieser aber eingeschränkt. Auch wenn sie nicht versichert und mittellos sind, haben AW prinzipiell kostenlosen Zugang zu Spitälern und medizinischer Versorgung und Medikamenten wie griechische Bürger, da sie zu den "sozial schwachen Gruppen" gehören. Darüber hinaus müssen Krankenhäuser Patienten akzeptieren, wenn sie von Ärzten aus Unterbringungseinrichtungen überwiesen werden. Vulnerable AW haben darüber hinaus das Recht auf psychologische Versorgung wie griechische Bürger. Die Erreichbarkeit von Gesundheitseinrichtungen ist aber oft ein Problem, da die überwiegende Mehrheit der Unterbringungseinrichtungen geografisch isoliert liegt. Ambulanzfahrten in diese Zentren werden daher überstrapaziert, was zu Beschwerden aus dem öffentlichen Gesundheitssystem führt. In der Praxis werden Probleme beim Zugang zum Gesundheitssystem berichtet. Oft ist das Personal in medizinischen Einrichtungen mit den Rechten von Asylwerbern nicht vertraut. Auch der Mangel an Kulturmediatoren und Übersetzern ist ein Problem. Oft wird etwa in Spitälern auch eine Steuernummer und eine Sozialversicherungsnummer (????) von den AW verlangt, welche ohne spezifische Kenntnisse nicht einfach zu erlangen sind und außerdem die formelle Einbringung des Asylantrags voraussetzen - was angesichts von möglichen Verzögerungen im Verfahren von Wochen oder gar Monaten, ein zusätzliches Problem darstellen kann. Darüber hinaus ist das öffentliche Gesundheitssystem in Griechenland stark von der Finanzkrise betroffen, was Auswirkungen auf die Dienstleistungen und das Funktionieren von Krankenhäusern hat. Die Spitäler haben angesichts der Ressourcenknappheit oft Probleme, die Versorgung der einheimischen Bevölkerung und der Migranten zu gewährleisten (HHC 5.2017; vgl. UNHCR 4. 2017; AIDA 3.2017; SN 3.2017).

Der rechtzeitige Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung wird von einigen NGOs als eines der größten Probleme für Asylwerber, Migranten und Flüchtlinge in Griechenland betrachtet und stark in Zweifel gezogen. Dies betrifft besonders Personen, die eine orthopädische Operation, Rehabilitation oder Behandlung chronischer physischer oder psychischer Krankheiten benötigen (HRW 18.1.2017; vgl. AIDA 3.2017).

Asylwerber und Asylberechtigte erhalten dieselbe Versorgung mit Medikamenten wie arbeitslose und nicht versicherte griechische Staatsangehörige. Die Ausstellung des Rezeptes erfolgt durch das Krankenhaus oder Ärzte. Anteilsmäßige Gebühren werden je nach Einkommen (20%, 10% oder 0%) verrechnet. Seit einigen Jahren gibt es in Griechenland zusätzlich zu den öffentlichen Apotheken sogenannte "Sozial-Apotheken", die hauptsächlich von Freiwilligen, pensionierten Apothekern oder Ärzten, NGOs usw. betrieben werden. Finanziert und ausgestattet werden diese durch Spenden von Firmen, Apotheken, Pharmafirmen und durch Rückgabe von nicht verbrauchten Medikamenten aus privatem Bestand (dies wird sogar im griechischen TV beworben). Bei diesen Sozial-Apotheken kann jegliche einkommenslose Person (Statement und Nachweis erforderlich) kostenfrei Medikamente erhalten. Die Ausgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten wird von einem Arzt überprüft (VB 20.7.2017).

Auf dem Festland Griechenlands begann Médecins du Monde ein Programm für die medizinische, psychiatrische und psychosoziale Unterstützung und Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen im Großraum von Attika (FRA 9.2017).

UNHCR arbeitet daran den Zugang der Asylwerber und anerkannten Flüchtlinge zu medizinischer Versorgung zu verbessern und kooperiert hierzu mit staatlichen Stellen (UNHCR 10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): GCR - Greek Council for Refugees / ECRE - European Council on Refugees and Exiles:

Country Report Greece,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2016update.pdf, Zugriff 4.4.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten