TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/25 G311 2138168-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2020
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Entscheidungsdatum

25.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z4
BFA-VG §18 Abs1 Z6
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §55 Abs1a

Spruch

G311 2138168-2/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Kosovo, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Martin DELLASEGA und Dr. Max KAPFERER gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2017, Zahl: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.11.2019, zu Recht:

A) I. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß

§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wird XXXX, geb. XXXX, der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo zuerkannt.

IV. XXXXwird gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter erteilt.

V. Die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides werden aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 08.01.2015 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 23.09.2016 abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt II.), ihm gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG eine auf die Dauer eines Jahres befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.12.2016, G306 2138168-1/4E, als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 16.05.2017 außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Der Beschwerdeführer stellte in weiterer Folge am 08.02.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005.

Am 08.02.2017 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers zu seinem Antrag auf internationalen Schutz statt.

Sodann fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, am 14.02.2017 statt.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes vom 01.03.2017 wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG, als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo, abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1, 4 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) und dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt IV.).

Mit Schriftsatz der bevollmächtigten Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 20.03.2017, beim Bundesamt am 20.03.2017 per E-Mail einlangend, erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen, der Beschwerde stattgeben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten, allenfalls des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückverweisen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am 23.03.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Der Beschwerdeführer wurde am 18.05.2017 auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.06.2017 wurde die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers um Bekanntgabe seines Aufenthaltsortes ersucht. Mit Schreiben der Rechtsvertretung vom 05.07.2017 wurde mitgeteilt, dass sich der Beschwerdeführer in Belgrad, Serbien, bei Bekannten seiner Eltern aufhalte.

Mit Beschluss des VwGH vom 06.08.2019, Ra 2017/22/0020-8, wurde die Revision des Beschwerdeführers gegen das den Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.12.2016, G306 2138168-1/4E, zurückgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte am 29.10.2019 für 28.11.2019 eine mündliche Beschwerdeverhandlung an.

Seitens der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers wurde sodann am 08.11.2019 bei den österreichischen Botschaften im Kosovo und in Serbien die Bewilligung der Wiedereinreise gemäß § 26a FPG zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung beantragt. Die Wiedereinreise wurde dem Beschwerdeführer jedoch nicht bewilligt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 28.11.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers sowie ein Vertreter des Bundesamtes teilnahmen. Mangels Erlaubnis zur Wiedereinreise wurde in Abwesenheit des Beschwerdeführers verhandelt. Sein Vater und eine seiner Schwestern wurden als Zeugen einvernommen.

Im Zuge der Verhandlung wurde dem Bundesamt die Vorlage der Verwaltungsakten des Vaters, der Mutter sowie des Bruders des Beschwerdeführers, denen allen nach wie vor der Status subsidiär Schutzberechtigter zukommt, aufgetragen.

Per E-Mail vom 12.12.2019 übermittelte die Rechtsvertretung dem Bundesverwaltungsgericht ein Video, dass den Beschwerdeführer bei seiner Tätigkeit als Müllsammler in Serbien zeigt.

Am 13.12.2019 langte weiters eine schriftliche Stellungnahme sowie Urkundenvorlage seitens der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 20.01.2020 wurde der Rechtsvertretung mitgeteilt, dass sich nach Vorlage der Verwaltungsakten der Mutter und des Bruders des Beschwerdeführers ergebe, dass diesen im Familienverfahren wegen der schweren Herzerkrankung des Vaters subsidiär Schutz zuerkannt wurde. Weiters wurde dem Bundesamt die Stellungnahme der Rechtsvertretung vom 12.12.2019 zur Äußerung binnen einer Woche übermittelt.

Die Rechtsvertretung nahm mit Schreiben vom 27.01.2020, das Bundesamt mit Schreiben vom 05.02.2019 zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 20.01.2020 Stellung und legte erst mit diesen Schreiben den den Vater des Beschwerdeführers betreffenden Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger des Kosovo, Angehöriger der Volksgruppe der Roma und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er ist ledig und hat keine Kinder (vgl Erstbefragung vom 08.02.2017, AS 5 ff; Niederschrift Bundesamt vom 14.02.2017, 174 ff; Feststellungen im Erkenntnis G306 2138168-1/4E vom 29.12.2016, AS 77).

Im Jahr 1999, daher im Alter von sechs Jahren, flüchtete der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern wegen des Kosovo-Krieges in die Schweiz, wo die Familie am 25.03.1999 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, der jedoch abgewiesen wurde. Der Vater und die Mutter des Beschwerdeführers reisten 2007 mit drei Geschwistern des Beschwerdeführers nach Belgien, wo sie am 21.08.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, warteten jedoch die Entscheidung nicht ab und kehrten in November 2007 illegal in die Schweiz zurück, wo sich auch der Rest seiner Familie nach wie vor aufhielt. Die Mutter des Beschwerdeführers sowie drei seiner Geschwister wurden am 18.04.2009 von der Schweiz auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben, der Vater des Beschwerdeführers wurde am 16.05.2009 von der Polizei aufgegriffen, in Schubhaft benommen und am 18.05.2009 ebenfalls aus der Schweiz in den Kosovo abgeschoben. Der Beschwerdeführer und zwei weitere Geschwister (die Schwestern XXXX und XXXX) hielten sich damals beim Onkel väterlicherseits in der Schweiz auf und verblieben dort, während der Rest der Familie bis 08.09.2009 im Kosovo bei einem Schwager des Vaters des Beschwerdeführers unterkam (vgl ua. Erstbefragung Vater vom 12.09.2009, AS 251 ff Verwaltungsakt Vater;

Erstbefragung Vater vom 18.06.2012, AS 1101 ff Verwaltungsakt Vater;

Erstbefragung Mutter vom 12.09.2009, AS 589 ff Verwaltungsakt Mutter; Auszüge aus dem Fremdenregister des Vaters, der Mutter, der Schwestern XXXX und XXXX sowie des Bruders vom jeweils 10.02.2020;

Zeugeneinvernahme Schwester XXXX, Verhandlungsprotokoll vom 28.11.2019, S 4 f; Zeugeneinvernahme Vater, Verhandlungsprotokoll vom 28.11.2019, S 5 f).

Der Beschwerdeführer sowie seine beiden Schwestern XXXX und XXXX verblieben weiterhin in der Schweiz, während die Eltern des Beschwerdeführers sowie drei seiner Geschwister, nämlich die damals bereits volljährige Schwester XXXX, sowie die minderjährige Schwester XXXX und der minderjährige Bruder XXXX, am 11.09.2009 vom Kosovo aus unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet einreisten und am selben Tag ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellten (vgl ua. Erstbefragung Vater vom 12.09.2009, AS 251 ff Verwaltungsakt Vater; Erstbefragung Mutter vom 12.09.2009, AS 589 ff Verwaltungsakt Mutter; Auszüge aus dem Fremdenregister des Vaters, der Mutter, der Schwestern XXXX und XXXX sowie des Bruders vom jeweils 10.02.2020).

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes jeweils vom 29.04.2010, Zahlen:

XXXX, XXXX, XXXX, XXXX und 09 11.022-BAG wurden die Asylanträge der Eltern, der Schwestern XXXX und XXXX sowie des Bruders XXXX als unbegründet abgewiesen und die Ausweisung in den Kosovo ausgesprochen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.06.2010, Zahlen: B4 413.343-1/2010/3E, B4 413.339-1/2010/3E, B4 413.342-1/2010/3E, B4 413.341-1/2010/3E und B4 413.340-1/2010/3E als unbegründet abgewiesen. In der Folge kehrten sie unter der Gewährung von Rückkehrhilfe am 31.08.2010 freiwillig in den Kosovo zurück (vgl ua. Bescheide des Bundesasylamtes vom 29.04.2010, AS 833 ff Verwaltungsakt Vater bzw. AS 701 ff Verwaltungsakt Mutter; Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.06.2010, AS 969 ff Verwaltungsakt Vater bzw. AS 767 ff Verwaltungsakt Mutter; Ausreisebestätigung vom 01.09.2010, AS 1089 Verwaltungsakt Vater bzw. AS 881 Verwaltungsakt Mutter; Auszüge aus dem Fremdenregister des Vaters, der Mutter, der Schwestern XXXX und XXXX sowie des Bruders vom jeweils 10.02.2020).

Die Mutter des Beschwerdeführers sowie seine Geschwister XXXX, XXXX und XXXX reisten am 09.04.2012 abermals illegal in das Bundesgebiet ein und brachten am selben Tag jeweils einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein. Die Anträge wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 01.06.2012, Zahlen: XXXX, XXXX, XXXX und XXXX neuerlich abgewiesen und eine Ausweisung in den Kosovo ausgesprochen. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 26.07.2012, Zahlen: B4 413.339-3/2012/4E, B4 413.342-3/2012/4E, B4 413.340-3/2012/4E und B4 413.341-3/2012/4E abgewiesen (vgl ua. Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 26.07.2012, AS 1429 ff Verwaltungsakt Vater bzw. AS 413 ff Verwaltungsakt Mutter; Erstbefragung Mutter vom 10.04.2012, AS 23 ff Verwaltungsakt Mutter; Bescheid vom 01.06.2012, AS 165 ff Verwaltungsakt Mutter; Auszüge aus dem Fremdenregister der Mutter, der Schwestern XXXX und XXXX sowie des Bruders vom jeweils 10.02.2020).

Ab Anfang des Jahres 2011 bis zur neuerlichen Ausreise am 17.08.2012 lebte der Vater des Beschwerdeführers in Serbien bei dessen Cousins. Am 18.06.2012 reiste der Vater des Beschwerdeführers neuerlich unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte hier am selben Tag einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.08.2012, Zahl: XXXX, wurde der Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Vater neuerlich in den Kosovo ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.03.2013, Zahl B4 413.343-3/2012/4E, abgewiesen, jedoch betreffend die Nichtzuerkennung von subsidiärem Schutz sowie der Ausweisung behoben und zur Erlassung eines neuerlichen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen (vgl ua. Erstbefragung Vater vom 18.06.2012, AS 1101 ff Verwaltungsakt Vater; Bescheid Bundesasylamt vom 23.08.2012, AS 1265 ff Verwaltungsakt Vater; Erkenntnis Asylgerichtshof vom 25.03.2013, AS 1517 ff Verwaltungsakt Vater).

Mit dem darauffolgenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.08.2013, Zahl: XXXX, wurde dem Vater des Beschwerdeführers nunmehr unter anderem wegen der bei ihm vorliegenden schweren Herz- sowie Gefäßerkrankung sowie der nicht ausreichenden Behandelbarkeit im Kosovo bzw. des fehlenden Anspruches auf eine Weiterbehandlung in Serbien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis 02.08.2014 erteilt (vgl Bescheid Bundesasylamt vom 02.08.2013, AS 1469 ff Verwaltungsakt Vater; Auszug Fremdenregister des Vaters vom 10.02.2020).

Daraufhin stellten die Mutter des Beschwerdeführers sowie die Geschwister XXXX (bereits volljährig), XXXX (minderjährig) und XXXX (minderjährig) am 27.09.2013 zum dritten Mal Anträge auf internationalen Schutz. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 08.11.2013 wurden die Asylanträge der Mutter, der Schwester XXXX und des Bruders XXXX (welche beide noch minderjährig waren) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen, ihnen jedoch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG (im Familienverfahren zum Vater) der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 02.08.2014 erteilt (vgl Erstbefragung der Mutter vom 27.09.2013, AS 889 ff Verwaltungsakt Mutter; Bescheid Mutter vom 08.11.2013, AS 955 ff Verwaltungsakt Mutter; Auszüge aus dem Fremdenregister der Mutter, der Schwester XXXX sowie des Bruders vom jeweils 10.02.2020).

Der dritte Antrag auf internationalen Schutz der damals bereits volljährigen Schwester XXXX wurde ebenfalls mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2013 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen, jedoch festgestellt, dass ihre Ausweisung auf Dauer unzulässig ist (vgl Auszug aus dem Fremdenregister der Schwester XXXX vom 10.02.2020).

Mit folgenden Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Vaters des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wegen des unveränderten Vorliegens der Zuerkennungsvoraussetzungen jeweils verlängert:

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Bescheid vom 29.06.2014 (Zahl: XXXX) - Aufenthaltsberechtigung bis 29.06.2016 (vgl AS 1849 ff Verwaltungsakt Vater)

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Bescheid vom 26.09.2016 (Zahl: XXXX) - Aufenthaltsberechtigung bis 29.06.2018 (vgl AS 2015 ff Verwaltungsakt Vater)

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Bescheid vom 19.09.2018 (Zahl: XXXX) - Aufenthaltsberechtigung bis 29.06.2020 (vgl AS 2173 ff Verwaltungsakt Vater)

Mit folgenden Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung der Mutter des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wegen des unveränderten Vorliegens der Zuerkennungsvoraussetzungen [beim Vater, Anm.] jeweils verlängert:

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Bescheid vom 29.06.2014 (Zahl: XXXX) - Aufenthaltsberechtigung bis 29.06.2016 (vgl AS 1055 ff Verwaltungsakt Mutter)

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Bescheid vom 29.06.2016 (Zahl: XXXX) - Aufenthaltsberechtigung bis 29.06.2018 (vgl AS 1095 ff Verwaltungsakt Mutter)

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Bescheid vom 19.09.2018 (Zahl: XXXX) - Aufenthaltsberechtigung bis 29.06.2020 (vgl AS 1149 ff Verwaltungsakt Mutter)

Zum Entscheidungszeitpunkt kommt nachfolgenden Familienangehörigen des Beschwerdeführers jeweils die nachfolgende Aufenthaltsberechtigung in Österreich zu (vgl insbesondere die jeweiligen Auszüge aus dem Fremdenregister vom 10.02.2020):

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Vater - Status des subsidiär Schutzberechtigten - befristete Aufenthaltsberechtigung gültig bis 29.06.2020

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Mutter - Status der subsidiär Schutzberechtigten - befristete Aufenthaltsberechtigung gültig bis 29.06.2020

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Bruder XXXX - Status des subsidiär Schutzberechtigten - befristete Aufenthaltsberechtigung gültig bis 29.06.2020

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Schwester XXXX - ehemals Status der subsidiär Schutzberechtigten - inzwischen Daueraufenthalt-EU [gemäß § 45 Abs. 12 NAG, Anm.] gültig bis jedenfalls 11.07.2023

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Schwester XXXX - Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot-Karte plus - gültig bis 28.10.2020

Die Schwester XXXX lebt nach wie vor in der Schweiz (vgl etwa Niederschrift Bundesamt vom 14.02.2017, AS 175).

Die Schwester XXXX verließ am 11.10.2014 die Schweiz und reiste nach Österreich, wo sie am 22.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.01.2017 abgewiesen. Weiters wurde gegen die Schwester eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Kosovo zulässig ist, sie ihr Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet ab 12.07.2016 verloren hat und gegen sie ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 19.06.2017, G306 2147927-1/3E, als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen das Einreiseverbot wurde stattgegeben und dieses ersatzlos behoben. Der gegen die Behebung des Einreiseverbotes erhobenen Amtsrevision seitens des Bundesamtes wurde in außerordentlicher Revision mit Erkenntnis des VwGH vom 24.05.2018, Ra 2017/19/0311, stattgegeben und das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes insoweit aufgehoben. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.08.2018, G306 2147927-1/18E, wurde der Beschwerde gegen das Einreiseverbot neuerlich stattgegeben und dieses ersatzlos behoben. Eine neuerliche Amtsrevision wurde nicht erhoben. Die Schwester XXXX wurde bereits am 22.03.2017 auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben. Sie lebt aktuell in Serbien (vgl Auszug aus dem Fremdenregister der Schwester XXXX vom 10.02.2020; Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.06.2017 und 14.08.2018; Erkenntnis des VwGH vom 24.05.2018, Ra 2017/19/0311; Einsichtnahme in die elektronische Aktenverwaltung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl G306 2147927-1 am 11.02.2020; Vorbringen Rechtsvertretung, Verhandlungsprotokoll vom 28.11.2019, S 6).

Der Beschwerdeführer reiste am 18.12.2014 von der Schweiz aus in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 23.09.2016, Zahl XXXX, abgewiesen und weiters gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass eine Abschiebung in den Kosovo zulässig ist, im eine Frist zur freiwilligen Ausreise von zwei Wochen eingeräumt sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein Einreiseverbot in der Dauer eines Jahres verhängt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.12.2016, G306 2138168-1/4E, als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des VwGH vom 06.08.2019, Ra 2017/22/0020, zurückgewiesen (vgl Feststellungen Erkenntnis Bundesverwaltungsgericht vom 29.12.2016 G306 2138168-1/4E, AS 77; Bescheid des Bundesamtes vom 23.09.2016, AS 145 ff; Beschluss des VwGH vom 06.08.2019).

Der Beschwerdeführer wurde am 18.05.2017 auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben (vgl Auszug Fremdenregister Beschwerdeführer vom 28.11.2019).

Der Beschwerdeführer lebte in der Schweiz nach der Abschiebung seiner Eltern in einer Pflegefamilie und verfügte zuletzt über einen bis 16.04.2014 gültigen Aufenthaltstitel in der Schweiz (B-Bewilligung) (vgl Feststellungen Erkenntnis Bundesverwaltungsgericht vom 29.12.2016 G306 2138168-1/4E, AS 77, dieses verweisend auf einen Bescheid des Amtes für Arbeit, Abteilung Migration des Kantons XXXX, Zahl XXXX, vom 19.01.2016, AS 81; Erstbefragung vom 08.02.2017, AS 5 & 11; Niederschrift Bundesamt vom 14.02.2017, AS 179).

Er besuchte in der Schweiz von 20.08.2001 bis 27.08.2007 und von 12.11.2007 bis 19.02.2009 die heilpädagogische Sonderschule der Stiftung "XXXX" in der Schweiz. Er war weiters seit 2009 Klient der Anlaufstelle für "XXXX" in der Schweiz, wo er 2012 bis 2014 ein Praktikum bei der "Job Factory" (Verpackung, Recycling, Nähatelier und Restaurantservice) und 2014 ein Praktikum in einem Restaurant ("XXXX") absolvierte (vgl Erstbefragung vom 08.02.2017, AS 5 & 11; Niederschrift Bundesamt vom 14.02.2017, AS 176; Feststellungen im Gutachten Dris. XXXX, AS 122 f).

Die Stiftung "XXXX" widmet sich dem Wohl von Menschen mit Entwicklungsbeeinträchtigungen, mit geistiger Behinderung, mehrfacher Behinderung oder mit psychischer Beeinträchtigung. Dazu werden heilpädagogische Früherziehung, Schulung, Therapie, Betreuung, Begleitung, Berufsbildung, Wohn-, Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten (vgl Internetrecherche am 12.02.2020: XXXX). Die heilpädagogische Schule wird von Kindern und Jugendlichen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung besucht (vgl Internetrecherche am 12.02.2020, XXXX). Finanziert werden die von der Stiftung wahrgenommenen Aufgaben für Menschen mit Behinderung von den Kantonen, Gemeinden, Beiträgen der Eltern und Beiträgen der Stiftung selbst. Für die auf die Stiftung selbst entfallenden Investitionen ist diese auf Spendengelder angewiesen (vgl Internetrecherche am 12.02.2020, XXXX).

Zum Gesundheitszustand ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen leidet, die im Kosovo nicht behandelbar wären. Er ist körperlich gesund (vgl etwa Niederschrift Bundesamt vom 14.02.2017, AS 172). Bezogen auf den geistigen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers wird festgestellt, dass dieser zumindest an einer Intelligenzminderung in einer Form leidet, die ihm ein selbstständiges Leben ohne familiäre Unterstützung im Alltag, die Arbeitsaufnahme sowie das Erlernen einer neuen Sprache im Kosovo nicht ermöglicht.

In Österreich lebte er mit seinen Eltern und Geschwistern im gemeinsamen Haushalt (vgl (vgl Feststellungen Erkenntnis Bundesverwaltungsgericht vom 29.12.2016 G306 2138168-1/4E, AS 77; Niederschrift Bundesamt vom 14.02.2017, AS 179).

Seit seiner Abschiebung aus dem Bundesgebiet im Mai 2017 lebt der Beschwerdeführer bei ganz entfernten Verwandten seines Vaters bei Belgrad/Serbien. Diese haben ihn unmittelbar nach seiner Ankunft im Kosovo dort abgeholt und nach Serbien gebracht. Er ist in Serbien jedoch nicht registriert und verfügt auch über keine offizielle Aufenthaltsbewilligung. Wie lange sich der Beschwerdeführer in Serbien aufhalten darf, konnte nicht festgestellt werden. Im Kosovo leben keinerlei Verwandte der Familie des Beschwerdeführers mehr und haben sie dort auch kein Eigentum oder ein sonstiges soziales Netz. Die Familie, bei der der Beschwerdeführer untergekommen ist, lebt selbst mit knapp 15 Personen in zwei Zimmern und somit in sehr prekären und beengten Verhältnissen. Der Beschwerdeführer muss am Boden schlafen. Die Unterkunft wird ihm nur solange gewährt, als die Schwester bzw. der Vater für den Beschwerdeführer finanziell aufkommen. Sie senden über Western Union bzw. über einen serbischen Busfahrer monatlich, manchmal auch öfters, Geld nach Serbien, was sich aufgrund ihrer eigenen finanziellen Situation in Österreich (Bezug von Kinderbetreuungsgeld bzw. Mindestsicherungsempfänger) als besonders schwierig erweist. Dem Beschwerdeführer ist es in Serbien bisher auch nicht möglich gewesen, eine Beschäftigung aufzunehmen. Er versucht durch Müllsammeln ein kleines Einkommen zu erwirtschaften (vgl Niederschrift Bundesamt vom 14.02.2017, AS 175 f; Angaben zum Aufenthaltsort des Beschwerdeführers vom 05.07.2017;

mit Urkundenvorlage vom 12.12.2019 erstattetes Vorbringen, eidesstattliche Erklärung sowie Zahlungsnachweise; per E-Mail vom 11.12.2019 dem Bundesverwaltungsgericht übermitteltes Video;

Zeugeneinvernahme der Schwester, Verhandlungsprotokoll vom 28.11.2019, S 4 f; Zeugeneinvernahme des Vaters, Verhandlungsprotokoll vom 28.11.2019, S 5 f).

Der Beschwerdeführer spricht sehr gut Deutsch, hat jedoch nur rudimentäre Albanisch-Kenntnisse. Es ist ihm nur möglich, ganz einfache Alltagsgespräche auf Albanisch zu führen. Er kann Albanisch nur wenig schreiben und spricht auch kein Romanes oder Serbisch (vgl Erstbefragung vom 08.02.2017, AS 5 & 13; Niederschrift Bundesamt vom 14.02.2017, AS 176 Zeugeneinvernahme der Schwester, Verhandlungsprotokoll vom 28.11.2019, S 4 f; Zeugeneinvernahme des Vaters, Verhandlungsprotokoll vom 28.11.2019, S 5 f).

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten (vgl Strafregisterauszug vom 28.11.2019).

Der Beschwerdeführer verließ als sechsjähriges Kind gemeinsam mit seinen Eltern im Zuge des Kosovo-Krieges den Herkunftsstaat. Seither hat sich der Beschwerdeführer nicht mehr im Kosovo aufgehalten. Ein den Beschwerdeführer persönlich und konkret treffender Anlass oder Vorfall für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer als Zugehöriger zu den Roma im Fall einer Rückkehr in den Kosovo eine konkrete, gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgung oder eine generelle Verfolgungsgefahr oder Bedrohung von staatlicher und nicht-staatlicher Seite zu befürchten hätte.

Zur entscheidungsrelevanten Lage im Kosovo:

Es wird festgestellt, dass die Republik Kosovo seit 01.07.2009 aufgrund der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 als sicherer Herkunftsstaat gilt.

Zur allgemeinen Lage im Kosovo werden die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 28.11.2019 in das Verfahren eingeführten Länderberichte, nämlich das Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation vom 12.07.2016 samt letzter Kurzinformation vom 31.10.2019 auch als entscheidungsrelevante Feststellungen zum endgültigen Gegenstand dieses Erkenntnisses erhoben.

Daraus ergibt sich:

"1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 31.10.2019, Parlamentswahlen Oktober 2019 (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 5. Oktober 2019 fanden im Kosovo vorgezogene Parlamentswahlen statt. Diese Wahl war erforderlich geworden, weil der amtierende Ministerpräsident und ehemalige UCK-Kommandeur Ramush Haradinaj wegen einer Vorladung zum Sondertribunal für Kriegsverbrechen in Den Haag vom Amt als Regierungschef zurückgetreten war (DS 7.10.2019a; NZZ 7.10.2019)

Die Wahlen wurden - bei einer Wahlbeteiligung von 44% - von den bisherigen Oppositions¬parteien gewonnen. Den Kampf um den ersten Platz und damit um den Regierungsauftrag entschied mit knapp 25,6% der Stimmen die groß-albanische, nationalistische und EU-kritische Oppositionspartei Vetëvendosje (Selbstbestimmung) mit ihrem Spitzenkandidaten Albin Kurti, für sich. Dicht dahinter folgt 24,9% der Stimmen die moderat-konservative Demokratische Liga des Kosovo (LDK), mit ihrer Spitzenkandidatin Vjosa Osmani. Den dritten Platz belegt mit 21,1% der Stimmen, die Demokratische Partei des Kosovo (PDK), die von Staatspräsident Hashim Thaci dominiert wird. Die Allianz für die Zukunft des Kosovo (AAK) des nur zwei Jahre amtierenden Ministerpräsidenten Ramush Haradinaj kam auf 11,6% (NZZ 7.10.2019; vgl. DP 7.10.2019).

Der Wahlausgang wird als Signal gegen Korruption und Stillstand gewertet und dürfte das Ende der langjährigen Dominanz der PDK von Staatspräsident Hashim Thaci über die kosovarische Politik bedeuten (ORF 6.10.2019). Mehr als die Hälfte aller Stimmen haben zwei Politiker auf sich vereint, deren Karriere nicht in der UCK begann und die für einen klaren Bruch mit dem Klientelsystem des politischen Establishments stehen (NZZ 7.10.2019). Beobachter erwarten ein Bündnis zwischen den nunmehr siegreichen bisherigen Oppositionsparteien unter Führung von Kurti und Osmani (DP 7.10.2019).

Quellen:

? DS - Der Standard (7.10.2019a): Riskante Wachablöse im Kosovo, https://www.derstandard.at/story/2000109598474/riskante-wachabloese-im-kosovo, Zugriff 8.10.2019

? DS - Der Standard (7.10.2019b): Revolutionärer Machtwechsel im Kosovo,

https://www.derstandard.at/story/2000109601418/revolutionaerer-machtwechsel-im-kosovo, Zugriff 8.10.2019

? DP - Die Presse (7.10.2019): Kosovos Rebell greift nach der Macht, https://www.diepresse.com/5702091/kosovos-rebell-greift-nach-der-macht, Zugriff 8.10.2019

? NZZ - Neue Zürcher Zeitung (7.10.2019): Wahlerfolg der Opposition:

In Kosovo weht ein neuer Wind,

https://www.nzz.ch/international/wahlen-im-kosovo-bisherige-oppositionsparteien-liegen-vorn-ld.1513769, Zugriff 8.10.2019

? ORF - Österreichischer Rundfunk (6.10.2019): Opposition gewinnt Parlamentswahl im Kosovo, https://orf.at/stories/3139956/, Zugriff 8.10.2019

KI vom 7.9.2017, Politische Krise im Kosovo gelöst (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)

Die fast dreimonatige politische Krise nach den vorgezogenen Parlamentswahlen im Kosovo ist nun offenbar gelöst. Die Partei "Allianz für ein Neues Kosovo" (AKR) des Geschäftsmannes Behgjet Pacolli schloss sich am Montagnachmittag dem Wahlsieger, der PAN-Koalition, auch offiziell an. Ein Koalitionsvertrag mit den neuen Bündnispartnern, Kadri Veseli von der Demokratischen Partei (PDK), Ramush Haradinaj, Allianz für die Zukunft (AAK) und Ratmir Limaj, Nisma, wurde am Montagabend im Haus Pacollis unterzeichnet. Dank dem neuen Bündnispartner hat sich die als "Kriegsflügel" bekannte PAN-Koalition nach mehreren gescheiterten Versuchen nun die notwendige Stimmenmehrheit sowohl für die Wahl des Parlamentspräsidenten als auch der Regierung gesichert. Der Wahlsieger wird von 20 Abgeordneten der Minderheitenparteien unterstützt und kommt somit nun auf 63 Mandate im 120-Sitze-Parlament.

Wie der staatliche TV-Sender RTK am Dienstag berichtete, haben neue Bündnispartner darüber hinaus eine Einigung über die Postenverteilung in der künftigen Koalitionsregierung erzielt, die erneut von Ex-Premier Haradinaj geleitet werden soll. Demnach sollen der kleinen Partei Pacollis mit vier Parlamentssitzen fünf Ministerposten, darunter jener des Äußeren, zufallen. Die PDK soll sechs Minister stellen, die AAK drei und den Premier, Nisma vier. Die Belgradtreue "Serbische Liste" soll wie bisher zwei Minister haben, noch ein Ressort wird von anderen Minderheitenvertretern geleitet werden (derStandard.at 5.9.2017).

Quelle(n):

? derStandard.at (5.9.2017): International, Europa, Kosovo, Koalitionsvertrag unterzeichnet: Politische Krise im Kosovo gelöst, http://derstandard.at/2000063620495/Koalitionsvertrag-unterzeichnet-Politische-Krise-im-Kosovo-offenbar-geloest, Zugriff 7.9.2017

2. Politische Lage

Das politische System hat sich seit der Unabhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 gefestigt. Kosovo ist eine Republik mit parlamentarischer Demokratie. Die Verfassung enthält neben den Grundwerten moderner europäischer Verfassungen und dem Prinzip der Gewaltenteilung umfassenden Schutz, zum Teil Privilegien für die in Kosovo anerkannten Minderheiten (Serben, Türken, Bosniaken, Goranen, Roma, Ashkali, Ägypter). Sie eröffnet ihnen weitgehende Möglichkeiten der politischen Partizipation, so z.B. garantierte Sitze im Parlament. Art. 59 der Verfassung sieht z.B. die Ausübung der eigenen Sprache, Kultur und Religion sowie den Zugang zu Bildungseinrichtungen mit jeweiligem Sprachangebot und die Nutzung eigener Medien vor (AA 9.12.2015).

Gemäß der am 15. Juni 2008 in Kraft getretenen Verfassung ist die Republik Kosovo eine parlamentarische Demokratie mit Gewaltenteilung. Gesetzgebungsorgan ist das Ein-Kammer-Parlament mit 120 Sitzen, von denen 20 für Abgeordnete der nationalen Minderheiten reserviert sind (darunter 10 Sitze für kosovo-serbische Abgeordnete). Bei den letzten Parlamentswahlen im Juni 2014 errang die PDK (Demokratische Partei Kosovo) des ehemaligen Premierminister Hashim Thaçi mit 30,38% die meisten Stimmen. Die LDK (Demokratische Liga) folgte mit 25,24% der Stimmen. Seit 09.12.2014 besteht eine Koalitionsregierung aus PDK und LDK sowie Vertretern der Minderheiten unter Führung von Premierminister Isa Mustafa (LDK) (AA 12.2015, vgl. GIZ 6.2016).

Seit Herbst 2015 versuchen die drei Oppositionsparteien Vetevendosje, AAK und NISMA die Arbeit des Parlaments zu blockieren. Hintergrund des Protests sind, nach Aussage der Opposition, zwei Abkommen welche die kosovarische Regierung mit den Nachbarländern Montenegro und Serbien geschlossen hat. Im Abkommen mit Montenegro geht es um eine Übereinkunft der Grenzziehung zwischen den beiden Staaten. Von noch größerer Relevanz ist das Abkommen mit Serbien, welches die Bildung einer Gemeinschaft " (serb. zajednica) der serbischen Gemeinden im Kosovo regelt, womit eine Übertragung bestimmter Kompetenzen an die Gemeinschaft verbunden ist. Ein wesentliches Argument der Opposition stützt sich auf ein Urteil des kosovarischen Verfassungsgerichts, welches das Abkommen als in Teilen nicht im Einklang mit der kosovarischen Verfassung bewertet. Die internationale Gemeinschaft kritisiert die Blockade der Opposition und den damit verbunden politischen Stillstand (GIZ 6.2016, vgl. Presse 29.2.2016).

Eine EU-Rechtsstaatsmission EULEX hat den Auftrag, die kosovarischen Behörden beim Aufbau eines multiethnischen Justiz-, Polizei- und Zollwesens zu unterstützen und an rechtsstaatliche EU-Standards heranzuführen. Das Mandat wurde um weitere zwei Jahre bis zum Juni 2018 verlängert (EULEX 21.6.2016).

Laut einer repräsentativen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (Jugendliche in Südosteuropa, Juli 2015) will fast die Hälfte der Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus acht Balkanländern (ALB, BuH, KOS, MZ, SLO, KRO, BU, RU) auswandern. Begehrteste Ziele sind Deutschland, Großbritannien, die Schweiz und die USA. Gut ein Drittel der Befragten ist unzufrieden mit dem Zustand der Demokratie in ihren Ländern. Nur 17% sind dagegen zufrieden. Am größten ist der Unmut in Mazedonien, wo gerade einmal 6% mit dem politischen System zufrieden sind, 44% dagegen unzufrieden. Arbeitslosigkeit und Armut sind in ganz Südosteuropa die drängendsten Sorgen. "Sehr wahrscheinlich" oder "ziemlich wahrscheinlich" ihr Land verlassen wollen 45,5% aller Befragten. Am dramatischsten sind die Zahlen in Albanien mit 66,7% Auswanderungswilligen, in Kosovo mit 55,1% und in Mazedonien mit 52,8% (BAMF 3.8.2015).

Nach Angaben des kosovarischen Außenministeriums haben 111 Staaten (darunter 23 EU-Staaten sowie die Nachbarstaaten Montenegro, EJR Mazedonien und Albanien) die Republik Kosovo anerkannt (Stand 1.10.2015) (AA 9.12.2015).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

? AA - Auswärtiges Amt (12.2015): Kosovo - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kosovo/Innenpolitik_node.html, Zugriff 29.6.2016

? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.8.2015): Balkan - Fast 50 % der Jugend will auswandern, Briefing Notes

? diePresse.com (29.2.2016): Europas jüngster Staat in akutem Lähmungszustand,

http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/4936140/Europas-jungster-Staat-in-akutem-Laehmungszustand?from=suche.intern.portal, Zugriff 29.6.2016

? EULEX (21.6.2016): Eulex New Mandate, http://www.eulex-kosovo.eu/?page=2,11,438, Zugriff 29.6.2016

? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/#c37416, Zugriff 29.6.2016

3. Sicherheitslage

Die interethischen Spannungen konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Beziehungen zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit im Kosovo. Zu differenzieren sind dabei die Beziehungen zwischen den im Norden lebenden Serben, die ein zusammenhängendes Gebiet bewohnen und den Serben die im restlichen Kosovo in kleinere versprengten Gemeinden wohnen. Letztere unterhalten relativ gute Beziehungen zu den kosovo-albanischen Autoritäten, und beteiligen sich an der gesellschaftspolitischen Ausgestaltung im Rahmen der kosovarischen Institutionen. Ganz anders ist hingegen die Situation im Nordkosovo. Die hier lebenden Serben weigern sich die Unabhängigkeit des Kosovo sowie die Institutionen des neu geschaffenen Staates anzuerkennen. Die Zusammenarbeit ist minimal. Problematisch in der Diskussion ist speziell die Behandlung der Grenzen zwischen Kosovo und Serbien, die von den im Norden lebenden Serben nicht anerkannt werden.

Mit der Ausnahme Nordkosovo gilt die Sicherheitslage allgemein als entspannt. Allerdings kann es zu punktuellen Spannungen kommen. So geschehen, als in Serbien im von Albanern bewohnten Preševo-Tal ein nicht genehmigtes Heldendenkmal von der serbischen Polizei entfernt wurde. Hierauf kam es im Kosovo unter anderem zu Schändungen serbischer Friedhöfe (GIZ 6.2016).

Im Norden Kosovos (Gemeinden Zubin Potok, Leposavic, Zvecan und Nord-Mitrovica) hat sich die Lage seit den gewalttätigen Zusammenstößen Ende Juli 2011 weitgehend beruhigt, sie bleibt aber angespannt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es erneut zu isolierten sicherheitsrelevanten Vorkommnissen kommt. Im restlichen Teil Kosovos ist die Lage grundsätzlich ruhig und stabil (AA 23.9.2015).

Eine Studie des angesehenen Kosovo Center for Security Studies zum Sicherheitsgefühl der Kosovaren im Zeitraum von 2012-2015 ergab folgende wesentliche Ergebnisse: 40% der Befragten fühlten sich im Kosovo sicher, weitere 40% weder sicher noch unsicher, nur 20% dagegen fühlten sich unsicher. Von 2012-2015 nahm auch das allgemeine Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sicherheitsbehörden und Sicherheitsinstitutionen pro Jahr jeweils um drei Prozentpunkte zu. In Nachbarschaften mit überwiegend serbischer Bevölkerung und an der Grenze zu Serbien war das allgemeine Sicherheitsgefühl tendenziell weniger ausgeprägt als im übrigen Kosovo (KCSS 5.2016)

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (23.9.2015): Kosovo: Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KosovoSicherheit_node.html, Zugriff 29.6.2016

? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Geschichte/Staat, https://www.liportal.de/kosovo/geschichte-staat/#c37416, Zugriff 29.6.2016

? KCSS - Kosovo Center for Security Studies (5.2016): Special

Edition: Public Safety in Kosovo Trends of Citizens' Perceptions on

Public Safety in Kosovo Covering period: 2012 - 2015, http://www.qkss.org/repository/docs/Public_Safety_KSB_81063.PDF, Zugriff 30.6.2016

4. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Die lokale Rechtsprechung sah sich jedoch Einflüssen von außen ausgesetzt und sorgte nicht immer für faire Prozesse. Auch gab es immer wieder Berichte über Korruption und über Ineffizienz im Gerichtswesen. Ein effizientes Disziplinarverfahren gegen Richter und Staatsanwälte war vorhanden. Gerichtsurteile wurden von den Behörden im Allgemeinen respektiert. EULEX setzte seine Arbeit im Justizbereich fort und operierte unabhängig oder in Zusammenarbeit mit heimischen Anklägern. Eine unabhängige staatliche Rechtshilfekommission stellte kostenlose Rechtshilfe für Personen mit niedrigen Einkommen zur Verfügung, insbesondere in Zivil- und Verwaltungsstrafverfahren. Das Amt der Oberstaatsanwaltschaft betrieb eine Opferunterstützungsstelle, die Verbrechensopfern einen kostenlosen Zugang zum Recht ermöglichte, wobei ein spezieller Fokus auf Opfer von häuslicher Gewalt, Menschenhandel, Kindesmissbrauch und Vergewaltigung gelegt wurde. Das Justizministerium betrieb eine justizielle Integrationsabteilung mit zwei Gerichtsverbindungsbüros, die Minderheiten in serbischen Mehrheitsgebieten bei Gerichtsangelegenheiten unterstützen und ebenso Informationen und Rechtshilfe für Flüchtlinge und IDPs zur Verfügung stellten (USDOS 13.4.2016).

Ein effizientes Disziplinarverfahren ist vorhanden. Im gesamten Justizwesen sind Richter und Staatsanwälte verschiedener Ethnie tätig. Zum Teil gibt es noch erhebliche Ausbildungsdefizite. Eine Integrationsabteilung im Justizministerium setzte sich insbesondere für Anliegen von Minderheiten ein. Diese unterhält elf Verbindungsämter, um Angehörige von Minderheiten in serbischen Mehrheitsgebieten bei Gerichtsangelegenheiten zu unterstützen. Dennoch ist von allen Institutionen das Justizwesen am schwächsten entwickelt und weist trotz gewisser Fortschritte immer noch erhebliche Mängel auf. Neben unzureichenden Ressourcen und Fähigkeiten des Personals, fehlt es oft an der Bereitschaft zur Strafverfolgung und Korruptionsbekämpfung. Die Gehälter und die soziale Absicherung des Personals sind dürftig. Die starke Vernetzung in traditionellen Clan- und Großfamilienstrukturen führt dazu, dass Amtsträger oft starkem sozialen Druck und Bestechungsversuchen ausgesetzt sind. Es gibt immer wieder Berichte über Korruption, politische Einflussnahme und über mangelnde Effizienz im Gerichtswesen (BAMF 5.2015, vgl. EC 10.11.2015).

4.1. Exkurs: Blutrache

Auch wenn traditionelle Lebensformen im modernen Kosovo an Bedeutung verlieren, ist die kosovarische Gesellschaft noch patriarchalisch und ländlich geprägt. Gerade bei der ländlichen Bevölkerung sind althergebrachte Sitten, Tradition und Kultur noch sehr lebendig (Clan-Struktur, Patriarchat, Gewohnheitsrecht). Ein Relikt aus dem albanischen Gewohnheitsrecht (dem Kanun) ist die Tradition der kosovo-albanischen Blutrache, auch als gyakmarrja, gyakmarrya, gjakmarrya, und gjakmarrja bezeichnet. Diese war bis in die 1980er Jahre ein weit verbreitetes Phänomen in Kosovo. Die reine Tradition der Blutrache ist heute aber nur noch vereinzelt anzutreffen. (BAMF 5.2015, vgl. GIZ 6.2016).

Insbesondere außerhalb der größeren Städte sind nicht selten Racheakte aus verschiedenen Gründen zu beobachten. Diese werden landläufig als "Blutrache" bezeichnet und ohne Beachtung der einschränkenden Regeln des Kanun (der Eröffnung, Ablauf und Beendigung regelt) beharrlich betrieben, zum Teil mit blutigen bzw. tödlichen Folgen. Beteiligte an solchen Taten werden verfolgt, angeklagt und verurteilt (AA 9.12.2015).

Im derzeit gültigen Strafgesetzbuch (CRIMINAL CODE OF THE REPUBLIC OF KOSOVO Code No. 04/L-082, in Kraft mit 1.1.2013) wird der Begriff "Blutrache" nicht explizit erwähnt. Laut Ombudsmann ist die Praxis der Blutrache durch die Verfassung und geltende Gesetze verboten. Exekutivorgane sind dabei verpflichtet, Schutz für bedrohte Personen zu gewährleisten. Niemand ist berechtigt, Selbstjustiz zu üben.

Artikel 178 des StGB sieht eine 5-jährige Mindeststrafe für Mord und Artikel 179 eine 10-jährige Mindeststrafe für erschwerten Mord im Zusammenhang mit skrupelloser Rache vor. Laut OSCE werden blutrachemotivierte Verbrechen von den Gerichten als erschwerende Umstände bei der Bestrafung berücksichtigt. Im Falle einer Bedrohung aufgrund einer Blutfehde kann man sich an die Polizei, die im Kosovo über einen guten Ruf verfügt, wenden, die jedoch keinen 24-Stunden-Schutz anbieten kann. Die Polizei behandelt jedoch Morde im Zusammenhang mit einer Blutfehde wie jeden anderen Mord auch, diesbezügliche Mörder werden unter verschärfte Kontrolle gestellt, um damit ein Exempel zu statuieren. Blutrachemorde werden untersucht und verfolgt, wobei die Strafen üblicherweise zwischen 15 und 25 Jahren Gefängnis liegen (IRB 10.10.2013).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

? EC - European Commission (10.11.2015): KOSOVO* 2015 REPORT, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1447156524_20151110-report-kosovo.pdf, Zugriff 30.6.2016

? GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2016): Kosovo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kosovo/gesellschaft/#c37429, Zugriff 4.7.2016

? IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (10.10.2013):

Kosovo: Blood feuds and availability of state protection (2010-September 2013),

http://www.ecoi.net/local_link/261946/388218_de.html, Zugriff 30.6.2016

? USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kosovo, http://www.ecoi.net/local_link/322517/461994_de.html, Zugriff 30.6.2016

5. Sicherheitsbehörden

Die innere Sicherheit der Republik Kosovo beruht weiterhin auf drei Komponenten: der Kosovo Police (KP), den unterstützenden internationalen EULEX-Polizeikräften und den KFOR-Truppen, die auch den Aufbau und das Training der multiethnischen Kosovo Security Force (KSF) innehaben. Die Polizei (KP) hat derzeit eine Stärke von ca. 9.000 Personen und ist im ganzen Land vertreten. Der Frauenanteil in der KP beträgt fast 15%; ähnlich hoch liegt der Anteil der Angehörigen von Minderheiten. EULEX Polizisten beraten und unterstützen Polizeidienststellen im gesamten Land. Für die parlamentarische Kontrolle der Sicherheitskräfte ist im kosovarischen Parlament der Ausschuss für Inneres, Sicherheitsfragen und Überwachung der KSF zuständig. Eigentums-, Körperverletzungs- und Tötungsdelikte sind auf niedrigem Niveau. Organisierte Kriminalität und Korruption befinden sich laut "United Nations Office on Drugs and Crime" (UNODC) aus 2013 weiterhin auf hohem Niveau (AA 9.12.2015, vgl. EC 10.11.2015).

Die Kosovo Polizei (KP) wird nach wie vor als die am vertrauenswürdigste rechtsstaatliche Institution angesehen. Die Kooperation zwischen dem unabhängigen Polizeiinspektorat (PIK) und der KP Disziplinarabteilung funktioniert gut. 2014 erhielt das PIK

1.304 Beschwerden und Informationen auf deren Basis 132 Fälle an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden. Anzeigen wegen Kriminalität wurden gegen 28 Verdächtige erstattet, die bei den entsprechenden Gerichten anhängig sind (EC 10.11.2015).

Es gibt Polizeistationen im ganzen Land, wo man Anzeigen erstatten kann. Es können auch Anzeigen beim Büro der Staatsanwaltschaften, bei der EULEX Staatsanwaltschaft und beim Ombudsmann eingereicht werden. Die Kriminalität, mit Ausnahme der Organisierten Kriminalität und der Korruption, ist rückläufig und niedriger als im gesamteuropäischen Vergleich (BAMF 5.2015).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

? EC - European Commission (10.11.2015): KOSOVO* 2015 REPORT, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1447156524_20151110-report-kosovo.pdf, Zugriff 30.6.2016

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Das Verbot der Folter sowie der unmenschlichen Behandlung ist in der Verfassung verankert. Es sind keine Fälle von Folter durch die lokale Polizei (KP) oder andere staatliche Stellen bekannt geworden (AA 9.12.2015).

Fälle von unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung sind nicht bekannt (BAMF 5.2015).

Quellen:

? AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo / Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (5.2015): Kosovo, Länderreport Band 3

7. Korruption

Analysen (Transparency International) und Indikatoren weisen auf ein sehr hohes Korruptionsniveau im Kosovo hin, das selbst im regionalen Vergleich überdurchschnittlich ist. Korruption findet sich dabei in allen Bereichen des öffentlichen Lebens wieder, insbesondere in der politischen Klasse, im Gesundheits- und Bildungswesen, sowie in der öffentlichen Verwaltung. Selbst ein mit der Bekämpfung von Korruption beauftragter Staatsanwalt wurde jüngst zu fünf Jahren Haft verurteilt - wegen Bestechlichkeit. Zwar existieren weitreichende politische Handlungsinstrumente wie ein Aktionsplan, ein Anti-Korruptionsgesetz sowie eine Anti-Korruptionsbehörde, die Um- und Durchsetzung ist allerdings lückenhaft (GIZ 6.2016).

Die Kosovo Antikorruptionsagentur (ACA) und eine Art Rechnungshof (OAG) waren für die Bekämpfung

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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