Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in der Strafsache gegen Daniel S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Adem Sa***** und Ali Sa***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 25. September 2019, GZ 36 Hv 50/19f-82, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten Adem Sa***** und Ali Sa***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – Adem Sa***** und Ali Sa***** jeweils des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 erster Fall, Abs 3 und Abs 4 zweiter Fall StGB (III) schuldig erkannt.
Danach haben sie vom 8. Dezember 2018 bis zum 21. Februar 2019 in W***** im einverständlichen Zusammenwirken elektronische Geräte in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtwert von 86.396,85 Euro, die ein anderer, nämlich Daniel S*****, betrügerisch, somit durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, erlangt hatte, in einer Vielzahl von Angriffen gewerbsmäßig angekauft.
Gemäß „§ 20 Abs 1, 3 und 4 StGB“ wurden bei Adem Sa***** und Ali Sa***** jeweils 25.000 Euro und ein iPhone XS Max 512 GB für verfallen erklärt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wenden sich die aus § 281 Abs 1 Z 10a und 11 StPO erhobenen (
gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Adem Sa***** und Ali Sa*****.
Die gesetzmäßige Ausführung einer
Diversionsrüge (Z 10a) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS-Justiz RS0124801, RS0116823). Diesen Bezugspunkt verfehlt die Rüge, indem sie die Einwände fehlender präventiver Bedenken (§ 198 Abs 1 StGB) und nicht schwerer Schuld (§ 198 Abs 2 Z 2 StGB) nicht auf der Basis der Feststellungen entwickelt, wonach Adem Sa***** und Ali Sa***** professionell vorgingen, in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung von „Hehlereiankäufen“ über einen Zeitraum von mehreren Monaten ein im Durchschnitt monatlich 400 Euro übersteigendes fortlaufendes Zusatzeinkommen zu verschaffen, als Hauptabnehmer des Vortäters fungierten und die Wertgrenze des § 164 Abs 3 StGB um ein Vielfaches überschritten (US 27 f, 32, 35 f und 37).
Gegen den Ausspruch des Verfalls von jeweils 25.000 Euro richtet sich die Sanktionsrüge (Z 11).
Zu Unrecht wendet sie ein, beim Hehler sei nicht der deliktisch erlangte Vermögenswert (oder dessen Ersatzwert), sondern der Gewinn des Hehlers (oder dessen Ersatzwert) für verfallen zu erklären.
Nach § 20 Abs 1 StGB hat das Gericht Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären. In concreto liegt den Beschwerdeführern zur Last, zuvor betrügerisch erworbene elektronische Geräte (mit entsprechendem Vorsatz) gekauft zu haben. Durch ihre jeweilige strafbare Handlung (§ 164 Abs 2 erster Fall StGB) haben sie somit eben diese elektronischen Geräte erlangt, die solcherart rechtsrichtig Gegenstand des Ausspruchs nach § 20 Abs 1 StGB sind. Nach den Urteilsfeststellungen belief sich der Wert der verhehlten Geräte, die nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind, auf zumindest 86.396,85 Euro (US 28). Der Verfallsausspruch eines Geldbetrags von je 25.000 Euro (§ 20 Abs 3 StGB) ist durch die dargestellten Konstatierungen jedenfalls gedeckt.
Dass sich die Beschwerdeführer durch das Erlangen der Vermögenswerte auch unrechtmäßig bereichert haben, ist für den Verfallsausspruch nicht erforderlich (Leukauf/Steininger/Stricker, StGB4 § 20 Rz 8, Fuchs/Tipold in WK2 StGB § 20 Rz 15), aus welchem Grund das diesbezügliche Vorbringen auf sich zu beruhen hat.
Hinzugefügt sei, dass der Verfallsbetrag nach § 20 Abs 3 StGB nicht nach dem Nettoprinzip, sondern nach dem Bruttoprinzip zu berechnen ist (11 Os 83/11g, SSt 2011/39).
Weshalb 4.505 Euro, die beim Angeklagten Adem Sa***** sichergestellt worden sind (ON 81 S 80 f), verfallsmindernd zu berücksichtigen gewesen wären, erklärt die Rüge nicht. Inwieweit dieser Bargeldbetrag zur Einbringung der für verfallen erklärten Geldbeträge (§ 1 Z 3 GEG) herangezogen werden kann, ist nicht Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde (siehe vielmehr § 5 Abs 1 Z 2 GEG und § 11 GEG).
Zu einem Vorgehen gemäß §
290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO in Bezug auf den Verfall des iPhone XS Max 512 GB (US 19) sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst, weil der Wille der Tatrichter, auch diesbezüglich keine Solidarhaftung (vgl dazu RIS-Justiz RS0129964), sondern ausschließlich eine Haftung des Adem Sa***** zu treffen, in den Entscheidungsgründen klar genug zum Ausdruck kommt (vgl dazu US 39).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt demgemäß dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E128006European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00006.20M.0407.000Im RIS seit
13.05.2020Zuletzt aktualisiert am
13.05.2020