TE OGH 2020/4/27 12Os148/19k

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.04.2020
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. April 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in der Strafsache gegen Hermann P***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ergun S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. April 2019, GZ 121 Hv 13/18w-201, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich des Angeklagten Hermann P***** im Schuldspruch A./I./ und hinsichtlich des Angeklagten Ergun S***** in den Schuldsprüchen A./I./ und II./, demgemäß auch in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Mit dem sich auf die Schuldsprüche A./I./ und II./ beziehenden Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde und mit seiner Berufung wird der Angeklagte Ergun S***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

Ergun S***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche und ebensolche Freisprüche beider Angeklagter enthält, wurden Hermann P***** – soweit hier von Bedeutung – des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (A./I./) und Ergun S***** des Verbrechens der Untreue nach §§ 153 Abs 1 und 3 zweiter Fall, 12 dritter Fall StGB (A./I./ und II./), des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (B./), des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 iVm § 161 Abs 1 StGB (C./I./1./d./ und 2./a./) sowie des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 2 und 5 Z 3, (zu ergänzen – vgl US 61) 4 und 5 iVm § 161 Abs 1 StGB (C./II./1./a./ und b./, 2./b./ und 3./) schuldig erkannt.

Danach haben in W***** Ergun S***** hinsichtlich der E***** GmbH von 1. Jänner 2009 bis 6. März 2009 und von 11. Februar 2010 bis 13. Juli 2013 als eingetragener sowie von 6. März 2009 bis 11. Februar 2010, von 13. Juli 2013 bis 2016 und hinsichtlich der EC***** GmbH von 31. März 2010 bis 21. April 2016 als faktischer Geschäftsführer und Hermann P***** hinsichtlich der letzterwähnten Gesellschaft von 31. März 2010 bis 21. April 2016 als eingetragener Geschäftsführer

A./ die ihnen „als eingetragene Geschäftsführer beziehungsweise durch Vollmacht eingeräumte Befugnis, über die ihnen von Anlegern für den Ankauf von Edelmetallen gegebenen Gelder zu verfügen, dadurch wissentlich missbraucht und den Anlegern nachgenannter Gesellschaften einen insgesamt 300.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, dass sie entgegen ihrer Verpflichtung, in unmittelbarer zeitlicher Nähe für die Anleger Edelmetalle anzukaufen, das ihnen übergebene Geld nicht für den Kauf von Edelmetallen verwendeten, sondern in nachstehend angeführten Beträgen anderswertig investierten“, und zwar:

I./ Hermann P***** und Ergun S*****
– dieser als Beteiligter (§ 12 dritter Fall StGB) im Hinblick auf die faktische und psychische Einwirkung auf den Angeklagten P***** und dessen Entscheidungen – die Anleger der EC***** GmbH in Höhe von 1,39 Mio Euro;

II./ Ergun S***** die Anleger der E***** GmbH in Höhe von 668.359,50 Euro;

C./I./ Ergun S***** als leitender Angestellter der EC***** GmbH (1./) und der E***** GmbH (2./) durch Behebung von Bargeldbeträgen von den Gesellschaftskonten Bestandteile des Vermögens der genannten Gesellschaften beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung deren Gläubiger vereitelt, und zwar:

1./d./ in einverständlichem Zusammenwirken mit Hermann P***** durch Gewährung eines Darlehens an die C***** GmbH in Höhe von 127.838,14 Euro,

2./a./ durch Zahlungen ohne Gegenleistung an Ergun S***** in Höhe von 65.300 Euro;

II./ Ergun S***** als leitender Angestellter in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der (zu C./I./) genannten Gesellschaften grob fahrlässig die Befriedigung deren Gläubiger dadurch vereitelt, indem er entgegen den Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens

1./ übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen der Gesellschaft in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand betrieb, und zwar

a./ ab Ende Mai 2011 in Bezug auf die EC***** GmbH hinsichtlich folgender Ausgaben:

aa./ 321.000 Euro an Provisionen,

ab./ 186.000 Euro an Veranstaltungsaufwand,

ac./ 152.000 Euro an Seminaraufwand,

ad./ 80.000 Euro für Übersetzungen,

ae./ 58.000 Euro an Mietaufwand;

b./ ab Ende Dezember 2009 in Bezug auf die E***** GmbH hinsichtlich folgender Ausgaben:

ba./ 69.171,19 Euro für Pkws und Vespas;

bb./ 3.839,64 Euro an Geschäftsführergehalt für Milan K*****;

2./ ab Ende Dezember 2009 die Geschäftsbücher der E***** GmbH so führte, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich erschwert war;

3./ ab Ende Dezember 2009 die Jahresabschlüsse der E***** GmbH zum jeweils 31. Dezember der Jahre 2007 bis 2010, zu deren Erstellung er verpflichtet war, so spät erstellte, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage erheblich erschwert wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ergun S*****.

Aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) überzeugte sich der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur zunächst von nicht geltend gemachter Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) in Bezug auf die
– auch den Angeklagten P***** (der keine Nichtigkeitsbeschwerde erhoben hat) betreffenden – Schuldsprüche A./I./ und II./.

Die Generalprokuratur führt dazu Folgendes aus:

Die Verwirklichung des Tatbestands der Untreue setzt zunächst die Befugnis des Täters voraus, (unmittelbar) über fremdes Vermögen zu verfügen (vgl RIS-Justiz RS0120455; Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 153 Rz 3 ff). Der Vermögensschaden muss demjenigen erwachsen, über dessen Vermögen der Täter verfügt; eine Schädigung Dritter an ihrem Vermögen reicht nicht aus (RIS-Justiz RS0106192). Als Vermögensschaden iSd § 153 StGB ist überdies nur jener anzusehen, der unmittelbar aus der unter Befugnismissbrauch gesetzten Handlung („dadurch“) entstanden ist (RIS-Justiz RS0130418; Leukauf/Steininger/Flora, StGB4 § 153 Rz 28).

                  Zum Inhalt und Umfang der (jeweiligen) Befugnis ist dem Urteil lediglich zu entnehmen, dass das Anlegerkapital nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beiden Gesellschaften bereits am nächsten Banktag für den Ankauf von Edelmetallen verwendet werden sollte (US 13), die Verfügungsmacht der Angeklagten über das Geld der Anleger „begrenzt“ war und sie „darüber hinaus“ keine Vermögensdispositionen ohne Zustimmung „ihrer Machtgeber“ durchführen durften (US 14).

                  Die übrigen Urteilsannahmen zu der den Angeklagten eingeräumten Befugnis, über das „Geld“ der Anleger (US 14; bzw über deren „Vermögen“ [US 11, 19], die „Kundengelder“ [US 15 f, 18] oder das „Kundenvermögen“ [US 18]) zu verfügen (vgl auch US 57, 59 und 62) – die bei P***** auf seine Eigenschaft „als Geschäftsführer“ der EC***** GmbH (im Folgenden EC*****; US 15 f und 17 f), auf die „AGB der Gesellschaften“ sowie auf „die einzelnen Kundenverträge“ (US 14, 16) und hinsichtlich S***** auf seine Stellung „als eingetragener Geschäftsführer“ bzw „als gesetzlicher Vertreter der E***** GmbH“ (im Folgenden E*****), auf „diverse Vollmachten“ und auf „die Zeichnungsberechtigung auf den Konten der E*****“ (US 19 und 59) zurückgeführt wurde –, blieben in Ansehung der Ausgestaltung und des inhaltlichen Umfangs dieser (zum Teil offenbar auch die Vertretung der Gesellschaften betreffenden) Befugnis jeweils ohne ausreichenden Sachverhaltsbezug (RIS-Justiz RS0119090, RS0098936; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8).

                  „Das Gold wurde“ – soweit es tatsächlich zu Goldankäufen kam – „namens der Gesellschaft gekauft“ (US 14).

                  In Bezug auf die EC***** wurden von den Kunden überwiesene Gelder im Gesamtbetrag von 1,39 Mio € nicht für den Ankauf von Edelmetallen, sondern anderweitig verwendet (US 15), und zwar für auflaufende Kosten in der EC***** und in anderen S***** zuzurechnenden Gesellschaften oder zur Entwicklung neuer Produkte und Projekte (US 17). Auch „S***** bzw die E*****“ traf die Verpflichtung, das „Kundengeld“ für den Ankauf von Gold zu verwenden, was S***** zumindest in einem Betrag von 668.359,50 € unterließ, „weil er die liquiden Mittel für seine finanziell beeinträchtigte Gesellschaft dringend benötigte“, „um die Fixkosten der Gesellschaft zu decken“ (US 18). S***** wurde überdies ein Tatbeitrag zum Befugnismissbrauch des P***** angelastet (US 16 f).

                  Dass die Angeklagten jene Handlungen, durch die die Anleger (letztlich) geschädigt wurden, im Rahmen einer ihnen von den Kunden eingeräumten Befugnis in deren Namen gesetzt hätten, ist den Konstatierungen nicht zu entnehmen. Vielmehr lässt die festgestellte Verwendung des von den Kunden investierten Kapitals für die jeweilige Gesellschaft (bzw hinsichtlich der EC***** für sonstige S***** zuzurechnende Gesellschaften) darauf schließen, dass die Angeklagten – im Rahmen ihrer Befugnis als Geschäftsführer der jeweiligen Gesellschaft – stets im Namen der (nach den Feststellungen indes dadurch nicht geschädigten) EC***** bzw der E***** handelten (zur Abgrenzung des Tatbestands der Untreue von jenem der Veruntreuung unter diesem Aspekt vgl 13 Os 110/18b sowie Salimi in WK² StGB § 133 Rz 140).

                  Darüber hinaus ist auf Basis der im Urteil festgestellten Verpflichtung der Angeklagten, das Geld der Anleger auf ganz bestimmte Art und Weise zu investieren, wobei jegliche sonstige Vermögensdisposition ausdrücklich deren Zustimmung bedürfte (US 14), richtigerweise davon ausgehen, dass P***** und S***** in Bezug auf „das Vermögen“ der Geschädigten keine rechtliche Verfügungsmacht (iSd § 153 StGB) eingeräumt, sondern (lediglich) ein konkreter Verwendungsauftrag (mit tatsächlich bestehender Verfügungsmöglichkeit) erteilt wurde (vgl dazu Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 153 Rz 48, 49).

                  Der zu A./I./ und II./ festgestellte Sachverhalt vermag daher den Schuldspruch des Angeklagten S***** wegen des Verbrechens der Untreue nach den §§ 153 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall, 12 dritter Fall StGB nicht zu tragen.

                  Da Geldbeträge (einschließlich Giralgeld [RIS-Justiz RS0093878]), die – nicht zur (wenigstens) zeitweilig freien Disposition, sondern – mit einer konkreten Verwendungsbestimmung übergeben wurden, als „anvertraut“ im Sinn des § 133 Abs 1 StGB anzusehen sind, käme gegebenenfalls – aufgrund deren zweckwidriger Verwendung – Veruntreuung in Betracht (RIS-Justiz RS0119788 [T3]). Ob dieser Tatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt ist, wurde aber nicht durch Feststellungen geklärt, insbesondere fehlt es an Konstatierungen zu einem auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz. Sofern die Angeklagten die Anleger allenfalls schon mit Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz im Sinn des § 146 StGB zur Überweisung des Kapitals verleitet hatten, wäre eine Beurteilung als Betrug zu erwägen (vgl RIS-Justiz RS0094372).

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Das Schöffengericht hat (ebenso wie die Anklagebehörde [vgl ON 146]) den Angeklagten als Befugnismissbrauch im Wesentlichen angelastet, dass diese ihrer Verpflichtung zum Ankauf von Edelmetallen nicht nachkamen, sondern die hierfür gewährten finanziellen Mittel „anderwertig“ verwendeten, wobei insofern im Urteil bloß beispielsweise Kosten im Zusammenhang mit Gesellschaften des Angeklagten S***** und mit der Entwicklung von neuen „Produkten und Projekten“ angeführt werden (vgl insb US 3, 15, 17 ff). Inwieweit ein solches Verhalten Missbrauch rechtlicher Vertretungsmacht (vgl statt vieler Kienapfel/Schmoller SB BT II2 § 153 Rz 49 ff) über das Vermögen der jeweiligen Anleger darstellen soll, geht daraus nicht hervor. Für die Annahme, dass der jeweilige Vermögensschaden schon aus der Nichtausübung der Befugnis zum Ankauf der Vermögenswerte (dh aus der Nichtvornahme gewinnversprechender Investitionen) entstanden wäre (vgl § 153 Abs 1 StGB: „dadurch“; siehe auch RIS-Justiz RS0130418), gibt das Urteil nichts her. Die Konstatierungen zur (nachfolgenden) bestimmungswidrigen „Verwendung“ der Anlegergelder lassen es wiederum auch als denkbar erscheinen, dass die Angeklagten gar kein § 153 Abs 1 StGB subsumierbares Verhalten, sondern bloß (tatsächliche oder rechtsgeschäftliche) Zueignungshandlungen im Sinn des § 133 StGB gesetzt haben.

In diesem Zusammenhang bleibt daher – im Sinn der zutreffenden Ausführungen der Generalprokuratur – anzumerken, dass im Fall einer rechtsgeschäftlichen Zueignung – auch unkörperlicher Wirtschaftsgüter – entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung von Veruntreuung und Untreue ist, ob der Täter im eigenen Namen handelt oder im Namen des Treugebers (so bereits 13 Os 110/18b; vgl auch Salimi in WK2 StGB § 133 Rz 140; Kienapfel/Schmoller SB BT II2 § 153 Rz 136 ff; Wach SbgK § 133 Rz 84; aA in Bezug auf Kontoüberweisungen nur Pfeifer SbgK § 153 Rz 63). Ob die Verletzung einer sachbezogenen Fürsorgepflicht (§ 133 StGB) oder befugnismissbräuchliches Handeln (§ 153 StGB) vorlag, kann somit anhand der zu A./I./ und A./II./ getroffenen Urteilskonstatierungen nicht abschließend beurteilt werden.

In diesem Umfang war daher die Urteilsaufhebung unvermeidbar (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall iVm § 285e StPO), womit auf die darauf bezogenen Rechtsmitteleinwände des Beschwerdeführers Ergun S***** nicht mehr einzugehen war.

Im Übrigen schlägt dessen Nichtigkeitsbeschwerde jedoch fehl:

Die zum Schuldspruch C./1./1./d (§ 156 Abs 1 StGB) ergriffene Rechtsrüge (Z 9 lit a) macht angesichts der Konstatierungen, wonach die Forderungen mehrerer Gläubiger gegenüber der EC***** GmbH jedenfalls die ausgezahlten Darlehensbeträge überstiegen und bis zur Insolvenz bestanden hätten, wobei auch ein entsprechender Forderungsausfall entstanden sei (US 25), nicht klar, welche weiteren Konstatierungen zu einem aus der Tathandlung folgenden Gläubigernachteil erforderlich gewesen wären. Dass es für die Anwendbarkeit des § 156 Abs 1 StGB entscheidend sein soll, „welcher konkrete Gläubiger“ durch die in Rede stehende Kridahandlung einen Forderungsausfall in welcher bestimmten Höhe erlitten hätte (vgl dazu 14 Os 23/19t), behauptet die Beschwerde ohne methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz (vgl RIS-Justiz RS0116569).

Soweit der Rechtsmittelwerber auch in Bezug auf die E***** GmbH (C./I./2./a./) Einwände in diese Richtung erhebt, gilt das Vorgesagte im Hinblick auf die Konstatierungen, wonach auch diese Gesellschaft Schuldnerin mehrerer Gläubiger war und die (ohne Gegenleistung erfolgte) Auszahlung von 65.300 Euro an den Angeklagten einen Befriedigungsausfall in dieser Höhe zur Folge hatte (US 27), entsprechend. Bleibt anzumerken, dass sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf 15 Os 15/17w beruft. Denn diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bezog sich auf ein Ersturteil, das gar keine Feststellungen zum Forderungsausfall der Gläubiger enthielt.

Den weiteren Beschwerdeausführungen ist voranzustellen, dass die Geltendmachung materieller Nichtigkeit stets unbedingtes Festhalten an den Konstatierungen der Tatrichter erfordert (vgl RIS-Justiz RS0099810), wobei es nicht darauf ankommt, ob diese Feststellungen einwandfrei zustande gekommen sind (vgl RIS-Justiz RS0099810 [insb T26]; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.208 f).

An diesen Voraussetzungen scheitert die Rüge, soweit sie vorsätzliches Handeln des Angeklagten schlicht bestreitet (vgl aber US 27) und im Übrigen die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zur Gläubigerschädigung eigenständig interpretiert.

Der Einwand, wonach die in Bezug auf die Tatvollendung getroffenen Feststellungen auch die Annahme von Versuchsstrafbarkeit nicht tragen würden, beruht auf der – wie oben aufgezeigt – nicht methodengerecht aufgestellten Prämisse, wonach § 156 Abs 1 StGB Konstatierungen zu einem der Höhe nach bestimmten Forderungsausfall konkreter Gläubiger erfordern würde.

Soweit der Beschwerdeführer auch zum Schuldspruch C./II./ das Fehlen eines Urteilssubstrats dazu moniert, „welcher konkrete Gläubiger“ durch die jeweilige Tathandlung „in welcher Höhe“ einen Befriedigungsausfall erlitten hat und ob Forderungen der Kunden oder der sonstigen Gesellschaftsgläubiger betroffen waren, genügt der Verweis auf obenstehende Ausführungen.

Der Einwand, aus dem Urteil gehe nicht hervor, dass es zum Zeitpunkt der Tathandlungen zumindest einen Gläubiger gegeben habe, der einen – wenn auch nur
teilweisen – Befriedigungsausfall erlitten habe, geht prozessordnungswidrig an den (im Übrigen im Rechtsmittel ohnedies zitierten) Konstatierungen vorbei. Danach wurde durch den im Urteil näher beschriebenen übermäßigen Aufwand (der E***** GmbH) „die Befriedigung der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Gläubiger in diesen Beträgen vereitelt und geschmälert“ (US 29; vgl auch US 31 zur Mitursächlichkeit sämtlicher zu C./II./1./b./, 2./b/ und 3./ beschriebenen Handlungen) und waren die zu C./II./ festgestellten kridaträchtigen Handlungen „mitursächlich für den zusätzlichen Befriedigungsausfall der Gläubiger der EC***** GmbH“ (US 28; vgl auch US 29 zur Vereitelung der Befriedigung wenigstens eines Gläubigers). Aus welchem Grund diese Feststellungen nur eine Wiedergabe der „verba legalia“ (ohne Sachverhaltsbezug) darstellen sollten, macht der Beschwerdeführer nicht klar.

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Sie bezieht sich nicht auf die amtswegige Maßnahme (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).

Textnummer

E128025

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00148.19K.0427.000

Im RIS seit

13.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten