TE OGH 2020/4/30 14Os38/20z

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Veröffentlicht am 30.04.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in der Strafsache gegen ***** O***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten ***** O***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 17. Dezember 2019, GZ 13 Hv 49/19h-52, und weiters über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsichten und einer bedingten Entlassung, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** O***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB (A./1.) sowie je eines Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (B./1.), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B./2.), nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (B./3.) und der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (B./4.) schuldig erkannt.

Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – am 16. Juli 2019 in L***** ***** H*****

A./1. mit Gewalt gegen dessen Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld und ein Mobiltelefon mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und abgenötigt, indem er dem Genannten drei Faustschläge ins Gesicht versetzte und mehrmals in aggressiver Art und Weise ankündigte, ihn abzustechen oder aufzuschlitzen, ihm „mitteilte, sich nicht mit ihm anzulegen bzw einer der größten Psychopathen zu sein“, während er von ihm Wertsachen forderte und dessen Mobiltelefon an sich nahm, wobei H***** durch die ausgeübte Gewalt einen Bruch des Augenhöhlenbodens linksseitig verbunden mit einer „Heberschwäche“ am linken Auge, einem Monokelhämatom, einer ausgeprägten Lidschwellung und Lufteinschlüssen in den Bindehäuten, einen Bruch am Infraorbitalrand linksseitig und einen Bruch am Nasalrand der linken Augenhöhle erlitt, somit schwer verletzt (§ 84 Abs 1 StGB) wurde;

B./1. durch die per Facebook übermittelte Nachricht „Lass es lieber gut sein. Ich warne dich. Din Handy wäre nur eine n Grund noch weiter mit dir in Kontakt zu haben. Lass es gut den oder es wird noch schlimmer für dich ich sage nur THOMAS H***** KRIM. INSPEKTOR NITSCHE STRASSE STADTPOLIZEIKOMMANDO L***** Spiel dich nicht“, sohin durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von weiteren Handlungen zur Erwirkung der Rückgabe seines Mobiltelefons, genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5a und 10 StPO ergriffenen, inhaltlich nur gegen die Schuldsprüche A./1. und B./1. gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ***** O***** kommt keine Berechtigung zu.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) leitet zu B./1. erhebliche Bedenken gegen „die Beweiswürdigung“ zum Bedeutungsinhalt der vom Angeklagten verfassten Facebook-Nachricht als Drohung mit einer Körperverletzung bloß aus eigenen Plausibilitätserwägungen („nach allgemeiner menschlicher Erfahrung“) ab und erschöpft sich daran anknüpfend in einer eigenständigen Interpretation des Wortlauts der Äußerung als bloßen „Hinweis auf eine mögliche Anzeigeerhebung“ und in eigenen spekulativen Erwägungen, wonach im Fall der Drohung mit einer Verletzung am Körper „jedenfalls davon auszugehen“ sei, dass der Angeklagte „ein solches Übel in seiner Nachricht ausdrücklich erwähnt“ hätte. Damit vermag die Rüge keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der inkriminierten Äußerung zu wecken (RIS-Justiz RS0118780, RS0099674). Das Beschwerdevorbringen, „die Ankündigung, jemandem die Polizei ins Haus zu schicken“ sei „vor dem Hintergrund des festgestellten Raubgeschehens nicht dazu geeignet, der bedrohten Person begründete Besorgnis einzuflößen“, betrifft eine Rechtsfrage und entzieht sich somit der Bekämpfung aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO (vgl RIS-Justiz RS0092538).

Die sich zu A./1. gegen die Annahme der Qualifikation nach § 143 Abs 2 erster Fall StGB wendende Subsumtionsrüge (Z 10) vermisst – unter Verweis auf die (bloße Abwehrhandlungen gegen Angriffe des Opfers auf den Angeklagten und die Mitangeklagte behauptende) Verantwortung des Angeklagten – Feststellungen zum Vorliegen einer Notwehr- und Nothilfesituation bei Zufügung der Körperverletzung und begehrt eine Verurteilung bloß nach § 142 Abs 1 StGB, weil der Angeklagte „den festgestellten Raub [erst] durch die zeitlich später erfolgte Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben verwirklicht“ habe. Da die Tatrichter der Verantwortung des Angeklagten keinen Glauben schenkten (US 27 ff) und von dessen primärem Angriff auf H***** ausgingen (US 10 f), wird mit der Berufung auf die Aussage des Angeklagten ein Feststellungsmangel in Richtung Notwehr oder Nothilfe begründender Tatsachen nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht (RIS-Justiz RS0118580).

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil zwar uneingeschränkt anficht, inhaltlich aber zu den Schuldsprüchen B./2. bis B./4. nicht argumentiert, war auf sie keine Rücksicht zu nehmen, weil auch bei ihrer Anmeldung Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E127997

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00038.20Z.0430.000

Im RIS seit

12.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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