TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/11 VGW-031/024/14245/2019

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Veröffentlicht am 11.03.2020
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Entscheidungsdatum

11.03.2020

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

StVO 1960 §24 Abs1 lita
StVO 1960 §24 Abs5
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien e r k e n n t durch seine Richterin Dr. Fekete-Wimmer über die Beschwerde des Herrn Dr. Med. A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 27. August 2019, Zl. MA67/..., betreffend eine Übertretung des § 24 Abs. 1 lit. a der Straßenverkehrsordnung (StVO)

zu Recht:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist für den Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung in Rechten grundsätzlich unzulässig. Im Übrigen ist gegen dieses Erkenntnis für alle Verfahrensparteien gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis bestrafte die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 lit. a iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO, weil er am 18. März 2019 um 9:57 Uhr in Wien, C.-gasse, das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-... im Bereich des Verbotszeichens „Halten und Parken verboten“ abgestellt habe. Die belangte Behörde verhängte über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von € 78,— (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden) und schrieb gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 10,— vor. Begründend führt die belangte Behörde an, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers – er habe dringende ärztliche Visiten im D. durchgeführt – nicht erkennen lasse, dass er zu einer konkreten ärztlichen Hilfeleistung gerufen worden wäre und er sich nicht mit Erfolg auf eine allenfalls im Fahrzeug angebrachte Tafel „Arzt im Dienst“ berufen könne.

2. In der rechtzeitig erhobenen Beschwerde vom 24. September 2019 machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, er werde als Facharzt für ... im ...krankenhaus „D.“ C.-gasse im Bedarfsfall als Konsiliararzt für die medizinische Betreuung einzelner Patienten beigezogen. Dies sei auch am 18. März 2019 – am Tag der angelasteten Verwaltungsübertretung – der Fall gewesen und habe er das von ihm gelenkte Fahrzeug im Bereich eines „Halten und Parken verboten“ Schildes unter Verwendung der „Arzt im Dienst“ Tafel abgestellt.

3. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien, hg. einlangend am 7. November 2019, samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vor.

II.      Sachverhalt

1.   Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Der Beschwerdeführer ist Facharzt für ... und wird als solcher im Bedarfsfall vom ...krankenhaus „D.“ als Konsiliararzt zur Behandlung einzelner Patienten beigezogen.

Am 18. März 2019 um 9:57 Uhr hat der Beschwerdeführer das Fahrzeug in Wien, C.-gasse, mit dem behördlichen Kennzeichen W-... im Bereich des Verbotszeichens „Halten und Parken verboten“ mit der Zusatztafel „ausgen. Krankentransporte und Fahrzeuge mit Wagenkarte“ abgestellt und dabei die Tafel „Arzt im Dienst“ mit der Nummer W-... gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe angebracht.

Zu dem angeführten Tatzeitpunkt führte der Beschwerdeführer Behandlungen von 4 Patienten im „D.“ durch.

2.   Diese Feststellungen ergeben sich aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und Würdigung des Beschwerdevorbringens.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug an dem angeführten Ort zur angeführten Zeit abgestellt hat, gründet sich auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere auf den darin einliegenden Fotos, aus welchen auch ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer die Tafel „Arzt im Dienst“ hinter der Windschutzscheibe gut sichtbar angebracht hat. Diese Umstände werden vom Beschwerdeführer im Übrigen nicht bestritten.

Dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen Facharzt für ... handelt ergibt sich einerseits aus dessen Vorbringen sowie der im Akt einliegenden Auskunft der Ärztekammer für Wien. Aus dieser Auskunft ist zudem ersichtlich, dass der Beschwerdeführer eine Ordination in ... Wien betreibt und nicht im „D.“ angestellt ist. Die Beiziehung als Konsiliararzt und der Besuch von Patienten am 18. März 2019 gründen sich auf die vom Beschwerdeführer eingebrachte Konsiliumsliste für das angeführte Datum, aus der die konkret zu besuchenden Patienten und der jeweilige Zuweisungsgrund hervorgehen, an deren Echtheit und Richtigkeit das Verwaltungsgericht zu zweifeln keinen Grund hat.

III.     Rechtliche Beurteilung

1.       Gemäß § 24 Abs. 1 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO, BGBl. 159 idF BGBl. I 123/2015, ist das Halten und das Parken im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13b leg. cit. verboten.

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 726,—, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt.

2.     Gemäß § 24 Abs. 5 StVO dürfen Ärzte, die zur selbständigen Berufsausübung berechtigt sind, bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug für die Dauer der Hilfeleistung auch auf einer Straßenstelle, auf der das Halten oder Parken verboten ist, abstellen, wenn in der unmittelbaren Nähe des Aufenthaltes des Kranken oder Verletzten kein Platz frei ist, auf dem gehalten oder geparkt werden darf, und durch das Aufstellen des Fahrzeuges die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigt wird. Während einer solchen Aufstellung ist das Fahrzeug mit einer Tafel, welche die Aufschrift “Arzt im Dienst” und das Amtssiegel der Ärztekammer, welcher der Arzt angehört, tragen muss, zu kennzeichnen. Außer in diesem Falle ist eine solche Kennzeichnung von Fahrzeugen verboten.

Mit der Tafel „Arzt im Dienst“ darf nur unter den in § 24 Abs. 5 angegebenen Voraussetzungen, aber auch nur beim Parken oder Halten, ein Fahrzeug gekennzeichnet werden. Da das Gesetz ausdrücklich davon spricht, dass „außer in diesem Falle eine solche Kennzeichnung verboten ist“, hat diese Vorschrift sowohl für bewegte wie auch für unbewegte Fahrzeuge zu gelten. Dafür spricht der allgemeine Charakter des gegenständlichen Verbotes und andererseits der Umstand, dass es sich bei der Erlaubnis zum Benützen der Tafel „Arzt im Dienst“ nur um eine Ausnahmebestimmung handelt, die eng auszulegen ist (VwGH 7. 2. 1962, 1787/61 ZVR 1962/266, Pürstl, StVO-ON15.00 § 24).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss es sich zudem immer um eine Fahrt zur Leistung einer konkreten ärztlichen Hilfe handeln. Die übliche Fahrt zur Ordination oder zum Krankenhaus fällt nicht unter die Bestimmung des § 24 Abs. 5 StVO (vgl. VwGH 21.12.1990, 89/17/0124, Pürstl, StVO-ON15.00 § 24).

3. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien handelt es sich gegenständlich im Lichte der Rechtsprechung um eine Fahrt zur Leistung einer konkreten ärztlichen Hilfe, da der Beschwerdeführer am 18. März 2020 nachweislich 4 Patienten wegen eines bestimmten Zuweisungsgrundes im Krankenhaus behandelte. Da es sich bei der Tätigkeit als Konsiliararzt um unregelmäßige, lediglich im Bedarfsfall abzustattende Besuche handelt und der Beschwerdeführer nicht in diesem Krankenhaus angestellt ist, sondern seine eigenen Ordination betreibt, ist nicht von einer üblichen Fahrt im Sinne der oben angeführten Judikatur auszugehen.

Da der Beschwerdeführer unbestritten eine „Arzt im Dienst“ Tafel hinter die Windschutzscheibe gelegt hatte, war das Abstellen seines Fahrzeuges im Bereich des Verbotszeichens „Halten und Parken verboten“ für die Dauer der Patientenbesuche im Krankenhaus gemäß § 24 Abs. 5 StVO erlaubt.

Das Verwaltungsstrafverfahren war somit gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

4. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

5. Die grundsätzliche Unzulässigkeit einer Revision durch den Beschwerdeführer resultiert daraus, dass für die angelastete Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von bis zu € 726,— und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und keine über € 400,— hinausgehende Geldstrafe verhängt wurde, sodass eine Revisionserhebung in Ansehung des § 25a Abs. 4 VwGG absolut unzulässig ist.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Halte- und Parkverbot; Arzt; Fahrt zur Leistung einer konkreten ärztlichen Hilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.024.14245.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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