TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/6 LVwG-2020/38/0496-1

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Veröffentlicht am 06.03.2020
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Entscheidungsdatum

06.03.2020

Index

90/02 Führerscheingesetz
90/02 Kraftfahrgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

FSG 1997 §37
KFG 1967 §102 Abs1
VStG §31 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Lechner über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Z, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 14.01.2020, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Führerscheingesetz und nach dem Kraftfahrgesetz,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 14.01.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer wie folgt zur Last gelegt:

„1. Datum/Zeit:               23.04.2018, 23:17 Uhr

Ort:                             Z, Adresse 3, Lenken des Fahrzeuges ab Adresse 4, Wendemanöver, Lenken bis Adresse 3

Betroffenes Fahrzeug:        PKW, Kennzeichen: ***

Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse, in die das gelenkte Kraftfahrzeug fällt, waren, da Ihnen diese mit Bescheid entzogen wurde.

Behörde: Landespolizeidirektion Tirol, ***, Bescheid vom 23.02.2018, GZ.: ***

2. Datum/Zeit:                  23.04.2018, 23:17 Uhr

Ort:                              Z, Adresse 3

Betroffenes Fahrzeug:         PKW, Kennzeichen: ***

Sie haben sich als LenkerIn, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug Leuchten angebracht waren, welche blaues Licht ausstrahlten, obwohl andere als die im § 14 Abs. 1 bis 7 KFG, in den §§ 15 und 17 bis 19 KFG und im § 20 Abs. 1 bis 3 KFG angeführten Scheinwerfer, Leuchten und Rückstrahler oder andere Lichtfarben nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes an Kraftfahrzeugen und Anhängern angebracht werden dürfen. Eine Bewilligung für die beschriebenen Leuchten lag nicht vor.

Es waren 2 LED Leuchten, welches blaues Licht ausstrahlten, hinter dem Kühlergrill des Fahrzeuges angebracht.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 37 Abs. 1 FSG i.V.m. § 1 Abs. 3 FSG

2. § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 20 Abs. 4 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1. € 800,00

15 Tage(n) 9 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

§ 37 Abs. 1 FSG i.V.m. § 37 Abs. 4 Z1 FSG

2. € 100,00

0 Tage(n) 20 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

§134 Abs. 1 KFG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 90,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 990,00“

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde in der der nunmehr rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer ausführt, dass es zwar richtig sei, dass er das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen *** auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr gelenkt habe. Dem Beschuldigten sei aber nicht bekannt gewesen, dass ihm mittels Bescheid vom 23.02.2018 die Lenkerberechtigung entzogen worden sei, zumal ihm dieser nie ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Der Beschuldigte hätte daher nicht wissen können, dass er sein Fahrzeug nicht lenken durfte, zumal er auch über einen offiziellen und aufrechten Führerschein der Republik Guinea-Bissau verfüge. Eine Fälschung dieses Führerscheins sei nicht erwiesen worden. Der Führerschein der Republik Guinea-Bissau sei ihm bis heute nicht entzogen worden und wäre der Beschuldigte daher im Zeitpunkt der Kontrolle im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung gewesen.

Diesbezüglich könne ihm auch keine Verwaltungsübertretung angelastet werden.

Weiters sei richtig, dass an dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen *** zwei blaue LED-Leuchten hinter dem Kühlergrill montiert gewesen seien, diese seien aber nicht in Verwendung gewesen. Das Fahrzeug sei in Deutschland auf Herrn CC zugelassen und erfülle die gesetzlichen Vorschriften in Deutschland. Der Beschuldigte sei nicht Zulassungsbesitzer. In Deutschland sei es nicht verboten farbige Leuchten am Fahrzeug zu montieren. Es sei lediglich die Verwendung derselben verboten. Der Beschuldigte sei nur zu Besuch in Z gewesen. Von einem Lenker eines in Deutschland zugelassenen Fahrzeuges könne nicht verlangt werden, dass das Fahrzeug in Österreich typisiert werde. Tatsache sei, dass das Fahrzeug den in Deutschland geltenden Rechtsvorschriften entspreche und der Beschuldigte sohin keine Verwaltungsübertretung begangen habe. Es werde deshalb der Antrag gestellt, das Straferkenntnis des Landespolizeidirektion Z vom 14.01.2020 zu *** ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

II.      Sachverhalt:

Auf Sachverhaltsebene steht fest, dass der Beschwerdeführer am 23.04.2018 um 23.17 Uhr der PKW mit dem amtlichen Kennzeichen *** vom Beschwerdeführer in Betrieb genommen wurde. Am Fahrzeug waren zwei LED-Leuchten hinter dem Kühlergrill des Fahrzeuges angebracht, die blaues Licht ausstrahlten. Eine Genehmigung für diese Leuchten lag nicht vor.

An der Gültigkeit der vorgelegten amtlichen Dokumente bestand der Verdacht der Urkundenfälschung, sodass Ermittlungsschritte diesbezüglich durchgeführt wurden. Betreffend die verkehrsrechtlichen Delikte an sich, erfolgten keine weiteren Ermittlungsschritte.

Die erste Einvernahme des Beschuldigten erfolgte am 01.11.2019 und die Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter zu den gegenständlichen Delikten erfolgte mit Schreiben der Landespolizeidirektion Tirol am 04.11.2019. Die Übernahme des Schriftstücks durch den Beschwerdeführer erfolgte schließlich am 25.11.2019.

Sonstige Verfolgungshandlungen wurden nicht gesetzt.

III.     Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus diesem schlüssigen und nachvollziehbaren Akt.

IV.      Rechtslage:

Gem § 31 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018 (Kurz VStG) ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Die Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Gem § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Beratung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

V.       Rechtliche Beurteilung:

Im gegenständlichen Fall war die Tatzeit der 23.04.2018 um 23.17 Uhr.

Gem § 31 Abs 1 beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Dies bedeutet, dass zur Setzung einer Verfolgungshandlung die belangte Behörde bis zum 23.04.2019 Zeit gehabt hätte, um den Eintritt der Verfolgungsverjährung zu verhindern.

Vorausgesetzt ist, um die Verfolgungsverjährung zu verhindern, dass die Behörde eine taugliche Verfolgungshandlung gegen die bestimmte Person durchführt.

Entscheidend für diese Verfolgungshandlung ist, dass sie die Absicht der Behörde erkennen lassen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht zu prüfen (vgl VwGH 23.10.1991, 89/03/0302).

Wie sich aus dem Behördenakt schlüssig und nachvollziehbar ergibt, hat die belangte Behörde zwar umfangreiche Ermittlungen betreffend die Gültigkeit der vorgelegten Dokumente (Führerschein, Pass) durchgeführt. Ermittlungen betreffend die Verwaltungsübertretungen, die ihm im gegenständlichen Verwaltungserkenntnis vorgeworfen wurden, erfolgten allerdings nicht.

Die Aufforderung zur Rechtfertigung erfolgte erst am 04.11.2019, zugestellt am 25.11.2019, als erste taugliche Verfolgungshandlung, sodass zu diesem Zeitpunkt bereits Verfolgungsverjährung eingetreten war und die belangte Behörde nicht mehr berechtigt war, die im Straferkenntnis vom 14.01.2020, Zl ***, vorgeworfenen Delikte zu ahnden.

Durch den Eintritt der Verfolgungsverjährung erfolgte die Bestrafung zu Unrecht, sodass das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen war.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Lechner

(Richterin)

Schlagworte

Verfolgungsverjährung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.38.0496.1

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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