TE Lvwg Erkenntnis 2017/2/7 405-6/26/1/4-2017

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Veröffentlicht am 07.02.2017
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Entscheidungsdatum

07.02.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §364
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Ing. Dr. Adalbert Lindner über die Beschwerde von AB AA, geb am AC, AF, AD AE, gegen den Bescheid der belangten Behörde Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 03.03.2016, Zahl xxx-2014,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 50 Abs 1 VwGVG iVm 45 Abs 1 Z 1 2. Fall VStG wird der Beschwerde Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen des Vorwurfs einer Verwaltungsübertretung gemäß § 368 iVm § 364 GewO eingestellt.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

Mit Wirkung vom 14.07.2014 wurde die Gewerbeberechtigung der Hotel AH GmbH & Co KG lautend auf „Gästewagen-Gewerbe (Beförderung mit Personenkraftfahrzeugen), beschränkt auf 1 Pkw bis 7 Sitzplätzen“ aus dem Gewerberegister gelöscht. Mit der entsprechenden Verständigung vom 18.07.2014, Zahl yyy-2014, wurde die GmbH & Co KG um Zusendung des Original-Gewerbescheins ersucht. Mit Schreiben vom 25.08.2014, Zahl zzz-2014, bat die belangte Behörde die GmbH & Co KG abermals um Zusendung des Gewerbescheins. Gleichzeitig wurde darüber informiert, dass, sollte der Gewerbeschein nicht binnen zwei Wochen übermittelt werden, die Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 368 iVm § 364 Gewerbeordnung (GewO) einleiten werde.

In der Folge verhängte die belangte Behörde eine mit 19.01.2015 datierte Strafverfügung, Zahl xxx-2014, gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretung von § 368 iVm § 364 GewO. Es wurde dabei eine Geldstrafe in Höhe von € 100 (Ersatzfreiheitsstrafe: 20 Stunden) gegen den Beschuldigten verhängt. Gegen diese Strafverfügung erhob der Beschwerdeführer Einspruch. Er wies – wie auch schon zuvor – darauf hin, dass im Hotel AH eingebrochen und Unterlagen aus dem Geldschrank, darunter das fragliche Dokument, gestohlen worden seien. Folglich könne er den Gewerbeschein nicht retournieren.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde dem Beschuldigten vorgehalten, dass er weder schriftlich noch mündlich den Verlust des Gewerbescheins gemeldet habe und er trotz mehrmaliger Urgenz den Gewerbeschein nicht retourniert habe. Am 25.01.2016 erschien der Beschuldigte vor der belangten Behörde und legte dieser ein von ihm unterfertigtes Schriftstück vor. In diesem Schreiben gab er erneut an, dass alle erdenklichen Unterlagen beim letzten Hoteleinbruch aus dem Hoteltresor gestohlen worden seien. Er versicherte, keinen Missbrauch mit den „Hotelwagendokumenten“ begangen zu haben.

Mit Schreiben vom 03.03.2016, Zahl xxx-2014, erließ die belangte Behörde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis. Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Hotel AH GmbH & Co KG unterlassen, nach Beendigung der Gewerbeberechtigung den Originalgewerbeschein der belangten Behörde zu retournieren. Für diese Verwaltungsübertretung wurde gegen ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 100 (Ersatzfreiheitsstrafe: 20 Stunden) verhängt.

Dagegen erhob der Beschuldigte Beschwerde. Er begründete diese (nochmals) damit, dass der Gewerbeschein anlässlich eines Einbruchs im Jahr 2013 abhandengekommen sei und beantragte er die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit sowie die Einstellung des Strafverfahrens und die Aufhebung der verhängten Strafe.

Das Landesverwaltungsgericht führte am 21.06.2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der der Beschwerdeführer persönlich erschien. Die belangte Behörde hatte bereits anlässlich der Vorlage der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtet. Der Beschwerdeführer äußerte sich zu seinen persönlichen Verhältnissen und betonte nochmals, dass der gesamte Tresor im Jahr 2013 aus dem Hotel gestohlen worden sei. In diesem Tresor habe sich auch der Gewerbeschein befunden. Der Beschwerdeführer habe dies der belangten Behörde („Gewerbeamt“) mehrfach mündlich und schriftlich mitgeteilt.

Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer war zur Tatzeit Kommanditist sowie Prokurist der Hotel AH GmbH & Co KG (FN AZ; mitunter entgegen der Eintragung im Firmenbuch auch als „Hotel AH GmbH & Co KG“ bezeichnet) und handelsrechtlicher Geschäftsführer der Komplementär-GmbH (FN AJ). Mit Wirkung vom 14.07.2014 endete die Gewerbeberechtigung der Hotel AH GmbH & Co KG lautend auf „Gästewagen-Gewerbe (Beförderung mit Personenkraftfahrzeugen), beschränkt auf 1 Pkw bis 7 Sitzplätzen“.

Wie oben beschrieben hat die belangte Behörde die Hotel AH GmbH & Co KG mehrfach zur Rückgabe des entsprechenden Gewerbescheins aufgefordert. Eine Rückgabe desselben erfolgte nicht. Als Tatzeitraum wurde "von 18.07.2014 bis zumindest 22.09.2014" angeführt.

Bei einem Hoteleinbruch im Jahr 2013 wurden Unterlagen, die sich zu dieser Zeit im Tresor befunden hatten, darunter der Gewerbeschein für das Gewerbe „Gästewagen-Gewerbe (Beförderung mit Personenkraftfahrzeugen), beschränkt auf 1 Pkw bis 7 Sitzplätzen“, entwendet. Die Hotel AH GmbH & Co KG war somit bereits am 14.07.2014 nicht mehr Inhaberin des entsprechenden Gewerbescheins, ebenso wenig der Beschwerdeführer persönlich.

In beweiswürdigender Hinsicht ist festzuhalten, dass sich die getroffenen Feststellungen auf den Inhalt der Akten der belangten Behörde, des Landesverwaltungsgerichts und das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 21.06.2016 stützen. Den Feststellungen über die rechtliche Stellung des Beschwerdeführers liegen im Akt der belangten Behörde enthaltene Firmenbuchauszüge vom 22.09.2014 in Bezug auf die Hotel AH GmbH & Co KG (FN AZ) und die Komplementär-GmbH (FN AJ) zugrunde. Anhand eines von der belangten Behörde am 22.09.2014 erstellten Auszugs aus dem Gewerberegister konnte das Landesverwaltungsgericht das Datum der Endigung der verfahrensgegenständlichen Gewerbeberechtigung feststellen.

Dass der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde mehrfach vorgebracht hat, er und die Hotel AH GmbH & Co KG verfügen nicht mehr über den Gewerbeschein, lässt sich dem verwaltungsbehördlichen Akt zweifelsfrei entnehmen. Es sind entsprechende Aktenvermerke (einmal vom 12.02.2015, Zahl xxx-2014, und einmal vom 26.01.2016, Zahl xxx-2016) vorhanden, ebenso ein vom Beschwerdeführer eigenhändig unterfertigtes Schreiben (eingegangen bei der belangten Behörde am 25.01.2016). Darin heißt es wörtlich: „[…] beim letzten Hoteleinbruch sind im Hoteltresor alle erdenklichen Unterlagen gestohlen worden. Wir können versichern und guten Gewissens sagen, dass wir keinen Missbrauch mit den Hotelwagendokumenten begangen haben.“ Damit übereinstimmend gab der Beschwerdeführer auch im Beschwerdeschriftsatz und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht an, der Gewerbeschein sei bei einem Einbruch ins Hotel entwendet worden. Das Landesverwaltungsgericht sieht keinerlei Anlass, an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers sowie an der Glaubhaftigkeit und der inhaltlichen Richtigkeit seiner Äußerungen zu zweifeln. Ein plausibler Grund, der den Beschwerdeführer dazu bewegt haben könnte, wahrheitswidrig den Verlust des Gewerbescheins durch einen Einbruch im Hotel anzugeben, ist nicht ersichtlich. Ferner gäbe es keinen Grund für den Beschwerdeführer und die Hotel AH GmbH & Co KG, den – sich auf eine erloschene Gewerbeberechtigung beziehenden – Gewerbeschein, wäre er tatsächlich noch vorhanden, zu behalten. Der Gewerbeschein wäre weder für die GmbH & Co KG noch für den Beschwerdeführer persönlich von Nutzen. Vor diesem Hintergrund widerspräche es jeglicher Lebenserfahrung, würde man davon ausgehen, die GmbH und Co KG würde den Originalgewerbeschein behalten und der Beschwerdeführer würde sich durch die Vorlage des von ihm unterfertigten Schreibens dem Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung wegen der Fälschung eines Beweismittels (§ 293 Strafgesetzbuch (StGB)) aussetzen. Das Landesverwaltungsgericht hat deshalb insgesamt keine Zweifel, dass der Gewerbeschein tatsächlich bei einem Einbruch ins Hotel im Jahr 2013 entwendet worden ist und folglich weder der Beschwerdeführer noch die Hotel AH GmbH & Co KG seither mehr Inhaber dieses Gewerbescheins ist.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu erwogen:

Da die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das (Beschwerde-)Verfahren auch nicht einzustellen ist, hat das Landesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (BGBl I 33/2013 idF BGBl I 24/2017; VwGVG) in der Sache selbst zu entscheiden. Das Landesverwaltungsgericht hat daher aufgrund der Beschwerde zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwände zutreffen oder ob die belangte Behörde den Beschwerdeführer zu Recht wegen Verstoßes gegen § 364 Gewerbeordnung (BGBl 194/1994 idF BGBl I 82/2016; GewO) bestraft hat.

Gemäß § 364 GewO sind Gewerbescheine und sonstige Ausweispapiere, die nach den gewerberechtlichen Vorschriften ausgefertigt worden sind, aber den Tatsachen nicht mehr entsprechen, der Behörde zurückzustellen. Auf Verlangen hat jedoch die Behörde diese Ausweispapiere, versehen mit einem deutlich ersichtlichen Ungültigkeitsvermerk, zurückzugeben. Wer dieses Gebot nicht einhält, begeht nach § 368 GewO eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu € 1.090 zu bestrafen ist.

Auch ist festzuhalten, dass seit Inkrafttreten der GewO-Novelle BGBl I 111/2002 die Ausstellung von Gewerbescheinen gesetzlich grundsätzlich nicht mehr vorgesehen ist; vgl allerdings § 379 GewO idF BGBl I 111/2002. Demnach bezieht sich die Zurückstellungspflicht nach § 364 GewO nur auf nach alter Rechtslage ausgestellte Gewerbescheine; vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 (2011), § 364 Rz 2.

Die Verpflichtung zur Zurückstellung trifft grundsätzlich den Inhaber eines Gewerbescheins, allenfalls den Rechtsnachfolger, vgl Raschauer, § 364 Rz 3, in Ennöckl/Raschauer/Wessely (Hg), Kommentar zur GewO (2015). Unabhängig davon besteht sie jedoch nur insoweit, als der Gewerbeschein auch tatsächlich vorhanden ist.

 

Den Tatsachen iSd § 364 GewO entsprach der Gewerbeschein erstmals mit dem Erlöschen der Gewerbeberechtigung mit 14.07.2014 nicht mehr. Im angefochtenen Bescheid wurde der Tatzeitraum mit 18.07.2014 bis zumindest 22.09.2014 angegeben. Zudem hat das Landesverwaltungsgericht festgestellt, dass der Gewerbeschein infolge der Entwendung bei einem Einbruch ins Hotel im Jahr 2013 nicht mehr vorhanden ist. Folglich bestand weder mit Erlöschen der Gewerbeberechtigung noch im vorgeworfenen Tatzeitraum eine Verpflichtung der Hotel AH GmbH & Co KG oder des Beschwerdeführers, den nicht mehr den Tatsachen entsprechenden Gewerbeschein zurückzustellen. Deshalb ist bereits der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 368 iVm § 364 GewO nicht erfüllt. Die Nichtvorlage eines nicht mehr vorhandenen Gewerbescheins bildet keine Verwaltungsübertretung iSd genannten Bestimmungen. Im Übrigen ist auch der bloße Verlust eines Gewerbescheins nicht strafbar.

Gemäß § 38 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht § 45 Verwaltungsstrafgesetz (BGBl 52/1991 idF BGBl I 33/2013; VStG) anzuwenden. Nach Abs 1 Z 1 2. Fall leg cit hat das Landesverwaltungsgericht von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet. Eben das ist gegenständlich der Fall. Die dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde zur Last gelegte Tat bildet keine Verwaltungsübertretung, weshalb das Landesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen hatte.

Dahingestellt bleiben kann vor diesem Hintergrund, ob für das Nichtzurückstellen eines Gewerbescheins in Bezug auf eine erloschene Gewerbeberechtigung iSd § 39 GewO verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sein kann, wer hinsichtlich einer anderen Gewerbeberechtigung der Gewerbeinhaberin gewerberechtlicher Geschäftsführer ist.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Voraussetzung für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision ist, ob eine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies war nicht der Fall. Die gegenständliche Entscheidung hing nämlich in erster Linie von der Feststellung von Tatsachen und diese wiederum von der Beweiswürdigung ab. Der im Anschluss an Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung zu beurteilenden Rechtsfrage kam hingegen keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung (§ 364 GewO) ist eindeutig. Das Gleiche gilt für § 45 Abs 1 Z 1 VStG. Mit seiner Entscheidung, dass das Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen ist, da die zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet, weicht das Landesverwaltungsgericht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer entsprechenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wobei auf die in der Begründung zitierten Entscheidungen verwiesen werden darf. Weiters ist die zu den maßgebenden Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Rückgabe eines Gewerbescheines setzt faktisches Vorhandensein voraus, Verpflichtung des Inhabers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2017:405.6.26.1.4.2017

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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