Entscheidungsdatum
23.05.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W211 2172127-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., IV.-VII. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattgegeben und werden die Spruchpunkte I., II., IV.-VII. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und wird aufgrund des Antrags von XXXX vom XXXX 2019 die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte um zwei weitere Jahre gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 verlängert.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am XXXX 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am XXXX 2017 durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen.
Am XXXX 2017 wurde eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungsfrist eingebracht.
2. Mit Bescheid vom XXXX 2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Weiter wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 - 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht.
3. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2018 (W183 2172127-1/5Z) wurde der Bescheid vom XXXX 2017 wegen Unzuständigkeit der Behörde behoben. Außerdem wurde der Antrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, dem Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten stattgegeben, der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr erteilt. Festgestellt wurde durch das Bundesverwaltungsgericht unter anderem, dass sich noch Familienangehörige der Beschwerdeführerin in Somalia befinden würden. Die Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts unter Bezugnahme auf die prekäre Versorgungslage im Herkunftsstaat und die persönlichen Umstände der Beschwerdeführerin begründet.
4. Am XXXX .2019 brachte die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung ein.
5. Daraufhin wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am XXXX 2019 eine Einvernahme der Beschwerdeführerin "zur Prüfung der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten" unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Somali durchgeführt. Die Beschwerdeführerin wurde darauf hingewiesen, dass sich die Umstände für die subsidiäre Schutzzuerkennung mittlerweile geändert hätten.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der der Beschwerdeführerin mit Erkenntnis vom (richtig:) XXXX 2018 zuerkannte Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Der Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wurde gemäß § 8 Abs. 4 zweiter Satz AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt III.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt V.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt VI.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VII.).
Folgende Feststellungen wurden dem Bescheid im Wesentlichen zugrunde gelegt:
Die Beschwerdeführerin sei somalische Staatsangehörige; ihre Clanzugehörigkeit könne nicht festgestellt werden. Sie habe angegeben, im zweiten Monat schwanger zu sein. Sie sei gesund und leide an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten würden nicht mehr vorliegen; die Versorgungslage und Dürresituation habe sich verbessert, und eine Rückkehr nach Somalia sei zumutbar. Sie sei arbeitsfähig und gesund und verfüge über Familienangehörige im Heimatland. Ein schützenswertes Familien- und Privatleben in Österreich sei nicht festzustellen.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde hinsichtlich der Gründe für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass eine Schwangerschaft nicht belegt worden sei. Es würden ihre Mutter und zwei Schwestern nach wie vor in XXXX leben und würden Tiere besitzen. Die Schwestern seien verheiratet. Die Beschwerdeführerin würde in Kontakt zu ihren Familienmitgliedern stehen. Die Beschwerdeführerin könnte sich in Somalia bzw. Somaliland niederlassen und verfüge dort über Familie. Sie könnte arbeiten. Die damalige Dürre- und Versorgungslage habe sich in Somalia nach den aktuellen Informationen der Staatendokumentation gebessert.
In der rechtlichen Beurteilung stützte sich die belangte Behörde darauf, dass sich die Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia nachhaltig geändert habe.
7. Mit Schriftsatz vom XXXX 2019 erhob die Beschwerdeführerin binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des Bescheides und brachte darin im Wesentlichen vor, dass keine Sachverhaltsänderung eingetreten sei.
8. Mit Schriftsatz vom XXXX 2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX 2019 eine Strafregisterabfrage durch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis vom XXXX 2018 (W183 2172127-1/5Z) der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, weil sie im Falle einer Rückkehr in ihren Heimatstaat einem real risk einer Verletzung ihrer Rechte unter Art. 23 EMRK ausgesetzt wäre. Bedingt durch die aktuelle Dürresituation und der daraus resultierenden Nahrungsmittelknappheit sowie das mangelnde familiäre und soziale Netzwerk bestand für die Beschwerdeführerin die ernsthafte Gefahr, die Grundbedürfnisse ihrer Existenz nicht sichern zu können.
1.2 Das unter 1.1. genannte Erkenntnis ist rechtskräftig.
1.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich die schwierige Versorgungssituation in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hat.
1.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin davon wesentlich weniger intensiv betroffen wäre, als mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2018 festgestellt.
1.5. Die Mutter und zwei verheiratete Schwestern leben im Busch in der Herkunftsregion der Beschwerdeführerin; sie werden auch von ihren Männern unterstützt. Die Beschwerdeführerin steht mit diesen in Kontakt.
1.6. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Clan ausreichende Hilfe zu erwarten hätte.
1.7. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr ein leistungsfähiges soziales Netz vorfinden würde.
1.8. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich aus sonstigen Gründen die Lage in Somalia dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert hat, sodass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen.
1.9. Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts ist somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen der Beschwerdeführerin noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten.
1.10. Die Beschwerdeführerin stellte am XXXX .2019 einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 liegen weiterhin vor. Es besteht kein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen, sowie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2018 (W183 2172127-1/5Z). Die Feststellungen hinsichtlich der Lage in Somalia und möglichen Änderungen ergeben sich insbesondere aus einem Vergleich der dem Erkenntnis vom XXXX 2018 und dem Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2019 zugrundeliegenden Länderberichte, nämlich dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia vom 12.01.2018 (zuletzt aktualisiert am 17.09.2018; in der Folge LIB 2018).
2.1. zu 1.1. Dass bzw. aus welchen Gründen der Beschwerdeführerin mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2018 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus jenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (W183 2172127-1/5Z).
2.2. zu 1.2. Dass das Erkenntnis, mit dem der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, rechtskräftig wurde, ergibt sich daraus, dass keine Partei (weder die belangte Behörde, noch die Beschwerdeführerin) dagegen ein Rechtsmittel erhoben hat. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2018 ist somit für die Parteien bindend.
2.3. zu 1.3. Dass nicht festgestellt werden kann, dass sich die schwierige Versorgungssituation in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich der dem Erkenntnis vom XXXX 2018 und dem Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2019 jeweils zugrundeliegenden Länderberichte wie oben angeführt. Das Bundesverwaltungsgericht zog bereits das LIB 2018 zur Entscheidungsfindung heran: Im Kapitel "Grundversorgung/Wirtschaft" wird im LIB 2018 angeführt: "Generell hätte Somalia großes wirtschaftliches Potential..." (S. 122). In der Folge wird aber festgehalten, dass dieses Potential die aktuelle Lage nicht reflektiert: "Doch noch gehört Somalia zu den ärmsten Ländern der Erde. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung kann sich nicht ausreichend mit Lebensmitteln und Trinkwasser versorgen (Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017; vgl. Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Das Land ist also in hohem Grade von Hilfe abhängig (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017)." (LIB 2018, S. 122)
Hinsichtlich der Dürresituation wird im LIB 2018 Folgendes ausgeführt:
"Insbesondere ärmere Haushalte haben Probleme, die stark angestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel bezahlen zu können; und andererseits können sie durch den Verkauf von Vieh kaum Einkommen erwerben (World Bank, Somalia Economic Update, 18.7.2017). Drei Jahre Dürre haben zu einer humanitären Krise geführt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist von Nahrungsmittelknappheit, von Kindersterblichkeit und Unterernährung betroffen. Rund 60% des Viehbestands wurde vernichtet, wobei die Viehzucht das Haupteinkommen großer Bevölkerungsteile darstellt (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017). Dabei hat die Dürre Auswirkungen auf alle ökonomischen Aktivitäten in Somalia, darunter Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei. Mittlerweile machen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Dürre auch substantiell im Bundesbudget bemerkbar (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 05.09.2017). Allerdings ist der Schaden an Leben und Lebensbedingungen - vor allem von Frauen, Kindern und Benachteiligten - enorm (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017). (...) Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017). Die Versorgungslage ist durch geringe Ernteerträge und Trockenperioden anhaltend schlecht. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage und Einschränkungen durch die Aktivitäten diverser Milizen, ist es für humanitäre Organisationen eine Herausforderung benachteiligte Bevölkerungsteile zu erreichen (Österreichische Botschaft Nairobi, Asylländerbericht Somalia, September 2016).
Zu Beginn des Jahres 2017 hatte sich die humanitäre Lage in Somalia mit alarmierender Geschwindigkeit verschlechtert. Der somalische Präsident hat am 28.02.2017 den nationalen Notstand ausgerufen und um verstärkte Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebeten (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 09.05.2017). Am 02.02.2017 wurde für Somalia eine Alarm-Erklärung hinsichtlich einer bevorstehenden Hungersnot ("pre-famine alert") ausgegeben. Danach wurden humanitäre Aktivitäten weiter hochgefahren (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017). (...) Die somalische Regierung hat aufgrund der Lage in Zusammenarbeit mit humanitären Kräften die Planung von einer Reaktion auf die Dürre ("drought response") bereits auf die Prävention einer Hungersnot ("famine prevention") umgestellt (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017). Nur die rasche Unterstützung internationaler humanitärer Partner und somalischer Organisationen hat eine Hungersnot verhindert (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017). (...)
Das Risiko einer Hungersnot besteht jedoch auch weiterhin (Famine Early Warning System Network, Somalia Food Security Outlook Update December 2017, 30.12.2017; vgl. United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017, UN High Commissioner for Refugees, Fact Sheet, Somalia, 1-30 November 2017, 30.11.2017)." (S. 127f.)
"70% der Menschen, die unmittelbar auf Hilfe angewiesen sind, befinden sich in Süd-/Zentralsomalia, wo der Zugang durch Sicherheitsprobleme und die al Shabaab behindert wird (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017); dies betraf sowohl Gebiete außerhalb der als auch unter Kontrolle von al Shabaab. (...) [Al Shabaab hat] humanitäre Hilfe von außen auch diesmal behindert oder blockiert; die Einhebung von Steuern verstärkt; humanitäre Bedienstete entführt; und Hilfslieferungen an Straßensperren besteuert. Immerhin wurde diesmal vor der Dürre Flüchtenden in manchen Fällen die Weiterreise gewährt. Auch Behörden haben die Arbeit humanitärer Kräfte auf unterschiedliche Art behindert (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017; vgl. US Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, 03.03.2017). (...) Dabei behindert al Shabaab nach wie vor den Zugang zu Menschen in Not auf dem Gebiet unter Kontrolle dieser Gruppe (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 09.05.2017)." (LIB 2018, S. 129)
"Insgesamt erreichen Hilfsprojekte der UN oder von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen in der Regel aber nicht die gesamte Bevölkerung. (...) Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017)." (LIB 2018, S. 132)
Am 17.09.2018 wurde im LIB 2018 eine neue Kurzinformation betreffend "positiver Trend bei Versorgungslage" eingefügt (S. 6ff.), die sich vor allem auf eingetretene Regenfälle und Prognosen hinsichtlich einer Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung bezieht: "Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018; vgl. UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018). (...) Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Food security improving but recovery remains fragile, 02.09.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018).
Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden. (...) Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018).
Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018; vgl. FAO SWALIM / FSNAU, Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December), 06.09.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO SWALIM / FSNAU, Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December), 06.09.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network, FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release, 01.09.2018)
Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO SWALIM / FSNAU, Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December), 06.09.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (Worldbank, World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia, 06.09.2018)."
Die Feststellung, die Versorgungslage habe sich grundlegend verbessert, hat die belangte Behörde nicht ausreichend begründet (vgl. S 9 und 49 des angefochtenen Bescheids). Auch ein Vergleich der Länderberichte hat dies - wie oben dargelegt - nicht ergeben. Aus diesen ist vielmehr ersichtlich, dass die Lage nach wie vor volatil ist. Die Prognose einer Verbesserung der Versorgungslage erreicht noch nicht das notwendige Ausmaß an Nachhaltigkeit, die für eine tatsächliche Verbesserung der Lage gegeben sein muss. Einerseits mögen die Regenfälle zwar dazu führen, dass die Dürre zurückgeht, andererseits führen sie auch vermehrt zu Überschwemmungen, was wiederum die Versorgungslage beeinträchtigt. Jedenfalls kann aufgrund dieser Berichte nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Versorgungslage wesentlich und nachhaltig geändert hat, und hat die belangte Behörde eine wesentliche Verbesserung auch sonst nicht näher begründet oder nachgewiesen. Insbesondere wird darauf verwiesen, dass die belangte Behörde bei ihrer Einschätzung der Verbesserung der Situation auf Basis der Kurzinformation vom 17.09.2018 mit keinem Wort darauf eingeht, dass dort auch ausdrücklich angeführt wird, dass die Zahl von schwerer akuten Unterernährung Betroffener nur [mehr] bei 2 Gruppen kritisch ist, unter anderem auch bei einer Gruppe in Westsomaliland. Als weitere "Hotspots" werden Teile von Sanaag, Sool und Bari angeführt, sowie von Togdheer, Sool, Nugaal von Awdal. In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemängel berichtet, da die Gu-Zeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Mit diesen spezifischen Informationen gerade zu Somaliland setzte sich die belangte Behörde nicht auseinander.
Weiter ist auszuführen, dass die Angaben zu den Familienangehörigen in Somalia im Laufe des gesamten Verfahrens gleich geblieben sind und bereits Grundlage der Entscheidung des BVwG waren (vgl. das Verhandlungsprotokoll und die Entscheidungsbegründung vom XXXX 2018).
Ähnliches gilt auch für die Anmerkung der Behörde, dass die Beschwerdeführerin arbeitsfähig sei: Es ist dabei darauf zu verweisen, dass die Behörde auch damit keine Änderung der Voraussetzungen, unter denen der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, darstellt, schließlich wurde die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2018 nicht in Frage gestellt.
Indem die belangte Behörde eine abweichende Beweiswürdigung dieser Umstände vornimmt, versucht sie vielmehr die Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2018 zu durchbrechen, um eine abweichende Rechtsauffassung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes durchzusetzen.
2.4. zu 1.4. Im Erkenntnis vom XXXX 2018 wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Beschwerdeführerin von der schwierigen Versorgungslage in Somalia intensiv betroffen wäre (siehe: "dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat einem "real risk" einer Verletzung ihrer Rechte nach Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre"). Dass nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin aktuell davon weniger intensiv betroffen wäre, ergibt sich daraus, dass sich dies weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, noch aus dem Bescheid der belangten Behörde ausreichend erschließt. Eine Veränderung dieses Umstands wurde auch nicht vorgebracht, er stellt jedoch einen der wesentlichen Entscheidungsgründe dar, weshalb der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten durch das Bundesverwaltungsgericht ursprünglich zuerkannt wurde.
2.5. zu 1.5. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen beruhen auf den gleichbleibenden und widerspruchsfreien Angaben der Beschwerdeführerin im Laufe des gesamten Verfahrens. Diese waren bereits die Basis für die Entscheidung des BVwG vom XXXX 2018; daran hat sich zwischenzeitlich auch nichts geändert.
2.6. zu 1.6. Dass nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Clan ausreichende Hilfe zu erwarten habe, ergibt sich daraus, dass dies vom Bundesverwaltungsgericht bereits der ursprünglichen Entscheidung zugrunde gelegt wurde: dort wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin keinem Clan angehört. An ihrer Clanzugehörigkeit und der möglichen Clanunterstützung hat sich seit dem rechtskräftigen Erkenntnis vom XXXX 2018 nichts geändert. Inwieweit die belangte Behörde von einer anderen diesbezüglichen Situation ausgeht, wird von ihr nicht gesagt und im Bescheid auch nicht weiter begründet.
2.7. zu 1.7. Dass nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr ein leistungsfähiges soziales Netz vorfinden wird, ergibt sich daraus, dass bereits das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom XXXX 2018 festhielt, dass die Beschwerdeführerin - eben - keinem Clan angehört und es für sie an einem familiären und sozialen Netzwerk mangelt (vgl. Erkenntnis BVwG vom XXXX 2018, W183 2172127-1/5Z). Dass sich seit diesem Erkenntnis die familiäre Situation der Beschwerdeführerin in Somalia geändert hätte, kam im Verfahren, aber auch aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor.
2.8. zu 1.8. Dass nicht festgestellt werden kann, dass sich aus sonstigen Gründen die Lage dahingehend wesentlich gebessert hat, sodass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen, ergibt sich daraus, dass sich solche Gründe aus den aktuellen Länderberichten (LIB der Staatendokumentation zu Somalia, 12.01.2018, am 17.09.2018 aktualisiert) nicht ergeben und auch sonst nicht hervorgekommen sind. Schließlich weist auch die Staatendokumentation selbst in ihrer dem inhaltlichen Teil des Länderinformationsblatts zu Somalia vorangehenden "vergleichenden länderkundlichen Analyse i.S. § 3 Abs. 4a AsylG" darauf hin, dass es zu keinen wie im § 3 Abs. 4a AsylG beschriebenen Verbesserungen in Somalia gekommen ist.
2.9. zu 1.9. Die Feststellung, dass eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen der Beschwerdeführerin noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben angeführten Beweiswürdigung. Weder ein Vergleich der herangezogenen Länderberichte, noch das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde vom XXXX 2019, das diese für ihre Entscheidung herangezogen hat, lassen einen solchen Schluss zu. Auch hat die belangte Behörde eine Änderung von diesem Ausmaß in ihrem Bescheid in keinster Weise nachgewiesen, sondern lediglich und nicht näher begründet behauptet, die Lage habe sich verbessert, bzw. sich auf Prognosen beschränkt. Auch die - nie strittigen - Umstände, dass die Beschwerdeführerin gesund und arbeitsfähig ist, lassen nicht darauf schließen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführerin nicht mehr vorliegen; andere Gründe sind weder hervorgekommen, noch wurden solche (substantiiert) vorgebracht.
2.10. zu 1.10. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie dem Strafregisterauszug vom XXXX 2019, wonach die Beschwerdeführerin unbescholten ist. Andere Aberkennungsgründe nach § 9 Abs. 2 AsylG 2005 sind nicht hervorgekommen. Betreffend das weitere Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz wird auf die obige Beweiswürdigung zur mangelnden Änderung des Sachverhalts verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
A)
3.1. Rechtsgrundlagen
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (in Folge: B-VG), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.2. Zu A) I. Spruchpunkt I.
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.2. Zur Zu- und Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (in Folge: EMRK) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen.
Gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 und 3 leg.cit. sind weitere Aberkennungsgründe, wenn der Fremde den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
3.2.3. Zur richtlinienkonformen Interpretation:
Artikel 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 (in der Folge: Status-RL), über das Erlöschen des subsidiären Schutzes lauten:
"(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.
(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden."
Art. 19 Abs. 1 und 4 lauten:
"(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.
(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."
3.2.4. Im gegenständlichen Fall ist vorauszuschicken, dass sich die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 AsylG 2005 bezog, ohne dies näher zu konkretisieren. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass es sich um die Anwendung des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 handelt (siehe Bescheid S. 9:
"Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegen nicht mehr vor.").
Im zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, wird auf eine Änderung der Umstände abgestellt, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2018 (W183 2172127-1/5Z) wurde der Beschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Somalia zuerkannt. Die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten wurde dabei im Wesentlichen damit begründet, dass die in Somalia vorherrschende Sicherheits- und Versorgungslage für das Vorliegen eines Rückkehrhindernisses spricht.
Soweit die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 damit begründet, es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Somalia in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ist festzuhalten, dass den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Lage in Somalia keine grundlegenden Veränderungen im Herkunftsstaat seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen sind. Auch eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation der Beschwerdeführerin oder auf die Sicherheitssituation wurde von der belangten Behörde nicht schlüssig dargetan. Zudem lässt der angefochtene Bescheid eine nähere Begründung dahingehend vermissen, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde davon ausgeht, dass eine wesentliche, nach der rechtskräftigen Zuerkennung subsidiären Schutzes eingetretene Sachverhaltsänderung bewirkt worden sei. Vielmehr hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid auf Grundlage eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts eine andere Beweiswürdigung vorgenommen bzw. andere (rechtliche) Schlüsse gezogen als das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom XXXX 2018.
3.2.5. "Zu den Voraussetzungen der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und damit auch ihrer Dauer ergibt sich aus § 8 Abs. 4 zweiter Satz AsylG 2005 (arg.: "im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen"), dass die Verlängerung auf Antrag des Betroffenen und nach Maßgabe des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den subsidiären Schutz zu erfolgen hat. Dies entspricht auch Art. 16 der Status-RL, wonach ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter ist, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist (Abs. 1). Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden (Abs. 2). Dieses Erforderlichkeitskalkül ist auch bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und der Bestimmung ihrer Dauer anzulegen."
(VwGH 31.03.2010, 2007/01/1216)
In Anlehnung an Art. 16 der Status-RL bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend, lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des
6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).
3.2.6. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Status-RL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:
Im Vergleich zu den im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2018 zugrunde gelegten Länderfeststellungen ist eine dauerhafte und nachhaltige Änderung (Verbesserung) der Lage in Somalia, die im Übrigen wohl erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum feststellbar wäre, weder aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Länderberichten noch anhand der in dieser Entscheidung wiedergegebenen Berichtslage erkennbar. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass Prognosen einer zukünftig besseren Versorgungssituation diesem Maßstab einer dauerhaften und nachhaltigen Verbesserung der Lage in Somalia nicht gerecht werden.
Auch eine grundlegende Änderung der persönlichen Situation der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wurde von der belangten Behörde nicht dargetan.
Vielmehr hat die belangte Behörde die Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten erkennbar mit einer vom rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2018 abweichenden Beweiswürdigung begründet. Dass aber eine andere rechtliche Beurteilung bzw. Beweiswürdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts die Aberkennung eines rechtskräftig zuerkannten subsidiären Schutzes nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 nicht zu tragen vermag, wurde bereits ausgeführt.
Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.
3.2.7. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1
2. Fall AsylG 2005 hinsichtlich der Spruchpunkte I., II. und IV. -
VII. des angefochtenen Bescheids stattzugeben war und diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben waren, zumal die von der belangten Behörde unter Spruchpunkt II. und IV. - VII. des Bescheides getroffenen Aussprüche schon in Folge der Behebung der amtswegigen Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ihre rechtliche Grundlage verlieren.
3.3. Zu A) II. Spruchpunkt III. Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt für ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Wie oben bereits ausführlich dargelegt, liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführerin weiterhin vor, da insbesondere nicht festgestellt werden konnte, dass sich die Gründe, aus denen der Beschwerdeführerin der Status zuerkannt wurde, nachhaltig und wesentlich geändert hätten. Aberkennungsgründe nach § 9 Abs. 2 AsylG 2005 liegen nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids stattzugeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführerin für die Dauer von zwei weiteren Jahren zu verlängern war.
3.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint; im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im vorliegenden Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben.
Schlagworte
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, befristeteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W211.2172127.2.00Zuletzt aktualisiert am
12.05.2020