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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Franz Untersmayr in Linz, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 11, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Jänner 1998, Zl. BauR - 012106/1 - 1998/UM/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1.) Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister, 2.) Mag. Wolfgang Untersmayr, Linz, Landwiedstraße 140, 3.) Renate Untersmayr, ebendort), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Die zweit- und drittmitbeteiligten Bauwerber beantragten mit Eingabe vom 7. August 1997 die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines zweigeschossigen, unterkellerten Wohnhauses mit den Außenmaßen 11 m x 7,95 m auf dem Grundstück Nr. 1593/4, KG Kleinmünchen. In den eingereichten Projektsunterlagen ist als Einlagezahl "EZ. 110" angegeben. Der Beschwerdeführer wurde als Eigentümer des unmittelbar an das zu bebauende Grundstück angrenzenden Grundstückes Nr. 1593/3, KG Kleinmünchen, zur Bauverhandlung am 29. September 1997 persönlich geladen, in welcher er die Vertagung der Verhandlung beantragte, weil die Baubeschreibung, die Kundmachung, der Einreichplan sowie der Antrag so unzureichend seien, daß Informationen über Art und Umfang des Bauvorhabens nicht ausreichend zu erhalten gewesen seien. Auf die Angabe einer falschen Einlagezahl des zu bebauenden Grundstückes und die unzureichende Darstellung der Baubestände wurde hingewiesen. Die Bauplatzbewilligung sei rechtswidrig erteilt worden. Über Einwendungen und Anträge betreffend die Änderung des rechtswirksamen Bebauungs- und Flächenwidmungsplanes sei noch nicht entschieden worden. Er habe das grundbücherlich sichergestellte Recht auf uneingeschränkte Nutzung von Räumlichkeiten auf dem Grundstück Nr. 2342, von welchem konsensgemäß Immissionen ausgingen und auf den geplanten Bau einwirken würden. Daraus resultiere eine mögliche Beeinträchtigung der bestehenden Nutzungsmöglichkeit dieses Grundstückes.
Schon mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 23. Oktober 1995 war für das zu bebauende Grundstück die Bauplatzbewilligung erteilt worden. Mit Bescheid vom 4. November 1997 wurde die beschwerdegegenständliche Baubewilligung von der Baubehörde erster Instanz erteilt und der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 4. Dezember 1997 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß im ergänzend eingefügten Spruchabschnitt III der Einwand betreffend unzureichende Einreichunterlagen als unbegründet abgewiesen, die übrigen Einwände aber als unzulässig zurückgewiesen wurden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der
O.ö. Landesregierung vom 23. Jänner 1998 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wird. Die Berufungsbehörde habe ihre Befugnis, in der Sache selbst zu entscheiden, nicht überschritten. Die Überprüfung des Bauvorhabens auf seine Übereinstimmung mit der Rechtslage und der Abspruch über Einwendungen der Nachbarn bilde eine Einheit, welche keinesfalls einer jeweils gesonderten Entscheidung zugänglich sei. Insoweit liege eine Verwaltungssache vor. Planmängel, welche zu einer Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers führen hätten können, lägen nicht vor. Die irrtümliche Angabe einer falschen Einlagezahl des richtig bezeichneten Grundstückes habe den Beschwerdeführer nicht gehindert, sich über Art, Umfang und Lage des Grundstückes bzw. des Bauvorhabens zu informieren. Die Lage und Erstreckung der auf dem Bauplatz konsenslos errichteten Bauten habe keinen Einfluß auf die Frage der Ausnutzbarkeit des Bauplatzes. Einwendungen könnten nur vom Nachbarn vorgebracht werden. Diese Voraussetung gelte auch für die Vorschrift des § 31 Abs. 5 der O.ö. Bauordnung 1994.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf Nichterteilung der beantragten Baubewilligung" verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gestützt auf § 37 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1994 trägt der Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, die Baubehörde erster Instanz hätte über seine Einwendungen absprechen müssen. Die Berufungsbehörde könne diesen Abspruch nicht nachholen, weil durch diese Vorgangsweise der Nachbar hinsichtlich der Beurteilung der Entscheidung über die erfolgten Einwendungen bezüglich einer Verwaltungsinstanz verkürzt werde. § 66 Abs. 4 AVG sei keine taugliche Rechtsgrundlage für die gegenteilige Rechtsansicht.
Gemäß § 37 Abs. 1 der hier anzuwendenden
O.ö. Bauordnung 1994 ist, sofern eine Baubewilligung erteilt wird, im Bewilligungsbescheid auch über die Einwendungen der Nachbarn abzusprechen.
In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof zur Verpflichtung der Behörde, im Baubewilligungsbescheid auch über Einwendungen der Nachbarn abzusprechen, ausgeführt, daß das Fehlen des ausdrücklichen Abspruches über die Einwendungen deshalb eine unwesentliche Mangelhaftigkeit darstellt, weil in der Erteilung der Baubewilligung auch bereits die Abweisung der Einwendungen der Nachbarn liegt. Über Nachbareinwendungen erfolgt also der Abspruch bezüglich deren öffentlich-rechtlichen Aspektes schon durch die Erteilung der Baubewilligung, mag auch über die Einwendung nicht ausdrücklich entschieden worden sein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 90/05/0068, mit weiteren Nachweisen). Mit der Ergänzung des erstinstanzlichen Bescheides durch den ausdrücklichen Abspruch über die Einwendungen des Beschwerdeführers im Berufungsbescheid hat sohin der Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt den mit einem unwesentlichen Mangel behafteten erstinstanzlichen Spruch im Sinne der Anordnung des § 37 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994 ergänzt. Der Prozeßgegenstand, das ist die Verwaltungssache, die der ersten Instanz vorlag, wurde dadurch in keiner Weise überschritten. Nach § 66 Abs. 4 AVG ist nämlich die Berufungsbehörde auch zu einer Änderung des angefochtenen Bescheides nach jeder Richtung befugt (vgl. hiezu Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, 2. Auflage, S. 1276).
Rechtswidrig soll der angefochtene Bescheid deshalb sein, weil die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht für relevant erachtet habe, daß die Einreichunterlagen unvollständig und falsch gewesen seien. Die Einlagezahl des zu bebauenden Grundstückes sei unrichtig bezeichnet und die Baubestände seien den Einreichunterlagen nicht zu entnehmen gewesen. Der Beschwerdeführer sei daher an der Geltendmachung seiner Parteienrechte gehindert gewesen.
Gemäß § 28 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1994 hat der Baubewilligungsantrag - soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungserheblich - zu enthalten:
...
2.
den Namen und die Anschrift des Eigentümers der Grundstücke, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll;
3.
die Grundstücksnummern und Einlagezahlen der in Z. 2 angeführten Grundstücke sowie die Katastralgemeinden, in denen diese Grundstücke liegen.
Dem Antrag auf Baubewilligung sind gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle anzuschließen:
1.
ein allgemeiner Grundbuchsauszug, der dem Grundbuchsstand zur Zeit der Einbringung des Antrages entsprechen muß;
...
4.
der Bauplan in dreifacher Ausfertigung, bei bewilligungspflichtigen Neu- oder Zubauten in vierfacher Ausfertigung.
Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen kann die Baubehörde auf die Vorlage eines Grundbuchsauszuges (Abs. 2 Z. 1) verzichten, wenn der Nachweis des Eigentums an den Grundstücken, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, der Baubehörde bereits vorliegt oder vom Bauwerber auf andere Weise erbracht wird.
Der Nachbar hat kein Recht auf die Vollständigkeit der Belege zum Baubewilligungsantrag und auch nicht auf die Vollständigkeit der Planunterlagen; er hat nur auf die Vorlage jener Belege und Pläne ein Recht, soweit diese erforderlich sind, seine Rechte zu verfolgen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 92/05/0202). Der Nachbar kann weiters nur solche Mängel im Bauplan rügen, die es ihm nicht ermöglichen, sich ausreichend über Art und Umfang des Bauvorhabens sowie über die Einflußnahme auf seine Rechte zu informieren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 1993, Zl. 92/05/0272).
Auf welches Grundstück sich der Baubewilligungsantrag der mitbeteiligten Bauwerber bezogen hat, war für den Beschwerdeführer nie zweifelhaft. Durch die Angabe einer falschen "Einlagezahl" des zu bebauenden Grundstückes konnte der Beschwerdeführer in seinen ihm im Baubewilligungsverfahren zukommenden subjektiv-öffentlichen Rechten und den damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensrechten nicht verletzt werden. Der konsenslose Baubestand auf dem zu bebauenden Grundstück ist nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens. Im Baubewilligungsantrag sind daher entsprechende Angaben über den "Altbestand" nicht erforderlich. In der Beschwerde wird auch nicht näher ausgeführt, welches Vorbringen der Beschwerdeführer erstattet hätte, wenn die von ihm geforderten Angaben der "Richtigkeit und Vollständigkeit" entsprochen hätten. Dem Beschwerdevorbringen fehlt es daher an der erforderlichen Darstellung der Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels.
Die Baubehörden hatten über das von den Bauwerbern beantragte Bauvorhaben zu entscheiden. Im Baubewilligungsverfahren als Projektgenehmigungsverfahren ist daher nicht über vom Antrag nicht umfaßte, auf dem zu bebauenden Grundstück bereits vorhandene konsenslose Bauten, allenfalls andere rechtswidrige Baubewilligungen sowie über Einwendungen gegen und Anträge auf Änderungen des Bebauungs- und Flächenwidmungsplanes abzusprechen. Auch sind solche nicht zu berücksichtigen.
Schließlich behauptet der Beschwerdeführer, ihm stünde am Objekt Landwiedstraße 140, inneliegend in der Liegenschaft EZ 110, KG Kleinmünchen, ein grundbücherlich sichergestelltes Nutzungsrecht zu; die Ausübung dieses Dienstbarkeitsrechtes würde durch die heranrückende Wohnbebauung des gegenständlichen Bauvorhabens beeinträchtigt. Dieser Einwand stelle eine zulässige nachbarrechtliche Einwendung im Sinne des § 31 Abs. 3 der O.ö. Bauordnung 1994 dar. Das gegenständliche Bauvorhaben hätte Auswirkungen auf den Gastgewerbebetrieb, den er auf Grund eines Pachtvertrages auf dem Objekt Landwiedstraße 140 ausübe. Die Dienstbarkeit des Nutzungsrechtes diene als Absicherung der ungehinderten Verwertung des gegenständlichen Objektes durch Vermietung und Verpachtung. Insoweit liege eine zulässige Einwendung nach § 31 Abs. 5 O.ö. Bauordnung 1994 vor.
Auch diesem Vorbringen kommt aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:
Gemäß § 31 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1994 sind Nachbarn die Eigentümer (Miteigentümer) der Grundstücke, die unmittelbar an jene Grundstücke angrenzen, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, und darüber hinaus jene Grundeigentümer, die durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern gleichgestellt.
Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
Gemäß Abs. 5 dieses Paragraphen sind bei Neubauten auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten Anlage ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Nachweise beizubringen.
Nachbarn gemäß § 31 der O.ö. Bauordnung 1994 sind nur die Eigentümer (Miteigentümer) eines Nachbargrundstückes, Wohnungseigentümer unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 leg. cit. und die Inhaber eines Baurechtes. Keine Nachbarn sind u. a. Bestandnehmer und Dienstbarkeitsberechtigte. Das bloße Nutzungsrecht an einer Liegenschaft begründet keine Parteistellung als Nachbar (vgl. auch hiezu das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995 u.v.a.). Dies gilt auch im Anwendungsbereich des § 31 Abs. 5 O.ö. Bauordnung 1994 bezüglich der erhobenen Einwendungen wegen heranrückender Bebauung. In diesem Zusammenhang vermag der Beschwerdeführer auch keinen der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil ein solcher nur dann zu einer Rechtsverletzung führen könnte, wenn er sich auf ein materielles Recht des Nachbarn bezieht. Mit der Behauptung, der angefochtene Bescheid leide an entscheidungswesentlichen Begründungsmängeln, vermag der Beschwerdeführer auch deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil er die Wesentlichkeit dieses behaupteten Verfahrensmangels nicht dartut.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhalt der BerufungsentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998050041.X00Im RIS seit
03.05.2001