TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/13 I417 2146475-2

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Veröffentlicht am 13.01.2020
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Entscheidungsdatum

13.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §32
VwGVG §32 Abs1 Z2
VwGVG §32 Abs2

Spruch

I417 2146475-2-3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich Zanier als Einzelrichter über den Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.03.2019, Zl. I417 2146475-1/29E, des XXXX, Staatsangehörigkeit Algerien, vertreten durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" in 1170 Wien, Wattgasse 48/3. Stock, beschlossen:

A)

Die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.03.2019, Zl. I417 2146475-1/29E, abgeschlossenen Verfahrens betreffend internationalen Schutz wird gemäß § 32 Abs. 1 Z. 2 VwGVG bewilligt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 12.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des BFA vom 16.01.2017, Zl. "1077531805 - 161501270/BMI-BFA_STM_RD", wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Zudem wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

3. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 30.01.2017 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete diese mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.01.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme binnen einer Frist von 14 Tagen abzugeben.

5. Eine diesbezügliche Stellungnahme langte binnen dieser Frist nicht ein.

6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zu I417 2146475-1/29E vom 25.03.2019 wurde die Beschwerde vom 30.01.2017 als unbegründet abgewiesen.

7. Mit Schriftsatz vom 12.04.2019 stellte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter den nun gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu I417 2146475-1.

8. In dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 12.04.2019 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 30.01.2019 ("Stellungnahme") auf die Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme auf elektronischem Wege eingebracht hätte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Obenstehender unbestrittener Verfahrensgang wird der Entscheidung zugrunde gelegt und als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt.

Es wird festgestellt, dass die "Stellungnahme" des Beschwerdeführers vom 30.1.2019 zwar auf elektronischem Wege eingebracht wurde, aber aufgrund technischer Probleme nicht beim Bundesverwaltungsgericht angekommen ist.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Gerichtsakt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer einen Schriftsatz am 30.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht hat, diese jedoch aufgrund technischer Probleme nicht angekommen ist ergibt sich aufgrund einer internen Recherche bei der zuständigen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichtes in Wien. Diese ergab, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass aufgrund technischer Probleme die "Stellungnahme" des Beschwerdeführers zwar eingebracht, aber nicht angekommen war (OZ 2).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 32 Abs. 1 Z. 2 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.

Nach § 32 Abs. 1 Z. 2 VwGVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel - also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen (VwGH 18.01.2017, Ra 2016/18/0197).

Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesverwaltungsgerichtes entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (VwGH 11.09.2017, Ra 2017/02/0046).

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts hat die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens zur Folge, dass die Entscheidung, mit dem das wiederaufzunehmende Verfahren abgeschlossen wurde, außer Kraft tritt (VwGH 10.10.2016, Ro 2014/17/0079). Durch die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens wird dieses in das Stadium vor der Erlassung der außer Kraft getretenen Entscheidung zurückversetzt und dass jedenfalls die neue (materielle) Entscheidung im wiederaufgenommenen Verfahren ex tunc wirkt (VwGH 21.11.2002, Zl. 2001/07/0027).

Da dem Wiederaufnahmeantrag das neu hervorgekommene Beweismittel - nämlich die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 30.01.2019 - nunmehr vorliegt und diese einer weiteren Erörterung bedarf, war der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu bewilligen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und richtet sich ausschließlich gegen die rechtliche Beurteilung. Er ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren.

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, Beweismittel, elektronischer Rechtsverkehr,
Stellungnahme, Wiederaufnahme, Wiederaufnahmeantrag,
Wiederaufnahmegrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I417.2146475.2.00

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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