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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §825;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. Mai 1997, Zl. UVS-04/A/30/00506/95, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6. und 7. Bezirk, vom 12. Oktober 1995 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt,
"als Miteigentümer des Hauses in der Zeit vom 17. Juni 1995 bis 19. Juli 1995 insoferne nicht dafür gesorgt" zu haben, "daß diese Baulichkeit und die dazugehörigen baulichen Anlagen in gutem der Baubewilligung und den Bauvorschriften entsprechenden Zustand erhalten werden, als die lockeren und absturzgefährlichen Verputzteile der Hofschaufläche und das Pflaster im Hof nicht trittsicher instandgesetzt worden sind."
Dem Beschwerdeführer wurde zur Last gelegt, die Rechtsvorschrift des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien verletzt zu haben. Über ihn wurde eine Geldstrafe von S 15.000,-- gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien verhängt.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer, wie schon in seiner Stellungnahme vor der Strafbehörde erster Instanz, aus, nur Miteigentümer zu 71/1725 Anteilen der betroffenen Liegenschaft mit dem ausschließlichen Nutzungsrecht an der Wohnung Top Nr. 15 zu sein. Er habe die Mehrheitseigentümerin, die gleichzeitig Verwalterin der Liegenschaft sei, mehrmals aufgefordert, die im Straferkenntnis umschriebenen Mängel beseitigen zu lassen. Der Verwalter, auf dessen Bestellung er als Minderheitseigentümer der Liegenschaft keinen Einfluß habe, sei für die ordnungsgemäße Verwaltung der Liegenschaft verantwortlich. Nachdem der Mehrheitseigentümer aufgrund seiner Aufforderungen die Zusagen zur Behebung der Gebrechen nicht eingehalten habe, habe er von seinem Minderheitsrecht Gebrauch gemacht und im Außerstreitverfahren beim Bezirksgericht Josefstadt den Antrag auf Enthebung der Verwalterin eingebracht; dieses Verfahren sei jedoch in das streitige Verfahren überwiesen worden. Am 31. Oktober 1995 habe er die Klage auf Enthebung der Verwalterin und Bestellung eines Zwangsverwalters eingebracht. Von Ende März 1995 bis November 1995 habe er mit rechtlichen Schritten zugewartet, weil er von der Verwalterin beauftragte Handwerker in den Wohnungen des Hauses arbeiten gesehen habe. Von weiteren gerichtlichen Schritten habe er abgesehen, weil die Kosten der Verfahren im Exekutionsweg nicht einbringlich gewesen wären. Im Frühjahr 1996 habe er selbst die Verputzflächen instandsetzen lassen. Die Pflasterung habe die Mehrheitseigentümerin nach Instandsetzung der Hoffassade durchführen lassen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. Mai 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das obzitierte Straferkenntnis keine Folge gegeben und dieses mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Vorschrift "§ 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 1 und Abs. 3 der Bauordnung für Wien" zu lauten hat.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichtbestrafung verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 300.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft.
Gemäß § 135 Abs. 3 BO ist, wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ.
Gemäß § 129 Abs. 2 leg. cit. hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, daß die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen und dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Für Gebäude in Schutzzonen besteht darüber hinaus die Verpflichtung, das Gebäude, die dazugehörigen Anlagen und die baulichen Ziergegenstände in stilgerechtem Zustand und nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu erhalten.
Für die in dieser Gesetzesstelle geregelte Instandhaltungspflicht haftet sohin jeder Miteigentümer. Die Baubehörde kann demnach auch nur einen Miteigentümer für die Nichterfüllung der Instandhaltungspflicht zur Verantwortung ziehen. Dieser muß allenfalls sein Rückgriffsrecht gegenüber den anderen Miteigentümern (siehe §§ 825 ff ABGB) bei Gericht geltend machen (siehe hiezu auch Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 3. Auflage, Seite 549, Anm. 4 zu § 129 BO). Daß der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall deshalb nicht bestraft werden dürfte, weil gemäß § 135 Abs. 3 BO ein Verwalter des beschwerdegegenständlichen Hauses bestellt worden sei und die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Beschwerdeführers vom Verwalter begangen worden sei, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Vielmehr weist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, ausgehend von den durch den Akteninhalt getroffenen Feststellungen, zutreffend darauf hin, daß der Beschwerdeführer schon aufgrund des gegen ihn erlassenen baupolizeilichen Auftrages des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 23. Mai 1995 von der ihm für den Zeitraum 17. Juni bis 19. Juli 1995 angelasteten Verletzung der Instandhaltungspflicht nach § 129 Abs. 2 BO Kenntnis hatte.
In ständiger Rechtsprechung führt der Verwaltungsgerichtshof zur hier maßgeblichen Rechtslage aus, daß eine Verletzung der gesetzlichen Instandhaltungspflicht schon vorliegt, wenn der Eigentümer nicht aufzuzeigen vermag, daß er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 96/05/0045). Wie schon erwähnt, ist jeder Miteigentümer gemäß 129 Abs. 2 BO verpflichtet, alle tatsächlichen und rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um seiner Instandhaltungspflicht nachzukommen. Hiezu gehört auch die Anrufung des Gerichtes, falls sich die anderen Miteigentümer weigern, ihrerseits ihre Instandhaltungspflicht zu erfüllen. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren vor den Strafbehörden ergibt sich kein Hinweis darauf, daß die Mehrheitseigentümerin die Durchführung der beschwerdegegenständlichen Instandsetzungsarbeiten durch ihn selbst abgelehnt oder ihn daran gehindert hätte, die Durchführung derselben vorzunehmen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung ist vielmehr zu entnehmen, daß er teilweise - wenn auch verspätet - die im Spruch des Straferkenntnisses aufgezählten Instandsetzungsarbeiten durchgeführt hat. Es kommt demnach im vorliegenden Fall nicht darauf an, welche gerichtlichen Schritte der Beschwerdeführer gegen die Mehrheitseigentümerin gesetzt hat und ob diese zielführend waren, um der dem Beschwerdeführer obliegenden gesetzlichen Verpflichtung nach § 129 Abs. 2 BO zu entsprechen. War der Beschwerdeführer als Minderheitseigentümer nicht gehindert, die hier gegenständlichen Instandsetzungsarbeiten selbst durchzuführen oder in seinem Auftrage durchführen zu lassen, dann liegt in der unterlassenen Ausschöpfung dieser aufgezeigten Möglichkeiten eine Verletzung der den Beschwerdeführer gemäß § 129 Abs. 2 BO treffenden Instandhaltungspflicht. Daß die Strafbehörden im vorliegenden Fall auf § 15 Wohnungseigentumsgesetz verwiesen haben, obwohl auf der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft noch kein Wohnungseigentum begründet worden ist, ist daher im gegebenen Sach- und Rechtszusammenhang ohne weitere entscheidungswesentliche Bedeutung.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit im Ergebnis frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997050322.X00Im RIS seit
27.08.2001