RS Vfgh 2020/3/5 E394/2020, E3835/2019

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Veröffentlicht am 05.03.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4, §9 Abs, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen afghanischen Staatsangehörigen mangels aktueller Länderberichte

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), das sich in der Entscheidung auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 stützt, übersieht, dass eine aktuelle und spezifische Information betreffend Fälle wie jenen des Beschwerdeführers, der seit seinem zweiten Lebensjahr im Iran gelebt hat und aufgewachsen ist, vorliegt. Die "Country Guidance: Afghanistan - Guidance note and common analysis" des EASO auf dem Stand Juni 2018 enthält eine spezifische Beurteilung für jene Gruppe von Rückkehrern, die entweder außerhalb Afghanistans geboren wurden oder lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt haben:

Aus dem Bericht des EASO geht hervor, dass für die genannte Personengruppe eine innerstaatliche Fluchtalternative dann nicht in Betracht komme, wenn am Zielort der aufenthaltsbeendenden Maßnahme kein Unterstützungsnetzwerk für die konkrete Person vorhanden sei, das sie bei der Befriedigung grundlegender existenzieller Bedürfnisse unterstützen könnte, und dass es einer Beurteilung im Einzelfall unter Heranziehung der folgenden Kriterien bedürfe: Unterstützungs-netzwerk, Ortskenntnis der betroffenen Person bzw Verbindungen zu Afghanis-tan, sozialer und wirtschaftlicher Hintergrund (insbesondere Bildungs- und Berufserfahrung, Selbsterhaltungsfähigkeit außerhalb Afghanistans).

Indem das BVwG diese - zum Entscheidungszeitpunkt bereits veröffentlichte - maßgebliche Information nicht berücksichtigt, hat es seine Entscheidung auf veraltete Länderberichte gestützt und damit die Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt unterlassen. Ein bloßer Verweis auf die Rsp des VwGH zu ähnlichen Fällen kann eine Auseinandersetzung mit den Länderberichten im Einzelfall nicht ersetzen.

(Siehe auch E v 09.06.2019, E3835/2019).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E394.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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