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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
EMRK Art8 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Erlassung einer Rückkehrentscheidung betreffend einen iranischen Staatsangehörigen; keine Berücksichtigung der Schwangerschaft der – ebenfalls aus dem Iran stammenden – asylberechtigten Lebensgefährtin und dem intensiven Eingriff in das FamilienlebenRechtssatz
Nach Rspr des VfGH im Lichte des Art8 EMRK ist eine Schwangerschaft der Lebensgefährtin oder Ehefrau zu berücksichtigen. Die Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG), dass im Rahmen der Interessenabwägung auf ein ungeborenes Kind überhaupt nicht Bedacht zu nehmen bzw diesem Umstand keine Bedeutung beizumessen wäre, trifft demnach nicht zu.
Zur Beziehung des Beschwerdeführers zur Verlobten hat das BVwG lediglich festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit dieser nicht zusammen lebt. Es ist jedoch dabei nicht auf die Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, dass bzw warum dies aktuell (noch) nicht möglich sei, eingegangen. Vielmehr hat das BVwG den Beschwerdeführer lediglich auf die Möglichkeit einer hypothetischen Erteilung eines Aufenthaltstitels in Österreich für den Beschwerdeführer bei neuerlicher Antragstellung aus dem Ausland bzw die Beantragung eines Visums für die Wiedereinreise verwiesen. Auf eine derartige Vermutung kann im Rahmen der Beurteilung der familiären Beziehungen im Rahmen einer im Lichte des Art8 EMRK durchzuführenden Interessenabwägung aber keine Argumentation gestützt werden. Das BVwG hat - nach erfolgtem Hinweis auf die bestehende Möglichkeit der Kontaktaufnahme über elektronische Kommunikationswege - zwar festgehalten, dass die Verlobte rechtskräftig als Flüchtling iSd Genfer Flüchtlingskonvention in Bezug auf jenen Staat anerkannt ist, in den der Beschwerdeführer ausgewiesen wird, und daher eine Weiterführung der Beziehung im Iran nicht möglich sei. Wie bzw dass diese Tatsache im Zuge der Interessenabwägung entsprechend gewichtet worden wäre, geht aus der weiteren Begründung der angefochtenen Entscheidung jedoch gerade nicht hervor.
Betreffend die "illegale Beschäftigung" werden vom BVwG keinerlei weiteren bzw sogar diesem Ergebnis entgegenstehende Feststellungen getroffen werden. So wird einerseits ausdrücklich mehrmals vom Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung gesprochen bzw dieses festgestellt (Tätigkeit als Erntearbeiter) und andererseits gerade keine Feststellung dahingehend getroffen, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Österreich einer illegalen Beschäftigung nachgegangen wäre. Auch auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung mehrmals angab, aktuell legal als Saisonarbeiter auf einem Gestüt zu arbeiten, wird in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Privat- und Familienleben, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E4269.2019Zuletzt aktualisiert am
13.05.2020