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E1ENorm
AuslBG §28 Abs1 Z1 litaBeachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Jürgen W. Zahradnik, Leitenstraße 1, 4650 Lambach, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. November 2016, LVwG-300787/80/BMa/PP, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Wels-Land), den Beschluss gefasst:
Spruch
Das Revisionsverfahren wird bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union über die mit Vorlageentscheidung des Hoge Raad der Nederlanden vom 14. Dezember 2018 (C-815/18) vorgelegten Fragen, insbesondere der Fragen 1 bis einschließlich 2(c), ausgesetzt.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 24. Juli 2015 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach Außen berufenes Organ der Firma D KG in E zu verantworten zu haben, dass die genannte Firma als Arbeitgeberin namentlich genannte ausländische Staatsangehörige am oben genannten Standort als LKW-Fahrer vom jeweiligen Eintrittsdatum bis zum 8. Mai 2014 beschäftigt habe, indem sie Fahrten im innerösterreichischen und grenzüberschreitenden Güterverkehr vom Betriebsstandort in E aus mit Sattelfahrzeugen und den damit wechselweise gezogenen Aufliegern durchführten, obwohl für die betroffenen Ausländer keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Der Revisionswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begangen, weshalb eine Geldstrafe in der Höhe von € 591.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20.815 Stunden) ausgesprochen wurde.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich wurde einer dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde teilweise Folge gegeben, als hinsichtlich einiger namentlich genannter LKW-Fahrer der Schuld- und Strafausspruch aufgehoben wurde und das Verfahren diesbezüglich eingestellt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
3 Der Revisionswerber erhob in weiterer Folge die vorliegende außerordentliche Revision. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
4 Mit Vorlageentscheidung vom 14. Dezember 2018 (C-815/18) hat der Hoge Raad der Nederlanden dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
5 „1. Ist die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen [ABl. 1997, L 18, S. 1; im Folgenden: Entsenderichtlinie] dahin auszulegen, dass diese auch auf einen Arbeitnehmer anzuwenden ist, der als Fahrer im internationalen Güterkraftverkehr tätig ist und seine Arbeit folglich in mehr als einem Mitgliedstaat verrichtet?
6 2(a). Wenn Frage 1 bejaht wird: Welcher Maßstab oder welche Gesichtspunkte sind zugrunde zu legen, um zu bestimmen, ob ein als Fahrer im internationalen Güterkraftverkehr tätiger Arbeitnehmer ‚in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats‘ im Sinne von Art. 1 Abs. 1 und 3 der Entsenderichtlinie entsendet wird und ob dieser Arbeitnehmer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Entsenderichtlinie ‚während eines begrenzten Zeitraums seine Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als demjenigen erbringt, in dessen Hoheitsgebiet er normalerweise arbeitet‘?
7 2(b). Ist für die Beantwortung von Frage 2(a) der Umstand von Bedeutung, dass das Unternehmen, das den in Frage 2(a) genannten Arbeitnehmer entsendet, mit dem Unternehmen, in das dieser Arbeitnehmer entsendet wird, - z. B. über einen Konzern - verbunden ist, und falls ja, inwiefern?
8 2(c). Wenn die Arbeit des in Frage 2(a) genannten Arbeitnehmers teilweise eine Kabotagebeförderung beinhaltet - d. h. eine Transportleistung, die ausschließlich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als demjenigen erbracht wird, in dessen Hoheitsgebiet dieser Arbeitnehmer normalerweise arbeitet -, ist dann bei diesem Arbeitnehmer in jeden Fall davon auszugehen, dass er hinsichtlich dieses Teils der Arbeiten vorübergehend im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats arbeitet? Falls ja, gilt in dem Zusammenhang eine Untergrenze, z. B. in Form eines Mindestzeitraums pro Monat, in dem diese Kabotagebeförderung stattfindet?
...“
9 Im Hinblick auf die auch im vorliegenden Fall vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu Grunde gelegte Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (in Folge Entsenderichtlinie) bzw. der anhand der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH erweisen sich die oben dargelegten Fragen insofern für das vorliegende Verfahren als relevant, weil auch für die Behandlung der vorliegenden Revision der Frage Bedeutung zukommt, ob die Entsenderichtlinie überhaupt anwendbar ist bzw. die Grundsätze der freien Dienstleistungsfreiheit vor dem Hintergrund des Unionsrechts im Sinn des Art. 56 AEUV überhaupt heranzuziehen sind. Es liegen daher die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG vor dem Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor, weshalb das Revisionsverfahren auszusetzen war.
Wien, am 10. April 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2017090005.L00Im RIS seit
06.08.2021Zuletzt aktualisiert am
18.02.2022