TE Vwgh Beschluss 2020/4/15 Ra 2019/09/0105

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Veröffentlicht am 15.04.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art18
B-VG Art18 Abs1
VStG §54b Abs2
VStG §54b Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision der A B in C, vertreten durch Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Praterstern 2/1. DG, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 23. Mai 2019, VGW-001/050/3678/2019-6, betreffend Bewilligung von Teilzahlungen einer Geldstrafe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 23. Jänner 2019 wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Zahlungsaufschub hinsichtlich des aushaftenden Gesamtbetrages an Strafen mit der Begründung abgewiesen, dass der Nachweis der Zahlungsfähigkeit nicht erbracht worden sei.

2 Die Revisionswerberin erhob dagegen Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 6 Die Revisionswerberin macht in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob bei jahrelanger Gewährung von Zahlungserleichterungen bzw. Zahlungsaufschüben ein Anspruch auf Weitergewährung bei annähernd gleichbleibenden Verhältnissen bestehe. Es sei auch der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, weil die Behörde erster Instanz seit 2007 stets zwei Mal im Jahr Zahlungserleichterungen gewährt habe und die Revisionswerberin bei der letzten Antragstellung auf eine weitere Bewilligung vertraut habe. 7 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revisionswerberin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

8 Das Verwaltungsgericht legte vor dem Hintergrund des § 54b Abs. 3 VStG, der auf die Unzumutbarkeit der Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen abstelle und die dort ins Treffen geführten Gründe die Annahme rechtfertigen müssen, dass eine Bewilligung der Zahlungserleichterung nur vorübergehende finanzielle Schwierigkeiten vermindere, seiner Entscheidung die Annahme zugrunde, dass im Fall der Revisionswerberin von dauerhaften finanziellen Schwierigkeiten und damit von Zahlungsunfähigkeit auszugehen sei. Die Revisionswerberin sei dabei ihrer Mitwirkungspflicht nicht hinreichend nachgekommen, um darzulegen, dass ihre finanziellen Schwierigkeiten nur von vorübergehender Natur seien.

9 Gegen diese Beurteilung bringt die Revision im Zulassungsvorbringen nichts Stichhaltiges vor und es wird daher auch nicht widerlegt, wonach von der Uneinbringlichkeit der ausstehenden Strafen auszugehen ist.

10 Wenn die Revisionswerberin nun die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben rügt und daraus einen Anspruch auf Bewilligung der Anträge auf Zahlungserleichterung bzw. Zahlungsaufschub ableitet, ist ihr zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Grundsatz von Treu und Glauben das in Art. 18 Abs. 1 B-VG normierte Legalitätsprinzip vorgeht. Dem Grundsatz von Treu und Glauben kann in Hinblick auf den Legalitätsgrundsatz des Art. 18 B-VG daher nur insoweit Bedeutung zukommen, als die Vorgangsweise der Behörde nicht durch zwingendes Recht gebunden ist, der Behörde somit ein Vollzugsspielraum zukommt (vgl. zum Ganzen VwGH 3.10.2018, Ra 2018/07/0423, mwN).

11 Eine solche Fallgestaltung liegt der genannten Fragestellung im vorliegenden Fall aber gar nicht zu Grunde. Sind die Voraussetzungen des § 54b Abs. 2 VStG, wonach die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen ist, soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, gegeben, so ist für eine Anwendung des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Raum. Im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe bzw. für den Fall, dass die Uneinbringlichkeit mit Grund anzunehmen ist, ist einem Antrag auf Zahlungsaufschub nicht stattzugeben. Dies gilt auch hinsichtlich eines Antrages auf Zahlungserleichterungen in Form von Ratenzahlungen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/09/0160; 19.5.2014, 2013/09/0126, mwN).

12 Davon ausgehend ist ein Widerspruch zur unter Rz 10 dargestellten Rechtsprechung daher auch hier nicht erkennbar. 13 Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin schützt der Grundsatz von Treu und Glauben auch nicht ganz allgemein das Vertrauen der hier Zahlungspflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung in der Vergangenheit. Vielmehr müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Auffassung durch die Behörde unbillig erscheinen ließen (vgl. dazu in einer Abgabensache VwGH 15.9.2016, Ra 2015/15/0076, mwN). Solche Umstände legt die Revision aber nicht dar.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. April 2020

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090105.L00

Im RIS seit

26.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

26.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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