TE OGH 2020/2/27 8Ob146/19g

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Veröffentlicht am 27.02.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Insolvenzsache des Schuldners Mag. A*****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Mühllechner, LL.M., Rechtsanwalt in Linz, über den Rekurs des Insolvenzverwalters Mag. Roland Schwab, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 12. September 2019, GZ 32 R 96/19x-75, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 3. Juli 2019, GZ 26 S 157/12d-72, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 8. 11. 2012 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen des Schuldners das Schuldenregulierungsverfahren, entzog ihm die Eigenverwaltung und bestellte Rechtsanwalt Mag. Roland Schwab zum Insolvenzverwalter. Nachdem der Insolvenzverwalter in seinem Bericht vom 23. 10. 2013 ua mitgeteilt hatte, dass das Verwertungsverfahren abgeschlossen sei, legte er am 4. 12. 2013 die Schlussrechnung und den Verteilungsentwurf (ON 36) vor. In der Schlussrechnungs- und Zahlungsplantagsatzung vom 19. 12. 2013 wurde der vom Schuldner angebotene Zahlungsplan nach Verbesserung von den anwesenden Gläubigern einstimmig angenommen. Zudem genehmigte das Erstgericht den vom Insolvenzverwalter mit ON 36 vorgelegten Verteilungsentwurf. Mit Beschluss vom 2. 1. 2014 bestätigte es den angenommenen Zahlungsplan. Am 27. 1. 2014 wurde in der Insolvenzdatei bekannt gemacht, dass der Zahlungsplan rechtskräftig bestätigt und damit das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben ist.

Mit Eingabe vom 22. 5. 2017 teilte der vormalige Insolvenzverwalter dem Erstgericht mit, es sei ihm bekannt geworden, dass der Schuldner aus einem gerichtlichen Vergleich vom 24. 1. 2006 eine Forderung gegen H***** (Drittschuldner) über 42.099 EUR samt 6 % Zinsen seit 1. 1. 2006 habe. Der Schuldner habe diese Forderung im Insolvenzverfahren nicht angegeben. Nach dessen Beendigung habe der Schuldner die Forderung zwangsweise pfandrechtlich ob der Liegenschaft des Drittschuldners sicherstellen lassen. Nach Verkauf dieser Liegenschaft könne aus den Kaufpreisen die gegenständliche Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner zur Gänze bedient werden.

Über Antrag des früheren Insolvenzverwalters stellte das Erstgericht mit (rechtskräftigem) Beschluss vom 13. 6. 2017 fest, dass die Forderung des Schuldners gegenüber H***** aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 24. 1. 2006 Teil der Konkursmasse ist, und bestellte den Rechtsanwalt Mag. Roland Schwab wieder zum Insolvenzverwalter mit dem Auftrag, die Forderung zu verwerten und auf Basis des Verteilungsentwurfs ON 36 zu verteilen.

Der Schuldner erklärte in seiner Stellungnahme vom 10. 8. 2017, er habe die Forderung irrtümlich im Insolvenzverfahren nicht angegeben. Der Beschluss vom 13. 6. 2017 sei zwar „inhaltlich richtig“. Allerdings könne der Erlös aus der Forderung im Rahmen der Nachtragsverteilung nur dann und nur insoweit an die Gläubiger ausgeschüttet werden, als die Forderung während des Insolvenzverfahrens tatsächlich verwertbar gewesen wäre, was aber nicht der Fall gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 2. 10. 2017 legte der Insolvenzverwalter einen ersten und mit Schriftsatz vom 6. 10. 2017 einen berichtigten (zweiten) Verteilungsentwurf vor, gegen die der Schuldner jeweils Erinnerungen vorbrachte, in denen er seinen Einwand zur mangelnden Werthaltigkeit bzw Einbringlichkeit der Forderung im Jahr 2013 im Wesentlichen wiederholte.

Im ersten Rechtsgang genehmigte das Erstgericht mit Beschluss vom 6. 11. 2017 den (berichtigten) Verteilungsentwurf. Im Hinblick auf den rechtskräftigen Beschluss vom 13. 6. 2017 müsse nicht auf die Frage eingegangen werden, ob der Insolvenzverwalter verpflichtet gewesen wäre, die Werthaltigkeit der Forderung während der Dauer des Schuldenregulierungsverfahrens zu überprüfen.

Über Rekurs des Schuldners hob das Rekursgericht diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Beim Beschluss vom 13. 6. 2017 handle es sich inhaltlich um einen Beschluss auf Einleitung des Nachtragsverteilungsverfahrens nach § 138 Abs 2 IO hinsichtlich der angeführten Forderung. Der Nachtragsverteilung sei jedoch nicht der derzeitige Wert der nachträglich hervorgekommenen Forderung zugrunde zu legen, sondern der Stichtag für die Wertermittlung sei der Tag der Abstimmung über den Zahlungsplan (hier 19. 12. 2013). Diesbezüglich würden allerdings die erforderlichen Tatsachenfeststellungen und Erhebungen des Erstgerichts fehlen.

Im zweiten Rechtsgang brachte der Insolvenzverwalter in seinen Berichten vom 8. 12. 2018 (ON 61) und 29. 3. 2019 (ON 65), mit denen er auch einen dritten und schließlich einen vierten Verteilungsentwurf vorlegte, zusammengefasst vor, dass der Nachtragsverteilung insgesamt ein Betrag von 49.676,82 EUR unterliege, das sei die Forderung des Schuldners von 42.099 EUR zzgl 7.577,82 EUR an 6 % Zinsen für drei Jahre. Die Einbringlichkeit und Werthaltigkeit der Forderung sei auch zum Zeitpunkt der Abstimmung über den Zahlungsplan vorgelegen. Dem Gesamterlös aus dem Verkauf der Liegenschaft des Drittschuldners von 546.352 EUR stünden sichergestellte Verbindlichkeiten des Drittschuldners zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung von 163.000 EUR und zum 31. 12. 2014 von 250.000 EUR gegenüber.

Der Schuldner wandte in seinen Erinnerungen gegen die vorgelegten Verteilungsentwürfe ein, ein Verkauf der Liegenschaft des Drittschuldners sei erst in den Jahren 2017 und 2018 möglich gewesen, nachdem im Laufe des Jahres 2016 eine großflächige Umwidmung stattgefunden habe und eine Gesamtveräußerung an einen Investor möglich gewesen sei. Aus den Verkaufserlösen in den Jahren 2017 bzw 2018 könne kein objektiver Rückschluss auf den Wert und die Verwertbarkeit der Grundstücke zum 19. 12. 2013 gezogen werden.

Mit Beschluss vom 3. 7. 2019 genehmigte das Erstgericht den (dritten) Verteilungsentwurf des Insolvenzverwalters vom 8. 12. 2018 (ON 61), stellte fest, dass die Werthaltigkeit der Forderung zum Stichtag 19. 12. 2013 mit einem Betrag von 49.676,82 EUR gegeben gewesen sei, bestimmte die Kosten des Insolvenzverwalters für die nachträgliche Verwertung mit 9.637,82 EUR (statt wie beantragt 13.237,82 EUR) und trug dem Insolvenzverwalter auf, nach Rechtskraft des Beschlusses die Verteilung durchzuführen und darüber zu berichten.

Dem dagegen gerichteten Rekurs des Schuldners gab das Rekursgericht durch Aufhebung des Beschlusses zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung Folge.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Erstgericht den Verteilungsentwurf des Insolvenzverwalters vom 8. 12. 2018 (ON 61) genehmigt habe, obwohl dieser zuletzt am 29. 3. 2019 einen geänderten Verteilungsentwurf vorlegt habe (ON 65), worin sich der verbleibende Verteilungsbetrag sowie die Verteilungsquote gegenüber dem früheren Entwurf verändert hätten. Auch der Einwand des Rekurswerbers treffe zu, dass der vom Insolvenzverwalter vorgelegte Verteilungsentwurf (in dieser Form) nicht genehmigt werden könne, wenn sich infolge der vom Erstgericht dem Insolvenzverwalter zugesprochenen geringeren Entlohnung der zur Verteilung verbleibende Betrag sowie die Verteilungsquote und die den einzelnen Gläubigern zuzuweisenden Beträge veränderten. Allerdings sei ohnehin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die neuerliche Entscheidung des Erstgerichts erforderlich, weil (nach wie vor) Tatsachenfeststellungen zum Wert der Liegenschaft des Drittschuldners zum hier maßgeblichen Stichtag der Abstimmung über den Zahlungsplan fehlten. Da die Werthaltigkeit der Forderung maßgeblich davon abhänge, inwieweit der Drittschuldner in der Lage sei, diese zu erfüllen, werde das Erstgericht zu prüfen und festzustellen haben, wie hoch der Wert der Liegenschaft des Drittschuldners zum Zeitpunkt 19. 12. 2013 gewesen sei und ob aus dem zu diesem Zeitpunkt erzielbaren Verwertungserlös der Drittschuldner nach Abzug der damals aushaftenden vorrangigen, pfandrechtlich sichergestellten Forderungen auch die gegenständliche Forderung hätte erfüllen können. Diese Vollwertigkeits- bzw Werthaltigkeitsprüfung umfasse daher auch die Prüfung der (hypothetischen) Zahlungsfähigkeit des Drittschuldners und Einbringlichkeit der Forderung zum relevanten Zeitpunkt. Weder der Insolvenzverwalter noch der Schuldner hätten behauptet, dass der Drittschuldner über eine derartige Bonität verfügt habe, dass er die Forderung jedenfalls hätte erfüllen können.

Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss sei zulässig, weil unklar erscheine, ob der vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 65/16s genannte Stichtag für die Wertermittlung (Abstimmung über den Zahlungsplan) auch für Vermögensgegenstände gelten solle, deren Wert sich ohne Zutun des Schuldners nach der Abstimmung über den Zahlungsplan und nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhöhe. Die ganz überwiegende Auffassung im Schrifttum gehe davon aus, dass auch solche Vermögenswerte der Nachtragsverteilung unterliegen würden, deren Werthaltigkeit erst im Nachhinein eintrete, insbesondere auch dann, wenn während des anhängigen Insolvenzverfahrens objektiv ein Verwertungshindernis bestanden habe oder wenn vormals uneinbringliche Forderungen erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens einbringlich würden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der (richtig) Rekurs des Insolvenzverwalters, der offenbar auf eine inhaltliche Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof abzielt, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus den vom Rekursgericht dargelegten Gründen zur Klarstellung zulässig, er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Das Rechtsmittelverfahren in Insolvenzsachen ist nach ständiger Rechtsprechung – mit Ausnahme des Eröffnungsverfahrens sowie im Gesetz genannter Sonderfälle (zB § 125 Abs 2 Satz 5 und 6 IO) – grundsätzlich einseitig (§ 260 Abs 4 IO; RIS-Justiz RS0116129 [T2]). Zwar greift die Nachtragsverteilung in die zivilrechtliche Position des (ehemaligen) Schuldners ein, sodass ihm jedenfalls bei Einleitung des Verfahrens rechtliches Gehör zu verschaffen ist (vgl 8 Ob 240/02f; 8 Ob 61/07i). Hier – im Verfahren über die Genehmigung des Verteilungsentwurfs – besteht aber keine Veranlassung, dem Schuldner ausnahmsweise aus Gründen der „Waffengleichheit“ die Möglichkeit einer Rekursbeantwortung einzuräumen (vgl RS0118686), weil beide Parteien ihren rechtlichen Standpunkt – abgesehen von wiederholten Stellungnahmen im erstinstanzlichen Verfahren – bereits im eigenen Rechtsmittel ausführlich dargelegt haben (vgl 8 Ob 104/18d).

2.1 Das Rekursgericht hat richtig erkannt, dass das Erstgericht mit Beschluss vom 13. 6. 2017, der am 27. 6. 2017 in der Insolvenzdatei bekannt gemacht wurde (vgl 8 Ob 80/06g) und unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, die Nachtragsverteilung anordnete und damit konstitutiv eine „Verstrickung“ der in die Nachtragsverteilung einzubeziehenden Vermögensstücke (hier der titulierten Forderung vom 24. 1. 2006 gegen den Drittschuldner) erfolgte (RS0065354). Der Ansicht des Rekursgerichts, für die Verteilung wäre die Werthaltigkeit der Forderung zum Stichtag 19. 12. 2013 maßgeblich, ist jedoch nicht beizutreten.

2.2 Gegenstand der Nachtragsverteilung ist das Vermögen, das der Schuldner bis zur Annahme des Zahlungsplanantrags erwirbt (Konecny, Zahlungsplan und Nachtragsverteilung, ZIK 2001/241, 146 [150]).

2.3 Wie der erkennende Senat in der Entscheidung 8 Ob 93/18m erläutert hat, endet durch den rechtskräftigen Beschluss des Insolvenzgerichts, mit welchem der Zahlungsplan bestätigt, das Abschöpfungsverfahren eingeleitet oder aus sonstigen Gründen das Konkursverfahren aufgehoben wird, die Verstrickung des Schuldnervermögens nicht völlig, sondern besteht in jenem Umfang weiter, der sich aus den anzuwendenden Verfahrensvorschriften zwingend ergibt. Insbesondere gilt dies für zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen, das erst nach der Schlussverteilung zum Vorschein kommt und das gemäß § 138 IO nachträglich zu verteilen ist, sodass es ungeachtet der Aufhebung des Verfahrens nur bedingt der freien Verfügung des Schuldners unterliegt (RS0114344). Durch Anordnung der Nachtragsverteilung wird eine planwidrige Unvollständigkeit des vorangegangenen Verwertungsverfahrens saniert (8 Ob 93/18m).

3.1 Die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner aus dem gerichtlichen Vergleich vom 24. 1. 2006 über 42.099 EUR samt 6 % Zinsen seit 1. 1. 2006 gehört in dieser Höhe zur Insolvenzmasse. Eine Ausscheidung der Forderung aus der Insolvenzmasse nach § 119 Abs 5 IO erfolgte nicht. Der Schuldner hätte es in der Hand gehabt, eine solche während des Insolvenzverfahrens zu erwirken, wäre damals eine Verwertung (allenfalls auch durch Veräußerung) der Forderung tatsächlich nicht möglich gewesen und eine Ausscheidung für die Insolvenzgläubiger vorteilhafter gewesen als deren Unterbleiben (vgl 8 Ob 8/06v). Nur durch rechtskräftige Ausscheidung nach § 119 Abs 5 IO hätte eine Transferierung der insolvenzunterworfenen Forderung in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners stattgefunden (vgl RS0065278; RS0065283). Der nachträgliche Eintritt der Verwertbarkeit des (auch nach Annahme des Zahlungsplans) unverändert zur Insolvenzmasse gehörigen Vermögens gereicht daher nicht dem Schuldner zum Vorteil. Schon in der Entscheidung 8 Ob 232/00a hat der Oberste Gerichtshof für unerheblich erachtet, dass der Erlebensfall bei einer der Nachtragsverteilung unterliegenden Versicherung erst nach Aufhebung des Konkurses eingetreten war, und auf den während des Verfahrens bereits bestehenden Anspruch auf das angesparte Guthaben abgestellt.

3.2 Das entspricht auch der in der Literatur ganz überwiegend vertretenen Ansicht, dass auf bisher nicht verwertetes Vermögen des Schuldners bei Wegfall des Verwertungshindernisses im Wege der Nachtragsverteilung zugegriffen werden kann (Lehner, Nachtragsverteilung: Die Verwertung früher nicht verwertbarer Vermögensmassen im eigentlichen Insolvenzverfahren [am Beispiel der Zukunftsvorsorge], ZIK 2017/10, 16 [18]), und zwar unabhängig davon, ob das Vermögen im früheren Insolvenzverfahren – wie hier – unbekannt war oder wegen eines Verwertungshindernisses nicht verwertet werden konnte (Zeitler in Koller/Lovrek/Spitzer, IO [2019] § 138 Rz 1; Schneider, Bekanntes Vermögen und Nachtragsverteilung, in Konecny, Insolvenzrecht und Kreditschutz 2015, ZIK Spezial, 202 [206]; Jelinek, Unterbleiben der Realisierung von Massebestandteilen und Nachtragsverteilung, in FS Sprung [2001], 195 [202f]; Reckenzaun, Teilaufhebung des Konkursverfahrens, ZIK 2013/239, 165 [167]).

3.3 Es kommt daher entgegen der Meinung des Rekursgerichts nicht darauf an, ob die Forderung gegen den Drittschuldner zum 19. 12. 2013 tatsächlich einbringlich gewesen wäre oder nicht. Maßgeblich ist allein, dass die (gesamte) Forderung – auf die zum 19. 12. 2013 Anspruch bestand – nunmehr (zur Gänze) verwertet werden konnte.

3.4 Aus der Entscheidung 8 Ob 65/16s ergibt sich nichts anderes: Zwar hat der Oberste Gerichtshof dort – ausgehend davon, dass für die vor Abschluss des Zahlungsplans zwingend gebotene Verwertung des Vermögens Stichtag der Tag der Abstimmung über den Zahlungsplan ist – auf den Wert einer Lebensversicherung zu diesem Stichtag abgestellt. Das diente aber dazu, den zu diesem Stichtag bestehenden Anspruch aus dieser Versicherung einzugrenzen. Werterhöhungen aufgrund nachträglicher Prämienzahlungen des Schuldners fallen nicht in die Insolvenzmasse. In diesem Sinne wären auch zu 8 Ob 1/08t (dort allerdings nicht behauptete) nachträgliche werterhöhende Eigenleistungen des Schuldners auf eine der Nachtragsverteilung unterliegende Liegenschaft außer Acht gelassen worden.

3.5 Die vom Rekursgericht herangezogene Entscheidung 1 Ob 128/07s, der die Aufbringung der Einlage eines Aktionärs durch Aufrechnung mit einer diesem gegen die AG zustehenden Forderung zugrunde lag, ist nicht einschlägig. Angesichts des dem Gläubigerschutz dienenden Gebots der realen Kapitalaufbringung versteht sich von selbst, dass sich die Prüfung gemäß § 150 Abs 3 AktG nicht darauf zu beschränken hat, ob die als Sacheinlage eingebrachte Forderung tatsächlich besteht, sondern darüber hinaus zu ermitteln ist, ob sie auch insoweit „vollwertig“ ist, als der Schuldner in der Lage ist, diese vollständig zu erfüllen. Für die hier relevante Problematik ist daraus jedoch nichts zu gewinnen.

4. Zu Recht hat das Rekursgericht indessen bemängelt, dass nicht nachvollziehbar ist, warum das Erstgericht nicht den letztgültigen Verteilungsentwurf vom 29. 3. 2019, sondern den Verteilungsentwurf vom 8. 12. 2018 geprüft und genehmigt hat, obwohl sich zwischenzeitig der auszuschüttende Betrag sowie die Verteilungsquote geändert haben. Aus diesem Grund erweist sich die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Rekursgericht im Ergebnis als berechtigt. Dem Rekurs war daher letztlich nicht Folge zu geben. Das Erstgericht wird seiner neuerlichen Entscheidung aber den dem zum 19. 12. 2013 bestehenden Anspruch gegen den Drittschuldner entsprechenden Verwertungserlös zugrunde zu legen haben. Darüber hinaus werden die aufgrund der sinngemäßen Anwendung der §§ 130 ff IO (vgl 8 Ob 65/16s; 8 Ob 104/18d) erforderlichen öffentlichen Bekanntmachungen zu veranlassen sein (siehe auch Zeitler in Koller/Lovrek/Spitzer, IO [2019] § 138 Rz 72 f).

Textnummer

E127989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0080OB00146.19G.0227.000

Im RIS seit

12.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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