Entscheidungsdatum
15.01.2020Index
L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung WienNorm
WMG §4 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Szep über die Beschwerde der Frau A. B., C., D.-Straße, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- u. Gesundheitsrecht, Region 2, Sozialzentrum ..., vom 02.12.2019, Zahl MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/..., mit welchem die für den Zeitraum von 01.09.2019 bis 31.12.2019 zu Unrecht empfangenen Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 2.650,26 gemäß § 21 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) in der geltende Fassung rückgefordert wurden,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass sein Spruch lautet wie folgt:
„Sie haben die für den Zeitraum von 1. September 2019 bis 31. Dezember 2019 zu Unrecht empfangenen Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 2.650,26 in Teilbeträgen zurückzuzahlen.
Die Ratenzahlung hat ab Februar 2020 in zehn Raten in der Höhe von EUR 250,-- monatlich und einer Rate in der Höhe von EUR 150,26 zu erfolgen.
Rechtsgrundlagen:
§ 21 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) in der geltenden Fassung.“
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom 2. Dezember 2019 wurde die nunmehrige Beschwerdeführerin zur Zahl MA 40 – Sozialzentrum ... – SH/... verpflichtet, die für den Zeitraum von 1. September 2019 bis 31. Dezember 2019 zu Unrecht empfangenen Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 2.650,26 zurückzuzahlen. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass die Rechtsmittelwerberin und ihre Familie seit dem 2. September 2019 ihren Lebensmittelpunkt in C. hätten, sodass ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Leistungen der Mindestsicherung bestehe. In diesem Zeitraum wäre eine Forderung in der Höhe von EUR 2.650,26 entstanden. Auf Grund geänderter Verhältnisse würden sich die zu Unrecht empfangenen Leistungen ergeben. Die Rückforderung in einem Betrag wäre zumutbar, das Verschulden sei weder geringfügig noch werde durch die Rückforderung eine Notlage herbeigeführt.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde führte die nunmehrige Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen Nachstehendes aus:
„Mit Ihrem Bescheid vom, 02.12.2019, haben Sie mich aufgefordert die zu unrecht bezogene Mindestsicherung für den Zeitraum von 01.09.2019 bis 31.12.2019 in der Höhe von € 2650,26 zurückzuzahlen.
Hiermit gebe ich an, dass die Gesamtsumme der Mindestsicherung, die ich für die Monate September, Oktober, November und Dezember 2019 erhalten habe, beträgt 2,250.26€ und NICHT 2650,26 wie sie in Ihrem Bescheid erwähnt wurde [Siehe Kontoauszug).
Erhalte Mindestsicherung:
Monat Bezogene Leistungen
September 461,91€
Oktober 600,96€
November 586,43€
Dezember 600,96€
Gesamt: 2.250.26€
Daher stelle ich den
Antrag auf
1-Meinen Fall erneut zu überprüfen
2-Da ich sehr hohe fixe Ausgaben habe, bitte ich Sie mir eine Ratenzahlung (50 € Monatlich) zu ermöglichen.“
Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:
Die am ...1990 geborene Beschwerdeführerin wohnte gemeinsam mit ihrem Ehegatten, Herrn E. B., und ihrer am ...2018 geborenen Tochter, F. B., bis zum 1. September 2019 in ihrer Mietwohnung an der Anschrift Wien, G.-gasse, wobei sich die Miete auf EUR 581,36 monatlich belief. Seit dem 2. September 2019 sind die Rechtsmittelwerberin, ihr Ehegatte sowie ihre Tochter an der Anschrift C., D.-Straße, hauptgemeldet. Diesen Umstand zeigte sie der Behörde nicht an, sondern erfuhr die Behörde am 2. Dezember 2019 durch Einholung eines Auszugs aus dem Zentralmelderegister von dem Umzug der gegenständlichen Bedarfsgemeinschaft.
Bei der Beschwerdeführerin, ihrem Ehegatten und ihrer Tochter handelt es sich um Asylberechtigte.
Mit Bescheid vom 31. Juli 2019 wurde der gegenständlichen Bedarfsgemeinschaft zur Zahl MA 40 – Sozialzentrum ... – SH/... auf Grund ihres Antrags vom 17. Juni 2019 eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs sowie Mietbeihilfe für den Zeitraum von 17. Juni 2019 bis 31. Mai 2020 zuerkannt. Der Bemessung dieser Leistungen wurde der Umstand zu Grunde gelegt, dass die Einschreiterin Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von EUR 14,53 täglich bis 26. Oktober 2020 sowie eine Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von EUR 6,06 bis 8. Juli 2019 und ihr Ehegatte ein monatliches Nettoeinkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit in der Höhe von EUR 445,35 lukriert. Des Weiteren wurde der Beschwerdeführerin die Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für den Monat September 2019 um 25% gekürzt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft und wurden der Rechtsmittelwerberin für den Zeitraum von 1. September 2019 bis 31. Dezember 2019 Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 2.650,26 zugesprochen.
Mit Mitteilung vom 30. Juli 2019 zur Zahl MA 40 – Sozialzentrum ... – SH/... verfügte die belangte Behörde gemäß § 21 Wiener Mindestsicherungsgesetz die Aufrechnung mit den Rückforderungsansprüchen laut Bescheiden vom 10. Oktober 2018, 23. Jänner 2019 und 6. Juni 2019 (richtigerweise 5. Juni 2019) in der noch aushaftenden Höhe von EUR 1.418,53 gegen die bestehenden Ansprüche auf Leistungen der Mindestsicherung. Dabei wurde die Aufrechnung ab Juni 2019 mit 13 monatlichen Raten in der Höhe von EUR 100,-- und einer Rate in der Höhe von EUR 118,53 festgesetzt. Auf Grund der derart vorgenommenen Aufrechnung wurden der gegenständlichen Bedarfsgemeinschaft im verfahrensgegenständlichen Zeitraum lediglich Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 2.250,26 ausbezahlt.
Die Beschwerdeführerin bezog im Zeitraum bis 26. Oktober 2020 Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von EUR 14,53 täglich. Der Ehegatte der Rechtsmittelwerberin lukrierte im Zeitraum von 1. Februar 2019 bis 31. August 2019 ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 445,35.
Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:
Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG abgesehen werden, weil sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollinhaltlich dem Akteninhalt entnehmen lässt und die Beschwerdeführerin trotz entsprechender Belehrung im angefochtenen Bescheid im Beschwerdeschriftsatz nicht die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Auch die belangte Behörde hat von der Beantragung der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung Abstand genommen.
Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 1 Abs. 4 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes dient die Wiener Mindestsicherung der Beseitigung einer bestehenden Notlage. Sie erfolgt auch vorbeugend, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Eine Fortsetzung ist solange möglich, als dies notwendig ist, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Die Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. Eine Zuerkennung von Leistungen für die Vergangenheit ist nicht möglich.
Gemäß § 4 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes hat Anspruch auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung, wer
1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,
2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,
3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,
4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.
Gemäß § 7 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes haben Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs volljährige Personen bei Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 2. Der Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs kann nur gemeinsam geltend gemacht werden und steht volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft solidarisch zu. Die Abdeckung des Bedarfs von zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden minderjährigen Personen erfolgt durch Zuerkennung des maßgeblichen
Mindeststandards an die anspruchberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft, der sie angehören.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung erfolgt die Zurechnung zu einer Bedarfsgemeinschaft nach folgenden Kriterien:
1. Volljährige Personen, zwischen denen keine unterhaltsrechtliche Beziehung oder Lebensgemeinschaft besteht, bilden jeweils eine eigene Bedarfsgemeinschaft, auch wenn sie mit anderen Personen in der Wohnung leben (Wohngemeinschaft), sofern nicht Z 2, 4 oder 5 anzuwenden ist.
2. Volljährige Personen, zwischen denen eine Ehe besteht oder volljährige Personen, zwischen denen eine eingetragene Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft besteht und die im gemeinsamen Haushalt leben, bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft, auch wenn sie mit einem Eltern- oder Großelternteil in der Wohnung leben.
3. Minderjährige Personen im gemeinsamen Haushalt mit zumindest einem Eltern- oder Großelternteil oder mit einer zur Obsorge berechtigten Person bilden mit diesem oder dieser eine Bedarfsgemeinschaft.
4. Volljährige Personen bis zum vollendeten 25. Lebensjahr im gemeinsamen Haushalt mit zumindest einem Eltern- oder Großelternteil bilden mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft.
5. Volljährige Personen ab dem vollendeten 25. Lebensjahr und volljährige auf Dauer arbeitsunfähige Personen bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft, auch wenn sie mit einem Eltern- oder Großelternteil in der Wohnung leben.
Gemäß § 10 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen. Bei der Berechnung der Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs von mehreren Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, erfolgt die Bemessung für die Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen aller anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen, sofern nicht § 7 Abs. 3 anzuwenden ist. Das Einkommen eines Elternteils, einer Ehegattin, eines Ehegatten, einer eingetragenen Partnerin, eines eingetragenen Partners, einer Lebensgefährtin oder eines Lebensgefährten, die nicht anspruchsberechtigt sind, ist jeweils in dem Maß anzurechnen, das 75 vH des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG abzüglich des Beitrages für die Krankenversicherung übersteigt.
Gemäß § 21 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes haben Hilfe empfangende Personen haben jede Änderung der für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Umstände, insbesondere der Vermögens-, Einkommens-, Familien- oder Wohnverhältnisse sowie Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten oder sonstige, voraussichtlich länger als zwei Wochen dauernde Abwesenheiten vom Wohnort unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien anzuzeigen.
Gemäß § 21 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes sind Leistungen, die auf Grund einer Verletzung der Anzeigepflicht gemäß Abs. 1 zu Unrecht empfangen wurden, mit Bescheid zurückzufordern. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung zu verfügen.
Gemäß § 21 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes kann die Rückforderung in Teilbeträgen erfolgen oder unterbleiben, wenn die anzeigepflichtige Person glaubhaft macht, dass die Verletzung der Anzeigepflicht auf einem geringfügigen Verschulden beruht, die Rückforderung eine Notlage herbeiführen würde, der Anspruch voraussichtlich uneinbringlich wäre oder der Betrag unbedeutend ist.
Somit sind durch die Behörde Leistungen, welche auf Grund einer Verletzung der Anzeigepflicht durch die Hilfe empfangende Person zu Unrecht empfangen wurden, zurückzufordern. Der so normierten Anzeigepflicht wird dann entsprochen, wenn die Hilfe empfangende Person jede Änderung der für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Umstände unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien anzeigt. Insbesondere umfasst diese Meldepflicht auch die Änderung der Wohnverhältnisse sowie länger als zwei Wochen dauernde Abwesenheiten vom Wohnort sowie die Änderung von Einkommensverhältnissen. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes Anspruch auf Leistungen der Mindestsicherung insbesondere nur jene Hilfesuchenden haben, die ihren Lebensmittelpunkt in Wien haben, sich tatsächlich in Wien aufhalten und ihren Lebensunterhalt in Wien bestreiten müssen. Des Weiteren ist gemäß § 10 Abs. 1 Wiener Mindestsicherungsgesetz auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.
Wie bereits festgestellt zeigte die Rechtsmittelwerberin der Behörde nicht an, dass sie, ihr Ehegatte und ihre Tochter seit dem 2. September 2019 nicht mehr in Wien wohnhaft sind, sondern wurde dieser Umstand von der Behörde durch Einholung eines Auszugs aus dem Zentralmelderegister am 2. Dezember 2019 ermittelt. Da es der Einschreiterin oblegen wäre, den Umzug ihrer Familie nach C. unverzüglich zu melden, sie diese Änderung ihrer Wohnverhältnisse dem Sozialhilfeträger jedoch nicht anzeigte, besteht der Rückforderungsanspruch nach § 21 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes dem Grunde nach zu Recht.
Entsprechend der ausdrücklichen Anordnung des § 21 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes sind Leistungen, die auf Grund der Verletzung der der Hilfe empfangenden Person obliegenden Anzeigepflicht zu Unrecht empfangen wurden, mit Bescheid zurückzufordern. Da die gegenständliche Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus der Beschwerdeführerin, ihrem Ehegatten und ihrer minderjährigen Tochter, seit dem 2. September 2019 ihren Lebensmittelpunkt in einem anderen Bundesland begründet hat, ist sie seit diesem Zeitpunkt gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 WMG nicht mehr zum Bezug von Leistungen nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz anspruchsberechtigt. Die der Rechtsmittelwerberin für den Zeitraum von 1. Oktober 2019 bis 31. Dezember 2019 zuerkannten Leistungen sind daher in voller Höhe zurückzuerstatten.
Zur Höhe des Rückforderungsbetrages betreffend den Monat September 2019 ist einleitend festzuhalten, dass die Rechtsmittelwerberin in diesem Zeitraum Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von insgesamt EUR 561,91 zuerkannt erhielt.
Die Beschwerdeführerin bildet gemeinsam mit ihrem Ehegatten und ihrer minderjährigen Tochter eine Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z. 2 und 3 Wiener Mindestsicherungsgesetz. Bei der Bemessung des Bedarfes der Hilfe suchenden Person ist vom Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien (WMG-VO) auszugehen, welcher für Ehegatten im Jahr 2019 jeweils EUR 664,10 und für ein minderjähriges Kind jeweils EUR 239,08 beträgt. Der Mindeststandard für die gegenständliche Bedarfsgemeinschaft beläuft sich somit im Jahr 2019 grundsätzlich auf EUR 1.567,28 monatlich.
Die bei einer Kürzung der Mittel aus der Wiener Mindestsicherung um 25% der Beschwerdeführerin selbst zuzusprechende monatliche Leistung unter Heranziehung des Richtsatzes für Ehegatten gemäß § 1 Abs. 2 WMG-VO beträgt EUR 539,58 [75% x (Mindeststandard von EUR 664,10 – Grundbetrag Wohnbedarf von EUR 166,02) + Grundbetrag Wohnbedarf von EUR 166,02]. Der Mindeststandard der gegenständlichen Bedarfsgemeinschaft für den Monat September 2019 beträgt im Hinblick auf die mangelnde Teilnahme der Rechtsmittelwerberin an einem Deutschkurs und die daher mit rechtskräftigem Bescheid vom 31. Juli 2019 verfügte Kürzung der Leistung um 25% EUR 1.442,76.
Ausgehend davon, dass für die von der Bedarfsgemeinschaft in Wien bewohnte Mietwohnung für September 2019 noch Miete zu entrichten war, ist der Berechnung des Mietenmehrbedarfs eine Miete in der Höhe von EUR 581,36 zu Grund zu legen. Wohnbeihilfe bezog die Bedarfsgemeinschaft im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht. Die nach § 2 Abs. 1 Z 2 WMG-VO bestehende Mietbeihilfenobergrenze bei 3 bis 4 Bewohnern in einem Haushalt beträgt im Jahr 2019 EUR 346,97. Da die Differenz zwischen der tatsächlich anfallenden Miete und der Wohnbeihilfe über der normierten Mietbeihilfenobergrenze liegt, ist somit bei der weiteren Bemessung von Letzterer auszugehen. Hiervon ist der im Mindeststandard enthaltene Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für die Beschwerdeführerin und ihren Ehegatten nach § 1 Abs. 2 lit. a WMG-VO in der Höhe von jeweils EUR 166,02 in Abzug zu bringen, womit sich ein Anspruch auf Mietbeihilfe in der Höhe von EUR 14,93 monatlich ergibt.
Somit beläuft sich der grundsätzliche monatliche Anspruch der Bedarfsgemeinschaft im September 2019 auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung in der Höhe von insgesamt EUR 1.457,69. Da die gegenständliche Bedarfsgemeinschaft jedoch lediglich am 1. September 2019 und somit einen Tag in Wien gelebt hat, hat sie für den Monat September 2019 – ausgehend davon, dass für diesen Monat noch Miete für die in Wien bewohnte Wohnung zu zahlen ist - anteilig Anspruch auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung in der Höhe von EUR 63,02 (1.442,76/30 = 48,09; 48,09 + 14,93 = 63,02). Von diesem Betrag ist nunmehr das im Vormonat lukrierte Einkommen abzuziehen (vgl. § 10 Abs. 1 Wiener Mindestsicherungsgesetz). Die Rechtsmittelwerberin bezog im August 2018 Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von insgesamt EUR 450,43, ihr Ehegatte lukrierte ein Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit in der Höhe von EUR 445,35. Da das von der Bedarfsgemeinschaft im August 2019 erworbene Einkommen in der Höhe von insgesamt EUR 895,78 den für den Monat September 2019 zuzuerkennenden Mindeststandard von EUR 63,02 bei Weitem übersteigt, bestand im September 2019 kein Anspruch der gegenständlichen Bedarfsgemeinschaft auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung.
Somit hatte die Bedarfsgemeinschaft im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von September 2019 bis Dezember 2019 keinen Anspruch auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung. Tatsächlich wurden ihr für diesen Zeitraum jedoch Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von insgesamt EUR 2.650,26 zuerkannt und ausbezahlt bzw. zum Teil auf Grund einer Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen einbehalten. Die Rückforderung für den Zeitraum von 1. September 2019 bis 31. Dezember 2019 beläuft sich somit auf EUR 2.650,26.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass ihr in diesem Zeitraum tatsächlich nur Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 2.250,26 ausbezahlt wurden, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die für September bis Dezember 2019 zuerkannten Leistungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.650,26 mit den, auf Grund der rechtskräftigen Bescheide vom 10. Oktober 2018, 23. Jänner 2019 und 5. Juni 2019, bestehenden Rückforderungsansprüchen aufgerechnet und dabei monatliche Raten von EUR 100,-- festgesetzt wurden. Zur Bemessung der Rückforderung ist somit die der gegenständlichen Bedarfsgemeinschaft zuerkannte Leistung der Mindestsicherung in der Höhe von insgesamt EUR 2.650,26 heranzuziehen, wodurch sich der soeben dargestellte Rückforderungsbetrag ergibt.
Soweit die Beschwerdeführerin um Festsetzung des Rückforderungsbetrages in Raten ersuchte, ist einleitend festzuhalten, dass § 21 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes insbesondere das gänzliche Absehen ausdrücklich von der Glaubhaftmachung der Herbeiführung einer Notlage durch die Rückforderung abhängig macht, womit das Gesetz augenscheinlich auf das Vorliegen besonderer Umstände abzielt, welche im Falle der Rückzahlung dieser zu Unrecht bezogenen Mittel zu einer Notlage führen würden, wie etwa Krankheitsfälle oder ein besonderer Bedarf, welcher aus den zu Unrecht bezogenen Leistungen gedeckt werden musste. Jede andere Interpretation der Bestimmung des § 21 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes würde sich nämlich in krassem Widerspruch zum der Mindestsicherung zu Grunde liegenden Subsidiaritätsgedanken stellen und würde dem Rechtsmissbrauch von Hilfe empfangenden Personen durch die Unterlassung der pflichtgemäßen Meldungen nach § 21 Abs. 1 dieses Gesetzes Tür und Tor öffnen. Um die Herbeiführung einer Notlage zu verhindern, war jedoch im Hinblick auf die dargelegten Lebensumstände der gegenständlichen Bedarfsgemeinschaft der Rückforderungsbetrag in Teilbeträgen festzusetzen, wobei zur Hereinbringung der Rückforderung in einem angemessenen Zeitraum die Raten mit einer Höhe von monatlich EUR 250,-- zu bemessen waren.
Der Beschwerde war somit teilweise stattzugeben und der angefochtene Bescheid im Hinblick auf die Festsetzung der Rückforderung in Teilbeträgen spruchgemäß abzuändern.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Mindestsicherung; Verletzung der Anzeigepflicht; Meldepflicht; Änderung der Wohnverhältnisse; Rückforderung in Teilbeträgen; Subsidiarität der LeistungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.141.081.339.2020Zuletzt aktualisiert am
11.05.2020