TE Bvwg Beschluss 2019/4/24 W231 2151422-2

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Veröffentlicht am 24.04.2019
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Entscheidungsdatum

24.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9
AVG §38
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W231 2151422-2/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Birgit Havranek als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Sachwalter Dr. Ulrich KLIMSCHA, dieser vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A) Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Verfahren W165 2217040-1, W165 2217038-1, W165 2217039-1 und W165 2217041-1 ausgesetzt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang, Sachverhalt und Beweiswürdigung:

1. Der Beschwerdeführer (BF), afghanischer Staatangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, stellte am 17.01.2014 einen Antrag auf internationalem Schutz in Österreich.

2. Mit Bescheid des BFA vom 14.10.2016 wurde dieser Antrag gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.). In der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt II. wurde nach Einholung von psychiatrischen Gutachten insbesondere festgehalten, dass der BF aufgrund seiner psychischen Erkrankung weder in der Lage sei, selbständig für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, noch seinen Alltag zu bewältigen, und würde daher als volljährige Person aus gerichtlicher Sicht die Beistellung eines Sachverwalters benötigen. Das BFA legte die Feststellung zugrunde, dass beim BF eine psychische Erkrankung vorliege und die Eltern und Geschwister des BF im Iran lebten. Zur Rückkehrsituation des BF stellte das BFA fest, dass ihm im Heimatland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen wäre, zumal der BF über keinerlei soziale oder familiäre Netzwerke in Afghanistan verfüge, da seine Verwandten im Iran lebten.

2. Die gegen Spruchpunkt I (Abweisung Asyl) erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht am 11.04.2017 ab (W123 2151422-1/2E). Auch das Bundesverwaltungsgericht ging in seinen Feststellungen von einer psychischen Erkrankung des BF und einem Aufenthalt der Familie des BF im Iran aus.

3. Am 30.10.2017 stellte die nachgereiste Schwester des BF, XXXX , einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, am 16.05.2018 die nachgereiste Mutter des BF, XXXX . Am 06.08.2018 beantragten schließlich der nachgereiste Bruder des BF, XXXX , und der nachgereiste Vater des BF, XXXX , jeweils internationalen Schutz in Österreich. Das BFA wies alle diese Anträge sowohl hinsichtlich der Zuerkennung von Asyl als auch subsidiären Schutz ab und erließ gegen die Angehörigen des BF jeweils eine Rückkehrentscheidung.

Die dagegen erhobenen Beschwerden sind aktuell beim Bundesverwaltungsgericht in der Geschäftsabteilung W165 zu den Zlen. W165 2217040-1, W165 2217038-1, W165 2217039-1 und W165 2217041-1 anhängig.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 28.02.2019 erkannte die belangte Behörde den mit Bescheid vom 14.10.2016 zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigen von Amts wegen ab (Spruchpunkt I), und entzog ihm die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III) und eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV). Schließlich wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V) und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides bemessen (Spruchpunkt VI).

Die belangte Behörde begründete dies damit, dass der Grund für die Gewährung des subsidiären Schutzes nicht mehr vorläge. Festgestellt wurde nunmehr, dass der BF familiäre Anknüpfungspunkte in Herat habe (Onkel und Tante väterlicherseits, Tante mütterlicherseits). Die subjektive Lage des BF habe sich im Vergleich zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geändert, der BF kehre im Familienverband nach Österreich zurück. Die Anträge auf internationalen Schutz der Angehörigen des BF seien sowohl hinsichtlich der Zuerkennung von Asyl als auch der Zuerkennung von subsidiärem Schutz abgewiesen und die Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt worden. Es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e-Sharif oder Herat, wo der BF aufgrund der Leistungsfähigkeit seiner Angehörigen und der vorhandenen familiären Anknüpfungspunkte versorgt wäre. Der BF könne auch auf die Unterstützung seiner Verwandten, die in Herat leben, zählen. Es könne nicht mehr festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einem realen Risiko ausgesetzt wäre, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zu Spruchpunkt A):

§ 38 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF bestimmt bezüglich der Beurteilung von Vorfragen wie folgt:

"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

Auf das Wesentlichste zusammengefasst, begründet die belangte Behörde die amtswegige Aberkennung des subsidiären Schutzes im Fall des BF damit, dass er nunmehr im Familienverband nach Afghanistan zurückkehren würde und dort von seinen mitreisenden Angehörigen bzw. ansässigen Verwandten so unterstützt werden könnte, dass kein Grund mehr für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz vorläge. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend Aberkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 stellen daher die Fragen der Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung betreffend die aktuell in Österreich aufhältigen Angehörigen des BF Vorfragen iSd § 38 AVG dar. Diese sind als Hauptfrage durch die zuständige Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zu entscheiden. Im Zeitpunkt der Aussetzung dieses Verfahrens sind die Beschwerdeverfahren zu den Zlen. W165 2217040-1, W165 2217038-1, W165 2217039-1 und W165 2217041-1 anhängig und noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Die Voraussetzungen des § 38 AVG zur Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfragen sind daher gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

2. Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 38 AVG Gebrauch.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aussetzung, Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W231.2151422.2.00

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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