TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/29 I405 2118211-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.2019
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Entscheidungsdatum

29.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2118211-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Sierra Leone, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in Folge auch BF) stellte am 05.02.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch BFA oder belangte Behörde) vom XXXX, negativ entschieden wurde. Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (in Folge auch BVwG) vom XXXX, als unbegründet abgewiesen und erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, vom 29.08.2017, rechtskräftig mit 02.09.2017, wurde der BFwegen §§ 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, 28a Abs 1 5. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 08.09.2017 wurde der BFvom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und wurde ihm Parteiengehör zwecks beabsichtigter Erlassung einer Rückkehrentscheidung i.V.m. einem Einreiseverbot gewährt. Dem BFwurde eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt und wurde ihm aufgetragen, die im Schreiben aufgelisteten Fragen zu seinen persönlichen Verhältnissen zu beantworten.

4. Dem Auftrag der belangten Behörde nachkommend erstattet der BF mit Schreiben vom 02.10.2017 eine Stellungnahme und beantwortete auftragsgemäß die ihm gestellten Fragen der belangten Behörde. In einem stellte er den Antrag, von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme abzusehen, in eventu Milde walten zu lassen und ein Einreiseverbot von bloß sehr niedriger Dauer zu verhängen.

5. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 11.10.2017 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Sierra Leone zulässig sei (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gegen ihn ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 06.11.2017 (bei der belangten Behörde eingelangt am selben Tag).

7. Mit Schriftsatz vom 07.11.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 10.11.2017, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

8. Mittels ERV-Mitteilung gab das Bundesverwaltungsgericht sowohl der Rechtsvertretung des als auch der belangten Behörde bekannt, dass die für den 17.07.2019 anberaumte mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht abberaumt wurde. Mit Schreiben vom 09.07.2019 gab die Rechtsberatung des BF die Niederlegung der ihr erteilten Vollmacht bekannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird zu den Feststellungen erhoben und werden darüber hinaus folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist ledig und Staatsangehöriger von Sierra Leone. Er ist Moslem und gehört der Volksgruppe der Mandingo an. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er hat in seinem Herkunftsstaat sechs Jahre lang die Schule besucht und anschließend als Schweißer gearbeitet. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Sierra Leone hat er eine Chance, auch hinkünftig am Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der BF reiste illegal nach Österreich und hält sich seit (mindestens) 05.02.2014 im österreichischem Bundesgebiet auf.

Die Familie des BF, bestehend aus seinen Eltern und drei Schwestern, lebt in Sierra Leone. In Österreich verfügt er über keine verwandtschaftlichen Bezugspunkte und hat er auch sonst keine Anknüpfungspunkte sprachlicher, beruflicher und kultureller Natur vorzuweisen.

Der BF weist in Österreich eine strafrechtliche Verurteilung auf: So wurde er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, vom 29.08.2017, rechtskräftig mit 02.09.2017, wegen §§ 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, 28a Abs 1 5. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Er befand sich bis zum 11.10.2017 in einer österreichischen Justizanstalt; danach hatte er bis zum 06.12.2017 einen gemeldeten Wohnsitz. Seither ist er unbekannten Aufenthaltes.

Der BF geht in Österreich keiner Beschäftigung nach, er bezieht auch keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Sierra Leone:

Politische Lage

Sierra Leone ist eine Präsidialdemokratie mit einem Mehrparteiensystem. Der Präsident wird direkt vom Volk gewählt und ist zugleich Staatsoberhaupt und Regierungschef. Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen finden gleichzeitig alle fünf Jahre statt (GIZ 4.2015a; vgl. AA 2.2014a). Die Verfassung aus dem Jahre 1991 gilt noch heute und setzt sich aus britischen und amerikanischen Elementen zusammen. Es gibt eine horizontale Gewaltenteilung mit Legislative, Exekutive und Judikative. Das Parlament als legislative Gewalt hat eine Kammer mit 124 Sitzen, von denen 112 Sitze für direkt gewählte Abgeordnete bestimmt sind, zwölf Sitze für die Vertretung der Paramount Chiefs reserviert sind. Diese zwölf Abgeordneten vertreten die Paramount Chiefs der 146 Chiefdoms, wobei die Paramount Chiefs in den einzelnen Chiefdoms wiederum vom Volk auf Lebenszeit gewählt werden (GIZ 4.2015a).

Präsident ist seit 2007 Ernest Bai Koroma. Er wurde bei den Wahlen 2012 (mit 58,7 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang) für eine zweite und letzte Amtsperiode im Amt bestätigt. Bei den gleichzeitigen Parlamentswahlen errang der All People's Congress (APC) 70 Parlamentssitze (2007: 59) und konnte eine reine APC-Regierung bilden (AA 2.2014a; vgl. USDOS 27.2.2014). Die Sierra Leones People's Party (SLPP) erhielt 42 Sitze (2007: 45). Von den 10 politischen Parteien in Sierra Leone sind 2 im Parlament vertreten. Die Paramount Chiefs wählen weitere 12 Vertreter in das Parlament (AA 2.2014a). Sierra Leone ist eine Wahldemokratie. Internationale Beobachter stellten fest, dass die Präsidenten- und Parlamentswahlen 2012 frei und fair waren. Sie gelten als Meilenstein auf dem Weg der Konsolidierung des Friedens im Land (FH 2015).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.2014a): Sierra Leone - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/SierraLeone/Innenpolitik_node.html, Zugriff 4.5.2015

FH - Freedom House (15.4.2015): Freedom in the World 2015 - Sierra Leone,

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2015/sierra-leone, Zugriff 4.5.2015

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2015a): Sierra Leone - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist im ganzen Land stabil (AA 2.2014a; vgl. EDA 4.5.2015; vgl. FD 4.5.2015). Armee und Polizei sind landesweit stationiert und haben nach dem vollständigen Abzug der UN-Friedenstruppen im Jahr 2005 die Verantwortung für die innere und äußere Sicherheit übernommen (AA 2.2014a; vgl. EDA 4.5.2015). Trotz des offiziellen Kriegsendes 2002 ist das Land von den Jahren des Bürgerkrieges noch schwer gezeichnet. Die Infrastruktur ist in vielen Gebieten im Landesinneren weiterhin zerstört (BMEIA 4.5.2015; vgl. AA 7.5.2015).

Der von der sierra-leonischen Regierung im Rahmen des Kampfes gegen Ebola verhängte Ausnahmezustand ist im Zuge des Rückgangs der Ebola-Erkrankungen zwar gelockert, aber dennoch weiterhin Kraft. U.a. sind Menschenansammlungen von über 10 Personen verboten (AA 7.5.2015).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.2014a): Sierra Leone - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/SierraLeone/Innenpolitik_node.html, Zugriff 4.5.2015

AA - Auswärtiges Amt (7.5.2015): Sierra Leone - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SierraLeoneSicherheit_node.html, Zugriff 7.5.2015

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (4.5.2015): Reiseinformationen Sierra Leone, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/sierra-leone-de.html, Zugriff 4.5.2015

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (4.5.2015): Reisehinweise Sierra Leone, http://www.eda.admin.ch/eda/de/home/travad/hidden/hidde2/sierra.html, Zugriff 4.5.2015

FD - France Diplomatie (4.5.2015): Conseils aux voyageurs - Sierra Leone - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/sierra-leone-12359/, Zugriff 4.5.2015

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung gewährleistet eine unabhängige Justiz, diese war jedoch zeitweise der Einflussnahme seitens der Exekutive ausgesetzt (USDOS 27.2.2014; vgl. GIZ 4.2015a). Bei Gerichtsverfahren kommt es immer wieder zu Einmischungsversuchen durch die Politik (GIZ 4.2015a). Das Rechtssystem Sierra Leones ist im Wesentlichen geprägt von der Koexistenz dreier Systeme: dem staatlichen (Ebene der Distrikte); dem traditionellen (Ebene der Chiefdoms); und vereinzelt dem islamischen Recht. Das staatliche Justizsystem basiert auf dem britischen Common Law und besteht aus einem mehrstufigen Instanzenzug. Die Richter für die drei höchsten Gerichte werden vom Präsidenten ernannt, müssen aber vom Parlament bestätigt werden. Die Gerichte auf der Ebene der Chiefdoms sind mit Laienrichtern besetzt. Gegen Urteile kann Berufung eingelegt werden (GIZ 4.2015a; vgl. IOM 6.2014). Die Judikative befindet sich seit dem Ende des Bürgerkrieges in einer Reform. Sie leidet unter zu wenig Personal und materiellen Ressourcen. Außerdem sind Korruption und Vetternwirtschaft auf allen politischen Ebenen weit verbreitet (GIZ 4.2015a).

Gesetzlich ist ein faires Verfahren vorgesehen. Gerichtsverfahren sind öffentlich. Für Angeklagte gilt generell die Unschuldsvermutung. Sie haben das Recht auf Vertretung durch und rechtzeitige Konsultation mit einem Anwalt. Gesetzlich müssen Anwälte auf Staatskosten zur Verfügung gestellt werden, sofern sich der Angeklagte keinen Anwalt leisten kann. In der Praxis funktionierte dies nicht durchwegs. Angeklagte hatten üblicherweise nicht die Möglichkeit, ihre Verteidigung angemessen vorzubereiten (USDOS 27.2.2014). Obwohl einige Verfahren frei und fair sind (FH 2015), wird der Zugang der sierra-leonischen Bevölkerung zu den Justizbehörden generell durch einen Mangel an Richtern, langwierige Verfahren und allgemein zu geringe Kapazitäten im Bereich der Strafverfolgung und der örtlichen Gerichte behindert (GIZ 4.5.2015; vgl. FH 2015).

Quellen:

FH - Freedom House (15.4.2015): Freedom in the World 2015 - Sierra Leone,

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2015/sierra-leone, Zugriff 4.5.2015

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2015a): Sierra Leone - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 4.5.2015

IOM - International Organization for Migration (6.2014):

Länderinformationsblatt Sierra Leone

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Sicherheitsbehörden

Die Polizei (SLP/Sierra Leone Police) unter dem Ministry of Internal Affairs, Local Government and Rural Development ist für die innere Sicherheit zuständig (GIZ 4.2015a; vgl. USDOS 27.2.2014). Sie ist schlecht ausgerüstet, und es mangelt ihr an ausreichenden investigativen und kriminalistischen Kapazitäten sowie der Fähigkeit zur Eindämmung von Unruhen (USDOS 27.2.2014). Für die äußere Sicherheit ist die Armee (RSLAF/Republic of Sierra Leone Armed Forces) unter dem Ministry of Defence and National Security zuständig (GIZ 4.2015a; vgl. USDOS 27.2.2014).

Über das Military Assistance to the Civil Power (MAC-P) Programm hat die Armee jedoch auch Sicherheitsverantwortung im Inneren. Dieses Programm dient der Unterstützung der Polizei in außergewöhnlichen Situationen. Zivile Behörden kontrollieren die SLP und die RSLAF und die Regierung verfügt über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Korruption und Misshandlungen. Trotzdem ist Straffreiheit weiterhin ein Problem (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2015a): Sierra Leone - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Folter und unmenschliche Behandlung

Verfassung und Gesetze verbieten Folter und unmenschliche Behandlung, es gibt allerdings Berichte, wonach Polizei und andere Sicherheitskräfte exzessive Gewalt anwenden, was manchmal zum Tod der Opfer führt (USDOS 27.2.2014). Die Regierung unternahm Schritte, um die Verantwortlichkeit der Polizei Sierra Leones zu stärken. In der Praxis werden jedoch seitens der Regierung Polizeibeamte nicht zur Verantwortung gezogen, so willkürlich oder übermäßig Gewalt anwenden. Auch im Fall ungesetzlicher Tötungen durch die Sicherheitskräfte kommt es nicht zu Strafverfolgung für die Beamten (AI 25.2.2015).

Quellen:

AI - Amnesty International (25.2.2015): Sierra Leone - Jahresbericht 2014/15 (Berichtszeitraum 2014 und wichtige Ereignisse von 2013), https://www.amnesty.org/en/countries/africa/sierra-leone/report-sierra-leone/, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Korruption

Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen. Die Regierung versucht, das Gesetz umzusetzen, jedoch weniger rigoros als in den letzten Jahren. Trotz einiger gut dokumentierter Korruptionsfälle sind Beamte häufig korrupt und gehen straffrei aus (USDOS 27.2.2014). Korruption bleibt somit weiterhin ein ernstes Problem. Die Antikorruptionskommission wurde wiederholt aufgrund ihrer schwachen Performance kritisiert, vor allem in Fällen, in denen es um Verwandte, Freunde oder Verbündete Präsident Koromas ging. Die Kommission gelang es jedoch, die Haftstrafen von drei Steuerbeamten und zwei Bankbeamte gegen Berufung durchzusetzen (FH 2015). Auf dem Index von Transparency International befand sich Sierra Leone im Jahr 2014 auf Rang 119 von 174 untersuchten Ländern (TI 2014).

Quellen:

FH - Freedom House (15.4.2015): Freedom in the World 2015 - Sierra Leone,

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2015/sierra-leone, Zugriff 4.5.2015

TI - Transparency International (2015): Corruption Perceptions Index 2014, https://www.transparency.org/cpi2014/results, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

In Sierra Leone entwickelte sich eine umfangreiche Szene zivilgesellschaftlich aktiver Gruppen (GIZ 4.2015a; vgl. BS 2014). NGOs bemühten sich auch um die Wiederherstellung des Friedens während der Jahre des Bürgerkrieges. Die Zivilgesellschaft spielte ebenso eine wichtige Rolle bei der kritischen Begleitung des Versöhnungsprozesses. Die Zivilgesellschaft in Sierra Leone beinhaltet zum einen spezifische, historisch gewachsene Strukturen wie Geheimbünde, zum anderen neuere Strukturen wie die oben angesprochenen NGOs (GIZ 4.2015a). Eine Reihe von inländischen und internationalen Menschenrechtsgruppen arbeitet im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen, untersucht Menschenrechtsfälle und veröffentlicht Ergebnisse (USDOS 27.2.2014; vgl. FH 15.4.2015). Beamte sind oft kooperativ, gehen auf Ansichten lokaler und internationaler NGOs ein und anerkennen angesprochene Probleme (USDOS 27.2.2014).

Ethnien übergreifend bilden Geheimgesellschaften und -Bünde in Sierra Leone eine kulturelle Identitätsfläche für die Bürger des Landes. Es gibt verschiedene Geheimbünde für unterschiedliche Aktivitäten. Die wichtigsten Bünde sind die Poro Society für Männer und die Bundo Society für Frauen. Bevor das formale westliche Schulsystem eingeführt wurde, dienten sie der traditionellen Wissensvermittlung zwischen den Generationen. Die Geheimbünde stehen aufgrund menschenrechtsverletzender Praktiken wie der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) in der Kritik von Menschenrechtsgruppen (GIZ 4.2015b).

Quellen:

BS - Bertelsmann Stiftung (2014): BTI 2014 - Sierra Leone Country Report,

http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI%202014%20Sierra%20Leone.pdf, Zugriff 4.5.2015

FH - Freedom House (15.4.2015): Freedom in the World 2015 - Sierra Leone,

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2015/sierra-leone, Zugriff 4.5.2015

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2015a): Sierra Leone - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 4.5.2015

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2015b): Sierra Leone - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sierra-leone/gesellschaft/, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Ombudsmann

Das parlamentarische Menschenrechtskomitee soll die Menschenrechte fördern und Verletzungen aufzeigen (BS 2014). Es arbeitet ohne Einmischung der Regierung oder von Parteien. Das Komitee bemüht sich, Menschenrechtsfragen auf der parlamentarischen Agenda zu halten und ebnet den Weg für Gesetzesänderungen oder die Ratifizierung internationaler Konventionen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

BS - Bertelsmann Stiftung (2014): BTI 2014 - Sierra Leone Country Report,

http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI%202014%20Sierra%20Leone.pdf, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Verfassung von 1991 garantiert zivile Freiheiten und Menschenrechte, und die Förderung und der Schutz von Menschenrechten sind als Staatsziele festgelegt. Die Menschenrechtsbilanz Sierra Leones hat sich in den letzten Jahren verbessert, obwohl ernste Probleme weiterhin bestehen (BS 2014). Schwerwiegende

Menschenrechts-Probleme sind unter anderem: überlange Haft unter harten und lebensbedrohlichen Haftbedingungen; weitverbreitete behördliche Korruption auf allen Ebenen der Verwaltung; sowie

Menschenhandel inklusive Kinderarbeit. Weitere Probleme sind:

Misshandlungen durch die Polizei; willkürliche Festnahmen;

Diskriminierung von und Gewalt gegen Frauen inklusive FGM;

behördliche und gesellschaftliche Diskriminierung von LGBTI-Personen sowie von Behinderten; Gewalt durch vigilante Gruppen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

BS - Bertelsmann Stiftung (2014): BTI 2014 - Sierra Leone Country Report,

http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI%202014%20Sierra%20Leone.pdf, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Meinungs- und Pressefreiheit

Verfassung und Gesetze gewährleisten Pressefreiheit (USDOS 27.2.2014; vgl. FH 2015). In der Praxis respektiert die Regierung dies üblicherweise (USDOS 27.2.2014) aber nicht immer (FH 2015). Die offizielle Rhetorik gegenüber Medien wurde schärfer. Ein hochrangiger Berater des Präsidenten drohte mehrmals, gegen regierungskritische Journalisten auf Basis von Verleumdungsgesetzen Anklage zu erheben. Journalisten sind üblicherweise nicht Verhaftungen ausgesetzt, aber einige berichteten von Angriffen und Einschüchterungen (USDOS 27.2.2014).

Historisch gesehen ist die Geschichte der Printmedien Sierra Leones einmalig: Im anglophonen Teil Westafrikas wurden hier erstmals Zeitungen veröffentlicht. Heute gibt es 44 Zeitungen, die bei der Independent Media Commission registriert sind. Von diesen erscheinen etwa zwölf Zeitungen regelmäßig. Zum Teil können diese Zeitungen im Internet gelesen werden. Heute ist das wichtigste Medium in Sierra Leone das Radio. Die Sierra Leone Broadcasting Corporation (SLBC) ist 2010 aus den Sierra Leone Broadcasting Services (SLBS) und dem UN Radio hervorgegangen. Außerdem strahlen mehr als 20 private Radiosender Programme aus, teilweise regional begrenzt. Das Fernsehen ist in Sierra Leone äußerst beliebt. Es gibt eine staatliche Fernsehstation, SLBC, die ihr Programm in Freetown, Bo, Kenema und Makeni ausstrahlt. Darüber hinaus gibt es Kabel-TV mit einigen Dutzend Kanälen. Außerhalb der größeren Städte hat das Fernsehen auf Grund fehlender Stromversorgung wenig Bedeutung (GIZ 4.2015a).

Quellen:

FH - Freedom House (15.4.2015): Freedom in the World 2015 - Sierra Leone,

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2015/sierra-leone, Zugriff 4.5.2015

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2015a): Sierra Leone - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Haftbedingungen

Gefängnis- und Haftbedingungen sind hart und manchmal lebensbedrohlich (USDOS 27.2.2014). Überbelegung ist eines der größten Probleme (USDOS 27.2.2014; vgl. FH 15.4.2015), neben unhygienischen Lebensbedingungen und ungenügender medizinischer Versorgung. Mit Ausnahme des Gefängnisses im Bezirk Kono werden Frauen und Männer in separaten Zellen untergebracht. Internationalen Beobachtern wird unbeschränkter Zugang zu den Gefängnissen gewährt (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

FH - Freedom House (15.4.2015): Freedom in the World 2015 - Sierra Leone,

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2015/sierra-leone, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Todesstrafe

Die Todesstrafe ist nicht abgeschafft. Ein Moratorium wird jedoch beachtet (BS 2014). Laut Gesetz kann die Todesstrafe weiterhin für Landesverrat und schweren Raub verhängt werden. Bei Mord ist sie zwingend vorgeschrieben. Im Mai 2014 teilte der Generalstaatsanwalt und Justizminister dem UN Komitee gegen Folter mit, dass Sierra Leone die Todesstrafe in Kürze durch eine Gesetzesänderung beim Strafgesetz abschaffen würde. Bis Jahresende 2014 ist dies noch nicht durchgeführt worden (AI 25.2.2015).

Quellen:

AI - Amnesty International (25.2.2015): Sierra Leone - Jahresbericht 2014/15 (Berichtszeitraum 2014 und wichtige Ereignisse von 2013), https://www.amnesty.org/en/countries/africa/sierra-leone/report-sierra-leone/, Zugriff 4.5.2015

BS - Bertelsmann Stiftung (2014): BTI 2014 - Sierra Leone Country Report,

http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI%202014%20Sierra%20Leone.pdf, Zugriff 4.5.2015

Bewegungsfreiheit

In der Verfassung sind uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr verankert. Die Regierung respektiert diese Rechte üblicherweise. Jedoch gibt es Berichte, wonach Sicherheitskräfte bei Straßensperren außerhalb der Hauptstadt Bestechungsgelder von Fahrzeuglenkern verlangen. Die Grenze zu Liberia ist offiziell offen. Die Behörden gestatten in der Regel Flüchtlingen, Rückkehrern und anderen Personen, sich zwischen beiden Ländern frei zu bewegen. Allerdings verlangen Polizei, Zöllner und Militär Bestechungsgelder (USDOS 27.2.2014).

Der von der sierra-leonischen Regierung im Rahmen des Kampfes gegen Ebola verhängte Ausnahmezustand ist im Zuge des Rückgangs der Ebola-Erkrankungen zwar gelockert, aber dennoch weiterhin Kraft (AA 4.5.2015). Um die Ausbreitung des Ebola-Virus einzudämmen, kann die Regierung Maßnahmen anordnen, z.B.:

Reisebeschränkungen innerhalb des Landes

Abriegelung von Ortschaften, in denen das Virus ausgebrochen ist medizinische Kontrollen bei der Ein-und Ausreise (EDA 4.5.2015)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.5.2015): Sierra Leone - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SierraLeoneSicherheit_node.html, Zugriff 4.5.2015

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (4.5.2015): Reisehinweise Sierra Leone, http://www.eda.admin.ch/eda/de/home/travad/hidden/hidde2/sierra.html, Zugriff 4.5.2015

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Die Verfassung und die Gesetze gewährleisten die Zuerkennung des Asyl- oder Flüchtlingsstatus, und die Regierung hat ein System zur Prüfung solcher Anträge etabliert. Die Regierung kooperiert mit UNHCR, um standardisierte Abläufe für die Verfahren zu entwickeln (USDOS 27.2.2014). Die IOM versorgt benachteiligte Binnenvertriebene und deren Familien mit Unterkunftsmaterial und Transportmöglichkeiten. UNICEF stellt ebenfalls Ausbildungsmaterialien für Kinder zur Verfügung und ermöglicht Zugang zur Gesundheitsversorgung. Family Home Movement und Don-Bosco-Heime kümmern sich ebenfalls um Kinder (IOM 6.2014).

Quellen:

IOM - International Organization for Migration (6.2014):

Länderinformationsblatt Sierra Leone

USDOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sierra Leone, http://www.ecoi.net/local_link/270781/400907_de.html, Zugriff 4.5.2015

Grundversorgung/Wirtschaft

Nach dem Niedergang des Landes während der Bürgerkriegsjahre ist seit 2002 eine Erholung der Volkswirtschaft zu verzeichnen. Sierra Leone ist mit einem Bruttoinlandsprodukt von 3,78 Milliarden US-Dollar und einem Prokopf-Einkommen von 615 US-Dollar im Jahr dennoch weiterhin eines der ärmsten Länder der Welt. Hinsichtlich Wirtschaftsleistung belegt Sierra Leone Platz 154 (von 184) in der Welt. Im Jahre 2012 belegte Sierra Leone den 177. Platz von 187 Ländern am Index für menschliche Entwicklung der Vereinten Nationen (Human Development Index, HDI). Sierra Leone liegt damit weiterhin unter dem Durchschnittswert der Region Subsahara. 60 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die mit rund 70 Prozent sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit ist eines der schwerwiegenderen Probleme des Landes (AA 2.2014b). Während der letzten Jahre haben UN-Agenturen und lokale NGOs bei der Etablierung von Mikrounternehmen durch Qualifikationstraining für eine große Zahl von Binnenvertriebenen und ehemaligen Kämpfern geholfen. Der Landwirtschaftssektor beschäftigt 65 Prozent der Arbeitskräfte. Das Produktionspotenzial wird durch das Grundbesitzsystem eingeschränkt; das Land befindet sich meist in den Händen von Kleinbesitzern, die Subsistenzlandwirtschaft betreiben. Der Bergbausektor beschäftigt etwa 10 Prozent der Arbeitskräfte (IOM 6.2014).

In etwa die Hälfte des Nationaleinkommens wird in der Landwirtschaft erwirtschaftet. Schätzungsweise zwei Drittel der Bevölkerung betreibt Subsistenzwirtschaft und leben damit unmittelbar von der Landwirtschaft (AA 2.2014b; vgl. IOM 6.2014). Die landwirtschaftliche Produktion hat mit der Rehabilitierung von landwirtschaftlichen Nutzflächen (z.B. Verdreifachung der Reisanbauflächen) und der Rückkehr der Flüchtlinge zugenommen. Dennoch reicht die Nahrungsmittelproduktion nicht aus, da der Zuwachs durch das hohe Bevölkerungswachstum absorbiert wird. Die Regierung Koroma hat ein umfassendes Landwirtschaftsprogramm (Comprehensive Africa Agricultural Development Programme) zur Verbesserung der Ernährungssicherheit aufgelegt. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wurde beim Reisanbau das Vorkriegsniveau inzwischen wieder erreicht. Auch beim Anbau der traditionellen landwirtschaftlichen Exportgüter Kakao und Kaffee ist in den letzten Jahren eine Erholung zu verzeichnen (AA 2.2014b). Der Export von Edelsteinen ist der wichtigste Devisenbringer. Sierra Leone ist einer der größten Produzenten von Diamanten weltweit. Obwohl Sierra Leone reich an Ressourcen ist, wurde in der Vergangenheit auch immer gegen deren Ausbeutung gekämpft. Bestrebungen, das Exportgeschäft mit größerem Erfolg zu betreiben, waren bereits ansatzweise erfolgreich (IOM 6.2014).

Zehn Jahre Bürgerkrieg haben die wirtschaftliche Situation des Landes beeinträchtigt. Die Arbeitslosigkeit ist heute eine der größten Herausforderungen (IOM 6.2014; vgl. GIZ 4.2015b). Die Mehrheit versucht mit Gelegenheitsjobs oder als Händler ein Auskommen zu erwirtschaften. Die Subsistenzwirtschaft wird in Familien oft parallel oder alternativ genutzt, um den Lebensunterhalt zu sichern. Seit dem Bürgerkrieg ist es noch nicht im notwendigen Umfang gelungen, einen beschäftigungswirksamen Aufschwung zu erzeugen. Hierbei spielen unter anderem eine schwache Privatwirtschaft sowie zu wenige gut ausgebildete Fachkräfte eine Rolle. Der informelle Sektor ist daher in Sierra Leone besonders wichtig. Die Einnahmen bleiben im informellen Sektor allerdings vergleichsweise niedrig, und der Zugang zu Krediten ist relativ schwierig (GIZ 4.2015b).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.2014b): Sierra Leone - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/SierraLeone/Wirtschaft_node.html, Zugriff 7.5.2015

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2015b): Sierra Leone - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sierra-leone/gesellschaft/, Zugriff 4.5.2015

IOM - International Organization for Migration (6.2014):

Länderinformationsblatt Sierra Leone

Medizinische Versorgung

Die Gesundheitsversorgung in Sierra Leone wird zum Teil vom Staat, zum Teil von NGOs gestellt (GIZ 4.2015b). Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch äußerst problematisch (AA 7.5.2015). Der Gesundheitssektor befindet sich immer noch in einem schwierigen Stadium und benötigt dringend zusätzliche Ressourcen sowie eine neue Politik und neue Strukturen. Die Dienstleistungen sind in Teilen des Landes eingeschränkt. Der Zugang hängt hauptsächlich davon ab, ob die Patienten zahlen können. Vielen Krankenhäusern fehlen die geeigneten finanziellen Strukturen (IOM 6.2014).

Es besteht ein ausgeprägter Mangel an Fachärzten. Selbst in Freetown ist die ärztliche Versorgung gegenwärtig sehr begrenzt (AA 7.5.2015). Der öffentliche Gesundheitssektor beschäftigt nur 190 Ärzte von denen 22 Fachärzte sind. Die Bevölkerung von Sierra Leone umfasst ca. 5,3 Mio. Menschen, so dass ein Arzt auf 30.000 Patienten kommt. Sierra Leone bildet nicht nur zu wenige Ärzte aus, es verliert auch viele an das Ausland. Nur ca. 10 Prozent der Mediziner bleiben nach dem Studium in der Heimat, die anderen wandern auf der Suche nach besseren Verdienstmöglichkeiten aus (IOM 6.2014).

Mit der Rückkehr von Frieden und Stabilität verstärkt die Regierung ihre Anstrengungen bei der Neustrukturierung der Gesundheitsversorgung. Viele Krankenhäuser wurden renoviert. Die Krankenhäuser besitzen Ambulanzen und Allradfahrzeuge, die die Beförderung von Patienten und Krankenhauspersonal erleichtern können. Bei der Bereitstellung von Gesundheitsdiensten sind im Land signifikante Unterschiede festzustellen. Ein privater Sektor der Gesundheitsversorgung existiert außerhalb der Provinzhauptstädte kaum. Die große Mehrheit der Gesundheitsdienste ist im Westen des Landes konzentriert. Dasselbe gilt für Apotheken. Von den acht öffentlichen Krankenhäusern, die tertiäre Gesundheitsversorgung bieten, befinden sich fünf im Westen, die anderen in den Provinzhauptstädten Bo, Kenema und Makeni. Von den 15 öffentlichen Krankenhäusern, die sekundäre Gesundheitsversorgung bieten, befinden sich sechs im Westen und eines in jeder Distrikthauptstadt. Privatkrankenhäuser, die Religionskörperschaften gehören, sind besser ausgestattet als die Regierungskrankenhäuser. Durch die italienische Regierung wurde in Lunsar im Norden von Sierra Leone ein Krankenhaus für Transplantationschirurgie eingerichtet. Das Connaught Hospital in Freetown wurde wieder aufgebaut und modernisiert (IOM 6.2014).

2010 wurde mit der Unterstützung des Vereinigten Königreiches und der UN ein Programm zur kostenlosen Versorgung von schwangeren Frauen und Müttern mit Kindern unter fünf Jahren eingeführt, um die hohe Mütter- und Kindersterblichkeit zu reduzieren (GIZ 4.2015b).

Die Regierung hat ein Kompensationsprogramm eingeführt, damit Medikamente zu relativ niedrigen Preisen zu kaufen sind. Im gesamten öffentlichen Gesundheitssektor herrscht jedoch beim Fachpersonal eine große Unsicherheit darüber, wer welche Leistungen bezahlen muss. Die Konfusion wurde noch durch Hilfsorganisationen verstärkt, die bestimmte Gruppen über öffentliche Gesundheitseinrichtungen kostenlos mit Medikamenten versorgten. Da der Staat oft die Gehälter nicht pünktlich zahlt, sind manche Einrichtungen dazu übergegangen, Gebühren zu erheben. Apotheken in Privatbesitz verkaufen Arzneimittel zu relativ hohen Preisen. Einfuhrzölle, Bestimmungen und Steuern erhöhen die Kosten medizinischer Versorgungsgüter und für die Ausrüstung im privaten Sektor. Arzneimittel und Spritzen sind prinzipiell frei von Einfuhrzöllen, aber Positionen wie Kondome und Röntgenfilme müssen verzollt werden. Die Kosten sind von Ort zu Ort verschieden und ziemlich hoch. Medizinische Sonderversorgung und -pflege für Personen mit psychischen Störungen, Traumata, kritischen Infektionskrankheiten und Patienten mit transplantierten Organen ist ein Problem, und die Verfügbarkeit muss in jedem einzelnen Fall vorab geprüft werden (IOM 6.2014).

Es gibt ein Krankenversicherungssystem in Sierra Leone. Versicherungsprämien werden an die nationale Versicherungsgesellschaft gezahlt. Bei Arbeitnehmern in einem Arbeitsverhältnis werden die Prämien zusammen mit den anderen Steuern direkt vom Gehalt abgeführt. Arbeitslose und Selbstständige müssen mit der Versicherungsgesellschaft Sonderabsprachen treffen. Bezieher einer Rente der nationalen Versicherung zahlen normalerweise einen minimalen Standardbeitrag für die Krankenversicherung, der von der Rente abgezogen wird (IOM 6.2014).

Westafrika wird seit Dezember 2013 von einer Ebolaepidemie heimgesucht, die hauptsächlich Liberia, Sierra Leone und Guinea betroffen hat. Die Fallzahlen sind inzwischen rückläufig, jedoch werden in Sierra Leone wöchentlich immer noch ca. 10 Neuinfektionen registriert (Freetown und Umgebung und Kambia). Durch die Ebolaepidemie ist das Gesundheitswesen in Sierra Leone nachhaltig beeinträchtigt worden, so dass eine medizinische Versorgung nur eingeschränkt möglich ist. Der von der sierra-leonischen Regierung im Rahmen des Kampfes gegen Ebola verhängte Ausnahmezustand ist im Zuge des Rückgangs der Ebola-Erkrankungen zwar gelockert, aber dennoch weiterhin Kraft. U.a. sind Menschenansammlungen von über 10 Personen verboten (AA 7.5.2015).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.5.2015): Sierra Leone - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SierraLeoneSicherheit_node.html, Zugriff 4.5.2015

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.2015b): Sierra Leone - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sierra-leone/gesellschaft/, Zugriff 4.5.2015

IOM - International Organization for Migration (6.2014):

Länderinformationsblatt

Behandlung nach Rückkehr

Die Wiedereingliederung ehemaliger Kämpfer, Binnenvertriebener und Rückkehrer aus dem Ausland stellt eine der Hauptherausforderungen nach dem Krieg dar. Während des Krieges begingen viele Kämpfer furchtbare Gewalttaten, auch in ihren eigenen Dörfern. Deswegen löst die Vorstellung in ihre Wohnorte zurückzukehren bei vielen Angst und Misstrauen aus. Die Regierung richtete den NCDDR ein, der die wirtschaftliche und soziale Wiedereingliederung von ehemaligen Kämpfern, Kindersoldaten sowie Sonderprogramme für Behinderte und Frauen sicherstellt. Das Ziel war, ehemaligen Kämpfern dabei zu helfen, produktive Mitglieder ihrer Gemeinden zu werden, marktfähige Qualifikationen und Zugang zu den Mikrounternehmensprojekten bereitzustellen und die soziale Akzeptanz durch Informationskampagnen, soziale Aussöhnung und Sensibilisierungsprozesse zu unterstützen. Auf ähnliche Weise trugen die UN und andere internationale Agenturen in hohem Maße zu diesen Bemühungen bei. Trotz des Bedarfs an weiterführender, nachhaltiger Unterstützung zur Voranbringung des Friedensprozesses und des Wiederaufbaus, hat die gegenwärtige Regierung erfolgreich günstige Bedingungen für eine Wiederaufnahme und Eingliederung zurückkehrender Migranten geschaffen, ebenso wie für eine Beteiligung des privaten Sektors an der nationalen Wirtschaftsentwicklung. Dies wurde ermöglicht durch die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten, Ausbildungstrainings, praktischen Berufstrainings sowie Entwicklungshilfe für Mikrounternehmen, die weithin als Motor der Kleinunternehmensentwicklung anerkannt und für die Entwicklung der Wirtschaft unabdingbar ist, insbesondere in jungen Ökonomien (IOM 6.2014).

Quellen:

IOM - International Organization for Migration (6.2014):

Länderinformationsblatt Sierra Leone

Eine nach Sierra Leone zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der schriftlichen Stellungnahme des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.02.2014, vor der belangten Behörde am 03.07.2015, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.10.2016 sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Sierra Leone.

Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat somit ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu den Lebensumständen, der Staatsangehörigkeit, Herkunft, Arbeitsfähigkeit sowie Glaubens- und Volkszugehörigkeit des BF gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF sowohl vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom 07.02.2014), als auch vor der belangten Behörde (Protokoll vom 03.07.2015) sowie auf die Feststellungen im Erkenntnis des BVwG vom 10.10.2016. Hieraus ergibt sich auch die mangelnde Integration des BF. Es ist im Ermittlungsverfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufkommen lässt.

Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des BF ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 16.10.2019.

Die Feststellungen zu seinem Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich einerseits aus einer Abfrage des Zentralen Melderegisters (ZMR-Auszug) sowie aus dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem, beides abgefragt am 16.10.2019.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Sierra Leone samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Zu prüfen ist daher, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet weist zwar eine gewisse Dauer auf, jedoch beruhte der seit 05.02.2014 andauernde Aufenthalt des BF dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Hinzu kommt, dass gegen den BF bereits mit Bescheid vom 18.11.2015, rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG vom 10.10.2016, eine Rückkehrentscheidung getroffen wurde und er sich ab diesem Zeitpunkt unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat und er sich dessen bewusst war.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der BFverfügt - wie bereits festgestellt - über keine Verwandten oder familienähnlichen Beziehungen in Österreich und hat er keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte vorzuweisen. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind auch nicht hervorgekommen.

Es fehlen somit alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund fünfeinhalb Jahre langen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Gleichzeitig hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des BF, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er mit der durch ein österreichisches Gericht rechtskräftig festgestellten Übertretungen gegen das SMG ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der (straf)rechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.3. Zum Ausspruch, dass die Ausweisung nach Sierra Leone zulässig ist (Spruchpunkt II.):

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062). Da - wie oben angeführt - bereits rechtskräftig festgestellt wurde, dass keine Gründe für die Zuerkennung von internationalem Schutz hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten vorliegen, ist im Sinne der oben zitierten, auch nach dem Erkenntnis VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, weiterhin beachtlichen Judikatur eine neuerliche Prüfung eines Abschiebehindernisses aus Gründen der ernsthaften Gefahr der Todesstrafe, unmenschlichen Strafe oder Behandlung und der Gefahr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikt persönlich zu Schaden zu kommen, nicht mehr neu zu prüfen. Da die nach § 50 Abs 1 FPG vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung über die von der Prüfung des subsidiären Schutzes erfassten Bereiche hinausgeht, ist in diesem Zusammenhang auch zu prüfen, ob die Abschiebung des BF nach Sierra Leone eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeutet, weil sonstige ernste Schäden aufgrund allgemeiner Unzulänglichkeiten im

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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