TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/31 W170 2224462-1

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Veröffentlicht am 31.10.2019
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Entscheidungsdatum

31.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §75 Abs24
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W170 2224462-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Spruchpunkte I. - V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2019, Zl. 1224563907 - 190325998 / BMI-BFA_BGLD_RD, zu Recht:

A) I. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte II. - V. gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, stattgegeben und die Spruchpunkte II., III., IV., V. und VI. ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei) stellte am 30.03.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, sie habe Syrien des Krieges wegen und aus Angst, Wehrdienst leisten zu müssen schon im Oktober 2016 verlassen. Sie habe einen Einberufungsbefehl erhalten.

Im Rahmen des Administrativverfahrens legte die beschwerdeführende Partei folgende, auf diese lautende, syrische Ausweise bzw. Dokumente vor:

* Personalausweis;

* Militärbuch;

* Einberufungsbefehl.

3. Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag der beschwerdeführenden Partei mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 26.09.2019, erlassen am 01.10.2019, hinsichtlich der Zuerkennung der Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Syrien zulässig sei (Spruchpunkte I. bis V.) und eine Frist für ihre freiwillige Ausreise bestimmt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführende Partei habe keine konventionsrelevanten Fluchtgründe und hätte im Falle einer Rückkehr nach Syrien keine konkrete persönliche oder individuelle Gefährdung oder Bedrohung zu befürchten. Auf das Vorbringen, in Syrien Wehrdienst leisten zu müssen, ging die Begründung des Spruchpunktes I. des Bescheides nicht ein, es wurde lediglich festgestellt, dass sich die beschwerdeführende Partei gegen die Zahlung eines Wehrersatzgeldes vom Wehrdienst befreien lassen könne, ohne dass dies konkret in der Beweiswürdigung Deckung fand.

4. Mit am 11.10.2019 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen die Spruchpunkte I. bis V. des im Spruch bezeichneten Bescheides Beschwerde erhoben.

Begründend wurde im Wesentlichen auf die die beschwerdeführende Partei treffende Pflicht, im Falle der Rückkehr nach Syrien ihren Wehrdienst antreten zu müssen und die draus resultierende asylrelevante Verfolgung hingewiesen, zumal sie sogar schon einen Einberufungsbefehl erhalten habe.

5. Die Beschwerde wurde samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 17.10.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und - nach einer entsprechenden Abnahme - am 18.10.2019 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX ist ein volljähriger syrischer Staatsangehöriger, dessen Identität feststeht und der in Österreich unbescholten ist.

1.2. XXXX ist im Oktober 2016 aus Syrien ausgereist; er ist nicht im Besitz eines syrischen Reisepasses.

1.3. XXXX könnte nur über den Flughafen von Damaskus sicher und legal nach Syrien zurückkehren; dieser ist in der Hand des syrischen Regimes.

1.4. XXXX hat einen Einberufungsbefehl erhalten und bis dato in Syrien keinen Wehrdienst geleistet.

XXXX ist ein männlicher Syrier, der 30 Jahre alt und hinreichend gesund ist.

XXXX würde im Falle seiner Rückkehr mit hinreichender Sicherheit insbesondere im Rahmen der Einreisekontrolle von syrischen Sicherheitskräften dem Wehrdienst zugeführt zu werden.

Die Weigerung, den Wehrdienst anzutreten, würde zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden.

Der Wehrdienst wäre mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Zwang verbunden, sich an Menschenrechtsverletzungen zu beteiligen.

1.5. XXXX hat keine Asylausschluss- oder -endigungsgründe verwirklicht.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweiswürdigung zu 1.1.:

Die Feststellungen zur Person der beschwerdeführenden Partei gründen sich im Wesentlichen auf den vorgelegten Personalausweis und den diesbezüglichen Angaben der beschwerdeführenden Partei vor dem Bundesamt, das diese Angaben seiner Entscheidung unwidersprochen unterstellt hat.

Die Feststellung der Unbescholtenheit gründet sich auf eine eingeholte Strafregisterauskunft.

2.2. Beweiswürdigung zu 1.2.:

Die Feststellungen hinsichtlich der Ausreise und hinsichtlich des Fehlens eines syrischen Reisepasses gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der beschwerdeführenden Partei.

2.3. Beweiswürdigung zu 1.3.:

Die Feststellung, dass eine Rückkehr nach Syrien nur über den Flughafen von Damaskus sicher und legal möglich ist, ergibt sich aus dem notorischen Wissen des Bundesverwaltungs-gerichtes bzw. aus dem Umstand, dass die Behörde eine andere Möglichkeit nicht aufgezeigt hat.

2.4. Beweiswürdigung zu 1.4.:

Dass die beschwerdeführende Partei einen Einberufungsbefehl erhalten hat und bis dato in Syrien keinen Wehrdienst geleistet hat, ergibt sich aus deren Angaben vor dem Bundesamt sowie dem vorgelegten Militärdienstbuch und dem vorgelegten Einberufungsbefehl; das Bundesamt hat weder die mangelnde Glaubwürdigkeit der diesbezüglichen Ausführungen festgestellt noch ergibt sich aus der Aktenlage ein Grund, an diesen Ausführungen zu zweifeln. Somit sind diese Ausführungen der Entscheidung zu unterstellen. Die Feststellung, dass sich die beschwerdeführende Partei durch Zahlung eines Wehrersatzgeldes vom Wehrdienst befreien lassen könnte, findet keine Begründung in der Beweiswürdigung. Aus den Länderfeststellungen des Bundesamtes, denen sich das Bundesverwaltungsgericht anschließt, ist allerdings zu erkennen, dass Personen im Alter zwischen 18 und 42 Jahren zur Leistung des Wehrdienstes verpflichtet sind und bei der Durchsetzung des Wehrdienstes erhebliche Willkür herrscht. Gerade im Falle der Rückkehr über einen Flughafen oder von der Regierung kontrollierten Grenzübergang ist der Beschwerdeführer in einer besonders verletzlichen Lage und wird, da ein Einberufungsbefehl besteht, mit hinreichender Sicherheit dem Wehrdienst zugeführt werden. Das Bundesamt ist daran zu erinnern, dass hier keine absolute Sicherheit herrschen muss sondern eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verfolgung genügt. Diese liegt zweifellos vor.

Hinsichtlich der Beweiswürdigung zu den (der Übersichtlichkeit halber) wiederholten Feststellungen zur Person der beschwerdeführenden Partei wird auf deren Aussagen, den vorgelegten Ausweis und die Beweiswürdigung zu 1.1. verwiesen.

Hinsichtlich der objektiven Nachvollziehbarkeit der Furcht der beschwerdeführenden Partei im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien vom syrischen Regime dem Wehrdienst zugeführt zu werden, ist einleitend auf die Feststellung zu 1.3. zu verweisen, nach der eine sichere und legale Rückkehr nach Syrien nur über den Flughafen von Damaskus möglich ist, der in der Hand des Regimes ist.

Aus den diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Bundesamtes zum Wehrdienst bzw. zum Dienst als Reservist der syrischen Armee geht hervor, dass sich die Stärke der syrischen Streitkräfte von etwa 300.000 Personen auf die Hälfte reduziert hat, das syrische Verteidigungsministerium begonnen habe, zusätzliche Wehrpflichtige - auch bei Kontrollen an Checkpoints - einzuziehen und Reservisten einzuberufen; letzteres insbesondere auf Grund der bestehenden Schwierigkeiten, Rekruten auszuheben. Eine Befreiung vom Wehrdienst selbst bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ist unwahrscheinlich, einen Wehrersatzdienst gibt es in Syrien nicht und wird eine Ablehnung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen nicht anerkannt.

Es ist daher davon auszugehen, dass ein reales Risiko besteht, dass das syrische Regime insbesondere männliche Syrier zwischen 18 und zumindest 40 Jahren, die über den Flughafen von Damaskus nach Syrien zurückkehren, dem Militärdienst zuführen wird, da es dieser Personen bereits habhaft ist und diese darüber hinaus - außerhalb des Familienverbandes und ohne Zugang zu anderer Art sozialer Unterstützung - dem syrischen Regime in der Phase der Einreiseformalitäten besonders ausgeliefert sind.

Dass die Weigerung, den Wehrdienst anzutreten, zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden würde, ergibt sich aus den diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Bundesamtes ebenso, wie der Umstand, dass der Wehrdienst mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Zwang verbunden wäre, sich an Menschenrechtsverletzungen zu beteiligen.

2.5. Beweiswürdigung zu 1.5.:

Die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei keine Asylausschluss- oder

-endigungsgründe verwirklicht hat, gründet sich auf den Umstand, dass keine Hinweise auf das Vorliegen solcher Gründe zu erkennen waren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien.

2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt ausdrücklich die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Militäraktionen - etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (siehe VwGH 25.3.2003, 2001/01/0009, zitiert nach Feßl/Holzschuster [Asylgesetz 2005, 117 ff]). Dies wird auch ausdrücklich im Art. 9 Abs. 2 lit e der Richtlinie 2011/95/EU als asylrelevante Verfolgung festgehalten. Daher ist eine (drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 der genannten Richtlinie fallen, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.

Festgestellt wurde, dass es im Bürgerkrieg in Syrien zu durch staatliche Stellen zu verantwortende Menschenrechtsverletzungen kommt. Auch wurde festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei als Grundwehrdiener wehrpflichtig ist und eine objektiv nachvollziehbare Befürchtung besteht, dass diese im Falle ihrer Rückkehr diesen Dienst antreten müsste. Schließlich wurde festgestellt, dass in Syrien auch Grundwehrdiener zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt und zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Handlungen gezwungen werden, widrigenfalls ihnen jedenfalls eine Gefängnisstrafe droht.

3. Da die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Hinblick auf das ihr u.a. innewohnende Zumutbarkeitskalkül die sichere und legale Erreichbarkeit des ins Auge gefassten Gebietes erfordert (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063) und eine sichere und legale Rückkehr der beschwerdeführenden Partei nach Syrien nur über den Flughafen von Damaskus möglich wäre, dieser aber in der Hand des Regimes ist und dieses der Verfolger der beschwerdeführenden Partei ist, kommt eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Betracht; ebenso liegen keine Asylausschluss- oder -endigungsgründe vor.

Daher ist der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), stattzugeben und der beschwerdeführenden Partei gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen; gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist weiters auszusprechen, dass der beschwerdeführenden Partei somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG kommt der beschwerdeführenden Partei damit eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu.

4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019,- der diesbezüglich § 24 Abs. 4 VwGVG vorgeht (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) - kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig und in ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren erhoben wurde, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes immer noch aktuell und vollständig ist und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilt.

Das ist hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhalts hier der Fall, da dieser bereits von der Behörde ermittelt wurde; diese hat lediglich die sich aus dem ermittelten Sachverhalt ergebenden Rechtsfolgen übersehen und waren daher nur Rechtsfragen zu klären.

5. Bei den Aussprüchen, mit denen der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt wird, ein Aufenthaltstitel nicht erteilt wird, eine Rückkehrentscheidung erlassen wird, und festgestellt wird, dass die Abschiebung in einen bestimmten Staat zulässig ist, handelt es sich um voneinander rechtlich trennbare Aussprüche. Demgemäß sind diese Aussprüche separat anfechtbar; sie können auch unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterliegen. Es besteht zwischen diesen lediglich insofern ein rechtlicher Zusammenhang, als es für manche Aussprüche Tatbestandsvoraussetzung ist, dass bereits andere Aussprüche getätigt wurden und zudem manche Aussprüche miteinander zu verbinden sind, sodass im Fall der Aufhebung eines Spruchs ein darauf rechtlich aufbauender Ausspruch seine Grundlage verlieren kann (Hinweis VfGH vom 27.09.2014, E 54/2014; sowie in diesem Sinn auch VwGH vom 13.11.2014, Ra 2014/18/0061; VwGH vom 16.12.2014, Ra 2014/19/0101). (vgl. VwGH vom 26.06.2019, Ra 2019/21/0146)

Ist eine Nebenbestimmung von der übrigen Entscheidung nicht trennbar, richtet sich die Revision - ungeachtet einer anderslautenden Anfechtungserklärung - auch gegen diese (vgl. etwa VwGH 20.9.2017, Ra 2016/11/0169, mwN; vgl. auch zu untrennbaren Nebenbestimmungen in den Verfahren der Verwaltungsgerichte VwGH 9.9.2015, Ro 2015/03/0032). Es steht der revisionswerbenden Partei daher im vorliegenden Fall nicht offen, die Prüfung des VwGH hinsichtlich des von der angefochtenen Rückkehrentscheidung untrennbaren Ausspruches des BVwG nach § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 auszuschließen. (vgl. VwGH vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006)

Angesichts der Aufhebung hinsichtlich § 55 AsylG 2005 können die Aussprüche über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Abweisung des Antrages auf Heilung eines Mangels gemäß § 8 AsylGDV 2005, die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat, die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keinen Bestand haben und sind daher ebenfalls aufzuheben (Hinweis VwGH vom 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). (vgl. VwGH vom 27.07.2017, Ra 2017/22/0007)

Vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Judikatur sind die Spruchpunkte II., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheids ersatzlos zu beheben, da der beschwerdeführenden Partei der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und somit keine Rechtsgrundlage für deren Prüfung besteht und die Spruchpunkte in dieser Konstellation nicht trennbar sind. Dies selbst, wenn Spruchpunkt VI. nicht einmal in Beschwerde gezogen wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2019, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

Asyl auf Zeit, Asylgewährung, asylrechtlich relevante Verfolgung,
Asylverfahren, befristete Aufenthaltsberechtigung, begründete Furcht
vor Verfolgung, Bürgerkrieg, Desertion, ersatzlose Teilbehebung,
Fluchtgründe, Flüchtlingseigenschaft, Glaubhaftmachung,
Glaubwürdigkeit, inländische Schutzalternative, innerstaatliche
Fluchtalternative, Kassation, Militärdienst, politische Gesinnung,
Spruchpunktbehebung, unterstellte politische Gesinnung,
Verfolgungsgefahr, Verfolgungshandlung, Wehrdienstverweigerung,
wohlbegründete Furcht, Zwangsrekrutierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W170.2224462.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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