TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/5 I415 2125828-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2019
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Entscheidungsdatum

05.11.2019

Norm

AEUV Art. 83
BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §229
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2125828-2/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von JXXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.02.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin reiste am 01.04.2009 nach Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 09.05.2009 als unzulässig zurückgewiesen wurde, da Griechenland für das Asylverfahren zuständig war. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 03.06.2009 abgewiesen. Eine Ausweisung nach Griechenland konnte nicht durchgesetzt werden, da die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt als obdachlos gemeldet war und einem Ladungsbescheid nicht nachkam. Die Beschwerdeführerin wurde am 21.10.2012 im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle mit einem fremden Ausweis betreten und angezeigt und befand sich vom 23.10.2012 bis 30.10.2012 in Schubhaft. Am 24.10.2012 stellte sie neuerlich einen Asylantrag, der vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 26.03.2013 hinsichtlich des Status der Asylberechtigten und der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen wurde (Spruchpunkt I. und II.). Weiters wurde sie aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Der Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Die Beschwerdeführerin hat im Februar 2013 einen italienischen Staatsangehörigen in Italien geheiratet. Die Beschwerdeführerin hat am 23.12.2013 einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte (Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers) beim Magistrat der Stadt XXXX gestellt. Diesem Antrag wurde entsprochen. Am 04.04.2014 wurde der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltskarte (Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers), Nummer XXXX ausgehändigt, mit Gültigkeit bis zum 26.03.2019. Die Beschwerdeführerin wurde am 11.11.2014 im Bundesgebiet der Republik Österreich festgenommen und befand sich von 14.11.2014 bis 02.06.2016 in Untersuchungshaft bzw. Haft in der JA XXXX und anschließend in der JA Schwarzau. Sie wurde mit Urteil des BG XXXX am 12.02.2015, rechtskräftig geworden am 17.02.2015, gemäß §§ 229 Abs. 1 und § 231 Abs. 1 StBG zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten (drei Jahre Probezeit) verurteilt. Weiters wurde die Beschwerdeführerin mit Urteil des LG XXXX vom 08.04.2015, rechtskräftig geworden am 21.10.2015, nach § 28a Abs. 4 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Am 13.01.2016 stellte die JustizanstaltXXXX im Hinblick auf ein Ansuchen der Beschwerdeführerin auf elektronisch überwachten Hausarrest eine Anfrage an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) mit dem Ersuchen um Bekanntgabe, ob die Absicht bestehe, über die Beschwerdeführerin eine fremdenpolizeiliche Maßnahme zu verhängen. Am 03.02.2016 hat die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zur Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme einvernommen. Am 12.04.2016 wurde der Ehemann der Beschwerdeführerin als Zeuge von der belangten Behörde einvernommen.

Mit Bescheid des BFA vom 25.04.2016 wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 FPG erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist. (Spruchpunkt I.) Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG wurde gegen sie ein -auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt II). Zudem wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt III.)

In Erledigung der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis dieses Gerichts vom 17.05.2016, Zl. I410 2125828-1/2E, der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs 2 und Abs 5 VwGVG ersatzlos behoben. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus wie folgt: "Die belangte Behörde hat die im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Eine Tatbestandsvoraussetzung für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG ist demnach, dass sich ein Drittstaatsangehöriger "nicht rechtmäßig" im Bundesgebiet aufhält. Warum die belangte Behörde davon ausging, dass sich die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, ist nicht nachvollziehbar. In ihren Feststellungen geht sie zwar davon aus, dass die Beschwerdeführerin "einen Aufenthaltstitel für Österreich hatte". Zu einem allfälligen Verlust des Aufenthaltsrechts führt sie dann auf Seite 7 des Bescheides unter Bezugnahme auf die ausgestellte Aufenthaltskarte lediglich Folgendes aus: "Durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot haben Sie keinen Anspruch mehr auf diesen Titel." Diese Rechtsansicht findet jedoch keine gesetzliche Deckung. Vielmehr setzt eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG einen unrechtmäßigen Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet voraus, der jedoch nicht vorliegt. Am 23.12.2013 stellte die Beschwerdeführerin beim Amt der XXXX, einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers gemäß § 54 NAG. Diesen Antrag erledigte das Amt derXXXX positiv, indem sie die beantragte Aufenthaltskarte am 26.03.2014 mit Gültigkeit bis 26.03.2019 ausstellte. Die Niederlassungsbehörde ist somit vom Bestehen eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts der Beschwerdeführerin als begünstigte Drittstaatsangehörige ausgegangen. Laut Abfrage im Informationssystem Zentrales Fremdenregister vom 10.05.2016 ist die Aufenthaltskarte bis zum 26.03.2019 gültig. In einer Konstellationen wie der vorliegenden, in der sich die Beschwerdeführerin auf Grund einer für sie nach § 54 NAG ausgestellten Aufenthaltskarte rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist die Erlassung einer auf § 52 Abs. 1 FPG gestützten Rückkehrentscheidung und eines damit nach § 53 FPG verbundenen Einreiseverbotes nicht zulässig. Die Frage der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung wäre im Hinblick auf eine begünstigte Drittstaatsangehörige anhand der speziellen Bestimmungen in § 66 FPG bzw. §67 FPG zu prüfen (VwGH 18.06.2013, 2012/18/0005). Im Rahmen eines Verfahrens nach § 66 FPG, der auf die Bestimmung in § 55 Abs. 3 NAG Bezug nimmt, wäre auch zu prüfen, ob für die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht, und auch das Recht begünstigte Drittstaatsangehörige zu sein, nicht (mehr) vorliegen. Dazu gehörte auch die Prüfung der Frage, ob vorliegend gegebenenfalls von Beginn an eine Aufenthaltsehe iSv § 30 NAG vorlag und die Beschwerdeführerin sohin ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht rechtsmissbräuchlich erlangt hat (die belangte Behörde scheint nicht davon auszugehen und trifft im bekämpften Bescheid dazu auch keinerlei Aussagen). In diesem Verfahren gehörte ebenfalls geprüft, ob die Beschwerdeführerin gegebenenfalls das Weiterbestehen ihres Aufenthaltsrechts rechtsmissbräuchlich auf die Ehe mit einem Unionsbürger stützt, obwohl sie tatsächlich kein gemeinsames Familienleben mit ihrem Ehegatten iSv Art. 8 EMRK mehr führt, zumal auch ein solches Verhalten geeignet wäre, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung nach § 55 Abs. 3 NAG hervorzurufen, was wieder nach dieser Bestimmung das Fehlen eines Aufenthaltsrechts und die Möglichkeit einer Ausweisung nach § 66 Abs. 2 FPG zur Folge hätte (in diesem Sinn VwGH 25.11.2009, 2007/21/0011). Aufgrund des Vorhandenseins einer bis zum 26.03.2019 gültigen Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers für die Beschwerdeführerin nach dem NAG ist der Aufenthalt der Beschwerdeführerin als rechtmäßig iSv § 31 Abs. 1 Z 2 FPG zu qualifizieren. Es kommt daher die Erlassung einer mit einem Einreiseverbot iSd § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG verbundenen Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG nicht in Betracht. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 iVm Abs. 5 VwGVG ersatzlos zu beheben."

Nach einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme der Beschwerdeführerin am 19.12.2016 wurde mit angefochtenem Bescheid vom 13.03.2017, Zl. XXXX, gegen die Beschwerdeführerin ein für die Dauer von neun Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und zugleich einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen und den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben. Es wurde moniert, dass die Beschwerdeführerin den vom Gesetz geforderten Gefährdungsmaßstab für ein Aufenthaltsverbot nicht erreiche. Der Verwaltungsgerichtshof verlange hier regelmäßig eine Verurteilung von mehr als fünf Jahren. Die Beschwerdeführerin stehe mittlerweile in einem Hotel in Beschäftigung, von ihr gehe keinerlei Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus.

Für eine am 31.01.2019 anberaumte mündliche Beschwerdeverhandlung sind weder die Beschwerdeführerin noch ihre Rechtsvertretung erschienen.

Am 28.02.2019 wurde eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und ihres am XXXX in XXXX geborenen Sohnes S.I.F.

Mit E-Mail vom 13.06.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht eine Kopie des italienischen Reisepasses lautend auf den Sohn der Beschwerdeführerin S.I.F., geb. XXXX, übermittelt.

Mit E-Mail vom 15.10.2019 wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Lohnzettel der Beschwerdeführerin von Juli 2019 bis September 2019 übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt wird zunächst auf die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen verwiesen und des Weiteren Folgendes festgestellt:

1.1 Zur Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist nigerianische Staatsangehörige, ihre Identität steht fest. Sie ist seit 16.02.2013 mit dem italienischen Staatsangehörigen M.F. verheiratet. Im Jahr 2014 ist der Ehegatte aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und sind sie nicht mehr zusammen - ohne jedoch geschieden zu sein. Festgestellt wird, dass kein aufrechtes Familienleben mit ihrem Ehemann besteht.

Die Beschwerdeführerin lebt gemeinsam mit ihrem am XXXX geborenen Sohn S.I.F. in XXXX. Das Kind ist entgegen der biologischen Abstammung standesamtlich als das des Ehegatten beurkundet und daher italienischer Staatsbürger. Sein biologischer Vater ist ein nigerianischer Staatsbürger, der in Italien lebt und laut Angaben der Beschwerdeführerin Asylwerber ist. Festgestellt wird, dass auch mit dem Kindesvater kein aufrechtes Familienleben besteht.

Von 25.11.2013 bis 14.10.2014 war der Ehemann der Beschwerdeführerin in Österreich an derselben Adresse gemeldet wie die Beschwerdeführerin. Der Ehemann der Beschwerdeführerin geht seit 18.12.2013 in Österreich (mit kurzen Unterbrechungen) einer Beschäftigung nach, ist daher Arbeitnehmer und hält sich in Ausübung seiner Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne von Art. 45 ff AEUV rechtmäßig in Österreich auf.

Der Beschwerdeführerin wurde auf Antrag am 26.03.2014 eine Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers von der XXXX mit Gültigkeit bis 26.03.2019 ausgestellt. Sie beantragte am 17.01.2019 beim LH von XXXX die Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot -Karte (plus), worüber dieser noch nicht entschieden hat.

Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet war im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides rechtmäßig.

Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion XXXX - scheinen folgende Verurteilungen auf:

01) BG XXXX vom 12.02.2015 RK 17.02.2015

§ 229 (1) StGB

§ 231 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 21.10.2012

Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

02) LG XXXX vom 08.04.2015 RK 21.10.2015

§§ 28a (1) 2. 3. Fall, 28a (4) Z 3 SMG § 12 2. Fall StGB

§§ 28a (1) 5. Fall, 28a (4) Z 3 SMG § 12 2. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 02.10.2014

Freiheitsstrafe 3 Jahre 4 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX 17.02.2015

zu LG XXXX 21.10.2015

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 31.01.2017, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LGXXXX vom 19.12.2016

Die Beschwerdeführerin wurde mit oben genanntem Urteil vom 12.02.2015, rechtskräftig geworden am 17.02.2015, gemäß § 229 Abs. 1 StBG wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung und gemäß § 231 Abs. 1 StBG wegen des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten (drei Jahre Probezeit) verurteilt.

Die Beschwerdeführerin wurde mit Urteil des LG XXXX vom 08.04.2015, rechtskräftig geworden am 21.10.2015, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 4 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Die Beschwerdeführerin und der Vater ihres Kindes B.I. erlangten durch den Import und die anschließende gewinnbringende Überlassung von jeweils 26.850 Gramm Cannabiskraut an eine näher beschriebene Tätergruppierung Vermögenswerte von jeweils zumindest € 6.500,-. Bei der Strafzumessung wertete das LG - unter Berücksichtigung des dem Urteil des BG XXXX vom 12.02.2015 zu Grunde liegenden Strafzumessungssachverhalts - als erschwerend die teilweise Tatbegehung in Gesellschaft, das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen mit zwei Vergehen, das 4-fache Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge des § 28b SMG, dass sie den S.N. nicht nur zur Tat bestimmt, sondern zu dessen Tatausführung (durch die Zurverfügungstellung von Zugtickets und Erbringung von Organisationsleistungen) auch beigetragen hat sowie dass sie auch durch die Festnahme des S.N., S.P. und weiteren Mitgliedern dieser Tätergruppierung von weiterer Suchtmitteldelinquenz nicht abschrecken ließ, als mildernd hingegen das (letztlich umfassende) reumütige Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel und die teilweise Sicherstellung von Suchtgift.

Infolgedessen war die Beschwerdeführerin von 12.11.2014 bis 02.06.2016 in Untersuchungs- oder Strafhaft.

Der Kindesvater wurde mit demselben Urteil des LG XXXX vom 08.04.2015, rechtskräftig geworden am 21.10.2015, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 4 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Die Beschwerdeführerin besucht katholische Gottesdienste, ist ansonsten jedoch in keiner Organisation Mitglied. Die Schwester der Beschwerdeführerin lebt in Österreich, als Freunde nannte sie Mitglieder der Kirche und eine namentlich genannte Frau.

Sie ist gesund und arbeitsfähig. Sie hat ab 16.04.2014 mehrmals im Inland angemeldet gearbeitet. Aktuell ist die als Stubenmädchen beschäftigt und brachte in den Monaten Juli 2019 brutto € 1.285,61, August 2019 € 280,33 und September 2019 brutto € 1.085,19 ins Verdienen.

In Nigeria hat die Beschwerdeführerin familiären Anschluss. Ihre Mutter und ihre vier Brüder leben dort und besteht auch wöchentlicher telefonischer Kontakt.

Sie spricht Benin als Muttersprache und Englisch gut sowie schlecht Deutsch.

Es steht nicht fest, dass die Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsehe eingegangen wäre.

1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:

Mit der Beschwerdeführerin wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria erörtert.

Daraus ergibt sich, auf das Wesentlichste zusammengefasst, dass eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt wird.

Die Beschwerdeführerin erstattete kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer ihr drohenden Gefährdung in ihrem Herkunftsstaat im Falle ihrer Rückkehr und ergaben sich auch amtswegig keine diesbezüglichen Hinweise.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid sowie in das Erkenntnis I410 2125828-1/2E dieses Gerichts vom 17.05.2016, in den Beschwerdeschriftsatz, die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie in das Register der Sozialversicherungen, das Strafregister und das Zentrale Melderegister Beweis erhoben. Weiters wurde Einschau gehalten in die im Akt befindlichen Strafurteile der Beschwerdeführerin sowie in den italienischen Reisepass ihres Sohnes mit der Nr. YB4037563, der auch dessen italienische Staatsangehörigkeit belegt.

2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Dass die Beschwerdeführerin über eine Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers, ausgestellt vom Amt derXXXXLandesregierung,XXXX, mit Gültigkeit bis 26.03.2019 verfügt, ergibt sich aus einer im Akt einliegenden Kopie der Karte mit der Nr. XXXX. Die noch unerledigte Antragstellung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot-Karte (plus) ergibt sich aus einem Schreiben des LH von XXXX vom 17.01.2019 sowie aus dem IZR.

Die Feststellungen zu ihrer Einreise, ihrer Wohnsitzmeldung und ihrer Heirat ergeben sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.

Die Feststellungen zu ihren Beschäftigungszeiten und der Verdiensthöhe in den Monaten Juli, August, September 2019 ergeben sich aus dem AJ-Web und den beigebrachten Lohnabrechnungen als Stubenmädchen.

Die Feststellungen zu ihrem Ehemann, insbesondere dessen Aufenthalt im Bundesgebiet und dessen Beschäftigungszeiten ergeben sich aus aktuellen Abfragen aus dem ZMR und dem AJ-Web.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 28.02.2019 gab die Beschwerdeführerin an, seit 2014 - und zwar noch vor ihrer Haftstrafe - nicht mehr mit ihrem Ehemann zusammen zu sein. Auf Nachfrage führte die Beschwerdeführerin jedoch aus, nicht geschieden zu sein. Es bestehe zwar gelegentlicher Kontakt zum Ehemann, jedoch würden sie eigentlich nicht miteinander sprechen.

Der 2018 Geborene ist ausweislich der Kopie einer österreichischen Geburtsurkunde Sohn des Ehemannes, jedoch führte die Beschwerdeführerin in der Verhandlung aus, dass nicht ihr Ehemann, sondern ihr in Italien lebender nigerianischer "Boy-Friend" der biologische Vater des Kindes sei.

In der mündlichen Verhandlung beschrieb die Beschwerdeführerin das Verhältnis zu ihrem Ehemann bzw. ihrem "Boy-Friend" und Kindesvater wie folgt:

"RI: Sind Sie verheiratet oder leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?

BF: Ja ich habe geheiratet.

RI: Wie heißt Ihr Gatte und seit wann sind Sie verheiratet?

BF: Sein Name ist M.F., wir haben am 16.02.2013 geheiratet.

RI: Leben Sie an derselben Adresse?

BF: Nein.

RI: Warum nicht?

BF: Im Jahr 2014 bevor ich verhaftet wurde, hatten wir einen Streit, er ist damals ausgezogen und seither sind wir nicht mehr zusammen.

RI: Leben Sie seitdem nicht mehr zusammen oder sind Sie als Paar nicht mehr zusammen?

BF: Als ich aus dem Gefängnis kam haben wir uns getroffen und haben geredet, aber es kam nicht zu einer Versöhnung, wir treffen uns immer wiedermal einmal, aber wir haben keine Beziehung zu einander. Wir sind nicht geschieden, wir sind aber auch nicht zusammen.

RI: Sie haben seit XXXX ein gemeinsames Kind, ist er nicht der Vater?

BF: Mein Sohn ist schwarz, ich bestätige hiermit, dass der Vater meines Sohnes mein Freund ("Boy-Friend") und nicht mein Ehemann ist.

RI: In der Geburtsurkunde scheint Herr M.F. als Vater auf, wie erklären Sie sich das?

BF: Als ich die Geburtsurkunde ausstellen ließ, sagte ich bei der Behörde, dass der Ehemann nicht der Vater ist. Jedoch sagten sie mir, dass man sich darum nicht kümmere und der Ehemann automatisch der Vater des Kindes ist.

RI: In einer Zeugeneinvernahme vor dem BFA am 12.04.2016 gab Herr F. an, dass er sich scheiden lassen will, warum kam es noch nicht dazu?

BF: Er hat mir das nie gesagt. Ich glaube damals war ich noch im Gefängnis.

RI: Wer ist nun der Vater Ihres Kindes?

BF: Er lebt nicht hier in Österreich, kommt aber immer wieder hierher. Er fährt dann aber wieder weg.

RI: Wie heißt dieser Mann? Wann ist er geboren? Welche Nationalität hat er?

BF: Er heißt I.B., geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria.

RI: Wo hält sich Herr I. auf, wenn er sie nicht gerade besucht?

BF: Ich glaube er lebt in Italien.

RI: Was heißt "ich glaube..."? Warum wissen Sie das nicht genau, er ist doch Ihr Freund?

BF: Ja doch, er lebt in Italien.

RI: Hat er eine Aufenthaltsberechtigung für Italien?

BF: Nein.

RI: Ist er Asylwerber?

BF: Ja.

RI: Hat er schon ein Ergebnis erhalten?

BF: Ich weiß es nicht, wir haben nicht darüber gesprochen. Ich weiß nur, dass er keine Papiere hat.

RI: Warum sprechen Sie nicht über solche fundamental wichtigen Dinge?

BF: Das ist nicht so wichtig.

[...]

RI: Was sagen Sie dazu, dass Sie Ihren Aufenthalt damit rechtfertigen, dass Sie - primär am Papier, wenn man Ihren Schilderungen so folgt - mit jemanden verheiratet sind, der sich laut BFA- Einvernahme vom 12.04.2016 von Ihnen scheiden lassen möchte und zudem Sie seit über vier Jahren keine Beziehung mehr führen?

BF schweigt. Nach einer Pause: Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll.

RI: Wie oft besucht Sie Herr I.?

BF: Er ist seit längerer Zeit nicht mehr gekommen.

RI: Hat er das gemeinsame Kind schon persönlich kennen gelernt?

BF: Ja, als ich nach Italien gefahren bin, haben wir uns gesehen.

RI: Unterstützt er Sie finanziell?

BF: Ich verdiene ja Geld ich kann für mich und mein Kind selbst sorgen, außerdem habe ich ein bisschen gespart. Ich habe eine Freundin die mich ebenfalls unterstützt.

RI: Sie haben den Herrn I. als "Boyfriend" bezeichnet. Das was Sie mir hier schildern klingt aber nicht so als stünden Sie sich sehr nahe. Erklären Sie mir das?

BF: Wir streiten nicht miteinander, wir leben einfach nur nicht zusammen.

RI: Schildern Sie mir warum er Ihr Partner ist? Haben Sie regelmäßigen Kontakt? Sie schildern es so emotionslos, dass er Sie schon langen nicht mehr besucht hat. Sie haben immerhin seit XXXX 2018 ein gemeinsames Kind.

BF: Ja wir telefonieren schon miteinander, aber ich verstehe nicht, warum Herr I. hier so wichtig ist, dass sein Name in letzter Zeit immer wieder auftaucht.

RI: Mir geht es darum festzustellen, ob es bei Ihnen ein relevantes Familienleben gibt. Ich möchte von Ihnen wissen, wie nahe Sie dem Kindesvater tatsächlich stehen. Immerhin sind sie nach wie vor wenn auch nur auf dem Papier verheiratet und ist Ihr Ehegatte laut Geburtsurkunde auch der Vater Ihres Sohnes.

BF: Ja ich habe Ihnen das ja schon gesagt, wir haben kein Problem miteinander, es ist nur die Entfernung. Ich möchte hier in Österreich bleiben, weil ich schon seit etwa 10 Jahren hier bin und alles kenne.

RI: Möchten Sie noch etwas zu Ihren zwei Verurteilungen sagen, die Sie in Österreich hatten?

BF: Nein, eigentlich nicht, es war auf jeden Fall ein Fehler, ich habe für meine Fehler bezahlt, mehr will ich dazu nicht sagen.

[...]

RI: Wann haben Sie Herrn M.F. das letzte Mal gesehen?

BF: Vor zwei Wochen.

RI: Beschreiben Sie mir das Verhältnis, das Sie zu ihm noch haben.

BF: Ja es ist nicht so gut, wir reden eigentlich nicht miteinander.

RI: Warum treffen Sie sich dann überhaupt?

BF: Ich habe ihn angerufen, weil ich mit ihm reden wollte, er beschwert sich nämlich immer darüber, dass er meine Versicherungen bezahlen muss. Ich wollte ihm sagen, dass wenn ich arbeite er meine Versicherung nicht zahlen muss, wenn mein Sohn acht Monate alt sein wird, dann gehe ich wieder arbeiten und bezahle meine Versicherung selber.

RI: Sie haben zuvor gesagt, dass er Ihnen gegenüber noch nie von einer Scheidung gesprochen hat. Das kann ich mir nach all ihren Darstellungen nicht vorstellen.

BF: Er hat mir gegenüber nie davon gesprochen. Als ich im Gefängnis war, hat mir die Polizei ein Schreiben vorbeigebracht, wo er geschrieben hat, dass er sich scheiden lassen will, wenn ich aus dem Gefängnis komme."

Basierend auf diesen Aussagen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung war die Feststellung zu treffen, dass weder mit ihrem Ehegatten M.F. noch ihrem Boy-Friend I. ein schützenswertes Familienleben im Bundesgebiet besteht.

Einige der obigen Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung deuten auf eine Aufenthaltsehe hin, wie auch die am 12.04.2016 erstatteten Angaben des Ehemannes der Beschwerdeführerin in der zeugenschaftlichen Befragung vor dem BFA: "Ich habe sie in Italien kennengelernt in XXXX. Das war in einer Bar im Jänner 2013. Im Februar 2013 war dann die Eheschließung. Sie hat mich zur Ehe gedrängt. Sie hat sehr darauf bestanden. Wir haben bereits nach einem Monat geheiratet [...] Ich hatte damals, als ich der Ehe zugestimmt habe, kein gutes Leben in Italien, habe den Kopf verloren und dieser Ehe zugestimmt. Sie hat gesagt, wir gehen nach Österreich, um dort legal zu arbeiten. Dort geht es uns besser in Österreich. Ich habe zu keiner Zeit gewusst, dass Frau U. mit Drogen handeln möchte" (AS 117ff). Jedoch ergab sich die Negativfeststellung betreffend die Aufenthaltsehe daraus, dass keine bescheidmäßige Feststellung der zuständigen Behörden (LH, Strafgericht) vorliegt.

Auf Nachfrage gab die Beschwerdeführerin in der Einvernahme vor dem BFA am 03.02.2016 und 19.12.2016 an, wöchentlich telefonischen Kontakt nach Nigeria zu ihrer Mutter und den vier Brüdern zu pflegen (AS 71 und 328). Daher war die entsprechende Feststellung zu treffen.

Aus der erklärten Arbeitsabsicht, ihren angemeldeten Tätigkeiten laut Versicherungsdatenauszug, der tatsächlichen Arbeit als Stubenmädchen, dem Alter und dem Fehlen von Hinweisen auf Erkrankungen folgen Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Beschwerdeführerin.

Die Feststellungen zu den Verurteilungen, insbesondere wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 4 SMG und der damit einhergehenden unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten aufgrund des Imports und die anschließende gewinnbringende Überlassung von jeweils 26.850 Gramm Cannabiskraut, das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen mit zwei Vergehen, das 4-fache Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge des § 28b SMG ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Strafurteil.

Die Feststellung zu ihren mangelhaften Deutschkenntnissen ergaben sich in der mündlichen Verhandlung. Sie hat auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung keine Deutsch-Sprachprüfung erfolgreich abgelegt und besucht auch derzeit keinen Deutschkurs und benötigte am 28.02.2019 einen Dolmetsch.

2.2 Zu den Feststellungen zum Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen, welcher der Beschwerdeführerin gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt wurde. In der Verhandlung wurden diese mit ihr erörtert, jedoch erfolgte keine Stellungnahme seitens der Beschwerdeführerin. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Es wurden folgende Quellen herangezogen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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AA - Auswärtiges Amt (9.2018c): Nigeria - Wirtschaft,

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AWEG - African Women Empowerment Guild (o.D.a): AWEG - Contact Information, http://www.awegng.org/contactus.htm, Zugriff 19.11.2018

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AWEG - African Women Empowerment Guild (o.D.b): AWEG - About Us, http://www.awegng.org/aboutus.htm, Zugriff 19.11.2018

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018

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EASO - European Asylum Support Office (11.2018b): Country of Origin Information Report - Nigeria - Targeting of individuals, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001375/2018_EASO_COI_Nigeria_TargetingIndividuals.pdf, Zugriff 11.4.2019, S129ff

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EASO - European Asylum Support Office (2.2019): Country Guidance:

Nigeria,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2004112/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, Zugriff 12.4.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019c): Nigeria - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/nigeria/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 11.4.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

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UKHO - United Kingdom Home Office (12.2013): Operational Guidance Note - Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1387367781_nigeria-ogn.pdf, Zugriff 19.11.2018

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UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016a): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 13.11.2018

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WRAPA - Women's Rights Advancement and Protection Alternative (o.D.): FAQ, https://wrapanigeria.org/faq/, Zugriff 19.11.2018

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 67 Abs. 1, 2 und 4, § 70 Abs. 1 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

Aufenthaltsverbot

§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) ....

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub

§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und § 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019 lauten:

Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist."

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) - (7) ..."

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2.1. Zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Die Beschwerdeführerin ist, da ihr Gatte EWR-Bürger ist und sein Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen hat, begünstigte Drittstaatsangehörige. Dies gälte grundsätzlich auch dann, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren wäre, und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs. 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz vorliegt. (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293; 23.03.2017, Ra 2016/21/0349).

Einem Fremden, der mit einem in Österreich lebenden, sein unionsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmenden EU-Bürger aufrecht verheiratet ist, kommt (unabhängig davon, ob die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist) die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zu (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293).

In § 67 Abs. 1 FPG ist vorgesehen, dass gegen begünstigte Drittstaatsangehörige ein Aufenthaltsverbot erlassen wird, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.

§ 67 Abs. 1 FPG 2005 idF FrÄG 2011 enthält somit zwei Stufen für die Gefährdungsprognose, nämlich einerseits (nach dem ersten und zweiten Satz) die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, wobei eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefahr auf Grund eines persönlichen Verhaltens vorliegen muss, und andererseits (nach dem fünften Satz) die nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen mit mindestens zehnjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet bzw. im Fall von Minderjährigen (VwGH 13.12.2012, 2012/21/0181; 15.09.2016, Ra 2016/21/0262).

Nach der Rechtsprechung ist "bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0143).

Mit § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG hat der Gesetzgeber die europarechtlichen Vorgaben des Art. 28 Abs. 3 der Freizügigkeitsrichtlinie umgesetzt, wonach gegen solcherart aufenthaltsverfestigte Unionsbürger schon "zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit" vorliegen müssen, um aufenthaltsbeendende Maßnahmen setzen zu können.

Die zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit werden nach Art. 28 Abs. 3 der Freizügigkeitsrichtlinie "von den Mitgliedstaaten festgelegt". Den Mitgliedstaaten steht es frei, Straftaten wie die in Art. 83 Abs. 1 unter Abs. 2 AEUV angeführten (also Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität) als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet sind, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und die damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen können, mit denen gemäß Art. 28 Abs. 3 der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Das zuständige nationale Gericht hat anhand der spezifischen Werte der Rechtsordnung des Mitgliedstaats, dem es angehört, festzustellen, ob die vom Fremden verübten Straftaten die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar bedrohen und damit eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist (vgl. EuGH 22.05.2012, C-348/09, P.I. gegen Oberbürgermeisterin der Stadt Remscheid, RN 28 ff).

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescho

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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