TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/30 I401 2127669-3

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Veröffentlicht am 30.01.2020
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Entscheidungsdatum

30.01.2020

Norm

AsylG 2005 §9 Abs1
AVG §38
AVG §66 Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §88 Abs2a
FPG §93
FPG §93 Abs1 Z1
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I401 2127669-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch Dr. Andreas WALDHOF, Rechtsanwalt, Reichsratsstraße 13, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 17.12.2019, Zl. 1051802708 - 191139076 / BMI-BFA_SZB_RD, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Mit Bescheid vom 27.04.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg (in der Folge als Bundesamt bezeichnet), den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.04.2017.

Gegen die Abweisung der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde.

1.2.1. Am 15.02.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 AsylG.

1.2.2. Mit Bescheid vom 12.04.2017 erkannte das Bundesamt von Amts wegen gemäß § 9 Abs. 1 AsylG den dem Beschwerdeführer zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, wies den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 zweiter Satz AsylG ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist und bestimmte für eine freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

1.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2019, I408-2127669-1/26E und I408-2127669-2/17E, wurden die vom Beschwerdeführer gegen die zuvor angeführten Bescheide erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen.

1.4. Gegen diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12.12.2019 eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 B-VG, über die der Verfassungsgerichtshof bis zum gegebenen Zeitpunkt noch nicht entschieden hat.

Der Verfassungsgerichtshof gab mit Beschluss vom 20.12.2019 dem gestellten Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, Folge.

2.1. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 08.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer der Fremdenpass entzogen und ihm aufgetragen, das Dokument unverzüglich beim Bundesamt vorzulegen.

2.2. Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer eine mit Beschwerde überschriebene Vorstellung, woraufhin das Bundesamt ein Ermittlungsverfahren einleitete und dem Beschwerdeführer eine Verständigung vom 28.11.2019 über das Ergebnis der Beweisaufnahme zusandte.

Der Beschwerdeführer nahm dazu insofern Stellung, als er die beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde vom 12.12.2019 übermittelte und angab, aus ihr könnten die Tatsachen und Rechtsansichten des Beschwerdeführers entnommen werden.

2.3. Mit Bescheid vom 17.12.2019 sprach das Bundesamt aus, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 93 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) der Fremdenpass (mit der angeführten Nummer) entzogen und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ausgeschlossen wird.

2.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig eine Beschwerde.

Begründend führte er aus, er halte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.11.2019 für rechtswidrig, weil sich zwischenzeitig die Sicherheitslage im Irak verschlechtert habe. Der Verfassungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 20.12.2019 den von ihm gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, positiv anerkannt.

Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Antrag (gemeint wohl: den Bescheid vom 17.12.2019) aufzuheben oder die Durchsetzung des Bescheides bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs "aufzuhalten", um festzustellen, ob ihm ein weiterer Aufenthaltstitel in Österreich gewährt werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird zum maßgeblichen Sachverhalt erhoben. Er ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Akt und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts (zu I408-2127669-1 und I408-2127669-2).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Gemäß § 88 Abs. 2a FPG (in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013) sind Fremdenpässe Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

Gemäß § 93 Abs. 1 Z 1 FPG (in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015) ist ein Fremdenpass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden.

3.2. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde dem Beschwerdeführer in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak mit (in diesem Spruchpunkt in Rechtskraft erwachsenem) Bescheid vom 27.04.2016 zuerkannt.

Das Bundesamt erkannte mit Bescheid vom 12.04.2017 von Amts wegen gemäß § 9 Abs. 1 AsylG den dem Beschwerdeführer zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten ab.

"Sache" im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG ist nach dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides die Entziehung des Fremdenpasses. Änderungen im rechtlichen Status des Fremden, auf dem die Ausstellung des Reisedokuments ursprünglich basierte, begründen eine Entziehung, insbesondere bei einer Aberkennung des Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht (2016) § 93 FPG K 3).

Wird nachträglich bekannt, dass die Voraussetzungen für den zuerkannten Status als subsidiär Schutzberechtigter nicht mehr vorliegen bzw. es an ihnen fehlt, stellt dies eine die Passentziehung rechtfertigende Tatsache im Sinn des § 93 Abs. 1 Z 1 FPG dar (vgl. VwGH 24.04.2007, Zl. 2005/18/0003; VwGH 07.11.2012, 2012/18/0046).

Mit dem alternativ gestellte Antrag, die Durchsetzung des Bescheides bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes "aufzuhalten", um festzustellen, ob ihm ein weiterer Aufenthaltstitel in Österreich gewährt werde, dürfte der Beschwerdeführer darauf abzielen, das gegenständliche Beschwerdeverfahren über die Entziehung des Fremdenpasses bis zum Vorliegen der (stattgebenden) Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die von ihm gemäß Art. 144 B-VG erhobene Beschwerde auszusetzen.

Abgesehen davon, dass die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG nicht den Gegenstand des bekämpften Bescheides bildet, ändert die an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde nichts an der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2019. Die Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet in formeller Hinsicht deren Unanfechtbarkeit einerseits und in materieller Hinsicht die Bindung an die einmal erlassene, formell rechtskräftige Entscheidung andererseits. Die Verbindlichkeit einer Entscheidung tritt mit ihrer Unanfechtbarkeit ein und endet erst mit ihrer Beseitigung (durch den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof). Die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde, in der die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2019 durch den Verfassungsgerichtshof geprüft wird, zeitigt daher keine Auswirkungen auf den Ausgang des anhängigen Verwaltungs- bzw. Beschwerdeverfahrens betreffend die Entziehung des Reisepasses iSd § 93 Abs. 1 Z 1 FPG.

Sollte dem Beschwerdeführer (wieder) der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden, wäre ihm auf Antrag - bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 88 Abs. 2a FPG - (neuerlich) ein Fremdenpass auszustellen.

3.3. Auf Grund der Erledigung der erhobenen Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (vgl. VwGH 03.10.2017, Ra 2017/01/0288).

4. Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Von der mündlichen Verhandlung kann im gegenständlichen Beschwerdefall gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, weil der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden konnte, in der Beschwerde keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen wurden und gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen war (vgl. das Erk. des VwGH vom 31.07.2007, Zl 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten,
aufschiebende Wirkung - Entfall, Aussetzung, Entziehung,
Entziehungsbescheid, Entziehungsgrund, Fremdenpass, Voraussetzungen,
Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I401.2127669.3.00

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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