TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/18 W142 2150696-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2020
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Entscheidungsdatum

18.03.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W142 2150696-2/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2018, Zl. 14-1052314303/150196676, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 06.12.2019 und 24.02.2020, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 3 AsylG

als unbegründet abgewiesen.

B) Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird

der Beschwerde stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.

C) Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird dem Beschwerdeführer eine befristete

Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten für ein Jahr erteilt.

D) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Somalias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 21.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Der BF wurde am 22.02.2015 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch erstbefragt. Dabei gab der BF zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt an, am XXXX in XXXX geboren zu sein. Er sei Moslem und gehöre der Volksgruppe der Ajuran an. Von 2000 bis 2009 habe er in XXXX die Grundschule besucht. Er sei traditionell verheiratet. Seine Eltern, seine Geschwister und seine Ehefrau würden noch in Somalia leben. Zu seinem Fluchtgrund befragt führte der BF aus, Somalia wegen der Miliztruppe Al-Shabaab verlassen zu haben. Sie hätten ihm unterstellt als Spion zu arbeiten und hätten ihn aus diesem Grund hinrichten wollen. Bei einer Rückkehr habe er Angst getötet zu werden.

3. Am 28.02.2017 wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) in der Sprache Somalisch niederschriftlich einvernommen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab er ergänzend an, dem Clan der Ajuran, Subclan Waalamoge, Subsubclan Kunle anzugehören, die in seinem Dorf Diskriminierung ausgesetzt seien. Zuletzt habe er in XXXX gelebt. Er habe von 2000 bis 2004 die Grundschule und von 2004 bis 2009 die Hauptschule besucht.

Zu seinem Leben in Österreich befragt gab der BF an, Deutschkurse zu besuchen und gelegentlich gemeinnützige Arbeit zu verrichten. Manchmal spiele er auch Fußball. Der BF brachte eine Anmeldebestätigung für die A2 Prüfung, Teilnahmebestätigungen für A1 und A2 Kurse und eine Teilnahmebestätigung für den Kurs Basisbildung sowie Empfehlungsschreiben ein. Der BF gab zudem an, jeden Abend 2 Schlaftabletten zu nehmen. Im Fall einer Rückkehr habe er Angst, keine adäquate medizinische Versorgung zu erhalten, da die Tabletten dort nicht erhältlich wären. Eingebracht wurde ein ärztliches Attest. Dem BF wurde ein posttraumatisches Belastungssyndrom mit Schlafstörungen diagnostiziert.

Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, dass sein Onkel Polizist in XXXX gewesen sei. Am 15.06.2013 seien er und der Sohn seines Onkels von Al-Shabaab festgenommen worden. Sie hätten ihnen vorgeworfen Spione und Ungläubige zu sein und Informationen an die Behörde weiterzuleiten. Drei Tage und drei Nächte seien sie eingesperrt gewesen und mit kaltem Wasser übergossen worden. Mit Hilfe seines Vaters und anderen älteren Männern des Clans seien sie freigelassen worden, da diese versprochen hätten, Verantwortung für den BF und seinen Cousin zu übernehmen. Etwa eine Woche später sei er erneut mit seinem Cousin unterwegs gewesen, als sie ein Auto auf der Straße gesehen hätten. Der BF habe Angst gehabt und habe nicht weitergehen wollen. Sein Cousin habe seinen Weg trotzdem fortgesetzt, woraufhin er von Al-Shabaab auf der Straße geschlagen, gefoltert und getötet worden sei. Aus Angst sei der BF ausgereist.

4. Mit Bescheid wies das BFA den Antrag des BF sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des BF nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Beweiswürdigend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der BF nicht glaubhaft darlegen konnte, an einem posttraumatischen Belastungssyndrom zu leiden. Es sei lediglich hervorgegangen, dass der BF an Schlafstörungen leide. Auch die Diagnose eines Arztes ergebe sich überwiegend aus den Angaben des Patienten, daher beruhe die Diagnose auf einer falschen bzw. vom BF bewusst verfälschten Grundlage. Zudem habe er dezidiert erklärt, sich keiner ärztlichen Behandlung unterziehen zu müssen und gesund zu sein. Die diagnostizierte Erkrankung stelle somit kein Rückkehrhindernis dar. Der BF konnte nicht glaubhaft machen, durch die Al-Shabaab verfolgt worden zu sein. Bei der Schilderung der Entführung habe sich der BF in zeitliche Ungereimtheiten, Widersprüche und unglaubwürdige Schilderungen verstrickt. Das BFA gelangte zu der Ansicht, dass die behauptete Verfolgungsgefahr nicht hinreichend substantiiert und in wesentlichen Punkten zu wenig konkret, detailliert und differenziert dargelegt worden sei. Als junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann könne dem BF zugemutet werden, im Fall der Rückkehr einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und sich so seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Außerdem sei die Lage in der Heimatstadt des BF mittlerweile unter der Kontrolle der Regierung, daher gebe es keine aktuelle Verfolgung durch die Al-Shabaab.

5. Der BF erhob gegen den Bescheid fristgerecht vollumfänglich Beschwerde und brachte vor, dass der Bescheid an inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensfehlern leide. Der BF habe aufgrund seines Traumas Erinnerungslücken, weshalb die belangte Behörde ihm nicht vorwerfen dürfe, dass er sich hinsichtlich der Datenangaben geirrt habe. Die Abweichungen seien lediglich geringfügig. Das BFA hätte, da es das Gutachten eines Allgemeinmediziners nicht als glaubhaft befunden habe, ein Fachgutachten einholen müssen. Darüber hinaus habe er sich auch bei der Schilderung der Entführung nur geringfügig widersprochen, was auf die mangelnde Konzentration aufgrund der Schlafstörungen zurückzuführen sei. Ihm drohe Verfolgung iSd GFK, da er zu der sozialen Gruppe der Familienangehörigen von Polizisten gehöre, die im Rahmen des verbreiteten Terrors von den Al-Shabaab verfolgt würden, da ein Wirken für den Staat als unislamisch angesehen würde.

6. Mit Beschluss vom 28.06.2018 wurde der angefochtene Bescheid gem. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG idgF behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen. Begründend führte das Gericht aus, dass die belangte Behörde ein psychiatrisches Gutachten einholen hätte müssen, wenn es davon ausgehe, dass dem Vorbringen des BF bzw. dem vom BF vorgelegten ärztlichen Attest keine Glaubwürdigkeit zukomme. Bei Bestehen einer psychischen Erkrankung habe das BFA anhand von aktuellen Länderfeststellungen zu erheben, ob im Herkunftsstaat eine ausreichende Behandlungsmöglichkeit vorhanden sei.

7. Am 23.07.2018 richtete das BFA ein Ersuchen an Univ. Prof. XXXX hinsichtlich der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens für den BF. Der Gutachter legte sein Gutachten am 14.08.2018 vor. Im Rahmen der Untersuchung gab der BF an, sich gesund zu fühlen und immer gesund gewesen zu sein. Zum Zeitpunkt der Einvernahme vor dem BFA sei er wegen der Trennung von seiner Familie und seiner Frau unter Stress gestanden. Er telefoniere aber regelmäßig mit seiner Familie und seiner Frau. Er nehme keine Medikamente. Der Gutachter stellte fest, dass der BF keine psychischen Auffälligkeiten oder andere Krankheiten psychischer Natur zeige und sich als vollkommen gesunder, junger Mann präsentiere. Der BF benötige keine medizinische, medikamentöse oder psychologische Behandlung.

8. Am 09.10.2018 führte das BFA erneut eine niederschriftliche Einvernahme durch. Der BF gab an, gesund zu sein und keine physischen wie psychischen Probleme zu haben. Er habe einmal monatlich mit seiner Frau und seiner Mutter Kontakt. Auch sein Onkel rufe ihn ab und zu an. Es gehe seiner Familie soweit gut, sein Onkel unterstütze seine Mutter und seine Frau. In Österreich spiele er mit seinen österreichischen und somalischen Freunden Fußball, gehe zum Fitnesstraining und in die Schule. Er mache eine Ausbildung als Verkäufer und gehe in die Berufsschule. Deutsch spreche er auf Niveau A2. Der BF legte das A2-Zertifikat, eine Schulbesuchsbestätigung der Tiroler Fachberufsschule, Bestätigungen über gemeinnützige Arbeit und eine Teilnahmebestätigung des Basisworkshops "Protect Plus" vor.

9. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Ferner wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.). Beweiswürdigend führte das BFA hinsichtlich des Fluchtvorbringens des BF im Wesentlichen die gleichen Argumente wie in dem Bescheid vom 01.03.2017 an. Auch bezüglich der Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes bekräftige das BFA seine Argumente.

10. Mit Schreiben vom 08.11.2018 brachte der BF vollumfänglich Beschwerde ein. Er führte aus, dass es in seinem Fluchtvorbringen nur geringfügige Widersprüche gebe, das Vorbringen im Kern aber ident sei. Die Widersprüchlichkeiten seien ihm unterlaufen, da er sehr nervös und von der Entführung traumatisiert gewesen sei. In der Heimatstadt des BF komme es immer wieder zu Anschlägen und Dürren, weshalb sich die Lage in Somalia, entgegen der Auffassung des Gerichts, nicht verbessert habe. Darüber hinaus könne der BF in Somalia aufgrund der hohen Jugendarbeitslosigkeit keiner Tätigkeit nachgehen. Bei einer Rückkehr wäre er damit einer Art. 3 EMRK-widrigen Situation ausgesetzt.

11. Am 06.12.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch statt, an der das BFA entschuldigt nicht teilnahm. Der BF machte im Wesentlichen folgende Angaben:

"...

R: Welchem Clan gehören Sie an?

BF: Dem Clan Ajuuraan.

R: Ist das ein Sub-Clan?

BF: Nein, das ist ein Hauptclan.

R: Wo ist das Hauptansiedlungsgebiet Ihres Clans in Somalia?

BF: In Lower Jubba.

R: Wo sind Sie geboren?

BF: In XXXX .

R: Stimmt das Geburtsdatum, das bisher im Verfahren geführt wurde mit XXXX ?

BF: Ja.

R: Und Ihr Name ist auch richtig geschrieben?

BF: Ja.

R: Wie viele Geschwister haben Sie?

BF: Ich habe drei Geschwister.

R: Sind diese Geschwister älter oder jünger als Sie?

BF: Sie sind jünger als ich.

R: Können Sie mir die Namen Ihrer Geschwister nennen und ihr derzeitiges Alter? Sie können es auch aufschreiben.

BF: Schwester XXXX ist derzeit 20 Jahre alt. Schwester XXXX ist 18 Jahre alt und mein Bruder XXXX ist 17 Jahre alt. (Beilage ./C).

R: Waren Sie in der Schule?

BF: Ja.

R: Wie viele Jahre haben Sie die Schule besucht?

BF: Ich habe vier Jahre die Koranschule besucht und vier Jahre die Volksschule.

R: Wo haben Sie die Koranschule besucht?

BF: In XXXX .

R: Hat diese Koranschule einen Namen?

BF: XXXX .

R: Und die Volksschule haben Sie wo besucht?

BF: Auch in XXXX .

R: Können Sie mir den Namen der Volksschule nennen?

BF: XXXX .

R: Wie alt waren Sie, als Sie Somalia verlassen haben?

BF: Ich war 19 Jahre alt.

R: Wo leben Ihre Eltern derzeit?

BF: Momentan weiß ich es nicht.

R: Und leben Ihre Geschwister derzeit?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Wann hatten Sie das letzte Mal telefonischen Kontakt zu Ihren Eltern?

BF: Das war vor eineinhalb Monaten.

R: Wo haben sich Ihre Eltern befunden, als Sie mit ihnen diesen telefonischen Kontakt hatten?

BF: In XXXX .

R: Wo liegt XXXX ?

BF: Es ist ein kleines Dorf und es ist nicht weit weg von XXXX .

R: Haben Sie auch in diesem kleinen Dorf gelebt, bevor Sie Somalia verlassen haben?

BF: Nein.

R: Haben Sie direkt in der Stadt XXXX gelebt?

BF: Ja, ich habe in der Stadt XXXX gelebt, aber als ich das Land verlassen habe, war ich in XXXX .

R: Wo liegt XXXX ?

BF: Es liegt neben XXXX .

R: Was würde Ihnen passieren, wenn Sie zurückkehren müssten nach Somalia?

BF: Ich habe große Angst, dass ich getötet werde.

R: Wer sollte Sie töten?

BF: Die Al Shabaab (AS).

R: Wieso sollte Sie die AS töten?

BF: Als ich mein Heimatland verlassen habe, war mein Onkel ein Soldat. Die AS haben vermutet, dass ich ein Spion meines Onkels bin.

R: Wann haben Sie genau Ihr Heimatland verlassen? Können Sie das genaue Datum angeben?

BF: Das war im Juni 2013.

R: Können Sie sich an den genauen Tag erinnern?

BF: Nein, ich erinnere mich nicht.

R: Wie sind Sie von Somalia nach Österreich gelangt?

BF: Von Somalia bin ich mit einem Auto gefahren und nach Äthiopien gegangen.

R: Von wo aus haben Sie Ihre Reise Richtung Europa gestartet?

BF: Von Äthiopien bin ich in den Sudan gegangen.

R: Wo sind Sie in Somalia gestartet?

BF: Von Mogadischu.

R: Von Mogadischu sind Sie wohin gereist?

BF: Von Mogadischu nach Wayaale, dann weiter nach Jijiga, dann weiter nach Addis Abeba.

R: Wo liegt Jijiga?

BF: Es liegt zwischen Somalia und Äthiopien.

R: Liegt es an der Grenze?

BF: Nein, es liegt in Äthiopien.

R: Können Sie die Reiseroute näher beschreiben? Welche Dörfer haben Sie von Mogadischu aus passiert um nach Äthiopien zu kommen?

BF: Es waren mehrere Dörfer.

R: Ich möchte genaue Angaben darüber haben, denn Sie haben die Reise erlebt und müssen das wissen. Welche Dörfer haben Sie passiert, um nach Wayaale zu kommen? Sie können es auch aufschreiben.

BF: Von Mogadischu nach Xalimofood to Monta to Wajale (siehe Beilage ./D).

R: Welche Verkehrsmittel haben Sie verwendet, um nach Wayaale zu kommen?

BF: Einen LKW.

R: Wie lange sind Sie gefahren?

BF: Zwei Tage und drei Nächte.

R: Von Wayaale sind Sie wohin und wie gereist?

BF: Von Wayaale bin ich nach Jijiga gegangen. Es gab mehrere Dörfer, aber das Auto ist nicht stehengeblieben, es ist nur durchgefahren.

R: Welche Dörfer haben Sie passiert, um nach Jijiga zu kommen? Es ist ein sehr weiter Weg. Woran können Sie sich erinnern?

BF: Ich erinnere mich an Tooli und an Jijiga.

R: Sie können diese Reise nicht gemacht haben, wenn Sie nicht nähere Angaben machen können.

BF: Lafaciise ist eine Stadt.

R: Wo liegt diese Stadt?

BF: Sie liegt zwischen Wayaale und Jijiga.

R: Wo genau liegt diese Stadt?

BF: In Äthiopien.

R: Wieso haben Sie diese Reise auf diesem Weg gemacht, durch AS-Gebiet, wenn Sie vor der AS geflüchtet sind? Ich erinnere Sie an Ihre Wahrheitspflicht.

BF: Ich sage die Wahrheit.

R: Das scheint aufgrund der Lage nicht plausibel.

BF: Diese Strecke bin ich gefahren.

R: Wieso haben Sie den Weg von XXXX nach Mogadischu gemacht und sind nicht gleich von XXXX Richtung Äthiopien gefahren?

BF: Ich bin von Mogadischu nach Äthiopien gereist.

R: Wie sind Sie von XXXX nach Mogadischu gelangt?

BF: Mit einem Auto.

R: Können Sie mir diese Reiseroute näher beschreiben?

BF: Von XXXX nach Yoontooy, weiter nach Jamaame, weiter nach Goweyn, dann Marka, dann bin ich in Mogadischu angekommen.

R: Wie lange sind Sie in Mogadischu geblieben?

BF: Nur einen Tag.

R: Wo haben Sie sich da genau aufgehalten?

BF: Bei einem Bekannten meines Onkels.

R: Wie heißt dieser Bekannte Ihres Onkels und an welcher Adresse hat er gewohnt?

BF: Er heißt XXXX . An seine Adresse erinnere ich mich nicht. Ich war dort nur einen Tag.

R: Ist XXXX der Vorname?

BF: XXXX ist sein Vorname und XXXX der Nachname.

R: Wenn Sie nicht die genaue Adresse Ihres Onkels wissen, wie konnten Sie zu ihm reisen?

BF: Mein Onkel hat vorher mit ihm gesprochen, ist zu mir gekommen, als ich in Mogadischu angekommen bin. Er brachte mich in ein Haus, das ich nicht gekannt habe. Ich habe dort nur übernachtet und in der Früh bin ich weggefahren.

R: Mit wem hat Ihr Onkel vorher gesprochen?

BF: Mit XXXX .

R: Wo haben Sie XXXX in Mogadischu getroffen?

BF: Bei der Autostation.

R: Hat die Autostation einen Namen?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Wie viele Brüder und wie viele Schwestern hat Ihr Vater?

BF: Einen Bruder und eine Schwester. Die Schwester ist verstorben.

R: Wie heißt der Bruder Ihres Vaters?

BF: XXXX .

R: Wo lebt Ihr Onkel?

BF: In XXXX . Jetzt weiß ich es nicht, aber damals war er dort.

R: Wie viele Geschwister hat Ihre Mutter?

BF: Sie hat nur eine Schwester.

R: Wie heißt die Schwester Ihrer Mutter, also Ihre Tante?

BF: XXXX .

R: Wo lebt Ihre Tante?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Wieso wissen Sie das nicht?

BF: Zuletzt hat sie in XXXX gelebt, aber jetzt weiß ich es nicht.

R: Wie lange sind Sie in Jijiga geblieben?

BF: Nur einen Tag.

R: Wo haben Sie sich genau in Jijiga aufgehalten?

BF: Im Bezirk Zero Andi.

R: Wie lange waren Sie insgesamt in Äthiopien aufhältig.

BF: Drei Monate.

R: Wo haben Sie sich die restliche Zeit in Äthiopien aufgehalten?

BF: In Addis Abeba.

R: Wo genau in Addis Abeba?

BF: In Benimooni (phonetisch).

R: Was ist Benimooni?

BF: Es ist ein Bezirk.

R: Bei wem haben Sie sich in Addis Abeba aufgehalten?

BF: Bei niemandem, ich habe dort gearbeitet.

R: Was haben Sie gearbeitet?

BF: Ich habe die Schuhe geputzt.

R: Von Addis Abeba sind Sie dann wohin gereist?

BF: In den Sudan.

R: Wie sind Sie von Addis Abeba in den Sudan gelangt und womit?

BF: Mit dem Auto.

R: Wie lange sind Sie gefahren?

BF: Zwei Tage und zwei Nächte.

R: Sind Sie alleine mit dem Auto gefahren?

BF: Nein, wir waren mehrere Personen.

R: Heißt das, dass Sie mit einem Schlepper gefahren sind?

BF: Ja.

R: Wohin in den Sudan hat Sie der Schlepper gebracht?

BF: Nach Khartoum.

R: Wie lange waren Sie in Khartoum aufhältig?

BF: Drei Monate.

R: Wo haben Sie sich genau in Khartoum aufgehalten?

BF: Im Bezirk Ali Bini Abidalib.

R: Was haben Sie in Khartoum gemacht? Haben Sie gearbeitet?

BF: Ja, ich habe in einem sudanischen Geschäft geholfen und man hat mir ein bisschen bezahlt.

R: Wie viel hat die Reise von Somalia bis Österreich gekostet?

BF: 2.500 USD.

R: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, nach Österreich zu reisen?

BF: Ich habe nur einen sicheren Ort gesucht, weil ich in meinem Heimatland Probleme gehabt habe.

R: Wieso sind Sie nicht in Addis Abeba geblieben?

BF: In Addis Abeba hatte ich keine Familie und ich habe Angst verspürt und konnte nicht dort bleiben.

R: In Österreich haben Sie auch keine Familie.

BF: Ja, das stimmt. Hier ist es sicher und ich bekomme Unterstützung.

R: Schicken Sie Geld an Ihre Familie?

BF: Nein.

R: Wohin sind Sie von Khartoum gereist?

BF: In die Wüste.

R: Welche Wüste?

BF: Zwischen dem Sudan und Libyen.

R: Wo haben Sie sich in Libyen aufgehalten?

BF: In Eshtabia (phonetisch). Es ist eine kleine Stadt.

R: Wo liegt diese Stadt in Libyen?

BF: Sie liegt in der Nähe der Wüste.

R: Wie lange sind Sie in Libyen geblieben?

BF: Mehr als ein Jahr.

R: Was haben Sie dort gemacht?

BF: Ich konnte nicht den Schlepper bezahlen und wurde festgenommen.

R: Wie konnten Sie dann weiter nach Österreich reisen, wenn Sie festgenommen wurden?

BF: Als ich das Geld bekommen habe, konnte ich weiterreisen.

R: Wer hat Ihnen das Geld gegeben?

BF: Mein Onkel.

R: Wie kamen Sie zu dem Geld? Sie waren in Libyen und Ihr Onkel in Somalia?

BF: Der Schlepper hat meinen Onkel kontaktiert und hat ihm gesagt, wohin er das Geld schicken kann.

R: Von Libyen sind Sie dann wohin gereist?

BF: Ich bin in die Hauptstadt gegangen, nach Tripolis.

R: Und wohin sind Sie danach gegangen?

BF: Von Tripolis bin ich nach Italien gegangen?

R: Wo haben Sie in Italien gelebt?

BF: In Milano.

R: Wie lange haben Sie in Milano gelebt und warum?

BF: Ca. einen Monat. Von Libyen bin ich mit dem Boot nach Italien gefahren und bin in Milano angekommen.

R: Mit welchem Boot sind Sie in Milano angekommen?

BF: Mit einem Plastikboot.

R: Wie viele Leute hatten in diesem Plastikboot Platz?

BF: Wir waren 120 Leute.

R: Wie lange waren Sie am Meer unterwegs, als Sie von Libyen nach Milano gefahren sind?

BF: Eine Nacht und einen Tag.

R: Was ist der Grund, weshalb Sie nicht mehr in Ihr Heimatland zurückkehren können?

BF: Ich habe große Angst, dass die AS mich töten, weil sie glauben, dass ich ein Spion von meinem Onkel bin. Mein Onkel ist immer noch Soldat.

Die Verhandlung wird um 10:30 Uhr zwecks Toilettenbesuches unterbrochen und um 10:40 Uhr fortgesetzt.

Die Verhandlung wird zum Zweck der Einholung eines Sprachanalysegutachtens auf unbestimmte Zeit vertagt.

BFV: Sie haben mehrmals von Ihrem Onkel gesprochen. Ist er Mitglied des Militärs oder der Polizei?

BF: Er ist Mitglied der Polizei.

R: Warum haben Sie zuvor immer gesagt, dass Ihr Onkel Soldat ist. Erst nachdem die BFV mitten in der Verhandlung gesagt hat, dass der Onkel der Polizei angehört hat, geben Sie an, dass er Mitglied der Polizei ist?

BF: Für mich ist das das Gleiche, Polizei oder Militär.

BFV: Trägt die Polizei in Somalia schwere Waffen, das heißt Maschinengewehre?

BF: Ja, sie benützen es.

BFV: Maschinengewehre?

BF: Ja."

12. Am 07.01.2020 wurde das Gutachten von XXXX per E-Mail an das ho. Gericht übermittelt. In diesem wurde festgehalten, dass das Sprachverhalten des BF in Übereinstimmung steht mit der somalischen Sprachgemeinschaft der Darod. Weiters wurde ausgeführt, dass im Herkunftsgebiet des BF, XXXX , ein Dialekt gesprochen wird, den Lamberti (1988, S. 26) als Niederjuba bezeichnet. Der Dialekt wird als eine benadirisierte Form des Nordsomali beschrieben und ist ein Ergebnis dessen, dass im Gebiet sowohl Darod als auch Benadiri gesprochen wird. Laut Analytiker wird in diesem Gebiet Benadiri mit Darod- und Darod mit Benadiri-Merkmalen gesprochen. Die Interpretation der Ergebnisse in Fällen, in denen der erwartete Dialekt Niederjuba (wie in XXXX ) ist, ist schwierig. Wenn der angezeigte Sprachgebrauch der Person eine Mischung aus Benadiri und Nordsomali ist, stimmt dieser Sprachgebrauch möglicherweise mit dem von Niederjuba überein. Wenn der angezeigte Sprachgebrauch überwiegend oder vollständig mit Nordsomali übereinstimme (wie in der vorliegenden Analyse), könne dies (auch) mit einem Hintergrund in Nordsomalia, Nordkenia, Dschibuti oder Teilen von Äthiopien übereinstimmen. Gleichzeitig machte der Gutachter jedoch auch darauf aufmerksam, dass die Unruhen in Somalia viele Vertreibungen mit sich brachten, weshalb man vorsichtig sein müsse, wenn eine Verbindung zwischen einer geographischen Region und Sprachgemeinschaft hergestellt wird.

13. Am 24.02.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht erneut eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Sprache Somalisch durch, an der das BFA entschuldigt nicht teilnahm. Der BF machte im Wesentlichen folgende Angaben:

"R: Haben Sie ergänzende Unterlagen, die Sie vorlegen möchten?

RV: Ja.

Vorgelegt wird Probeprüfungsbestätigung betreffend B1-Prüfung vom XXXX . Diese wird in Kopie als Beilage ./1 zum Akt genommen.

R: Sind Sie gesund?

BF: Ja.

R: Was haben Sie vor? Was möchten Sie in Österreich arbeiten?

BF: Ich möchte ein Verkäufer werden.

R: Haben Sie sich schon erkundigt, wie man hier in Österreich ein Verkäufer wird?

BF: Ich habe bereits zwei Jahre lang die Schule besucht, wo man Verkäufer lernt. Jetzt werde ich sie noch ein Jahr lang besuchen.

R: Was für eine Schule besuchen Sie?

BF: Es war eine Berufsschule.

R: Machen Sie bereits eine Lehre?

BF: Nein, momentan bereite ich mich auf die B1-Prüfung vor, ich habe aber bereits zwei Jahre die Berufsschule besucht. Ich habe sie nicht fertig gemacht, jetzt möchte ich sie jedoch abschließen.

R: Welche Berufsschule haben Sie besucht? Haben Sie dazu Unterlagen? Aber eine Berufsschule macht man doch nur, wenn man eine Lehre macht.

BF legt eine Schulbesuchsbestätigung vom 19.04.2018 der XXXX vor. Eine Kopie wird als Beilage ./2 zum Akt genommen.

R: Sie haben mit dieser Fachberufsschule am 11.09.2017 begonnen?

BF: Ja.

R: Wann haben Sie diese Schule genau beendet?

BF: Das war im Juni 2019.

R: Die vorgelegte Bestätigung geht allerdings nur bis 06.07.2018. Haben Sie noch eine weitere Bestätigung?

BF: Die zweite Bestätigung habe ich nicht mit.

R: Warum haben Sie die Bestätigung nicht mit?

BF: Als ich die Schule verlassen habe, habe ich keine Bestätigung bekommen.

R: Warum haben Sie die Schule verlassen? Was war der Grund?

BF: Als ich den negativen Bescheid bekommen habe, hat mich das psychisch belastet und ich hatte Stress. Ich konnte die Schule nicht weiter besuchen und ich dachte, dass es besser wäre, wenn ich die Schule verlassen würde.

R: Was haben Sie dann gemacht, nachdem Sie die Schule verlassen haben?

BF: Ich wollte mich auf die B1-Prüfung vorbereiten, damit ich die Prüfung gut bestehe.

R: Ist es Ihnen überhaupt möglich, nochmals in diese Fachberufsschule zu gehen? Wer sagt, dass Sie sie wieder besuchen können?

BF: Es ist möglich. Wenn ich meine Lehrkräfte auf der Straße sehen, sagen Sie, ob ich wiederkomme, denn ich war ein guter Schüler und sie würden mich wieder aufnehmen.

R: Aber die Entscheidung muss der Direktor oder die Direktorin treffen, keine Lehrkraft. Haben Sie eine konkrete Zusage, dass Sie die XXXX weiter besuchen können?

BF: Ich glaube es.

R: Beschreiben Sie mir auf Deutsch einen typischen Tag.

BF (auf Deutsch): Ich stehe auf um 07:00 Uhr. Ich gehe manchmal Laufen. Beim Laufen vergeht der Stress. Ich spiele auch vier Mal in der Woche Fußball. Ich habe viele Freunde Österreich. XXXX . Wir spielen auch Fußball. Wir gehen manchmal in der Woche ins Kino. XXXX er ist mein bester Freund. Er arbeitet als Maurer. Er hat ein Auto. Fahren wir manchmal zusammen. Manchmal ich besuche ihn. Er spielt auch manchmal Fußball.

R: Sind Sie in Österreich strafrechtlich in Erscheinung getreten?

BF: Nein.

R: Haben Sie Verwandte, die sich in der Europäischen Union befinden?

BF: Nein.

R: Haben Sie Verwandte, die sich in Somalia befinden?

BF: Ja.

R: Welche Verwandte befinden sich in Somalia?

BF: Meine ganze Familie befindet sich dort.

R: Was bedeutet "die ganze Familie", sind das Eltern, Geschwister, Onkeln und Tanten?

BF: Ja.

R: Befindet sich Ihre Familie, also Eltern, Geschwister, Onkeln und Tanten, in XXXX ?

BF: Nein, sie waren zuletzt in XXXX .

R: Was ist XXXX ?

BF: Es ist ein Dorf und liegt neben XXXX .

R: Telefonieren Sie mit Ihren Eltern?

BF: Nein.

R: Sind Sie in Kontakt mit Ihren Eltern?

BF: Seit vier Monaten habe ich keinen Kontakt mit meinen Eltern.

R: Wieso kann Ihre Familie in Somalia leben und Sie nicht?

BF: Weil ich wegen Verfolgung mein Heimatland verlassen musste. Ich habe mein Heimatland wegen Problemen verlassen.

R: Wann genau haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

BF: Im Juni 2013.

R: War Ihre Absicht von vornherein nach Österreich zu reisen?

BF: Nein.

R: Wo wollten Sie hin?

BF: Ich wollte nur in ein sicheres Land, wo ich sicher sein konnte und mir ein sicheres Leben aufbauen könnte.

R: Haben Sie in Somalia gearbeitet?

BF: Nein.

R: Also haben sie nur die Schule besucht in Somalia?

BF: Ich habe nicht regelmäßig die Schule besucht, sondern nur ein bisschen.

R: Was heißt "ein bisschen"?

BF: In meinem Heimatland gab es immer Kriege und Probleme, deshalb konnte ich nicht regelmäßig die Schule besuchen.

R: Wie alt waren Sie, als Sie mit der Schule begonnen haben?

BF: Ich war 10 Jahre alt.

R: Welche Schule haben Sie besucht mit 10 Jahren?

BF: Es war eine Koranschule.

R: Und diese Koranschule haben Sie bis wann besucht?

BF: Ca. vier Jahre.

R: Also bis zu Ihrem 14. Lebensjahr haben Sie diese Koranschule besucht?

BF: Ja.

R: Was haben Sie ab Ihrem 14. Lebensjahr gemacht?

BF: Dann habe ich eine Volksschule begonnen.

R: Wie lange haben Sie diese dann besucht?

BF: Vier Jahre.

R: Also bis zu Ihrem 18. Lebensjahr. Was haben Sie dann gemacht?

BF: Ich habe nichts weiter gemacht. Ich habe bis zu meinem 18. Lebensjahr die Volksschule besucht und danach habe ich nichts gemacht.

R: Wenn ein Kind in Somalia in die Schule geht, wie schaut da der Schulablauf genau aus? Ist es üblich, dass man mit 14 Jahren in eine Volksschule geht?

BF: In Somalia gibt es kein bestimmtes Alter, man kann auch ab 15 Jahren die Volksschule besuchen. Es ist nicht wie in Österreich. Das somalische Schulsystem ist anders als das österreichische.

R: Was hat Ihr Vater gearbeitet, um den Lebensunterhalt zu verdienen?

BF: Er war ein Soldat.

R: Bei wem war er Soldat?

BF: Er war ein Militärpolizist.

R: Was bedeutet "Militärpolizist"? Beschreiben Sie mir diese Tätigkeit.

BF: Das ist die Polizei, die in Somalia gearbeitet hat. Mein Vater war ein Soldat, der der Regierung zugehörig war oder ein Mitglied war.

R: Aber zwischen Soldat und Polizist ist ein Unterschied. Was war Ihr Vater nun?

BF: Was ist der Unterschied?

R: Es ist ein Unterschied, ob jemand Soldat oder Polizist ist.

Die D gibt an, dass der BF immer das somalische Wort verwendet, das übersetzt Soldat heißt. Weites gibt die D an, dass es ein eigenes Wort auf Somali gibt, das übersetzt Polizist heißt und eben ein eigenes Wort auf Somali, das übersetzt Soldat heißt.

R: War Ihr Vater Soldat oder Polizist?

BF: Er war ein Polizist.

R: Warum haben Sie dann vorher gesagt, dass er Soldat ist?

BF: Ich meine "Askari", das bedeutet für mich Polizist.

D gibt dazu an, dass "Askari" jedoch Soldat bedeutet.

R: Sie müssen doch wissen, ob Ihr Vater Polizist oder Soldat war.

BF: "Police" ist eine fremde Sprache, in meiner Sprache heißt Polizist "Askari".

D schreibt auf ein Blatt Papier (siehe Beilage ./3). Polizei bzw. Polizist bedeutet Askari boolis, Militär bedeutet Askari Milateri. Und Soldat heißt auf Somali Askari.

R: Beschreiben Sie mir genau die Tätigkeit Ihres Vaters. Was hat er gemacht?

BF: Seine Arbeit war, dass er in der Zentralstation war.

R: Was hat er dort genau gemacht?

BF: Wenn jemand straffällig war, hat er sie festgenommen. Wenn jemand auf der Straße gestritten hat, hat er sie festgenommen.

R: Seit wann war Ihr Vater Polizist?

BF: Es ist schon lange her. Als ich geboren wurde, war er auch schon Polizist. (die D gibt an, dass der BF das Wort "Askari" verwendet.)

R: Trug Ihr Vater eine Uniform?

BF: Ja.

R: Wie hat die ausgesehen? Beschreiben Sie sie mir.

BF: Sie war braun.

R: Beschreiben Sie mir die Uniform bitte näher.

BF: Es war eine braune Uniform. Er hatte schwarze Schuhe. Er hatte einen Gürtel. Er hatte einen Hut, den er bei Bedarf in einer Schlaufe an der Schulter reingesteckt hat.

R: Wie hat dieser Hut ausgeschaut. Gab es da irgendeine Besonderheit?

BF: Es war nichts darauf geschrieben, er war nur braun.

R: War bei der Uniform irgendetwas aufgestickt oder war etwas Besonderes an der Uniform zu sehen?

BF: Nein, es war nichts darauf, es war nur eine braune Uniform.

R: Bei welcher Polizeistation hat Ihr Vater gearbeitet?

BF: In XXXX .

R: Hat die einen eigenen Namen?

BF: Nein, sie heißt nur Zentralstation.

R: Wo hat sich diese Zentralstation befunden? Gibt es einen Anhaltspunkt, um diese Zentralstation zu finden?

BF: Sie lag im Bezirk XXXX .

R: Wie viele Bezirke hat XXXX ?

BF: Vier.

R: Können Sie mir diese nennen bzw. aufschreiben?

BF schreibt vier Namen auf einen Zettel. (siehe Beilage ./4: XXXX ).

R: In welchem Bezirk haben Sie mit Ihrer Familie gewohnt?

BF: In XXXX .

R: Und dort in Faanole haben Sie mit Ihrer Familie bis zu Ihrer Ausreise gewohnt?

BF: Nein, wir sind in eine andere Stadt umgezogen.

R: In welche Stadt sind Sie umgezogen?

BF: In XXXX .

R: Ab wann haben Sie in XXXX gelebt?

BF: Das war im Jahr 2011.

R: Wie viel haben Sie für die Reise bezahlt, um nach Europa zu gelangen?

BF: 2.500 USD.

R: Stimmt das Geburtsdatum, das Sie uns angegeben haben XXXX ?

BF: Ja, das stimmt.

R: Woher hatten Sie das viele Geld, nämlich 2.500 USD?

BF: Mein Onkel hat mir das gegeben.

R: Wie heißt der Onkel, der Ihnen das Geld gegeben hat?

BF: Er heißt XXXX .

R: Woher hatte Ihr Onkel so viel Geld?

BF: Er hat sein Grundstück verkauft.

R: Hatte Ihr Onkel selbst Kinder?

BF: Ja, nur einen Sohn, aber dieser ist verstorben.

R: Wieso hat Ihnen Ihr Onkel so viel Geld gegeben?

BF: Als ich in Libyen war, wurde ich verhaftet. Man wollte von mir, dass ich Geld bezahle, deshalb hat mir mein Onkel geholfen, damit ich freikomme.

R: Woher hatten Sie das Geld, um von Ihrem Heimatdorf nach Libyen zu gelangen?

BF: Der Schlepper hat einen bestimmten Ort, wohin man das Geld schicken kann.

R: Aber woher hatten Sie das Geld?

BF: Ich habe meinen Onkel angerufen und ihm gesagt, dass mich der Schlepper festgehalten hat. Ich habe den Kontakt zwischen meinem Onkel und dem Schlepper hergestellt.

R: Sie müssen aber schon vorher einen Betrag bezahlt haben. Woher hatten Sie das Geld?

BF: Normalerweise verlangen die Schlepper kein Geld von meiner Heimat bis nach Libyen. In Libyen musste ich bezahlen.

R: Wie sind Sie von Ihrem Heimatdorf bis nach Libyen gelangt? Beschreiben Sie mir die genaue Reiseroute.

BF: Meine Reise hat in XXXX begonnen, dann bin ich in Mogadischu angekommen. Dann bin ich weiter nach Äthiopien gegangen.

R: Wie sind Sie von Mogadischu nach Äthiopien gelangt?

BF: Mit dem Auto.

R: Welche Dörfer und Städte haben sie passiert, um von Mogadischu nach Äthiopien zu gelangen?

BF: Von Mogadischu nach Jalalaqsi. Weiter nach Baladwayne, weiter nach Mustahil. Von dort nach Kebridahar, weiter nach Dhagaxbur und nach Jigjiga und Adis Ababa (siehe Beilage ./5).

R: Wie lange waren Sie in Mogadischu aufhältig?

BF: Nur einen Tag.

R: Welche Verkehrsmittel haben Sie verwendet, um von Mogadischu nach Adis Abeba zu gelangen?

BF: Ein Auto.

R: Was war das für ein Auto?

BF: Von Mogadischu bis Kebridahar bin ich mit einem LKW gefahren. Von Kebridahar bis Adis Abeba bin ich mit einem Bus gefahren.

R: Was war das für ein Bus?

BF: Es war ein großer öffentlicher Bus.

R: Warum sind Sie nicht in Addis Abeba geblieben, das ist ein sicherer Ort?

BF: In Addis Abeba hatte ich keine Familie, keine Hilfe, keine Wohnung.

R: Wie sind Sie dann weiter nach Europa gelangt?

BF: Dann bin ich in den Sudan gegangen. Manchmal sind wir zu Fuß gegangen und manchmal mit dem Auto gefahren.

R: Was bedeutet "wir"?

BF: Wir waren viele Flüchtlinge.

R: Alle aus Somalia?

BF: Ja.

R: Wie alt waren Sie, als Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

BF: Ich war 19 Jahre alt.

R: Wieso sind Sie nicht in Mogadischu bei Ihrem Onkel geblieben?

BF: Mein Onkel war nicht in Mogadischu. Ich habe keinen Onkel in Mogadischu.

R: Warum sind Sie nicht generell in Mogadischu geblieben, Sie waren schon 19 Jahre alt?

BF: In Mogadischu war das gleiche Problem wie in meinem Heimatort.

R: Wo haben Sie sich in Mogadischu diesen einen Tag aufgehalten?

BF: Bei einem Bekannten meines Onkels.

R: Sie haben gesagt, in Mogadischu war das gleiche Problem wie in Ihrem Heimatort. Welches Problem war dort?

BF: Ich meine damit die Al Shabaab.

R: Das heißt, Ihre Reise haben Sie dann von Ihrem Heimatort XXXX , Mogadischu, etc. begonnen? Stimmt das?

BF: Ja.

R: Welche Probleme hatten Sie in XXXX , weshalb Sie nach Europa mussten?

BF: Die Al Shabaab (AS) wollten mich töten. Ich war in Gefahr und deshalb musste ich mein Heimatdorf verlassen.

R: Wieso wollte man Sie töten? Was war der Grund?

BF: Mein Onkel war ein Soldat, der für die Regierung arbeitete.

R: Was hat das mit Ihrer Fluchtgesc

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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